AnwZ (Brfg) 17/25
BUNDESGERICHTSHOF AnwZ (Brfg) 17/25 BESCHLUSS vom 1. August 2025 in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache wegen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach §§ 11 ff. EuRAG ECLI:DE:BGH:2025:010825BANWZ.BRFG.17.25.0 Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Limperg, den Richter Dr. Remmert, die Richterin Dr. Liebert sowie die Rechtsanwälte Dr. Lauer und Prof. Dr. Schmittmann am 1. August 2025 beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17. März 2025 an Verkündungs statt zugestellte Urteil des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs der Freien und Hansestadt Hamburg wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe:
I. 1 Die Parteien streiten um die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft im Wege der Eingliederung gemäß § 11 ff. des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG).
Der Kläger, ein deutscher und britischer Staatsbürger, ist in England und Wales als "Employed Barrister" zugelassen und nach seinen Angaben seit dem Jahr 2016 als dienstleistender europäischer Rechtsanwalt tätig. Mit Urkunde vom
14. Dezember 2020 wurde er gemäß § 2 EuRAG als europäischer Rechtsanwalt in die Beklagte aufgenommen. Er wurde zudem am 8. April 2021 als britischer Barrister gemäß § 206 BRAO als sogenannter "WHO-Anwalt" in die Beklagte aufgenommen. Nach dem sogenannten "Brexit" am 31. Januar 2020 wurde die Anlage zu § 1 EuRAG mit Wirkung zum 1. Januar 2021 dahingehend geändert,
dass ein in Großbritannien zugelassener Barrister nicht mehr unter die Berufsbezeichnungen fällt, unter denen eine Tätigkeit als europäischer Rechtsanwalt möglich ist (Art. 1 der Verordnung zur Anpassung des anwaltlichen Berufsrechts an den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union vom
10. Dezember 2020, BGBl. I 2020, 2929). Vor diesem Hintergrund widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 3. Juni 2021 die Aufnahme des Klägers als europäischer Rechtsanwalt nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 EuRAG. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel des Klägers blieben erfolglos (vgl. Senat, Beschluss vom
18. April 2024 - AnwZ (Brfg) 45/23, NJW-RR 2024, 925). Aufgrund eines Kammerwechsels ist der Kläger seit dem 20. August 2024 nicht mehr Mitglied der Beklagten, sondern - als sogenannter "WHO-Anwalt" im Sinne von § 206 BRAO - Mitglied der Rechtsanwaltskammer F.
.
Am 31. Dezember 2020 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Eingliederung und Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gemäß § 4 Satz 1 Nr. 2 BRAO, §§ 11 ff. EuRAG. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 1. April 2021 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies sie mit Bescheid vom 12. Juli 2022 zurück.
Der Anwaltsgerichtshof hat die auf Zulassung als Rechtsanwalt unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 1. April 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2022 gerichtete Klage des Klägers abgewiesen. Der Kläger beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.
II.
Der Antrag ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.
1. Dies gilt zunächst, soweit der Kläger mit seinem Klageantrag die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihn zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen.
a) Der Anwaltsgerichtshof hat die Abweisung der Klage insofern darauf gestützt, dass die Beklagte, nachdem der Kläger nicht mehr ihr Mitglied, sondern seit dem 20. August 2024 Mitglied der Rechtsanwaltskammer F.
sei,
nicht passivlegitimiert sei. Er hat ausgeführt, gemäß §112d Abs. 1 Nr. 1 BRAO sei die Klage gegen die Rechtsanwaltskammer zu richten, die den Verwaltungsakt erlassen habe oder zu erlassen hätte. Gemäß § 4 Abs.1 EuRAG i.V.m. § 33 Abs. 3 Nr. 1 BRAO sei für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft diejenige Rechtsanwaltskammer örtlich zuständig, deren Mitglied der Rechtsanwalt sei.
Der Kläger sei Mitglied der Rechtsanwaltskammer F.
. Folglich könne nur diese zur Zulassung des Klägers verpflichtet werden. Etwas anderes könne nur gelten, wenn die Beklagte berechtigt wäre, das Verwaltungsverfahren
- welches nicht beendet sei - für die Rechtsanwaltskammer F.
fortzuführen. Dies sei jedoch nicht der Fall, weil die Rechtsanwaltskammer F.
der Beklagten nicht ihre Zustimmung zur Fortführung des Verwaltungsverfahrens erteilt habe (vgl. § 3 Abs. 3 VwVfG).
