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3 StR 274/14

BUNDESGERICHTSHOF StR 274/14 BESCHLUSS vom 8. Juli 2014 in der Strafsache gegen wegen Körperverletzung u.a.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 8. Juli 2014 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 8. Januar 2014 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe: 1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung und versuchter Nötigung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurden beim Angeklagten, der seit 2002 unter Betreuung steht, 2004 eine Epilepsieerkrankung und 2007 erstmals eine paranoid-halluzinatorische Schizophrenie sowie eine Alkoholabhängigkeit diagnostiziert. Er lebte von 2007 bis Ende 2010 in einem Wohn- und Pflegeheim, wo es bereits 2008 zu mehreren Übergriffen seitens des Angeklagten auf Mitbewohner und eine Bedienstete gekommen war, denen mehrfach Alkoholkonsum des Angeklagten vorausgegangen war. Nunmehr versetzte er am 21. November 2010 einem schwer demenzkranken Mitbewohner mit der flachen Hand einen schmerzhaften Schlag in das Gesicht. Nachdem er erfahren hatte, dass ein weiterer Mitbewohner zu diesem Vorfall als Zeuge vernommen werden sollte, drohte er diesem am 21. Dezember 2010, er werde ihm das Genick brechen, wenn der Zeuge Angaben machen werde.

Die Strafkammer hat, ohne - was sich aus den Urteilsgründen ergibt - in der Hauptverhandlung einen Sachverständigen gehört zu haben, eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) des Angeklagten nicht auszuschließen vermocht. Zur Begründung hat sie lediglich ausgeführt, zwar sei dessen Äußerungen in der Hauptverhandlung zu entnehmen gewesen, dass er wisse, dass man andere Menschen weder verletzen noch bedrohen dürfe. In aggressionsgeladenen Situationen komme es jedoch insbesondere unter Alkoholeinfluss vor, dass der Angeklagte zwar folgerichtig, aber über das Ziel hinausschießend handele, er mithin unfähig sei, sich zu kontrollieren.

2. Soweit das Landgericht damit inzident das Vorliegen von - wenn auch erheblich verminderter - Schuldfähigkeit bejaht hat, ist dies nicht rechtsfehlerfrei dargetan. Schon der Hinweis der Strafkammer auf die Unfähigkeit des Angeklagten, sich in bestimmten Situationen zu kontrollieren, spricht für sich betrachtet dafür, dass dessen Steuerungsfähigkeit nicht nur vermindert, sondern aufgehoben war und er deshalb im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) handelte. Darüber hinaus hat sich das Landgericht nicht mit dem etwaigen Fehlen der Einsichtsfähigkeit des Angeklagten zum Zeitpunkt der Tatbegehung auseinandergesetzt. Dessen grundsätzliches Wissen um das Unrecht einer Verletzungs- und Nötigungshandlung schließt es nicht aus, dass dieses in der konkreten Situation aufgrund besonderer Umstände nicht abgerufen werden konnte. Als ein solcher Umstand kommt hier beispielsweise ein möglicher Schub der diagnostizierten Schizophrenie zur Tatzeit in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 13. August 2013 - 2 StR 128/13, NStZ-RR 2013, 368, 369). Zum Krankheitsverlauf beim Angeklagten zu diesem Zeitpunkt hat das Landgericht jedoch keine Feststellungen getroffen.

Dies wird in der neuen Hauptverhandlung nachzuholen und dabei ein Sachverständiger hinzuzuziehen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 7. März 2006 - 3 StR 52/06, NStZ-RR 2007, 74). Letzteres folgt bereits aus § 246a StPO. Einer Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB stünde das Verschlechterungsverbot nicht entgegen, § 358 Abs. 2 Satz 3 StPO. Soweit das Landgericht ausgeführt hat, dass sich der Angeklagte in die nunmehr von ihm bewohnte Einrichtung gut eingefügt habe und er sich nicht zuletzt wegen gelungener medikamentöser Einstellung tadellos verhalte, wären diese Überlegungen nicht geeignet, die Gefährlichkeit weiterer rechtswidriger Taten aufgrund des Zustandes zu verneinen. Ihnen käme vielmehr erst bei der Frage der Aussetzung der Vollstreckung einer etwaigen Maßregelanordnung nach § 67b StGB Bedeutung zu (BGH, Urteil vom 23. Februar 2000 - 3 StR 595/99, NStZ-RR 2000, 300, 301).

Becker Schäfer Mayer Gericke Spaniol

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