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23 W (pat) 71/08

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 71/08 Verkündet am 13. November 2012

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache …

betreffend die Patentanmeldung 101 96 161.8 hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Strößner und der Richter Dr. Friedrich, Metternich und Dr. Zebisch BPatG 154 05.08 beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Die vorliegende Anmeldung mit dem Aktenzeichen 101 96 161.8-33 und der Bezeichnung "Diode mit kurzer Erholzeit und Verfahren zu deren Herstellung" wurde in deutscher Übersetzung am 7. November 2002 als deutscher Teil der internationalen Anmeldung PCT/US01/17381 (Veröffentlichungs-Nr. WO 01/97258 A2) mit dem internationalen Anmeldetag 30. Mai 2001 unter Inanspruchnahme der ausländischen Priorität 14. Juni 2000 mit der Nummer US 09/593333 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht und ist nach dem einzigen Prüfungsbescheid vom 6. Dezember 2005 durch Beschluss vom 23. April 2008 mit der Begründung fehlender Neuheit bezüglich der Lehre der Druckschrift D1 EP 235 550 A1 zurückgewiesen worden.

Gegen diesen Beschluss, dem Vertreter der Anmelderin am 14. Mai 2008 zugestellt, richtet sich die fristgemäß am Montag, den 16. Juni 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Beschwerde.

Der Senat hat mit der Anlage zur Terminsladung darauf hingewiesen, dass bei der mündlichen Verhandlung auch der Auszug aus dem Lehrbuch D10 B. Jayant Baliga: MODERN POWER DEVICES; John Wiley & Sons, 1987; S. 52 - 55, 407 - 450 von Bedeutung sein könnte.

In der mündlichen Verhandlung am 13. November 2012 stellt der Vertreter der Anmelderin den Antrag,

1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 01 L des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. April 2008 aufzuheben;

2. ein Patent mit der Bezeichnung "Diode mit kurzer Erholzeit und Verfahren zu deren Herstellung", dem Anmeldetag 30. Mai 2001 und der ausländischen Priorität 14. Juni 2000, US-09/593,333 auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen: Patentansprüche 1 - 5 und Beschreibungsseiten 1, 2, 2a, jeweils eingegangen am 13. November 2012, sowie weitere Beschreibungsseiten 3 - 5 und 1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 3, jeweils eingegangen in deutscher Übersetzung am 7. November 2002.

Der um Rechtschreibfehler bereinigte geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Verfahren zur Herstellung einer Diode mit den folgenden Schritten: Bilden einer Vielzahl von mit Abstand voneinander angeordneten P-Diffusionen (13, 14, 15, 16) benachbart zur oberen Oberfläche einer oberen epitaxialen N--Schicht (11) einer dünnen SiliziumHalbleiterscheibe (10); und Ausbilden eines oberen Aluminium-Anodenkontaktes (20) auf der Schicht (11), dessen Kontakt mit den P-Diffusionen (13, 14, 15, 16) eine jeweilige P/N-Diode bildet, während sein Kontakt mit der N--Schicht zwischen den P-Diffusionen eine Schottky-Diode bildet; dadurch gekennzeichnet dass: zur Erzielung einer ein weiches Erholverhalten aufweisenden Diode Helium in die Halbleiterscheibe zur Bildung lokalisierter Elektronenfehlstellen implantiert wird, wobei die Implantationen nahe an den P/N-Diffusionen und unter diesen liegen und wobei die Helium-Implantationsdosis im Bereich von ungefähr 5E9 bis 2E11/cm2 liegt; die Halbleiterscheibe nachfolgend mit einem Elektronenstrahl bestrahlt wird, um weitere gleichförmig über das gesamte Volumen verteilte Fehlstellen in der Halbleiterscheibe zu schaffen." Der auf eine Vorrichtung gerichtete selbständige Patentanspruch 4 hat folgenden Wortlaut:

