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17 W (pat) 1/19

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 1/19 (Aktenzeichen)

Verkündet am 25. April 2019

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2009 032 184.5 …

hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterinnen Eder und Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung sowie der Richterin Dipl.-Phys. Univ. Zimmerer ECLI:DE:BPatG:2019:250419B17Wpat1.19.0 beschlossen:

-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2009 032 184.5 wurde am 7. Juli 2009 mit der Bezeichnung „Vorrichtung zum Einführen eines Mediums oder eines Instruments in den menschlichen Körper“ beim Deutschen Patent- und Markenamt von der G… AG in H… eingereicht. Die Offenlegung erfolgte am 13. Januar 2011.

Im Prüfungsverfahren sind die Druckschriften D1 US 4331130 A D2 US 2008 0021399 A1 D3 US 2008 0097596 A1 D4 EP 823 241 A1 D5 EP 1 738 701 A1 in Betracht gezogen worden.

In der Beschreibung der Anmeldung ist noch die Druckschrift D6 EP 1 886 653 A1 genannt.

Mit Beschluss vom 11. März 2014 hat die Prüfungsstelle für Klasse A 61 B die Anmeldung aus den Gründen des Bescheids vom 11. Februar 2014 zurückgewiesen, nachdem die Anmelderin in ihrer Eingabe vom 3. März 2014 um Entscheidung nach Aktenlage gebeten hatte. Der Zurückweisung lagen die am 20. Juli 2011 eingegangenen Patentansprüche 1 bis 5 zugrunde. In dem in Bezug genommenen Bescheid vom 11. Februar 2014 hat die Prüfungsstelle ausgeführt, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber der Druckschrift D1 i.V.m. fachmännischen Handeln und/oder einer der Druckschriften D4 oder D5 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 17. März 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingelegte Beschwerde der Anmelderin Die Anmelderin verfolgt ihr Patentbegehren zuletzt mit den am 9. April 2019 als Hauptantrag eingereichten Patentansprüchen 1 bis 4, mit Hilfsantrag 1 eingereichten Patentansprüchen 1 bis 3 und mit Hilfsantrag 2 eingereichten Patentansprüchen 1 und 2 weiter.

Sie beantragt in der mündlichen Verhandlung,

den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

gemäß Hauptantrag mit Patentansprüchen 1 – 4 vom 09.04.2019 Beschreibung Seiten 1 – 7 und 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 und 2, jeweils vom Anmeldetag; gemäß Hilfsantrag 1 mit Patentansprüchen 1 – 3 vom 09.04.2019 Beschreibung und Zeichnungen wie Hauptantrag; gemäß Hilfsantrag 2 mit Patentansprüchen 1 und 2 vom 09.04.2019 Beschreibung und Zeichnungen wie Hauptantrag; Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet mit eingefügter Merkmalsgliederung:

M1 Vorrichtung zum Einführen eines Mediums oder eines Instruments in den menschlichen Körper,

M1.1 mit einem Anschlusskörper (4), M1.2 einem im Anschlusskörper (4) ausgebildeten Durchgang (5) und M1.3 einer sich an den Durchgang (5) anschließenden Sonde (6), M1.3.1 wobei die Sonde (6) zum Einführen in den Körper und M1.1.1 der Anschlusskörper (4) auf der der Sonde (6) zugewandten Seite zur Anlage außerhalb des Körpers und auf der der Sonde (6) abgewandten Seite zum Ankoppeln eines Schlauchs oder eines Instruments dient und M1.3.2 wobei die Sonde (6) zumindest in einem an den Anschlusskörper (4) angrenzenden Fixierungsbereich (8) eine raue, genoppte oder quer oder schräg zur Längsachse gewellte oder geriefte Oberfläche (9) aufweist dadurch gekennzeichnet, M1.3.3 dass die Sonde (6) als Drehteil ausgeführt ist und M1.3.4 dass der Fixierungsbereich (8) durch Drehriefen gebildet ist.

