Paragraphen in 10 W (pat) 30/14
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 30/14 Verkündet am 23. September 2014
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
BPatG 154 05.11 betreffend das Patent 10 2004 001 919 hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Dipl.-Ing. Hildebrandt, Eisenrauch und Dipl.Ing. Küest beschlossen:
Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 17. März 2010 aufgehoben und das Patent in vollem Umfang aufrechterhalten.
Gründe I.
Gegen das Patent 10 2004 001 919, dessen Erteilung am 23. Oktober 2008 veröffentlicht wurde, ist am 22. Januar 2009 Einspruch erhoben worden. Die Patentabteilung 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 17. März 2010 das Patent widerrufen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 27. April 2010 eingegangene Beschwerde der Patentinhaberin. Sie führt aus, dass der Gegenstand des Streitpatents nach dessen nebengeordneten Patentansprüchen 1 und 5 gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik patentfähig sei.
Die Beschwerdeführerin und Patentinhaberin stellt den Antrag,
den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 17. März 2010 aufzuheben und das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerin und Einsprechende stellt den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass die Gegenstände der erteilten Patentansprüche 1 und 5 gegenüber einer naheliegenden Zusammenschau der Druckschriften DE 42 30 682 C2 (A2) und DE 203 05 260 U1 (A3)
nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.
In dem vorangegangenen Einspruchsverfahren waren außerdem noch folgende Entgegenhaltungen in Beschluss Betracht gezogen worden:
EP 0 705 946 A2 (A4), DE-Z „Bautechnik“, 79/2002, S. 509 - 515 (A5), DE 24 23 285 A (A6), DE 37 40 470 A1 (A7), DE 70 41 551 U1 (A8) und DE 201 21 911 U1 (A9).
Das Patent betrifft nach dem Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 1 eine
„Versickerungs-Mulden-Anordnung zur Aufnahme von Versickerungswasser, wobei die Mulde aus mehreren Muldenabschnitten gebildet ist, die jeweils einen Wände und Boden ausbildenden U-förmigen Querschnitt aufweisen, und wobei die Mulde Versickerungsöffnungen aufweist, sowie eine separate obere Abdeckung,
dadurch gekennzeichnet, dass die Mulde bodenseitige Versickerungsöffnungen aufweist, dass seitlich neben der Mulde, den Wänden (3) des jeweiligen Muldenabschnitts (2) benachbart, so genannte „Stützschultern“ (5) vorgesehen sind, die eine hohe Druckbelastbarkeit aufweisen, und dass die Abdeckung (8) derart auf den Stützschultern (5) abgestützt ist, dass sie druckübertragungsmäßig von den Wänden (3) entkoppelt ist, indem sie druckbelastungsarm auf dem Muldenabschnitt (2) aufliegt oder im Abstand oberhalb des Muldenabschnitts (2) verläuft“.
Nach dem nebengeordneten Patentanspruch 5 betrifft das Patent ferner ein
„Verfahren zum Verlegen einer Versickerungsmulde, wobei die Mulde aus mehreren oben offenen Muldenabschnitten gebildet wird, die jeweils einen Wände und Boden ausbildenden U-förmigen Querschnitt aufweisen, wobei jeweils ein Muldenabschnitt auf einen Untergrund aufgestellt oder in eine Vertiefung eingelassen wird, und wobei seitlich von dem Muldenabschnitt Bereiche hoher Tragfähigkeit geschaffen werden, und wobei eine die Oberseite des Muldenabschnitts abdeckende Abdeckung oberhalb des Muldenabschnitts derart angebracht wird, dass sie auf Bereichen aufliegt, die seitlich von dem Muldenabschnitt vorgesehen sind, dadurch gekennzeichnet, dass ein Muldenabschnitt (2) verwendet wird, der bodenseitige Versickerungsöffnungen aufweist, seitlich von dem Muldenabschnitt (2), den Wänden (3) des Muldenabschnitts (2) benachbart, so genannte Stützschultern (5) geschaffen werden, die eine hohe Druckbelastbarkeit aufweisen,
und dass die Abdeckung (8) sich auf den Stützschultern (5) abstützend angeordnet wird und druckbelastungsarm auf dem Muldenabschnitt (2) aufliegt oder im Abstand oberhalb des Muldenabschnitts (2) verläuft“.
Zu den jeweiligen Unteransprüchen 2 bis 4 und 6 bis 8 sowie hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie hat auch Erfolg, da der Patentgegenstand patentfähig ist.
2.1 Die Neuheit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 ist unstrittig. Keine der angeführten Entgegenhaltungen offenbart eine Versickerungs-Mulden-Anordnung mit allen Merkmalen dieses Anspruchs.
2.2 Der Gegenstandes des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Mit dem Patentgegenstand soll die Aufgabe gelöst werden, eine VersickerungsMulden-Anordnung mit einer - beispielsweise gegenüber Verkehrsbelastungen hoch belastbaren Oberfläche zu schaffen. Zentraler Gedanke der erfindungsgemäßen Lösung ist nach Überzeugung des Senats die in den letzten beiden Merkmalen des Patentanspruchs 1 zum Ausdruck gebrachte druckübertragungsmäßige Entkoppelung der die Last aufnehmenden oberen Abdeckung von den Muldenwänden durch seitliche Stützschultern, auf die sich die Abdeckung abstützt. Auf diese Weise wird die angestrebte hohe Belastbarkeit der Mulden-Anordnung erreicht, ohne dass die Muldenwände besonders verstärkt ausgeführt werden müssen.
