Paragraphen in 14 W (pat) 32/12
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph |
---|
Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit | Paragraph |
---|
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 32/12
_______________________
(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 199 26 170.9-43 …
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 21. Mai 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw sowie des Richters Schell, des Richters Dr. Jäger und der Richterin Dr. Wagner beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152 08.05
-2Gründe I Mit Beschluss vom 25. Oktober 2011 hat die Prüfungsstelle für Klasse A 61 K des Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung Akz. 199 26 170.9-43 mit der Bezeichnung
"Haarkosmetische Mittel mit Ubichinonen" zurückgewiesen. Dem Beschluss liegen die am 21. Juni 2011 eingegangenen Patentansprüche 1 bis 4 vom 20. Juni 2011 zugrunde, von denen die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 2 wie folgt lauten:
"
" Die Zurückweisung ist unter Nennung der Entgegenhaltung D3 DE 198 02 444 A1 im Wesentlichen damit begründet worden, dass der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nicht neu sei. D3 beschreibe kosmetische Haarreinigungsmittel in Form von Conditioner-Shampoos, die übereinstimmend mit dem geltenden Patentanspruch 1 anionische Tenside, amphotere Tenside, polymere quaternäre Verbindungen sowie Ubichinon als Antioxidans mit Mengenanteilen im beanspruchten Bereich enthielten, wobei das zwingend zugegebene Sonnenblumenwachs im Haarreinigungsmittel der D3 im Anmeldegegenstand durch den Wortlaut des Patentanspruchs 1 nicht ausgeschlossen sei. Auch das Fehlen expliziter Beispiele in der D3 ändere nichts an der mangelnden Neuheit, da zur Lehre einer Entgegenhaltung jede für den Fachmann ausführbare Information aus dem Anspruchs- und Beschreibungsteil gehöre.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie ihr Patentbegehren auf der Grundlage der mit Schriftsatz vom 4. Januar 2008 eingereichten Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Hauptantrag, hilfsweise auf der Grundlage der mit Schriftsatz vom 20. Juni 2011 eingereichten Patentansprüche 1 bis 4 gemäß Hilfsantrag, die den dem Beschluss der Prüfungsstelle zugrunde liegenden Patentansprüchen 1 bis 4 entsprechen, weiterverfolgt.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
"
" Die Anmelderin macht im Wesentlichen geltend, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei nicht von der D3 vorweggenommen. Die speziellen Ausführungsbeispiele dürften nicht beliebig mit dem generellen Offenbarungsgehalt dieses nicht vorveröffentlichten Dokuments kombiniert werden. Denn auch wenn zur Lehre eines Dokuments jede für den Fachmann ausführbare Information aus Anspruchsund Beschreibungsteil gehöre, dürfe nicht jede Information aus der Beschreibung motivationslos mit konkreten Ausführungsbeispielen kombiniert werden, um daraus eine neuheitsschädliche Vorbeschreibung zu konstruieren. So würden in den Ausführungsbeispielen Zusammensetzungen offenbart, deren Mengenanteile an Inhaltsstoffen sich auf jeweils 100 % addierten. Es gebe daher keinen Interpretationsspielraum, diese mit weiteren Inhaltsstoffen aus der Beschreibung "anzureichern". Zudem seien sämtliche in D3 aufgezeigten Shampoo-Zusammensetzungen frei von Antioxidantien. Der D3 lassen sich somit zwar Ubichinon-haltige Mittel entnehmen, kosmetische Haarreinigungsmittel mit Biochinonen seien aber nicht offenbart. Schließlich sei die von der Prüfungsstelle in der Begründung des Zurückweisungsbeschlusses angeführte Rechtsprechung nicht einschlägig.
Die Anmelderin beantragt,
- die Aufhebung der o. g. Entscheidung und - die Erteilung eines Patents auf Grundlage der mit Schreiben vom 4. Januar 2008 vorgelegten Patentansprüche, - hilfsweise die Erteilung eines Patents auf der Basis der mit Schreiben vom 20. Juni 2011 vorgelegten Patentansprüche.
In einer Zwischenverfügung wurde die Anmelderin hinsichtlich der Diskussion der Patentfähigkeit u. a. auf die Druckschriften D5 JP 08259994 A (Abstract und maschinelle Übersetzung) und D6 K. Schrader, "Grundlagen und Rezepturen der Kosmetika",
Hüthig Buch Verlag, Heidelberg 1989, S. 677 bis 722 hingewiesen. Zudem wurde ihr mitgeteilt, dass bei Berücksichtigung dieser Druckschriften keine Argumente erkennbar seien, die zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führen könnten.