An Anspruch 1 schließen sich die direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 4 an.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 hat folgenden Wortlaut (mit Merkmalsgliederung, Unterschiede zum Hauptantrag unterstrichen/durchgestrichen):

M1 Vorrichtung zum Einführen eines Mediums oder eines Instruments in den menschlichen Körper,

M1.1 mit einem Anschlusskörper (4), M1.2 einem im Anschlusskörper (4) ausgebildeten Durchgang (5) und M1.3 einer sich an den Durchgang (5) anschließenden Sonde (6), M1.3.1 wobei die Sonde (6) zum Einführen in den Körper und M1.1.1 der Anschlusskörper (4) auf der der Sonde (6) zugewandten Seite zur Anlage außerhalb des Körpers und auf der der Sonde (6) abgewandten Seite zum Ankoppeln eines Schlauchs oder eines Instruments dient und M1.3.2HA1 wobei die Sonde (6) zumindest in einem an den Anschlusskörper (4) angrenzenden Fixierungsbereich (8) eine raue, genoppte oder quer oder schräg zur Längsachse gewellte oder geriefte Oberfläche (9) aufweist dadurch gekennzeichnet, M1.3.3 dass die Sonde (6) als Drehteil ausgeführt ist und , M1.3.5HA1 dass der Fixierungsbereich (8) im oberen, dem Anschlusskörper (4) nahen Drittel der Sonde (6) ausgebildet ist und M1.3.4 dass der Fixierungsbereich (8) durch Drehriefen gebildet ist.

An Anspruch 1 schließen sich die direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche 2 und 3 an.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 hat folgenden Wortlaut (mit Merkmalsgliederung, Unterschiede zum Hilfsantrag 1 unterstrichen/durchgestrichen):

M1HA2 Vorrichtung zum Einführen eines Mediums oder eines Instruments in den menschlichen Körper in das menschliche Auge (3),

M1.1 mit einem Anschlusskörper (4), M1.2 einem im Anschlusskörper (4) ausgebildeten Durchgang (5) und M1.3 einer sich an den Durchgang (5) anschließenden Sonde (6), M1.3.1HA2 wobei die Sonde (6) zum Einführen in den Körper das Auge (3) und M1.1.1HA2 der Anschlusskörper (4) auf der der Sonde (6) zugewandten Seite zur Anlage außerhalb des Körpers Auges (3) und auf der der Sonde (6)

abgewandten Seite zum Ankoppeln eines Schlauchs oder eines Instruments dient und M1.3.2HA1 wobei die Sonde (6) in einem an den Anschlusskörper (4) angrenzenden Fixierungsbereich (8) eine raue, genoppte oder quer oder schräg zur Längsachse gewellte oder geriefte Oberfläche (9) aufweist dadurch gekennzeichnet, M1.3.3 dass die Sonde (6) als Drehteil ausgeführt ist, M1.3.5HA1 dass der Fixierungsbereich (8) im oberen, dem Anschlusskörper (4) nahen Drittel der Sonde (6) ausgebildet ist, M1.3.4 dass der Fixierungsbereich (8) durch Drehriefen gebildet ist, M1.3.6HA2 und dass der Anschlusskörper (4) auf der der Sonde (6) zugewandten Seite eine zur Anlage außerhalb des Auges (3) dienende Anlagefläche (10) aufweist, die mit einer rauen, genoppten, gerieften oder sonst wie strukturierten Oberfläche (9) ausgestattet ist.

An Anspruch 1 schließt sich der rückbezogene Anspruch 2 an.

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der nachgeordneten Patentansprüche gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen, wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingelegt und ist auch sonst zulässig (§ 73 PatG). Sie ist jedoch unbegründet, da der jeweilige Gegenstand des Anspruchs 1 in der Fassung nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 und 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 i. V. m. § 1 Abs. 1 PatG).

1. Die Anmeldung betrifft laut Beschreibung eine Vorrichtung zum Einführen eines Mediums oder eines Instruments in den menschlichen Körper, insbesondere in das menschliche Auge, mit einem Anschlusskörper, einem im Anschlusskörper ausgebildeten Durchgang und einer sich an den Durchgang anschließenden Sonde, wobei die Sonde zum Einführen bzw. Einstecken in den Körper und der Anschlusskörper auf der der Sonde zugewandten Seite zur Anlage außerhalb des Körpers und auf der der Sonde abgewandten Seite zum Ankoppeln oder Einführen eines Schlauchs, Instruments oder dgl. dient (vgl. Offenlegungsschrift, Abs. [0001]).

Wie in der Beschreibung weiter ausgeführt ist, sind solche Vorrichtungen, insbesondere zur Anwendung in der Ophthalmologie, unter dem Begriff Inzisionsvorrichtung oder Trokar hinlänglich aus der Praxis bekannt. Beispielhaft wird dazu auf die EP 1 886 653 A1 verwiesen (Abs. [0002]).