Der Anwaltsgerichtshof hat weiter ausgeführt, eine Fortführung des Verwaltungsverfahrens und damit des gerichtlichen Verfahrens durch die Beklagte wäre zudem auch dann nicht möglich gewesen, wenn die Rechtsanwaltskammer F. ihr zugestimmt hätte. Die Fortführung eines Verwaltungsverfahrens erfordere gemäß § 3 Abs. 3 VwVfG eine ermessensfehlerfreie Fortführungsentscheidung der Rechtsanwaltskammer. Eine solche habe die Beklagte nicht treffen können, da eine Fortführung des Verwaltungs- und des gerichtlichen Verfahrens durch die Beklagte die Gefahr einer Mitgliedschaft des Klägers in zwei verschiedenen Rechtsanwaltskammern begründet hätte. Dies beruhe darauf, dass der Kläger, wäre seiner Klage stattzugeben und er von der Beklagten zuzulassen, gemäß § 4 Abs. 1 EuRAG i.V.m. § 12 Abs. 3 BRAO automatisch Mitglied der Beklagten würde, obwohl er bereits Mitglied der Rechtsanwaltskammer F. sei. Eine doppelte Mitgliedschaft laufe jedoch dem Sinn und Zweck des § 33 BRAO, welcher eine solche gerade verhindern solle, zuwider.
b) Der Kläger macht insoweit keine Zulassungsgründe im Sinne von § 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 VwGO geltend.
2. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt auch im Übrigen, das heißt soweit der Kläger die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 1. April 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2022 begehrt, ohne Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob diesbezüglich ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers besteht, nachdem er infolge seines Kammerwechsels die von ihm begehrte Zulassung zur Rechtsanwaltschaft jedenfalls durch die Beklagte nicht mehr erlangen kann (wohl bejahend für den Fall der Ablehnung eines Antrags auf Einbürgerung und anschließendem Wechsel des Wohnsitzes: Tegethoff in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 25. Aufl., § 3 Rn. 53 a.E.).
a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen auch insoweit nicht. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angefochtenen Urteils mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird. Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen füllen den Zulassungsgrund dann nicht aus, wenn sie nicht die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen (st. Rspr.; Senat, Beschluss vom 27. September 2023 - AnwZ (Brfg) 18/23, NJW-RR 2023, 1609 Rn. 3 mwN).
aa) Zutreffend ist der Anwaltsgerichtshof davon ausgegangen, dass sich der Kläger nach dem "Brexit" - unabhängig von seinem bis zur Bestandskraft des Widerrufs seiner Aufnahme in die Beklagte fortwährenden Status als europäischer Rechtsanwalt - nicht mehr auf § 11 EuRAG berufen kann.
(1) Er hat ausgeführt, § 11 EuRAG diene der Umsetzung der Richtlinie 98/5/EG (des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde; Rechtsanwalts-Richtlinie; ABl. EG L 77 S. 36 vom 14. März 1998), welche Hindernisse für den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union beseitigen solle. Diesem Sinn und Zweck diene die Eingliederung von Personen, die keinem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union angehörten, ersichtlich nicht.
Auch die Gesetzessystematik spreche dagegen, dass der Kläger sich auf § 11 EuRAG berufen könne. Zwar ergebe sich aus § 4 Abs. 2 EuRAG, dass eine Person solange den Status eines niedergelassenen europäischen Rechtsanwalts innehabe, bis deren Aufnahme bei der Rechtsanwaltskammer bestandskräftig widerrufen worden sei. § 4 Abs. 2 EuRAG sei jedoch in Teil 2 des EuRAG (Berufsausübung als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt) verortet, und nicht in den allgemeinen Vorschriften (Teil 1) oder, wie § 11 Abs. 1 Satz 1 EuRAG, in Teil 3 des EuRAG (Eingliederung). Die Stellung des § 4 Abs. 2 EuRAG lasse darauf schließen, dass niedergelassene europäische Rechtsanwälte lediglich im Hinblick auf die Berufsausübung solange in den Anwendungsbereich des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland fallen sollten, bis deren Aufnahme bei einer Rechtsanwaltskammer bestandskräftig widerrufen worden sei. § 4 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 EuRAG regele demnach hinsichtlich der Berufsausübung eine Ausnahme von § 1 EuRAG, welcher vorsehe, dass das EuRAG nur für natürliche Personen gelte, die berechtigt seien, als Rechtsanwalt unter einer der in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten Berufsbezeichnungen selbständig tätig zu sein (europäische Rechtsanwälte).
