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5 Ni 11/13 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 11/13 (EP) (Aktenzeichen)

…

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In der Patentnichtigkeitssache Verkündet am

15. April 2015 …

BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent EP 1 186 177 (DE 601 45 194)

hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. April 2015 durch den Richter Schwarz als Vorsitzenden, die Richterin Kopacek und die Richter Dipl.-Ing. Gottstein, Dipl.-Ing. Kleinschmidt und Dipl.-Ing. Univ. Musiol für Recht erkannt:

I. Das Patent EP 1 186 177 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland teilweise für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung hinausgeht:

1. Verfahren zum Reduzieren visueller Fehler in einem Frame eines digitalen Videosignals, welches blockweise codiert und dann decodiert wird, wobei ein Blocktyp gemäß des Prognosecodierverfahrens für einen Block definiert wird, der aus einem vorherbestimmten Satz von Codiertypen ausgewählt wird, wobei das Verfahren die Durchführung einer adaptiven Blockgrenzenfilteroperation an einer Blockgrenze umfasst, die zwischen einem ersten decodierten Bildblock auf einer ersten Seite der Blockgrenze und einem zweiten decodierten Bildblock auf einer zweiten Seite der Blockgrenze gebildet ist, wobei der erste decodierte Bildblock mit einem ersten Prognosedecodierverfahrenstyp und der zweite decodierte Bildblock mit einem zweiten Prognosecodierverfahrenstyp codiert wurde, wobei mindestens ein Parameter der Filteroperation auf Basis der ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen bestimmt wird, wobei eine erste Anzahl zu filternder Pixel auf der ersten Seite der Blockgrenze und eine zweite Anzahl zu filternder Pixel auf der zweiten Seite der Blockgrenze als Parameter der Filteroperation bestimmt werden basierend auf einer Differenz in Pixelwerten über die Blockgrenze hinweg in der jeweiligen Pixelzeile oder Pixelspalte, einem Quantisierungsschritt (QP), der zur Transformationscodierung der Koeffizienten benutzt wurde, und Differenzen in Pixelwerten zwischen Pixeln in der jeweiligen Pixelreihe oder Pixelspalte auf der ersten Seite der Blockgrenze und entsprechend zwischen Pixelwerten in der jeweiligen Pixelzeile oder Pixelspalte auf der zweiten Seite der Blockgrenze, wobei die erste und zweite Anzahl der zu filternden Pixel außerdem bestimmt wird basierend auf den Typen des ersten und zweiten Prognosecodierverfahrens und die ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen aus einer Gruppe von Prognosecodierverfahren, umfassend mindestens Intracodierung, Kopiercodierung, Prognosecodierung mit Bewegungskompensation und nichtcodierte Codierung, ausgewählt wurden.

2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei der Frame mindestens eine Region von Blöcken umfasst, wobei jeder Block innerhalb der Region einen Regionstyp aufweist, und dass die an der Blockgrenze durchgeführte Filterung von einem Regionstyp der Blöcke in der Umgebung der Blockgrenze (30) abhängig ist.

10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei bestimmte zu filternde Pixel ausgewählt werden und für jedes zu filternde Pixel auf der Basis von Pixeln, die in einem um das Pixel herum platzierten Filterfenster erscheinen, ein neuer Wert bestimmt wird.

11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die zu filternden Pixel aus den zur Prüfung ausgewählten Pixeln ausgewählt werden.

12. Verfahren nach Anspruch 10 oder 11, wobei der neue Wert des zu filternden Pixels der Mittelwert von Pixeln ist, die im Filterfenster erscheinen.

13. Verfahren nach Anspruch 10, wobei zum Bestimmen eines neuen Werts für die auf der ersten Seite der Blockgrenze zu filternden Pixel das Filterfenster benutzt wird, und dass die Größe des Fensters gemäß der Tabelle

- 11 -

30. Einrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 29, wobei sie programmierbare Mittel (42) zur Auswahl der Pixel aus einem gespeicherten Frame als die zu prüfenden Pixel, programmierbare Mittel (45) zur Auswahl der zu filternden Pixel aus den zu prüfenden Pixeln und programmierbare Mittel (44) zum Bestimmen des neuen Werts der zu filternden Pixel umfasst.

