26 W (pat) 516/17
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 516/17
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
ECLI:DE:BPatG:2019:180319B26Wpat516.17.0 betreffend die Marke 30 2015 039 603 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. März 2019 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Kätker und Schödel beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Wort-/Bildmarke (rot, gelb, schwarz)
ist am 11. Mai 2015 angemeldet und am 17. Juli 2015 unter der Nummer 30 2015 039 603 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden für die Ware „Bier“ der Klasse 32. Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 21. August 2015 veröffentlicht worden ist, hat der Beschwerdeführer am 22. August 2015 Widerspruch erhoben aus seiner Wort-/Bildmarke die am 5. Oktober 2010 angemeldet und am 23. November 2010 unter der Nummer 30 2010 057 645 eingetragen worden ist für die Waren „Biere; Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke“ der Klasse 32.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Leipzig vom 14. Januar 2015 war der Widersprechende verpflichtet worden, die nicht verfahrensgegenständliche, aber fast identische Wort-/Bildmarke
(300 42 105) auf die Beschwerdegegnerin als seine Lizenznehmerin zu übertragen. Auf ihren Umschreibungsantrag vom 11. Februar 2015 hatte das DPMA mitgeteilt, dass der Widersprechende bereits auf die Marke verzichtet habe und der Antrag deshalb nicht mehr bearbeitet werden könne. Daraufhin hatte die Beschwerdegegnerin die angegriffene Marke angemeldet und für sich eintragen lassen.
Ein vom Widersprechenden im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend gemachter Unterlassungsanspruch gegen die Inhaberin der angegriffenen Marke ist vom Oberlandesgericht Dresden in zweiter Instanz mit rechtskräftigem Beschluss vom 28. Dezember 2015 - 14 U 1664/15 mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass dieser treuwidrig gehandelt habe, weil er gegen seine Hauptpflicht als Lizenzgeber verstoßen habe, das Recht nicht fallen zu lassen.
In einem weiteren Verfahren zwischen den Beteiligten hat das OLG Dresden über die Berufung des Widersprechenden gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 6. Mai 2015 - 5 O 1075/14 mit Versäumnisurteil vom 1. Dezember 2015 - 14 U 893/15, das wegen eines offensichtliches Schreibversehens bei der Registernummer der jüngeren Marke mit Beschluss vom 16. November 2018 berichtigt worden ist, entschieden und im Tenor unter Ziffer 5 festgestellt, dass dem Widersprechenden gegen die Beschwerdegegnerin keine Rechte oder Ansprüche, gleich welchen Inhalts, aufgrund ihrer Inhaberschaft an der hier angegriffenen Marke zustehen, insbesondere nicht aus der vorliegenden Widerspruchsmarke. Am 1. März 2016 erließ das OLG Dresden ein zweites Versäumnisurteil, mit dem es den Einspruch des Widersprechenden verworfen hat, so dass das erste Versäumnisurteil Rechtskraft erlangt hat.
Am 30. Mai 2016 hat der Widersprechende gegen die Geschäftsführerin der Inhaberin der angegriffenen Marke Strafanzeige wegen Prozessbetrugs erstattet.
Mit Beschluss vom 3. Januar 2017 hat die Markenstelle für Klasse 32 des DPMA den Widerspruch als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass dem Widersprechenden nach den beiden rechtskräftigen Versäumnisurteilen des OLG Dresden keine Ansprüche gegen die Inhaberin der angegriffenen Marke aus der Widerspruchsmarke zustünden. Rechtskräftige Entscheidungen, die dem Widersprechenden einen Angriff auf die jüngere Marke verböten, seien im Widerspruchsverfahren zu beachten. Ein gleichwohl eingelegter oder aufrechterhaltener Widerspruch sei als unzulässig anzusehen. Soweit der Widersprechende behaupte, die beiden Versäumnisurteile beruhten auf unwahren Behauptungen der Inhaberin der angegriffenen Marke, hätte er diese Einwendungen bereits vor dem Landgericht Leipzig geltend machen müssen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Er behauptet, die Beschwerdegegnerin habe durch unwahre Behauptungen falsche gerichtliche Entscheidungen erwirkt und beabsichtigt, sich die Marke unrechtmäßig anzueignen. Denn nach § 11 Abs. 4 des zwischen ihnen abgeschlossenen Markenlizenzvertrages habe das Ankaufsrecht frühestens ab dem 1. Oktober 2016 geltend gemacht werden können. Er habe den von ihr empfangenen Betrag von … € ausweislich seiner schriftlichen Erklärung vom 20. Februar 2015 gegenüber der Gerichtsvollzieherin nicht für die Markenübertragung angenommen. Dennoch habe die Geschäftsführerin der Beschwerdegegnerin vor Gericht zu Unrecht behauptet, die Vereinbarung in § 11 Abs. 4 sei einvernehmlich aufgehoben worden und er habe die Kaufsumme für die Markenübertragung entgegengenommen. Zwischen den Vergleichsmarken bestehe Verwechslungsgefahr.