Diese Auslegung entspreche dem Willen des Gesetzgebers. Dass der Gesetzgeber Personen, die keinem Mitgliedstaat der Europäischen Union mehr angehörten, keine Privilegien nach dem EuRAG mehr habe einräumen wollen, ergebe sich aus der durch den "Brexit" bedingten Schaffung des § 4 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 EuRAG, wonach die Aufnahme solcher Rechtsanwälte bei Rechtsanwaltskammern zu widerrufen sei.
(2) Der Kläger zeigt in der Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit dieser Ausführungen auf. Insbesondere befasst er sich nicht mit der Frage, ob § 11 EuRAG nach dem "Brexit" zum Zeitpunkt des Ablehnungsbescheids der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2022 oder zu dem von ihm für maßgeblich gehaltenen, noch späteren Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auf ihn überhaupt noch anwendbar war. Soweit der Kläger in anderem, nämlich im Zusammenhang mit § 4 EuRAG, darauf hinweist, die Verwendung des Adjektivs "grundsätzlich" in den Gesetzesmaterialien (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht und zur Änderung weiterer Vorschriften, BR-Drucks. 196/20 S. 73) könne vor dem Hintergrund der juristischen Fachsprache nur bedeuten, dass nach dem Willen der Bundesregierung die Regelung im Allgemeinen gelten, jedoch Ausnahmen im besonderen Einzelfall möglich bleiben sollten, vermag der Senat dem angesichts der weiteren Begründung des Gesetzesentwurfs nicht zu folgen (vgl. im Einzelnen Senat, Beschluss vom 18. April 2024, aaO Rn. 13).
Der vom Anwaltsgerichtshof zu Recht betonte Wille des Gesetzgebers, ab dem Zeitpunkt, zu dem auch die Übergangszeit abgelaufen ist (31. Dezember 2020, vgl. Art. 126 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königsreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft, Abl. EU C 384 I vom 12. November 2019, S. 1), Personen, die keinem Mitgliedstaat der Europäischen Union mehr angehören, nicht mehr an den Privilegien partizipieren zu lassen, die auf der RechtsanwaltsRichtlinie fußen (BR-Drucks. 196/20 aaO), gilt umso mehr, wenn nicht nur der Widerruf eines bereits gewährten Privilegs - wie die vor dem (endgültigen) "Brexit" erfolgte Aufnahme in eine Rechtsanwaltskammer als europäischer Rechtsanwalt nach § 2 EuRAG - betroffen ist, sondern die erstmalige Gewährung eines solchen Privilegs nach dem "Brexit", wie vorliegend die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft im Wege der Eingliederung gemäß §§ 11 ff. EuRAG verlangt wird. Die Eingliederung gemäß § 11 EuRAG dient, wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend erkannt hat, der Umsetzung der entsprechenden Bestimmungen der Rechtsanwalts-Richtlinie der Europäischen Union (vgl. Art. 2 und 10 RL EG/98/5 sowie Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Berufsrechts der Rechtsanwälte, BT-Drucks. 14/2269, S. 17, 20, 29). Nach dem "Brexit" sind diese Richtlinie und die mit ihr verbundenen Privilegien auf Rechtsanwälte aus dem Vereinigten Königreich nicht mehr anwendbar und ist der entsprechende Umsetzungsbedarf in das nationale Recht entfallen. Damit korreliert der - wie gezeigt - ausdrückliche Wille des Gesetzgebers, ab dem Zeitpunkt, in dem die Übergangszeit abgelaufen ist, das heißt ab dem 1. Januar 2021, Rechtsanwälte aus dem Vereinigten Königreich nicht mehr an diesen Privilegien partizipieren zu lassen. Dies schließt eine Eingliederung des vorgenannten Personenkreises gemäß § 11 EuRAG nach dem 31. Dezember 2020 aus und zwar auch dann, wenn wegen eines anhängigen Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelverfahrens der Betroffene formal noch den Status eines niedergelassenen europäischen Rechtsanwalts im Sinne von § 2 EuRAG innehat.