Im Rahmen entsprechender Eingriffe in das menschliche Auge werden regelmäßig mehrere Trokare durch die Sklera hindurch in das Auge eingeführt (Abs. [0004]). Dazu wird der jeweilige Trokar in eine kleine Öffnung der Sklera eingesetzt. Die verwendeten Instrumente können dann durch den Trokar hindurch ausgetauscht werden. Durch die Verwendung eines Trokars wird eine weiterreichende Reizung oder Beschädigung der Sklera vermieden (Abs. [0006]). Die aus der Praxis bekannten Trokarsysteme seien insoweit problematisch, als die Gefahr besteht, dass diese aufgrund eines im Körper herrschenden Innendrucks aus dem Körper, beispielsweise aus dem Inneren eines Auges, regelrecht herausgedrückt werden. Diese Gefahr besteht insbesondere dann wenn - noch - keine Instrumente eingesetzt sind. Die Gefahr besteht generell auch während der Handhabung bei eingesetzten Instrumenten (Abs. [0007]).

Laut Beschreibung liegt der Anmeldung daher die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung der gattungsbildenden Art derart auszugestalten und weiterzubilden, dass sie sich sicher in einen menschlichen Körper einsetzen lässt, wobei ein ungewolltes Herausgleiten bzw. Herausrutschen der Vorrichtung, insbesondere bedingt durch den Innendruck im menschlichen Körper, beispielsweise im menschlichen Auge, wirksam verhindert ist (Abs. [0008]).

Diese Aufgabe soll durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst werden. Die erfindungsgemäße Sonde gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag weist zumindest in einem an den Anschlusskörper angrenzenden Fixierungsbereich eine raue, genoppte oder im Wesentlichen quer oder schräg zur Längsachse gewellte bzw. geriefte Oberfläche auf (Abs. [0009]). Nach dem kennzeichnenden Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist die Sonde als Drehteil ausgeführt und der Fixierungsbereich durch Drehriefen gebildet.

Erfindungsgemäß sei erkannt worden, dass sich ein ungewolltes Herausrutschen der Vorrichtung dadurch vermeiden lässt, dass die Sonde mit einem an den Anschlusskörper angrenzenden Fixierungsbereich mit einer rauen, genoppten oder im Wesentlichen quer oder schräg zur Längsachse gewellten bzw. gerieften Oberfläche ausgestattet ist. Darüber hinaus sei festgestellt worden, dass eine entsprechende Ausgestaltung der Oberfläche der Sonde, nämlich im Fixierungsbereich, den Heilungsprozess nach Anwendung der Vorrichtung begünstige (Abs. [0010]).

Die Figur 1 der Anmeldung zeigt in einer schematischen Ansicht ein Ausführungsbeispiel einer in das menschliche Auge eingesetzten erfindungsgemäßen Vorrichtung.

2. Als zuständiger Fachmann ist ein Ingenieur der Fachrichtung Medizintechnik bzw. Feinwerktechnik mit Hochschulbildung und beruflicher Erfahrung in der Entwicklung und Fertigung von Instrumenten für die Augenchirurgie anzusehen, der bezüglich medizinischer Fragestellungen mit einem Arzt zusammenarbeitet.

Dieser Fachmann legt dem Patentanspruch 1 im Kontext der Anmeldeunterlagen folgendes Verständnis zugrunde:

Mit Merkmal M1 ist jedwede Vorrichtung (bspw. Trokar, Schlauch, Röhre, Katheter etc.) beansprucht, die zum Einführen eines Mediums oder eines Instruments (bspw. chirurgisches Instrument, Beleuchtungsinstrument etc.) in den menschlichen Körper geeignet ist (vgl. Offenlegungsschrift, Abs. [0005]). Auf eine Vorrichtung für das Auge, wie sie die gesamte Anmeldung offenbart, ist sie erst in der Fassung nach Hilfsantrag 2 eingeschränkt.