31. Videocodierer (10), umfassend die Einrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 30.

32. Videocodierer (20), umfassend die Einrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 30.

33. Videocodec (10, 20), umfassend die Einrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 30.

34. Mobilterminal (46), umfassend die Einrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 30.

35. Speichermedium zum Speichern eines Softwareprogramms, umfassend maschinell ausführbare Schritte zum blockweisen Codieren und Decodieren eines digitalen Videosignals, wobei ein Blocktyp gemäß des Prognosecodierverfahrens für einen Block, der aus einem vorherbestimmten Satz von Codiertypen ausgewählt wurde, definiert wird, um aufgrund einer Blockgrenze entstandene visuelle Fehler durch Filtern zu reduzieren, wobei das Softwareprogramm maschinell ausführbare Schritte zur Durchführung einer adaptiven Blockgrenzenfilteroperation an einer Blockgrenze umfasst, die zwischen einem ersten decodierten Bildblock auf einer ersten Seite der Blockgrenze und einem zweiten decodierten Bildblock auf einer zweiten Seite der Blockgrenze gebildet ist, wobei der erste decodierte Bildblock mit einem ersten Prognosecodierverfahrenstyp und der zweite decodierte Bildblock mit einem zweiten Prognosecodierverfahrenstyp codiert wurde, wobei das Softwareprogramm ferner maschinell ausführbare Schritte zum Bestimmen mindestens eines Parameters der Filteroperation auf Basis der ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen umfasst, wobei das Softwareprogramm maschinell ausführbare Schritte zum Bestimmen umfasst, um als Parameter der Filteroperation eine erste Anzahl zu filternder Pixel auf der ersten Seite der Blockgrenze und eine zweite Anzahl zu filternder Pixel auf der zweiten Seite der Blockgrenze zu bestimmen basierend auf einer Differenz in Pixelwerten über die Blockgrenze hinweg in der jeweiligen Pixelzeile oder Pixelspalte, einem Quantisierungsschritt (QP), der zur Transformationscodierung der Koeffizienten benutzt wurde, und Differenzen in Pixelwerten zwischen Pixeln in der jeweiligen Pixelreihe oder Pixelspalte auf der ersten Seite der Blockgrenze und entsprechend zwischen Pixelwerten in der jeweiligen Pixelzeile oder Pixelspalte auf der zweiten Seite der Blockgrenze, und um außerdem die erste und zweite Anzahl der zu filternden Pixel zu bestimmen basierend auf den Typen des ersten und zweiten Prognosecodierverfahrens, und die ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen aus einer Gruppe von Prognosecodierverfahren, umfassend mindestens Intracodierung, Kopiercodierung, Prognosecodierung mit Bewegungskompensation und nicht codierte Codierung, ausgewählt wurden.

II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Beklagte ist seit 12. März 2015 eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 186 177 (Streitpatent), das am 22. Januar 2001 als internationale Anmeldung mit dem Aktenzeichen PCT/FI2001/00049 unter Inanspruchnahme einer Priorität der finnischen Anmeldung 20000120 vom 20. Januar 2000 angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Englisch am 24. August 2011 veröffentlicht worden und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 601 45 194.5 geführt. Es trägt die Bezeichnung: „A METHOD AND ASSOCIATED DEVICE FOR FILTERING DIGITAL VIDEO IMAGES“ (auf Deutsch: „VERFAHREN UND ZUGEHÖRIGE VORRICHTUNG ZUM FILTERN VON DIGITALEN VIDEOBILDERN“) und umfasst 35 Patentansprüche, die insgesamt mit der Nichtigkeitsklage angegriffen werden.

Rechtsvorgängerin der Beklagten und Anmelderin des Streitpatents war die N…… Corporation, K… in E…, gegen die sich die Klage ursprünglich auch gerichtet hatte. In der mündlichen Verhandlung vom 15. April 2015 hat die jetzige Beklagte mit Zustimmung der Klägerin den Prozess als Hauptpartei an Stelle der früheren Patentinhaberin übernommen.

Die erteilten Patentansprüche 1, 16, 31 bis 35 sind nebengeordnet, die übrigen Patentansprüche sind mittelbar oder unmittelbar den jeweiligen nebengeordneten Patentansprüchen untergeordnet.