"Diode mit: einer Halbleiterscheibe (10) aus Silizium des einen Leitungstyps; einer Vielzahl von mit Abstand voneinander angeordneten Diffusionen (13, 14, 15, 16) des anderen Leitungstyps, die in einer oberen Oberfläche der Halbleiterscheibe ausgebildet sind; wobei ein Anodenkontakt über den Diffusionen (13, 14, 15, 16) und dem Silizium in den Abständen zwischen den Diffusionen liegt und diese und dieses Silizium kontaktiert; und ein Kathodenkontakt auf der unteren Oberfläche der Halbleiterscheibe (10) angeordnet ist,

dadurch gekennzeichnet, dass: zur Erzielung einer ein weiches Erholverhalten aufweisenden Diode Helium in die Halbleiterscheibe zur Bildung lokalisierter Elektronenfehlstellen implantiert ist, wobei die Implantationen nahe an den P/N-Diffusionen und unter diesen liegen und wobei die Helium-Implantationsdosis im Bereich von ungefähr 5E9 bis 2E11/cm2 liegt; die Halbleiterscheibe weitere gleichförmig über das gesamte Volumen verteilte, durch Bestrahlung mit einem Elektronenstrahl erzeugte Fehlstellen aufweist, durch einen Elektronenstrahl mit ungefähr 32 kGray bis 64 kGray induziert sind." Hinsichtlich der Unteransprüche 2, 3 und 5 sowie der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als nicht begründet, denn das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 wird dem Fachmann durch den Stand der Technik gemäß den Druckschriften D1 und D10 nahegelegt und ist wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig (§ 4 PatG).

Bei dieser Sachlage kann die Zulässigkeit der geltenden Patentansprüche sowie die Erörterung der Neuheit dahingestellt bleiben, vgl. BGH GRUR 1991, 120-121, II.1. - Elastische Bandage.

Der zuständige Fachmann ist hier als berufserfahrener Diplom-Physiker mit Hochschulabschluss zu definieren, der mit der Entwicklung von Halbleiterbauelementen und insbesondere von Halbleiterdioden betraut ist.

1. Die Anmeldung betrifft Halbleiterdioden mit kurzer Erholzeit (FRD, FastRecovery-Diode) und extrem weichen Abschaltcharakteristiken. Dabei ist eine Diode als elektrisches Bauelement dadurch gekennzeichnet, dass es Strom nur in einer Richtung durchlässt und in der anderen Richtung sperrt. Im Fall von Halbleiterdioden wird dieses Verhalten bspw. durch einen pn-Übergang, d. h. den Grenzbereich zwischen einem p- und einem n-dotierten Bereich eines Halbleiters, erreicht. Liegt am p-Bereich (Anode) eine positive Spannung und am n-Bereich (Kathode) eine negative Spannung an, ist die Diode in Durchflussrichtung gepolt und leitet nach Überschreiten der Schwellspannung, die im Fall von Siliziumdioden 0,7 V beträgt, den Strom. Im umgekehrten Fall ist die Diode in Sperrrichtung gepolt und der Strom kann, abgesehen von einem geringen Leckstrom, bis zum Erreichen der elektrischen Durchbruchspannung der Diode nicht fließen. Wird die Polarität der anliegenden Spannung bspw. vom Durchlass- in den Sperrbetrieb geändert, geht die Diode jedoch nicht sofort in den Sperrzustand über, sondern benötigt dafür eine gewisse Zeit, in der die Minoritätsladungsträger um den pnÜbergang herum abgezogen werden, was sich als kurzer Stromimpuls in Sperrrichtung äußert, bevor die Diode in den Sperrzustand übergeht.

Eine Fast Recovery Diode (FRD) ist demgegenüber so ausgelegt, dass sie eine kürzere Erholzeit hat und möglichst rasch zwischen Durchlass- und Sperrbetrieb umschalten kann. Sie benötigt daher weniger Zeit bis die Sperrschicht wieder sperrt, was den Rückstrom wesentlich verringert. Wenn jedoch der Widerstand der Sperrschicht sehr schnell ansteigt, werden die an die Diode angeschlossenen Induktivitäten auch sehr schnell entladen, was zu unerwünschten Spannungsspitzen führen kann. Da Dioden mit kurzer Erholzeit häufig in Motorsteuerungs- und Leistungsversorgungsschaltungen mit einer induktiven Last verwendet werden, ist es wünschenswert, dass derartige FRD-Bauteile eine weiche Erholcharakteristik aufweisen und ihr di/dt-Wert während des Abschaltens begrenzt ist, um die Erzeugung von hohen Spannungsspitzen in der induktiven Lastschaltung zu verringern. FRD-Bauteile mit einer weichen Erholcharakteristik verwenden üblicherweise eine selektive Schwermetalldotierung, beispielsweise aus Gold oder Platin,