bb) In Anbetracht der Unanwendbarkeit von §§ 11 ff. EuRAG auf den Kläger nach dem 31. Dezember 2020 kommt es mithin nicht mehr darauf an, ob der Kläger zu den - nach dem 31. Dezember 2020 liegenden - Zeitpunkten des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2022 oder der letzten mündlichen Verhandlung die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 EuRAG erfüllt hat. Unabhängig hiervon bestehen im Hinblick auf die Ausführungen des Anwaltsgerichtshofs, die Beklagte hätte den Antrag des Klägers auch dann ablehnen dürfen, wenn dieser sich als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt grundsätzlich auf § 11 Abs. 1 Satz 1 EuRAG hätte berufen können (S. 15 des angefochtenen Urteils), keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn der Kläger hatte - die grundsätzliche Anwendbarkeit von § 11 EuRAG unterstellt - weder zum Zeitpunkt des Ablehnungsbescheids der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2022 noch zu dem von ihm für maßgeblich gehaltenen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft im Wege der Eingliederung gemäß § 11 Abs. 1 EuRAG. Zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 12. Juli 2022 konnte der Kläger, wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend festgestellt hat, noch nicht - wie indes nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EuRAG erforderlich - drei Jahre als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt tätig gewesen sein, da er erst am 14. Dezember 2020 gemäß § 2 EURAG in die Beklagte aufgenommen worden war. Der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2024 vor dem Anwaltsgerichtshof lag wiederum nach dem Kammerwechsel und dem damit verbundenen Ausscheiden des Klägers aus der Beklagten am 20. August 2024. Die Beklagte hätte daher ab dem 20. August 2024 eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft im Wege der Eingliederung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EuRAG unabhängig von den materiellen Eingliederungsvoraussetzungen schon deshalb ablehnen müssen, weil sie hierfür nicht (mehr) zuständig war (s.o. zu 1.).
b) Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder der ihr zu Grunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht und sich damit von den üblichen verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen deutlich abhebt (vgl. nur Senat, Beschluss vom 4. März 2019 - AnwZ (Brfg) 47/18, juris Rn. 15 mwN).
Das ist nicht der Fall. Der Sachverhalt ist überschaubar. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen lassen sich weitgehend auf der Grundlage des Gesetzes und seiner Begründung durch den Gesetzgeber beantworten. Der Umfang der Ausführungen in einem angefochtenen Urteil zu einer bestimmten Frage ist allein kein hinreichender Anhaltspunkt für die besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten einer Rechtssache (Senat, Beschluss vom 18. April 2024, aaO Rn. 30). Zudem lässt vorliegend das Urteil des Anwaltsgerichtshofs mit seinen rund acht Seiten langen Entscheidungsgründen keinen besonderen Begründungsaufwand erkennen. Vielmehr werden die einzelnen tatsächlichen und rechtlichen Fragen jeweils in der gebotenen Kürze abgehandelt.
Die vom Kläger angeführten Aspekte der Verhältnismäßigkeit und des maßgeblichen Zeitpunktes für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerspruchsbescheids sind nicht entscheidungserheblich, da eine Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft im Wege der Eingliederung wegen der Unanwendbarkeit des § 11 EuRAG nach dem "Brexit" (s.o. zu 2 a aa) schon grundsätzlich nicht in Betracht kommt und die Beklagte selbst dann, wenn dies anders wäre, die Zulassung des Klägers im Wege der Eingliederung - wegen der mangelnden Erfüllung der Eingliederungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2022 beziehungsweise der Unzuständigkeit der Beklagten ab dem 20. August 2024 - zu Recht abgelehnt hat (s.o. zu 2 a bb). Auch in Bezug auf die anderen, vom Kläger angeführten Gesichtspunkte lässt sich eine Entscheidungserheblichkeit nicht erkennen.
c) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. nur Senat, Beschluss vom 6. Februar 2012 - AnwZ (Brfg) 42/11, juris Rn. 25 mwN).