Die nebengeordneten Patentansprüche in der erteilten Fassung lauten in der Verfahrenssprache wie folgt:

„1. A method for reducing visual artefacts in a frame of a digital video signal, which is coded by blocks and then decoded, a block type being defined according to the prediction encoding method for a block selected from a predetermined set of coding types, the method comprising performing an adaptive block boundary filtering operation on a block boundary formed between a first decoded image block on a first side of the block boundary and a second decoded image block on a second side of the block boundary, characterized in that the first decoded image block have been encoded using a first type of prediction encoding method and the second decoded image block have been encoded using a second type of prediction encoding method, wherein at least one parameter of the filtering operation is determined based on the types of the first and second prediction encoding methods, and the first and second type of prediction encoding methods are selected from a group of prediction encoding methods comprising at least: intra coding, copy coding, motion-compensated prediction coding, and not-coded coding.

16. A device for reducing visual artefacts in a frame of a digital video signal, which is coded by blocks and then decoded, a block type being defined according to the prediction encoding method for a block selected according to a predetermined set of coding types, the device comprising means (39) for perfor- ming an adaptive block boundary filtering operation on a block boundary formed between a first decoded image block on a first side of the block boundary and a second decoded image block on a second side of the block boundary, characterized in that the first decoded image block have been encoded using a first type of prediction encoding method and the second decoded image block have been encoded using a second type of prediction encoding method, wherein the device comprises means for determining at least one parameter of the filtering operation based on the types of the first and second prediction encoding methods, the first type of prediction encoding method is intra coding, copy coding, motion-compensated prediction coding, or not-coded coding, and the second type of prediction encoding method is intra coding, copy coding, motion-compensated prediction coding, or not-coded coding.

31. A video encoder (10) comprising the device according to any of the claims 16 to 30.

32. A video decoder (20) comprising the device according to any of the claims 16 to 30.

33. A video codec (10, 20) comprising the device according to any of the claims 16 to 30.

34. A mobile terminal (46) comprising the device according to any of the claims 16 to 30.

35. A storage medium for storing a software program comprising machine executable steps for coding and decoding a digital video signal by blocks, a block type being defined according to the prediction encoding method for a block selected according to a predetermined set of coding types, for reducing visual artefacts due to a block boundary by filtering, the software program comprising machine executable steps for performing an adaptive block boundary filtering operation on a block boundary formed between a first decoded image block on a first side of the block boundary and a second decoded image block on a second side of the block boundary, characterized in that the first decoded image block have been encoded using a first type of prediction encoding method and the second decoded image block have been encoded using a second type of prediction encoding method, wherein the software program further comprises machine executable steps for determining at least one parameter of the filtering operation based on the types of the first and second prediction encoding methods, and the first and second type of prediction encoding methods are selected from a group of prediction encoding methods comprising at least; intra coding, copy coding, motion-compensated prediction coding, and not-coded coding.”

In deutscher Übersetzung lauten diese Patentansprüche wie folgt:

„1. Verfahren zum Reduzieren visueller Fehler in einem Frame eines digitalen Videosignals, welches blockweise codiert und dann decodiert wird, wobei ein Blocktyp gemäß des Prognosecodierverfahrens für einen Block definiert wird, der aus einem vorherbestimmten Satz von Codiertypen ausgewählt wird, wobei das Verfahren die Durchführung einer adaptiven Blockgrenzenfilteroperation an einer Blockgrenze umfasst, die zwischen einem ersten decodierten Bildblock auf einer ersten Seite der Blockgrenze und einem zweiten decodierten Bildblock auf einer zweiten Seite der Blockgrenze gebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass der erste decodierte Bildblock mit einem ersten Prognosecodierverfahrenstyp und der zweite decodierte Bildblock mit einem zweiten Prognosecodierverfahrenstyp codiert wurde, wobei mindestens ein Parameter der Filteroperation auf Basis der ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen bestimmt wird, und die ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen aus einer Gruppe von Prognosecodierverfahren, umfassend mindestens Intracodierung, Kopiercodierung, Prognosecodierung mit Bewegungskompensation und nicht-codierte Codierung, ausgewählt wurden.