Eine Vorrichtung in Form eines Trokars 1 ist in der Figur 1 gezeigt. Dieser umfasst einen Anschlusskörper 4, einen im Anschlusskörper 4 ausgebildeten, in Figur 1 nicht erkennbaren Durchgang 5 und eine sich an den Durchgang 5 bzw. an den Anschlusskörper 4 anschließende Sonde 6, die zum Einstecken in das Auge 3 dient. Der Anschlusskörper 4 (Merkmale M1.1 und M1.1.1) dient auf der der Sonde 6 zugewandten Seite zur Anlage außerhalb des Auges, und auf der der Sonde 6 abgewandten Seite zum Ankoppeln eines in den Figuren nicht gezeigten Schlauchs, Instruments oder dergleichen. (vgl. Abs. [0021]).

Dabei ist der Begriff “Ankoppeln” gemäß den Angaben in der vorliegenden Anmeldung auch im Sinne von “Einführen” bzw. „Durchführen“ auszulegen, da der Durchgang 5 (Merkmal M1.2) im Anschlusskörper und der daran anschließenden Sonde (Merkmal M1.3) der Einführung bzw. Durchführung von Instrumenten dient (vgl. Abs. [0001], [0004] u. [0005]).

Die sich an den Durchgang 5 anschließende Sonde 6 (Merkmale M1.3 und M1.3.1) dient zum Einführen in den Körper (vgl. Abs. [0001], Fig.1). Sie ist nach Unteranspruch 3 in der geltenden Fassung nach Hauptantrag ein integraler Bestandteil des Anschlusskörpers, es sind nach Anspruch 1 jedoch auch weitere Ausbildungen (z.B. zweiteilig) möglich.

Die Sonde 6 weist gemäß Merkmal M1.3.2 zumindest in einem an den Anschlusskörper 4 angrenzenden Fixierungsbereich 8 eine raue, genoppte oder quer oder schräg zur Längsachse gewellte oder geriefte Oberfläche 9 auf. Mit dieser Oberflächenform an der Außenseite der Sonde wird eine hinreichende Rauigkeit erzeugt, um ein ungewolltes Herausgleiten der Sonde 6 aus dem Randbereich der Sklera 2 vermeiden zu können (vgl. Abs. [0023]).

Durch die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruch 1 wird diese Sonde weiter spezifiziert. Sie ist als Drehteil ausgeführt (Merkmal M1.3.3) und der Fixierungsbereich 8 wird durch Drehriefen gebildet (Merkmal M1.3.4).

Eine Riefe ist eine Unregelmäßigkeit der wirklichen Oberfläche, die unbeabsichtigt oder zufällig durch die Bearbeitung, Lagerung oder Funktion der Oberfläche entstanden ist. Riefen sind in der Regel Folge einer Spanbildung (Reißspan, Scherspan, Aufbauschneide), Werkstoffverformung beim Strahlen oder Knospenbildung bei galvanischer Behandlung (siehe DIN 4760). Im vorliegenden Fall entstehen die Riefen während des Herstellungsprozesses des Drehens.

Nach dem Hilfsantrag 1 muss sich der Fixierungsbereichs 8 am oberen, dem Anschlusskörper (4) nahe Drittel der Sonde (6) befinden (Merkmal M1.3.5HA1), wobei nach dem Wortlaut des Anspruchs 1 der Fixierungsbereich nicht auf diesen Teil eingeschränkt ist, sondern sich auch über einer größeren Teil der Oberfläche der Sonde erstrecken kann.

Nach Hilfsantrag 2 besitzt zusätzlich der Anschlusskörper 4 auf der der Sonde 6 zugewandten Seite eine zur Anlage außerhalb des Auges 3 dienende Anlagefläche 10 mit einer rauen, genoppten, gerieften oder sonst wie strukturierten Oberfläche 9. Dies dient nach Abs. [0025] der Offenlegungsschrift zur weiterreichenden Fixierung, nämlich in Bezug auf eine ungewollte Drehbewegung des Trokars.

3. Die Vorrichtung des geltenden Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit .

3.1 Aus der Druckschrift US 4 331 130 (D1) ist eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Verhinderung des Kollapses der vorderen Augenkammer während ophthalmischer Operationen bekannt. Die Vorrichtung hat ein Anschlussstück mit Außengewinden oder Rastelementen, die ohne Verwendung von Nähten in verriegelnden Eingriff mit dem Auge einrasten (vgl. D1 Abstract: „An apparatus and method to prevent collapse of the anterior chamber of the eye during ophthalmic surgical procedures. The apparatus has an infusion terminal with external threads or detents which snap fit into interlocking engagement with the eye without the use of sutures.“ ).