um die Trägerlebensdauer in diesem Bereich zu verringern. Diese Dotierung ist jedoch aufwändig in der Durchführung und nicht gut zu kontrollieren.

Eine weitere Dioden-Art stellen Schottky-Dioden dar, die im Gegensatz zu pn-Dioden keinen Halbleiter-Halbleiter-Übergang, sondern einen Metall-Halbleiter-Übergang besitzen. Der gleichrichtende Charakter der Schottky-Diode ergibt sich dabei aus der Ausbildung einer sog. Schottky-Barriere beim Aufbringen einer Metall- auf einer Halbleiterschicht, deren Höhe im Fall von n-dotiertem Silizium zwischen 0,5 bis 0,9 eV beträgt und die ihre Existenz der unterschiedlichen Austrittsarbeit von Metall und Halbleiter verdankt, vgl. geltende Beschreibungsseite 1, Zeile 5 bis Seite 2, Zeile 19.

Vor diesem Hintergrund liegt der Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung einer FRD-Diode bzw. eine FRD-Diode mit extrem weicher Erholung zu schaffen, bei der die Trägerlebensdauer in ausgewählten Bereichen des Halbleiterplättchens verringert ist, vgl. geltende Beschreibungsseite 2, Zeilen 21 bis 24.

Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1 sowie durch eine Diode mit den Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 4.

Für die Diode des Anspruchs 4 und das zugehörige Herstellungsverfahren nach Anspruch 1 ist dabei wesentlich, dass zum Einen der obere Aluminium-Anodenkontakt die obere epitaxiale N-Schicht einer dünnen Silizium-Halbleiterscheibe und gleichzeitig die benachbart zur oberen Oberfläche und mit Abstand voneinander angeordneten P-Diffusionen kontaktiert und dadurch sowohl eine Schottky- als auch ein P/N-Diode bildet, und dass zum Anderen zur Erzielung einer ein weiches Erholverhalten aufweisenden Diode und zur Bildung lokalisierter Elektronenfehlstellen Helium nahe und unterhalb der P/N-Diffusionen mit einer Implantationsdosis im Bereich von ungefähr 5x109 bis 2x1011 cm-2 in die Halbleiterscheibe implantiert und die Halbleiterscheibe nachfolgend mit einem Elektronenstrahl bestrahlt wird, um weitere gleichförmig über das gesamte Volumen verteilte Fehlstellen in der Halbleiterscheibe zu schaffen.

Dadurch wird erreicht, dass die Stromabnahme während des Abschaltens geringer ist, und die Diode einen weichen Abschaltcharakter aufweist, vgl. geltende Beschreibungsseite 2a, Zeilen 23 bis 26.

2. In Übereinstimmung mit dem Oberbegriff des Anspruchs 1 beschreibt das Lehrbuch D10 in Kapitel 8 (New Rectifier Concepts), speziell in Unterkapitel 8.4, verschiedene Diodenstrukturen, bspw. auch sog. JBS (Junction-Barrier-Schottky)rectifier bzw. pinch-rectifier, und offenbart in Figur 8.26 und der zugehörigen Beschreibung auf den Seiten 439 und 440 mit dem Wortlaut des Anspruchs 1 ein Verfahren zur Herstellung einer Diode mit den folgenden Schritten: Bilden einer Vielzahl von mit Abstand voneinander angeordneten P-Diffusionen (P) benachbart zur oberen Oberfläche einer oberen epitaxialen N-N- (NEPI) einer dünnen Silizium-Halbleiterscheibe (n+-substrate); und Ausbilden eines oberen Anodenkontaktes (Low Barrier Height Schottky Contact) auf der Schicht (NEPI), dessen Kontakt mit den P-Diffusionen (P) eine jeweilige P/N-Diode bildet, während sein Kontakt mit der N--Schicht (NEPI) zwischen den P-Diffusionen (P) eine Schottky-Diode bildet.