16. Einrichtung zum Reduzieren visueller Fehler in einem Frame eines digitalen Videosignals, welches blockweise codiert und dann decodiert wird, wobei ein Blocktyp gemäß des Prognosecodierverfahrens für einen Block definiert wird, der aus einem vorherbestimmten Satz von Codiertypen ausgewählt wird, wobei die Einrichtung Mittel (39) zur Durchführung einer adaptiven Blockgrenzenfilteroperation an einer Blockgrenze umfasst, die zwischen einem ersten decodierten Bildblock auf einer ersten Seite der Blockgrenze und einem zweiten decodierten Bildblock auf einer zweiten Seite der Blockgrenze gebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass der erste decodierte Bildblock mit einem ersten Prognosecodierverfahrenstyp und der zweite decodierte Bildblock mit einem zweiten Prognosecodierverfahrenstyp codiert wurde, wobei die Einrichtung Mittel zum Bestimmen mindestens eines Parameters der Filteroperation auf Basis der ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen umfasst, wobei der erste Prognosecodierverfahrenstyp Intracodierung, Kopiercodierung, Prognosecodierung mit Bewegungskompensation oder nicht codierte Codierung ist, und der zweite Prognosecodierverfahrenstyp Intracodierung, Kopiercodierung, Prognosecodierung mit Bewegungskompensation oder nicht codierte Codierung ist.

31. Videocodierer (10), umfassend die Einrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 30.

32. Videodecodierer (20), umfassend die Einrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 30.

33. Videocodec (10, 20), umfassend die Einrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 30.

34. Mobilterminal (46), umfassend die Einrichtung nach einem der Ansprüche 16 bis 30.

35. Speichermedium zum Speichern eines Softwareprogramms, umfassend maschinell ausführbare Schritte zum blockweisen Codieren und Decodieren eines digitalen Videosignals, wobei ein Blocktyp gemäß des Prognosecodierverfahrens für einen Block, der aus einem vorherbestimmten Satz von Codiertypen ausgewählt wurde, definiert wird, um aufgrund einer Blockgrenze entstandene visuelle Fehler durch Filtern zu reduzieren, wobei das Softwareprogramm maschinell ausführbare Schritte zur Durchführung einer adaptiven Blockgrenzenfilteroperation an einer Blockgrenze umfasst, die zwischen einem ersten decodierten Bildblock auf einer ersten Seite der Blockgrenze und einem zweiten decodierten Bild- block auf einer zweiten Seite der Blockgrenze gebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass der erste decodierte Bildblock mit einem ersten Prognosecodierverfahrenstyp und der zweite decodierte Bildblock mit einem zweiten Prognosecodierverfahrenstyp codiert wurde, wobei das Softwareprogramm ferner maschinell ausführbare Schritte zum Bestimmen mindestens eines Parameters der Filteroperation auf Basis der ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen umfasst, und die ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen aus einer Gruppe von Prognosecodierverfahren, umfassend mindestens Intracodierung, Kopiercodierung, Prognosecodierung mit Bewegungskompensation und nicht codierte Codierung, ausgewählt wurden.“

Wegen des Wortlauts der auf die Patentansprüche 1 und 16 jeweils rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 15 und 17 bis 30 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der mit ihrer Klage angegriffene Gegenstand des Streitpatents nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. c, Art. 123 Abs. 2 EPÜ unzulässig erweitert sowie nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a, Art. 52, 54, 56 EPÜ wegen fehlender Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht schutzfähig sei. Dies stützt sie auf die Druckschriften (Nummerierung und Kurzzeichen nach Klageschriftsatz)

D1 LEE, Y. L.; PARK, H. W.: „Loop-filtering and Post-filtering for Low Bit-rates Moving Picture Coding“, ICIP 99 Proceedings, 1999, Seiten 94-98,

D2 EP 0 838 955 B1, D3 ITU-T Recommendation H.263 (02/98); Series H: Audiovisual and Multimedia Systems, Infrastructure of audiovisual services – Coding of moving video, Video coding for low bit rate communication, 1998,

D4 EP 0 714 209 A2, D5 LEE, Yung-Lyul [u. a.]: Signal Adaptive Loop Filtering for Reducing Blocking Effects and Ringing Effects; ITU-Telecommunications Standardization Sector, Study Group 15, LBC Experts Group, Atlanta, GA, USA, November 11-14, 1996, Document LBC-96-322 NK5 LEE, Yung-Lyul [u. a.]: Signal Adaptive Loop Filtering for Reducing Blocking Effects and Ringing Effects, ITU-Telecommunications Standardization Sector, Study Group 15, LBC Experts Group, Shepperton, UK, July 15-18, 1996, Document LBC-96-202 D6 ITU-Telecommunications Standardization Sector, Study Group 16, Document Q15-A-50, A filter for removing blocking artifacts, Portland, 24-27 June 1997, NK6 ITU-T, Recommendation H.324 (02/98), Series H: Audiovisual and Multimedia Systems, Infrastructure of audiovisual services – Systems and terminal equipment for audiovisual services, Terminal for low bit-rate multimedia communication, 1998.