Über das Anschlussstück (infusion terminal 146, 446) mit Durchgang (central fluid passageway 152) können während des chirurgischen Verfahrens selektiv Luft, Salzlösung und andere Flüssigkeiten in die vordere Augenkammer injiziert werden (vgl. D1 Abstract: „One or more pumps are pneumatically and hydraulically connected to the infusion terminal via a series of tubes to selectively inject air, saline solution and other liquids into the anterior chamber of the eye during the surgical procedure.“, Sp.4 Z.28-33, Fig.6) [= Merkmale M1, M1.1, M1.2]. Hierzu kann an den Anschlusskörper (infusion terminal 146, 446) auf der dem Auge abgewandten Seite ein Schlauch (infusion tube 136, 436) angekoppelt werden (vgl. D1 Sp.4 Z.28-31: „As shown in FIGS. 13, an eye-engaging self-retaining infusion terminal 146 is connected to the outlet end 148 of infusion tube 136.“). Nach dem Ausführungsbeispiel gemäß Fig.6 liegt der Anschlusskörper (infusion terminal 446) mit der einem plattenförmigen Element außerhalb des Auges an (vgl. D1 Fig.6, Sp.5 Z.22-27: „Flange 480 is located rearwardly and upstream of threads 456 and has an eye-engaging front surface 482. Flange 480 limits the extent to which infusion terminal 446 can be inserted into the eye and is useful in pars plana procedures.“) [= Merkmal M1.1.1].

Die dem Auge zugewandte Sonde (shank 150) mit einer abgerundeten Spitze (tapered rounded head 154, 454) wird in das Auge eingeführt (vgl. D1 Fig.1, 3, 6) und stellt damit eine Sonde gemäß den Merkmalen M1.3 und M1.3.1 dar. Am an den Anschlusskörper (infusion terminal 146, 446) angrenzenden Bereich (156, 370, 456) befinden sich als Einrastelemente Gewinde, ringförmige Rastungen, Ringe, Rillen oder Speichen (vgl. D1 Sp.4 Z.64-Sp.5 Z.1: „The infusion terminal 346 shown in FIG. 4 is similar to the infusion terminal shown in FIG. 2, except that the eye-connection means of infusion terminal 246 have annular detents, rings, or circular ribs 370 in lieu of threads 156 (FIG. 3) which extend circumferentially outward of shank 350.“, Sp.5 Z.34-37: „While the above embodiments are preferred, in some circumstances it may be desirable that the eye-engaging connection means take the form of one or more radial spokes or detents that extend outward of the shank.“) [= Merkmal M1.3.2].

Damit unterscheidet sich die beanspruchte Vorrichtung nach Anspruch 1 in der Fassung gemäß Hauptantrag von der Vorrichtung nach der D1 lediglich darin, dass nicht genannt ist, dass die Sonde als Drehteil ausgeführt ist [Merkmal M1.3.3] und dass der Fixierungsbereich durch Drehriefen gebildet ist [Merkmal M1.3.4].

Diese Merkmale können jedoch keine erfinderische Tätigkeit begründen.

3.1.1 In welchem Umfang und mit welcher Konkretisierung der Fachmann Anregungen im Stand der Technik benötigt, um eine bekannte Lösung in bestimmter Weise weiterzuentwickeln, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Frage des Einzelfalls, deren Beantwortung eine Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Sachverhaltselemente erfordert.

Gehört eine maschinenbautechnische Lösung als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel ihrer Art nach zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Ingenieurs, kann Veranlassung zu ihrer Heranziehung vielmehr bereits dann bestehen, wenn sich die Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt und keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen (vgl. BGH X ZR 139/10 vom 11. 03.2014, GRUR 2014, 647 – Farbversorgungssystem).

Dies ist vorliegend der Fall. Die Herstellung von rotationssymmetrischen, metallischen Teilen mit Gewinde mittels Drehen gehört zum Grundlagenwissen des Fachmanns im Sinne eines "Standardrepertoires", auf das er regelmäßig bei der Herstellung von rotationssymmetrischen Teilen aus Metall zurückgreifen kann und zurückzugreifen Anlass hat, wenn es um die einfache und präzise Herstellung (auch mit Gewindegängen) geht. In der Medizintechnik werden beispielsweise Verbindungselemente, wie z. B. Titanschrauben und Gewindehülsen als Präzisionsdrehteile hergestellt. Weiter ist dem Fachmann auch aufgrund seines Fachwissens geläufig, Sonden für Trokare aus Metall herzustellen (vgl. D5 Abs. [0014]: „Cannula sleeve 104 may be formed of stainless steel or ...“).