Der Widersprechende beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des DPMA vom 3. Januar 2017 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die angegriffene Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 30 2010 057 645 zu löschen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Im Verfahren vor dem DPMA hat sie die Ansicht vertreten, dass der Widerspruch unzulässig sei, weil dem Widersprechenden aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des OLG Dresden keine Rechte aus der Widerspruchsmarke gegen die angegriffene Marke zustünden.
Mit Schreiben vom 16. Juli 2018 ist den Verfahrensbeteiligten die vorläufige Rechtsauffassung des Gerichts mitgeteilt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Der Widerspruch ist unzulässig.
In Ziffer 5 des Tenors des Versäumnisurteils des OLG Dresden vom 1. Dezember 2015 – 14 U 893/15 in seiner berichtigten Fassung gemäß Beschluss vom 16. November 2018 ist rechtskräftig festgestellt worden, dass dem Widersprechenden gegen die Beschwerdegegnerin keine Rechte oder Ansprüche, gleich welchen Inhalts, aufgrund ihrer Inhaberschaft an der hier angegriffenen Marke zustehen, insbesondere nicht aus der vorliegenden Widerspruchsmarke.
Dieses unanfechtbare Verbot für den Widersprechenden, die jüngere Marke anzugreifen, steht der Geltendmachung von Rechten aus seiner Widerspruchsmarke gegen die angegriffene Marke entgegen. Auf die damit bestehende prozesshindernde Einrede (exceptio pacti), die nur auf Rüge zu beachten ist, hat sich die Markeninhaberin ausdrücklich berufen. Der Widerspruch ist daher als unzulässig anzusehen (BGH Mit 2003, 70 – TACO BELL im Anschluss an BPatG 28 W (pat) 255/97 – TACO BELL).
Soweit der Widersprechende behauptet, das rechtskräftige Versäumnisurteil sei durch unwahren Vortrag der Beschwerdegegnerin erschlichen worden, beruft er sich auf die Rechtskraft durchbrechende Arglisteinrede aus § 826 BGB. Mit Ausnahme rechtskräftiger Entscheidungen oder Vergleiche sind aber andere Einwendungen außerhalb des formellen Markenrechts, wie z. B. Rechtsmissbrauch (BGH GRUR 2000, 890, 892 – IMMUNINE/IMUKIN), im Widerspruchsverfahren ausgeschlossen und können nur im Wege der Löschungsklage gemäß § 55 MarkenG geltend gemacht werden.
III.
Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sind nicht gegeben.
Nach § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG gilt der Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG kann das Bundespatentgericht die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Hierzu bedarf es stets besonderer Umstände (BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur; GRUR 1996, 399, 401 - Schutzverkleidung). Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht und dadurch dem Verfahrensgegner vermeidbare Kosten aufbürdet (vgl. BPatG 27 W (pat) 40/12 - mcpeople/McDonald′s; BPatGE 12, 238, 240 - Valsette/Garsette). Dabei ist stets ein strenger Maßstab anzulegen, der dem Umstand Rechnung trägt, dass die Kostentragung aus Billigkeitsgründen nur ausnahmsweise bei einem sorgfaltswidrigen Verhalten in Betracht kommt. Demnach ist auch der Verfahrensausgang in der Hauptsache für sich genommen kein Grund, einem Beteiligten Kosten aufzuerlegen (BGH a. a. O. - Lewapur; a. a. O. - Schutzverkleidung).
Da vorliegend die falsche Registernummer der angegriffenen Marke erst gegen Ende des Beschwerdeverfahrens berichtigt worden ist, kann dem Widersprechenden nicht vorgeworfen werden, dass er den Widerspruch wegen des rechtskräftigen Versäumnisurteils nicht schon im Amtsverfahren zurückgenommen hat.
IV.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gegeben, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Kortge Kätker Schödel prö