Das Material des Anodenkontakts (Low Barrier Height Schottky Contact) wird in Fig. 8.26 und deren Beschreibung nicht näher spezifiziert, so dass der Fachmann auf Grund seines Fachwissens Aluminium als Material für Anodenkontakte auf Silizium vorsieht, da es als gängigstes Material für Metallkontakte auf Silizium anzusehen ist. Somit entnimmt er der Lehre von Druckschrift D10 in Verbindung mit seinem Fachwissen ein Dioden-Herstellverfahren, das sämtliche Merkmale des Oberbegriffs von Anspruch 1 aufweist.

Im Zusammenhang mit der Verbesserung des Schaltverhaltens solcher Diodenstrukturen verweist das Lehrbuch D10 in Kapitel 8.1.1 auch auf ein als vielversprechend bezeichnetes Verfahren der räumlich eng begrenzten Implantation hochenergetischer Protonen in die Halbleiterscheibe. Es beschreibt zudem die Möglichkeit, die Halbleiterscheibe mit einem Elektronenstrahl zu bestrahlen, um gleichförmig über das gesamte Volumen verteilte Fehlstellen in der Halbleiterscheibe zu schaffen, vgl. in D10 die letzten zehn Zeilen des mittleren Absatzes auf Seite 412.

Aufgrund dieser Hinweise ist der Fachmann bestrebt, das Schaltverhalten der in obigem Lehrbuch beschrieben Diode durch den Einbau zusätzlicher Fehlstellen zu optimieren. Dabei ist ihm aus der einschlägigen Druckschrift D1 ein Verfahren bekannt, bei dem in Übereinstimmung mit dem Kennzeichen des Anspruchs 1 zur Erzielung einer ein weiches Erholverhalten aufweisenden Diode, Helium in die Halbleiterscheibe zur Bildung lokalisierter Elektronenfehlstellen implantiert wird, wobei die Implantationen nahe an der P/N-Diffusion und unter dieser liegen, wobei die Helium-Implantationsdosis im Bereich von ungefähr 2,5x1011/cm2 liegt und wobei die Halbleiterscheibe nachfolgend mit einem Elektronenstrahl bestrahlt wird, um weitere gleichförmig über das gesamte Volumen verteilte Fehlstellen in der Halbleiterscheibe zu schaffen. (vgl. Sp. 3, zweiter u. dritter Abs. i. V. m. Fig. 1: „Eine solche Diode ist Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen. Ihr schematischer Aufbau ist beispielhaft in der Fig. 1 dargestellt. Zwischen einer Anode A und einer Kathode K mit entsprechendem Anodenkontakt 1 und Kathodenkontakt 5 sind eine p-dotiert P-Schicht 2, eine n-dotierte N-Schicht 3 und eine hoch n-dotierte N+- Schicht 4, welche unmittelbar an die N-Schicht 3 anschließt, angeordnet. Die P-Schicht 2 und die N-Schicht 3 bilden an ihrer gemeinsamen Grenze einen PN-Uebergang 6, dessen Raumladungszone durch die gestrichelt eingezeichneten Linien angedeutet ist.“ // vgl. Sp. 9, letzter Abs. u. Fig. 2C, 9: „Zur Erzeugung einer Haftstellenverteilung mit einem Peak gemäß Fig. 2B, 2C oder 9, d. h. zur Erzeugung eines inhomogenen Lebensdauerprofils mit grabenförmiger Absenkung kann das Bauelement von ei- ner Seite vorzugsweise mit Protonen oder Helium-Atomen bestrahlt werden, die eine bestimmte Energie aufweisen und eine entsprechende Eindringtiefe besitzen. Diese Teilchen bilden in einer der Eindringtiefe vergleichbaren Entfernung zur Oberfläche Haftstellen in einer peak-förmigen Verteilung. Diese peak-förmige Verteilung, die bei einer definierten Teilchenenergie vergleichsweise schmal ist, kann zu einem Peak mit breiterem Plateau gemäß Fig. 2B erweitert werden, indem mehrmals mit variierender Teilchenenergie bestrahlt wird.“ // vgl. Sp. 10, erster u. zweiter Abs.: „Sowohl die Diffusion von Titan-Atomen als auch die Bestrahlung mit Protonen oder Helium-Atomen schaffen für sich genommen noch keine definierte Lebensdauer in denjenigen Bereichen des Bauelements, in denen die Lebensdauer nicht abgesenkt ist. Um diese homogene GrundLebensdauer einzustellen, werden die beschriebenen inhomogenen Verfahren mit entsprechenden homogenen Verfahren vorteilhafterweise kombiniert. Als homogene Verfahren zur Einstellung eines homogenen Lebensdauerprofils bieten sich neben der an sich bekannten Haftstellendiffusion mit Gold- oder Platin-Atomen auch eine homogene Bestrahlung mit Elektronen an.“)