Umstände, die das Herstellen der Sonde als Drehteil als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen ließen, sind weder ersichtlich noch von der Anmelderin vorgetragen, und die Streitpatentanmeldung enthält im Übrigen auch keine Hinweise zur Überwindung derartiger Probleme. Der Fachmann wird derartige Herstellungsverfahren zunächst immer nach Bedarf und Kostengesichtspunkten, auch bei der Herstellung von gattungsgemäßen Anschlusskörpern bei Vorrichtungen zum Einführen eines Mediums oder eines Instruments in den menschlichen Körper, wählen und gelangt damit zum Merkmal M1.3.3.

Wenn der Fachmann weiterhin vor der Aufgabe steht, die in der D1 als hilfreich zur selbsthaltenden Befestigung gewellten, gerieften oder mit einem Gewinde versehenen Oberflächen (370, 156, 456) gemäß Fig.5,6 im Dokument D1 auch bei „Drehteilen“ zur Selbsthaltung an menschlichem Gewebe einarbeiten zu wollen, liegt es unmittelbar auf der Hand, entweder eigene Rillen einzudrehen oder die während des Drehprozesses entstehenden und somit vorhandenen Drehriefen als Rastelemente (vgl. „detents“ Spalte 5 Z 37 im Dokument D1) zu nutzen [= Merkmal M1.3.4]. Damit ist der Fachmann jedoch bereits bei der Vorrichtung nach Anspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags angelangt.

3.1.2 Die Ausführungen der Anmelderin in der Beschwerdebegründung und der mündlichen Verhandlung zu der Druckschrift D1 führen zu keinem anderen Ergebnis.

Nach Ansicht der Anmelderin wird die aus D1 bekannte Vorrichtung zwar bei Augenoperationen eingesetzt, und zur Vermeidung eines ungewollten Herausrutschens der Sonde 450 ist der Fixierungsbereich 456 mit Wülsten, Rippen, Gewindegängen, etc. ausgestattet. Diese seien jedoch unter Berücksichtigung des Augeneinschnitts und unter Berücksichtigung der Sonde 450 äußerst groß dimensioniert und würden das Hineinschieben der Sonde mit einem ständigen Überwinden einer jeden Rippe bzw. eines jeden Gewindegangs verbinden. Aufgrund der erheblichen Dimensionierung der Rippen, etc. ergebe sich eine akute weiterreichende Verletzungsgefahr der Sklera. Außerdem wären die das Herausgleiten hemmenden Mittel im Rahmen eines besonderen Fertigungsprozesses auszubilden, was einen weiterreichenden Aufwand in der Herstellung erforderlich mache.

Der Argumentation der Anmelderin, die aufgrund der schematischen Zeichnungen von einer erheblichen Dimensionierung der Rippen und damit von einer ungeeigneten Vorrichtung nach der D1 ausgeht, kann nicht gefolgt werden. Der Fachmann wird die Zeichnungen lediglich Darstellung des Verankerungsprinzips ansehen und die Rippen selbstverständlich – auch aufgrund der bei Medizinprodukten geforderten Brauchbarkeit, Risikoeinschätzung und Sicherheit – derart dimensionieren, dass beim Hineinschieben der Sonde über die Rippen keine Verletzungen auftreten.

Selbst wenn diese Probleme aufgrund der Dimensionierung nach der D1 auftreten würden, so erhält der Fachmann durch die Probleme gerade die Anregung, die Rippen möglichst gering auszubilden, sodass sie einerseits das Festlegen weiter sicherstellen, als auch andererseits die Verletzungsgefahr minimieren. Der Fachmann wird die Rippen somit lediglich als geringe Rillen, Furchen oder Rauigkeit ausbilden. Derartige fein strukturierte Oberflächen mit einer ausreichenden Rauigkeit kennt der Fachmann auch aus dem Stand der Technik. Rein exemplarisch wird hierfür auf die Druckschrift D2 (vgl. D2 Abs. [0057]: „Preferably, the friction fit of the cannula may be enhanced by slightly roughening the proximal portion of the surface of the tubular sleeve 622, as reflected by area 444 in the proximal portion of tubular sleeve 422 in the embodiment shown in FIG. 4.“) verwiesen. Davon wird der Fachmann auch nicht von der snap-in-Verbindung in der D1 abgehalten, da die D2 lehrt, dass die geringe Oberflächenrauigkeit bereits ausreicht, die Sonde zu sichern und ein ungewolltes Herausgleiten aus dem Randbereich der Sklera zu vermeiden.