Das ist nicht der Fall. Die Rechtslage ist eindeutig und nicht klärungsbedürftig. Soweit der Kläger meint, ein weiterer Austritt eines Mitgliedstaates aus der Europäischen Union sei für die Zukunft nicht ausgeschlossen, ist dies nicht absehbar und begründet nicht, dass sich eine - vom Kläger überdies nicht konkret benannte - im vorliegenden Rechtsstreit aufgeworfene Rechtsfrage in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (vgl. Senat, Urteil vom 18. April 2024, aaO Rn. 31).
d) Der Kläger zeigt keinen Verfahrensfehler auf, der dem Anwaltsgerichtshofs unterlaufen ist und auf dem sein Urteil beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Soweit der Kläger meint, die Beklagte habe das Verfahren aussetzen müssen, begründet dies keinen Verfahrensfehler des Anwaltsgerichtshofs.
3. Die vom Kläger hilfsweise beantragte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst. Der Kläger führt in diesem Zusammenhang die Frage an, ob eine effektive und regelmäßige juristische Tätigkeit im Rahmen eines zu einem privaten Unternehmen bestehenden Beschäftigungsverhältnisses gemäß Art. 8 der Rechtsanwalts-Richtlinie und Tätigkeiten als dienstleistender europäischer Rechtsanwalt nach § 25 EuRAG sowie die Zeiten außerhalb der Aufnahme als europäischer Rechtsanwalt gemäß § 2 EuRAG als effektive und regelmäßige Tätigkeit im Sinne von Art. 10 dieser Richtlinie anzuerkennen sind.
Im Hinblick auf Art. 8 der Rechtsanwalts-Richtlinie ist selbst dann eine Entscheidungserheblichkeit der vom Kläger aufgeworfenen Frage nicht erkennbar, wenn - wie nicht (s.o. zu 2 a aa) - die Art. 10 der Rechtsanwalts-Richtlinie umsetzenden Bestimmungen in §§ 11 ff. EuRAG auf den Kläger anwendbar sein sollten. Denn der Kläger führt nicht aus, in welchen Zeiträumen außerhalb der Aufnahme als europäischer Rechtsanwalt gemäß § 2 EuRAG er in Deutschland als unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung eingetragener Rechtsanwalt seinen Beruf im abhängigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne von Art. 8 der Rechtanwalts-Richtlinie ausgeübt hat und dabei effektiv und regelmäßig im deutschen Recht tätig gewesen ist.
Tätigkeiten als dienstleistender europäischer Rechtsanwalt nach § 25 EuRAG sind nicht als effektive und regelmäßige Tätigkeiten im Sinne von Art. 10 der Rechtsanwalts-Richtlinie anzuerkennen. Auslegung und Anwendung von Art. 10 der Rechtsanwalts-Richtlinie sind hier so offensichtlich, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt und damit keine Vorlage erforderlich ist (acte clair; vgl. nur Senat, Beschluss vom 30. Juli 2024 - AnwZ (Brfg) 13/24, NJW 2024, 3451 Rn. 37 mwN; EuGH, Urteil vom 15. September 2005 - C-495/03, juris Rn. 33). Ein dienstleistender europäischer Rechtsanwalt ist, wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend erkannt hat (S. 16 des angefochtenen Urteils), nach § 25 Abs. 1 Satz 1 EuRAG lediglich berechtigt, die Tätigkeiten eines Rechtsanwalts in Deutschland vorübergehend und gelegentlich auszuüben, also gerade nicht effektiv und regelmäßig, wie es Art. 10 der Rechtsanwalts-Richtlinie und § 11 Abs. 1 Satz 1 EuRAG fordern. Solche vorübergehenden und gelegentlichen Tätigkeiten sind nicht ausreichend, um die Voraussetzungen der Eingliederung im Sinne der vorgenannten Bestimmungen zu erfüllen (vgl. zu § 11 EuRAG: BTDrucks. 14/2269, S. 29; Weyland/Nöker, BRAO, 11. Aufl., § 11 EuRAG Rn. 2; Buchmann/Gerking in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 11 EuRAG Rn. 6).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
Limperg Remmert Liebert Lauer Schmittmann Vorinstanz: AGH Hamburg, Entscheidung vom 13.11.2024 - AGH I ZU 2/2022 (I-40) -