Die in der DE 203 05 260 U1 (Druckschrift A3) offenbarte Entwässerungsrinne kommt dem Patentgegenstand insofern am nächsten, als dort - über die übereinstimmenden Merkmale des Oberbegriffs hinaus - auch das erste kennzeichnende Merkmal des Patentanspruchs 1 von bodenseitigen Versickerungsöffnungen realisiert ist (s. dort die „unteren Vorsprünge 5“, welche gem. Fig. 8 und Beschreibung Seite 8, Abs. 4 und 5 gegenüber dem Boden 3 der Rinne abgesenkt sind und einen Ablauf des Wassers seitlich nach unten ermöglichen), und damit eine Versickerungs-Mulden-Anordnung im Sinne des Streitpatents gegeben ist. In seinem übrigen Aufbau zeigt diese Konstruktion jedoch die Ausgangssituation einer vollen Lastabtragung von der Abdeckung (hier einem Abdeckstein (12) direkt auf die Muldenwandungen (17), welche mit dem Streitpatent gerade überwunden werden soll. Dem Einwand der Einsprechenden, die Fig. 9 der A3 zeige eine Ausführungsform, bei welcher die Abdeckung (12) sich zumindest teilweise auf einem Bettungsmaterial (22) abstützt, das seinerseits auf einem belastungsfähigen Unterbau wie der Schotterschicht (21) bzw. der Kiesschicht (19) aufliegt, kann der Senat nicht folgen. Als wesentliches Element der beanspruchten Lehre ist dort nämlich zwischen Abdeckstein und Muldenoberseite ein Gleitprofil (7) derart angeordnet, dass Horizontalbewegungen der Abdeckung aufgenommen werden können. Dazu muss aber der Abdeckstein - über dieses Gleitprofil - im Wesentlichen auf den Muldenwänden aufliegen, so dass auch hier gerade keine druckübertragungsmäßige Entkoppelung von der Abdeckung gegeben ist.
Eine Anregung dazu, zur druckübertragungsmäßigen Entkoppelung der Muldenwände von der oberen Abdeckung benachbarte Stützschultern anzuordnen, kann dem Fachmann, einem Bauingenieur (FH) im Bereich Tiefbau mit einschlägiger Erfahrung auf dem Gebiet der Oberflächenentwässerung, aber auch die DE 42 30 682 C2 (Druckschrift A2) nicht vermitteln. Zwar umfasst diese Entgegenhaltung auch eine Ausführungsform, bei welcher die Abdeckung auf seitlichen Stützschultern (sog. Läuferbalken 18 bzw. 22 in Fig. 4 und 5) aufliegt. Diese Läuferbalken bilden jedoch mit ihren einander zugewandten Seitenflächen zumindest bereichsweise selbst zugleich die Muldenwände. Die Unterseite der Muldenrinne wird dabei von einer Sohlschale (25) gebildet, welche seitlich an den Läuferbalken befestigt ist. Damit ist bei dieser Mulden-Anordnung die Abdeckung aber gerade nicht druckübertragungsmäßig von den Wänden entkoppelt; vielmehr werden dort die Muldenwände sowohl im Bereich der Läuferbalken als auch im Bereich der daran befestigten Sohlschale von der auf die Abdeckung aufgebrachten Last beaufschlagt, was u. a. bei der aus relativ dünnem Material bestehenden Sohlschale zu Verformungen führen kann. Auch hätte schon die der Lehre der A2 zugrunde liegende Aufgabenstellung, nämlich eine Entwässerungsrinne mit hoher Seitenstabilität zu schaffen (s. dort Sp. 1, Z. 37 - 41), den Fachmann eher dazu veranlasst, die Muldenkonstruktion primär hinsichtlich horizontaler Lastfälle zu optimieren, wie die massive Ausführung der Läuferbalken und deren Verankerung im Ortbeton gemäß dieser Druckschrift anschaulich zeigt.
Der Senat hat sich davon überzeugt, dass auch der übrige, im Beschwerdeverfahren nicht mehr aufgegriffene Stand der Technik dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht patenthindernd entgegensteht, so dass dieser sich als bestandsfähig erweist.
3. Der auf ein Verfahren zum Verlegen einer Versickerungsmulde gerichtete Patentanspruch 5 beschränkt sich im Wesentlichen auf die Angabe der Verwendung von Elementen zur Erstellung einer Versickerungsmulden-Anordnung, wie sie gegenständlich in Patentanspruch 1 beschrieben sind. Da er dessen patentfähige Merkmalskombination mit umfasst, hat damit auch der Patentanspruch 5 Bestand.
4. Mit den bestandsfähigen Patentansprüchen 1 und 5 haben auch die von ihnen getragenen Unteransprüche 2 bis 4 und 6 bis 8 Bestand.
III. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
- das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, - bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, - einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, - ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, - der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder - der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Lischke Hildebrandt Eisenrauch Küest Pr
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