• Suche
  • Impressum

caselaw.de²

  • caselaw.de²

  • Suche
  • Impressum

  • Suche
  • Filter
  • Ergebnis
  • Entscheidung
Entscheidung
Paragraphen
Original
Teilen

VIa ZR 604/21

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VIa ZR 604/21 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 16. Oktober 2023 Bürk Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2023:161023UVIAZR604.21.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2023 durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Menges als Vorsitzende, die Richterinnen Möhring, Dr. Krüger, den Richter Liepin und die Richterin Dr. Vogt-Beheim für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Oktober 2021 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin betreffend ihre deliktische Schädigung durch das Inverkehrbringen des in ihrem Berufungsantrag zu 1 näher bezeichneten Fahrzeugs zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin erwarb am 29. April 2014 von der Beklagten als Verkäuferin einen von der Beklagten hergestellten gebrauchten Mercedes C 200 CDI BE, der mit einem Motor der Baureihe OM 651 ausgerüstet ist. In dem Fahrzeug ist ein Thermofenster verbaut, das die Abgasrückführung bei Unterschreitung einer bestimmten Schwellentemperatur reduziert.

Die Klägerin macht geltend, das Fahrzeug verfüge über mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen. Sie hat zuletzt die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Schlussanträge aus der Berufungsinstanz weiter, soweit sie diese auf ihre deliktische Schädigung durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs gestützt hat.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin hat Erfolg.

A.

Die Berufung der Klägerin war, was der Senat als Prozessfortsetzungsbedingung von Amts wegen zu berücksichtigen hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2020 - I ZR 110/19, IHR 2023, 85 Rn. 12 mwN; Urteil vom 7. November 2022 - VIa ZR 737/21, juris Rn. 6), entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Revisionsverhandlung geäußerten Auffassung zulässig. Insbesondere ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Berufungsbegründung den Mindestanforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO genügt,

weil sie als Verfahrensmangel des erstinstanzlichen Verfahrens rügt, dass das Landgericht den Vortrag der Klägerin zu einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung mit Schriftsatz vom 5. Januar 2021, den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht übergeben hat, nicht zur Kenntnis genommen habe (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2023 - VIa ZB 8/23, juris Rn. 8 ff. mwN).

B.

Der angefochtene Beschluss ist in der Sache von Rechtsfehlern beeinflusst.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB, denn es könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagte der Klägerin vorsätzlich in sittenwidriger Weise einen Schaden zugefügt habe. Hinsichtlich des in ihrem Fahrzeug verbauten Thermofensters trage die Klägerin nicht hinreichend dazu vor, dass die Beklagte planmäßig eine Software eingesetzt habe, die gerade nur unter Prüfbedingungen den Schadstoffausstoß mit dem Ziel der Einhaltung von Grenzwerten beeinflusse. Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz zu einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung vortrage, handele es sich um neues Vorbringen, für das kein Zulassungsgrund im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO vorliege. Das Vorbringen sei im Berufungsverfahren neu, weil das Landgericht im Verhandlungstermin die Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 5. Januar 2021 gemäß § 137 Abs. 3 ZPO zurecht für unzulässig erklärt habe.

Zudem fehle es an greifbaren Anhaltspunkten für ein Vorhandensein dieser Einrichtung gerade in dem Fahrzeug der Klägerin.

II.

Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

1. Es begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwände.

2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV wegen der Verwendung des Thermofensters aus Rechtsgründen abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass der Berufungsentscheidung entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 29 bis 32, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch unberücksichtigt gelassen, dass der Klägerin nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, ZIP 2023, 1903 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder der Klägerin Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

III.

Die angefochtene Entscheidung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben, § 562 ZPO, weil sie sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Das Berufungsgericht hat keine tragfähigen Feststellungen getroffen, auf deren Grundlage eine deliktische Haftung der Beklagten wegen einer jedenfalls fahrlässigen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung verneint werden könnte. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird die Klägerin Gelegenheit haben, einen Differenzschaden darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 (VIa ZR

335/21, NJW 2023, 2259) die erforderlichen Feststellungen zu der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sowie gegebenenfalls zu den weiteren Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu treffen haben.

Menges Möhring Krüger Liepin Vogt-Beheim Vorinstanzen: LG Köln, Entscheidung vom 26.01.2021 - 16 O 125/20 OLG Köln, Entscheidung vom 27.10.2021 - 16 U 27/21 -

Wir stellen das Dokument etwas schmaler dar, um die Lesbarkeit zu erhöhen.

Bitte nutzen Sie nur das Original für den Druck des Dokuments.

Werbung

Urheber dieses Dokuments ist der Bundesgerichtshof. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.

▲ Anfang

Paragraphen in VIa ZR 604/21

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
4 823 BGB
2 31 BGB
2 826 BGB
2 563 ZPO
1 6 BGB
1 27 BGB
1 137 ZPO
1 520 ZPO
1 531 ZPO
1 561 ZPO
1 562 ZPO

Die aufgeführten Paragraphen wurden durch eine ausgeklügelte Software ermittelt.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass dabei auch falsche Kombinationen aus Paragraph und Gesetz ermittelt werden können.

Sollte ein Gesetz in Gänze übersehen worden sein, dann teilen Sie uns diesen Umstand bitte mit.

Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit Paragraph
1 6 BGB
1 27 BGB
2 31 BGB
4 823 BGB
2 826 BGB
1 137 ZPO
1 520 ZPO
1 531 ZPO
1 561 ZPO
1 562 ZPO
2 563 ZPO

Original von VIa ZR 604/21

Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.

Öffnen

Bitte nutzen Sie möglichst das Original für den Druck des Dokuments.

Teilen von VIa ZR 604/21

Wenn Sie in einer E-Mail auf diese Entscheidung hinweisen möchten, dann können Sie diese komfortabel erstellen lassen, wenn Ihr Mail-Programm diese Option unterstützt. Alternativ können Sie den nachfolgenden Link in Ihre E-Mails und Webseiten einbauen:

Bitte nutzen Sie den Link in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google+.

Das ist ein wirksames Mittel um mehr Menschen auf unsere Dienste aufmerksam zu machen.

Eine Dienstleistung von caselaw.de | Diese Datensammlung unterliegt der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE | Impressum