Dass dabei die bestrahlte Diode ein weicheres Erholverhalten aufweist als eine unbehandelte, konventionelle pn-Diode, entnimmt der Fachmann den Figuren 5 und 10 der Druckschrift D1. Denn wie dort gezeigt, weist der Diodenstrom ID einer entsprechend der Lehre der Druckschrift D1 mit Helium- und Elektronenstrahlen behandelten Diode während des Abschaltvorgangs ein weicheres Erholverhalten auf als der Diodenstrom I‘D einer unbehandelten, konventionellen pn-Diode.

Das Merkmal des Kennzeichens, wonach die Helium-Implantationsdosis im Bereich von ungefähr 5x109 bis 2x1011/cm2 liegt, ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus Fig. 2C und den Maßangaben aus Fig. 2A von Druckschrift D1. So weist das dort dargestellte Bauelement bei einer Integration der Haftstellenkonzentration über die Dicke (ca. 60 µm) eine flächenbezogene Haftstellenkonzentration von etwa 2,5x1011 cm-2 auf, was einer Heliumimplantationsdosis derselben Größe entspricht. Dies ist, wie beansprucht, ungefähr so groß wie die Obergrenze des im Kennzeichen des Anspruchs 1 angegebenen Bereichs von „ungefähr 5x109 bis 2x1011/cm2“, wobei Druckschrift D1 in der Beschreibung ausdrücklich darauf hinweist, dass die dargestellten und mittels Computersimulation berechneten Konzentrationsverläufe beispielhaft sind, vgl. Sp. 3, Z. 36 u. Sp. 5, Zn. 27 bis 57, und der Fachmann das Konzentrationsprofil geeignet zu wählen habe, vgl. Sp. 1, Zn. 34 bis 39. Die im Kennzeichen des Anspruchs 1 genannte Helium-Implantationsdosis wird dem Fachmann somit durch die Lehre der Druckschrift D1 nahegelegt.

Somit entnimmt der Fachmann der Druckschrift D1 in naheliegender Weise ein Diodenherstellverfahren mit sämtlichen Merkmale des Kennzeichens von Patentanspruch 1. Diese Kenntnisse auf eine aus dem Lehrbuch D10 bekannte Diodenstruktur mit den Merkmalen des Oberbegriffs von Anspruch 1 anzuwenden, kann keine erfinderische Tätigkeit des Fachmanns begründen. Denn zum einen wird, wie vorstehend dargelegt, im Lehrbuch D10 auf die positiven Effekte der Bestrahlung einer Diode mit Elektronen und Protonen hingewiesen, und zum anderen bezieht sich die Lehre der Druckschrift D1, wie in den ersten beiden Absätzen deren Spalte 3 erläutert, allgemein auf Halbleiterbauelemente mit wenigstens einem zwischen einer Anode und einer Kathode angeordneten pn-Übergang. Somit lehrt Druckschrift D1 den Fachmann, das dort beschriebene Verfahren umfassend eine inhomogene Helium- und eine homogene Elektronenbestrahlung auf verschiedenste Halbleiterbauelemente mit zumindest einem pn-Übergang anzuwenden, um entsprechend der in Spalte 1, Zeilen 24 bis 29 von Druckschrift D1 beschriebenen Aufgabe, die transienten Vorgänge beim Schalten des Bauelements so zu optimieren, dass das Bauelement durch die Schaltvorgänge nicht geschädigt wird.