Auch der Argumentation der Anmelderin, dass die Rippen in der D1 im Rahmen eines besonderen Fertigungsprozesses ausgebildet werden, was einen weiterreichenden Aufwand in der Herstellung erforderlich mache, kann die Beurteilung nicht ändern. So wird der Fachmann die zur Fixierung dienenden Rippen, Rillen oder ähnliches im Rahmen fachmännischen Handelns während des Herstellungsverfahrens möglichst einfach, kostengünstig und zeitsparend ausbilden. Hierfür bietet es sich unmittelbar an, die während der Herstellung durch Drehen zwangs- läufig als integraler Bestandteil der Sonde entstehenden Drehriefen als Fixierungsrillen zu verwenden und somit das Herstellungsverfahren zu vereinfachen.

3.2 Auch der Gegenstand des Anspruchs 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 1 ergibt sich in nahe liegender Weise aus der D1.

Der Fixierungsbereich (156, 370, 456) in der D1 ist im oberen, dem Anschlusskörper (infusion terminal 146, 446) nahen Drittel der Sonde (shank 150) ausgebildet (vgl. D1 Fig.3, 5, 6). Somit ist auch Merkmal M1.3.5HA1 erfüllt. Dem steht nicht entgegen, dass der Fixierungsbereich nach der D1 über das nahe Drittel hinausgeht, da dies vom Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ebenfalls umfasst wird.

3.3 Auch der Hilfsantrag 2 ist nicht gewährbar, weil der Gegenstand des Anspruchs 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Gemäß dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 soll zusätzlich der Anschlusskörper auf der der Sonde zugewandten Seite eine zur Anlage außerhalb des Auges dienende Anlagefläche aufweisen, die mit einer rauen, genoppten, gerieften oder sonst wie strukturierten Oberfläche ausgestattet ist.

Auch dieses Merkmal M1.3.6HA2 lag ausgehend von D1 für den Fachmann nahe:

Die Vorrichtung der D1 mit dem an der Sonde vorgesehenen strukturierten Fixierungsbereich (156, 256, 370, 456) soll eine sichere Verbindung mit dem Auge erlauben (vgl. D1 Sp.2 Z.28-29: „to securely connect the infusion terminal to the eye“). Wie der Fachmann erkennt, ist es hierbei wichtig, einen ausreichenden Kraftschluss zwischen der Vorrichtung und dem Auge sicherzustellen, so dass während der Behandlung jegliche Bewegung der Vorrichtung auf und in dem Auge

(einschließlich einer Drehbewegung, welche den Kraftschluss zwischen der Sonde und dem Auge verringern und zu einem Herausrutschen der Sonde führen könnte) möglichst vermieden wird. Um in der Vorrichtung der D1 Fig. 6, in welcher der Anschlusskörper auf der der Sonde zugewandten Seite eine zur Anlage außerhalb des Auges dienende Anlagefläche („eye-engaging front surface 482“) aufweist, den Kraftschluss zwischen dem Auge und der Vorrichtung weiter zu verbessern und hierbei auch eine ungewollte Drehung der Vorrichtung zu verhindern, lag es für den Fachmann nahe, nicht nur die in das Auge einzuführende Sonde, sondern auch die auf der Sklera aufsitzende Anlagefläche (482) des Anschlusskörpers mit einer rutschmindernd strukturierten Oberfläche zu versehen.

Eine erfinderische Tätigkeit ist hierin nicht zu erkennen.

4. Mit den nicht gewährbaren Patentansprüchen 1 in den beantragten Fassungen fallen aufgrund der Antragsbindung auch die Unteransprüche in den verschiedenen Anspruchsfassungen (vgl. BGH, GRUR 1983, 171 - Schneidhaspel).

III.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist für jeden am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,

3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.

Dr. Morawek Eder Dr. Thum-Rung Zimmerer Fa

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