Die Klägerin beantragt,

das europäische Patent EP 1 186 177 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsantrag 1, sodann mit den Hilfsanträgen 2 und 3 laut Schriftsatz vom 13. März 2015 und weiter mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsanträgen 4 bis 17.

Die Klägerin beantragt auch insoweit die Nichtigerklärung.

Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents wenigstens in einer der verteidigten Fassungen für patentfähig.

Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom 6. Februar 2015 mit Präklusionsfrist bis zum 1. April 2015 zukommen lassen.

Zum Wortlaut der Hilfsanträge der Beklagten, zum Inhalt der PCT-Anmeldung und des Streitpatents sowie der Entgegenhaltungen und der Auseinandersetzung der Beteiligten über deren Relevanz wird auf die Akte verwiesen.

Entscheidungsgründe A. Die Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a, Art. 54 Abs. 1, 2 und Art. 56 EPÜ) und der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. c, Art. 123 Abs. 2 EPÜ) geltend gemacht werden, ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet. In der Fassung des Hilfsantrags 12 ist der Gegenstand des Streitpatents patentfähig.

I. Zum Gegenstand des Streitpatents

1. Das Streitpatent beschäftigt sich mit der Verringerung von visuellen Artefakten in einem Rahmen eines digitalen Videosignals, welcher blockweise kodiert und dann dekodiert wird (SP, [0001]).

Das Streitpatent geht aus von bekannten Übertragungssystemen für die Übertragung von digitalen Videosignalen in komprimierter Form. In einigen dieser bekannten Systeme (z. B. den in den ITU-Recommendations H261 bzw. H263 beschriebenen) seien drei verschiedene Rahmentypen definiert worden (SP, [0002] und Figur 1).

Die zu übertragenden Rahmen würden weiter unterteilt in Blöcke, wobei einer oder mehrere solcher Blöcke eine Blockregion bilden. Grundsätzlich gebe es vier Arten derartiger Regionen (Intra, Copy, Coded und Not-Coded) die sich hinsichtlich ihrer Kodierung unterscheiden. Ein Rahmen könne verschiedene Arten von Blockregionen beinhalten (SP, [0003]).

Eine Möglichkeit der Kodierung von Rahmen sei die Prädiktionskodierung, bei welcher die Koeffizienten der Bewegungsvektoren und die Prädiktionsfehler berechnet, kodiert und übertragen werden (SP, [0004] und [0005]).

Bei manchen Rahmen könne die Prädiktion schwierig sein, so dass diese ohne Prädiktion Intra-kodiert werden (SP, [0006]).

Die Kodierung sowohl der Prädiktionsfehler als auch der Intra-kodierten Bildinformationen basiere grundsätzlich auf einer Transformation, wie der bekannten Diskreten Cosinus Transformation (DCT). Der Rahmen werde dabei in benachbarte Blöcke aufgeteilt (z. B. je 8x8 Pixel) und die Blöcke bei der Kodierung wie Dekodierung unabhängig voneinander verarbeitet. Die Transformation werde jeweils für den zu kodierenden Block berechnet und die hierbei entstehenden Koeffizienten quantisiert. Diese Quantisierung erzeuge Rundungsfehler, welche in einem aus Blöcken rekonstruierten Bild sichtbar werden könnten, indem eine Diskontinuität der Pixel an einer Grenze zwischen zwei Blöcken entstehe (sog. Blockingartefakte). Bei der Verwendung einer Prädiktion könne sich ein derartiger Fehler über mehrere Rahmen hinweg fortpflanzen (SP, [0008]).

Das Streitpatent geht weiter von bereits bekannten Verfahren aus, derartige Blockingartefakte zu behandeln. Diese Verfahren seien gekennzeichnet durch folgende Funktionen (SP, [0009]):

• Bestimmung, welche Pixel der Korrektur bedürfen, • Bestimmung einer passenden Tiefpassfilterung für jedes zu korrigierende Pixel auf Basis der Werte anderer Pixel in einem Filterfenster um das zu behandelnde Pixel herum, • Berechnung eines neuen Wertes für das zu korrigierende Pixel und • Runden des neuen Wertes (Quantisierung).