Mit Schreiben vom 12. März 2015 hat die Anmelderin den Eingang der Zwischenverfügung ohne sachliche Stellungnahme bestätigt und sinngemäß Entscheidung nach Aktenlage beantragt.
Daraufhin wurde der für den 27. März 2015 anberaumte Termin für eine mündliche Verhandlung aufgehoben.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der nachgeordneten Patentansprüche 2 und 3 gemäß Hauptantrag sowie 3 und 4 nach Hilfsantrag, wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
1. Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig. Sie führt aber nicht zum Erfolg, weil der beanspruchte Gegenstand sowohl gemäß Haupt- als auch gemäß Hilfsantrag nicht patentfähig ist.
2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist nicht neu.
Die am 8. Oktober 1996 und damit vor dem maßgeblichen Anmeldetag veröffentlichte Druckschrift D5 offenbart im "Working example 2" ein Shampoo, das 20 Gew.-% Natriumlaurylethersulfat als anionisches Tensid, 10 Gew.-% eines 30 %igen Palmamidopropylbetains als amphoteres Tensid und 1 Gew.-% Coenzym Q10 enthält (vgl. D5 Abs. [0023]). Coenzym Q10 ist entsprechend den anmeldungsgemäßen Biochinonen ein Ubichinon mit 10 Isopreneinheiten in der Seitenkette (vgl. Erstunterlagen S. 5 Abs. 4 bis S. 6 obere Formel). Zudem bedeutet die Angabe "(30%)" nach Palmamidopropylbetain nicht dessen Gew.-%Anteil in der Zusammensetzung, der in diesem Ausführungsbeispiel durch die Zahl "10" beziffert wird, sondern die Verwendung einer Zusammensetzung, die 30 % Palmamidopropylbetain enthält. Dieses Verständnis der offenbarten Konzentrations- und Mengenangaben wird in der D5 beispielsweise durch das "Working example 7" bestätigt, in dem expressis verbis ein 30%-iges Imidazoliniumbetain zu 10 Gew.-% in dem beispielhaft ausgeführten Shampoo eingesetzt wird und für die weiteren Komponenten dieses Ausführungsbeispiels die Gewichtsprozentanteile wiederum nur als Zahlen ohne weitere Angaben offenbart sind (vgl. D5 Abs. [0032]). 10 Gew.-% einer Zusammensetzung, die einen 30-%igen Anteil an Palmamidopropylbetain enthält, entspricht somit einem Anteil von 3 Gew.-% Palmamidopropylbetain in dem Shampoo des "Working example 2". Damit sind sämtliche Komponenten des Patentanspruchs 1 in den beanspruchten Mengenanteilsbereichen der D5 zu entnehmen, so dass die D5 den Gegenstand des Patentanspruchs 1 neuheitsschädlich vorwegnimmt.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist somit mangels Neuheit nicht patentfähig.
Die nachgeordneten Patentansprüche 2 und 3 gemäß Hauptantrag teilen das Schicksal des Patentanspruchs 1 (vgl. BGH, GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II; BGH, GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät).
3. Ob das mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag beanspruchte kosmetische Haarreinigungsmittel zulässig und gegenüber dem Stand der Technik neu ist, kann dahin gestellt bleiben. Die Beschränkung des Anmeldegegenstands auf ein kosmetisches Haarreinigungsmittel mit einem zusätzlichen Gehalt von 0,01 bis 2 Gew.-% an polymeren quaternären Verbindungen im Hilfsantrag führt zu einem Gegenstand, der jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
Der vorliegenden Anmeldung liegt die Aufgabe zu Grunde, kosmetische Zubereitungen bereitzustellen, bei deren Verwendung die Schädigung der Kopfhaut und/ oder des Haares durch oxidativen Einfluss gemindert oder gänzlich verhindert werden kann (vgl. Erstunterlagen S. 4 Abs. 4).