Der vorstehend definierte Fachmann erhält daher ausgehend von den in Lehrbuch D10 beschriebenen Diodenstrukturen mit kombinierten Schottky und pn-Übergängen sowie in Verbindung mit der Lehre der Druckschrift D1 bezüglich der Optimierung des Schaltverhaltens von pn-Übergänge enthaltenden Halbleiterbauele- menten mittels kombinierter inhomogener Helium- und homogener Elektronenstrahlbehandlung ein Verfahren mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1, ohne dass er dabei erfinderisch tätig werden muss.

Der Vertreter der Anmelderin hat demgegenüber vorgetragen, dass gemäß der Lehre des geltenden Anspruchs 1 aufgrund der Formulierung „zur Bildung lokalisierter Elektronenfehlstellen“ die Elektronenfehlstellen nicht als durchgehende Schicht wie in Druckschrift D1 eingebracht würden, sondern dass die Helium-Implantation ausschließlich unter den mit Abstand voneinander angeordneten P-Diffusionen erfolge, und die Helium-Implantation keine durchgehende Schicht, sondern ein Punkte- oder Streifenmuster bilde. Folglich könne der vorgelegte Stand der Technik und insbesondere die Druckschrift D1 diesen Verfahrensschritt weder vorwegnehmen noch nahelegen.

Dieses Verständnis des Begriffs „lokalisiert“ wird jedoch weder vom Wortlaut des Anspruchs 1 noch von der Ursprungsoffenbarung gedeckt. So lautet die ursprüngliche Offenbarung auf Seite 2, Zeilen 18 bis 22 der Anmeldeunterlagen: „Die Helium-Implantationsdosis liegt im Bereich von ungefähr 5E9 bis 2E11/cm2 und beträgt vorzugsweise ungefähr 9E10 Ionen/cm2 und erzeugt lokalisierte Elektronenfehlstellen an einer Tiefe innerhalb des Siliziums, vorzugsweise geringfügig entfernt von der P/N-Grenzschicht des Bauteils.“ Demnach werden gemäß der Ursprungsoffenbarung der Anmeldung durch die Helium-Implantation lokalisierte Elektronenfehlstellen in einer bestimmten Tiefe innerhalb des Siliziums erzeugt. Ob die Fehlstellen eine durchgehende Schicht bilden oder ausschließlich unter den P/N-Dotierungen vorhanden sind, kann dieser Fundstelle unmittelbar und eindeutig nicht entnommen werden. Vielmehr werden von der Formulierung „lokalisierte Elektronenfehlstellen“ in der Beschreibung und im Kennzeichen des Anspruchs 1 beide Arten der Lokalisierung und insbesondere auch die durchgehende Helium-Implantation in einer bestimmten Schichttiefe, wie in Druckschrift D1 beschrieben, umfasst.

Das Verfahren des Anspruchs 1 wird dem Fachmann somit durch das Lehrbuch D10 i. V. m. Druckschrift D1 nahegelegt und ist wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.

3. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Diode nach dem geltenden, selbständigen Patentanspruch 4 patentfähig ist, denn wegen der Antragsbindung im Patenterteilungsverfahren fallen mit dem Patentanspruch 1 auch der selbständige Patentanspruch 4 sowie die mittelbar oder unmittelbar auf die selbständigen Patentansprüche rückbezogenen Unteransprüche (vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863 Tz. 18 - „Informationsübermittlungsverfahren II“ m. w. N.).

4. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.

Dr. Strößner Metternich Dr. Friedrich Dr. Zebisch Cl

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