Zur Lösung dieser Aufgabe konnte der Fachmann, ein Diplomchemiker, Pharmazeut oder Diplombiologe, der sich in das spezielle Gebiet der Kosmetik und insbesondere der Haarbehandlung eingearbeitet hat (siehe auch BGH GRUR 2003, 317, 319 - kosmetisches Sonnenschutzmittel), von der D5 ausgehen. Die D5 will eine kosmetische Zubereitung bereitstellen, die wenig hautreizend ist (vgl. D5 Abs. [0004] und [0005]). Damit will die D5 wie die Anmeldung mit den offenbarten Shampoos eine verminderte oder gänzlich verhinderte Schädigung der Kopfhaut erreichen. Die D5 lehrt dem Fachmann dazu, dass die Verwendung des Ubichinons Coenzym Q die Hautreizung von kosmetischen Zubereitungen erkennbar vermindert, wobei Coenzym Q antioxidierend wirkt, was ihm im Übrigen auch aus seinen Fachkenntnissen bekannt ist (vgl. D5 Abs. [0006], [0010], [0011]). Beispielhaft gibt die D5 des Weiteren ein Shampoo an, das 20 Gew.-% des anionischen Tensids Polyoxyethylen(3)natriumlaurylethersulfat, 10 Gew.-% des amphoteren Tensids Palmamidopropylbetain (30 %ig) und 1 Gew.-% des Ubichinons Coenzym Q10 enthält (vgl. D5 Abs. [0023]). Damit unterscheidet sich das Shampoo gemäß D5 von dem Haarreinigungsmittel gemäß Patentanspruch 1 des Hilfsantrags lediglich durch den neu eingefügten Bestandteil 0,01 bis 2 Gew.-% polymere quaternäre Verbindungen. Die Zugabe derartiger Verbindungen wird aber ebenfalls in der D5 offenbart (vgl. D5 Abs. [0014] vorle. Zeile). Bei diesen polymeren quaternären Verbindungen handelt es sich um typische Konditioniermittel, die dem Fachmann als übliche Zusatzstoffe für Shampoos geläufig sind (vgl. D6 S. 681 Abschnitt "2.2.2.1. Allgemeiner Aufbau eines Shampoos" insbesondere Z. 6 und 5 von unten, S. 691 bis 692 Abschnitt "2.2.2.3. Kationische Tenside" und S. 700 bis 702 Abschnitt "2.2.2.9. Aktivverbindungen (Konditioniermittel)-Wirkstoffe"). Da auch anmeldungsgemäß die polymeren quaternären Verbindungen als Konditionierhilfsmittel eingesetzt werden (vgl. Erstunterlagen S. 9 Abs. 3), wird der Fachmann bei der Zugabe eines Konditioniermittels zu dem Shampoo der D5 die in D5 expressis verbis angeführten quaternären polymeren Verbindungen mit angemessener Erfolgserwartung für die Bereitstellung der anmeldungsgemäß angestrebten verbesserten kosmetischen Zubereitung in Betracht ziehen (vgl. BGH GRUR 2012, 803 Ls. - Calcipotriol-Monohydrat). Auch der beanspruchte Mengenanteil an diesen Verbindungen war dem Fachmann geläufig, da der in dem Standardwerk D6 gelehrte allgemeine Aufbau eines Shampoos Konditioniermittel, wie die beispielhaft angeführten quaternären polymeren Verbindungen Polymer JR, Gafquat 755 N, Merquat 550 und Luviquat, zu ca. 2 % enthält (vgl. D6 S. 681 Z. 6 bis 5 von unten). Im Übrigen weisen fachübliche Konditioniershampoorezepturen einen Gehalt von 0,5 Gew.-% bzw. 1,6 Gew.-% an quaternären polymeren Verbindungen auf (vgl. D6 S. 718 und 720 jeweils oberste Rezeptur mit den Mengenanteilen für das auch in der Anmeldung angeführte quaternäre Polymer JR 400 (vgl. Erstunterlagen S. 9 Abs. 3) bzw. für Merquat 100). Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag ist somit aus der D5 zusammen mit dem Fachwissen, dokumentiert durch das Standardwerk D6, nahe gelegen.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag ist somit mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
Die neben- und nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 4 nach Hilfsantrag teilen das Schicksal des Patentanspruchs 1 (vgl. BGH, GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II; BGH, GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät).
III Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den Verfahrensbeteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, eingereicht werden.
Maksymiw Schell Jäger Wagner Fa
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
Häufigkeit | Paragraph |
---|
Häufigkeit | Paragraph |
---|
Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.
Öffnen