So beschreibe die GB 2 329 090 ein Verfahren zur Reduzierung von Blockingartefakten (SP, [0011]).

Es habe sich jedoch herausgestellt, dass die bekannten Verfahren dazu neigten, Linien, welche „echte“ Bildbestandteile seien, zu entfernen, andererseits aber nicht alle Blockingartefakte entfernen könnten (SP, [0012]).

2. Ausgehend von diesen Nachteilen des bekannten Standes der Technik stellt sich das Streitpatent die Aufgabe, ein neues Filterarrangement für die Verringerung von Blockingartefakten vorzustellen. Dieses Verfahren und die zugehörige Vorrichtung sollen zuverlässiger und effizienter arbeiten als der Stand der Technik (SP, [0013]).

Das Verfahren gemäß dem Streitpatent passt die Filterparameter in Abhängigkeit von den Typen der Blöcke, deren Grenze gefiltert werden soll, an. Verschiedene Filterparameter werden danach gewählt, welcher Blocktyp an jeder Seite der Grenze vorliegt (SP, [0014]).

Gelöst wird die Aufgabe gemäß dem Streitpatent insbesondere durch die Adaption der Auswahl zu filternder Pixel und des Filterungsprozesses in Abhängigkeit von den Eigenschaften des Rahmens und der Umgebung des Filterortes und durch die Berücksichtigung des Typs der zu filternden Blöcke (SP, [0015]).

Da Blockingartefakte nur an Blockgrenzen auftreten, wird die Filterung vorzugsweise nur auf Pixel an der Blockgrenze und deren Umgebung angewandt (SP, [0023]).

Die Lehre des Streitpatents ist sowohl auf horizontale wie vertikale Blockgrenzen anwendbar. Ein beispielhaftes erfindungsrelevantes Filterverfahren nutzt folgende Faktoren zur Bestimmung der Anzahl zu korrigierender Pixel, der Einstellung der Charakteristik des Filters und der Bestimmung der Größe des Filterfensters (SP, [0024]):

a) den Blocktyp auf beiden Seiten der Blockgrenze (Intra, Copy, Coded, Not-Coded),

b) die Differenz der Pixelwerte über die Blockgrenze hinweg, c) die Größe des Quantisierungsschrittes bzgl. der Koeffizienten in der Transformation, d) die Differenz der Pixelwerte zwischen den Pixeln auf jeder Seite der Blockgrenze.

Die Anzahl zu filternder Pixel kann in vorteilhafter Weise variieren und muss auf den beiden Seiten der Blockgrenze nicht übereinstimmen. Gegenüber den bekannten Verfahren sieht das Streitpatent in seiner Lehre den Vorteil, dass ein besseres Filterergebnis erzielt wird, da Blockingartefakte besser unterdrückt werden und echte Linien bzw. Kanten in einem Bild durch die Filterung nur in geringerer Weise beeinflusst werden (SP, [0025]).

3. Fachmann Das Streitpatent wendet sich seinem sachlichen Inhalt nach an einen Diplomingenieur der Elektrotechnik oder einen Diplominformatiker mit Hochschulausbildung mit mehrjähriger Berufserfahrung, der schwerpunktmäßig mit der Datenkodierung und im speziellen der Kodierung von Videodaten befasst ist und über Kenntnisse der zum Prioritätszeitpunkt einschlägigen Standards verfügt.

4. Zur Auslegung des Streitpatents Einige Begriffe des Streitpatents bedürfen der Erläuterung. Der Fachmann versteht die nachfolgend genannten Begriffe wie folgt:

Rahmen (frame) Ein Rahmen entspricht einem Videostandbild und setzt sich typischerweise aus einer großen Anzahl von Pixeln zusammen; eine digitale Videosequenz besteht aus einer Anzahl von Videorahmen, welche in schneller Abfolge dargestellt werden, um den Eindruck einer Bewegung zu erzeugen (SP, [0002]).

Block (block) Das Streitpatent versteht unter einem Block eine Menge von Pixeln eines Frames. Es können verschiedene Segmentierungsschemata angewendet werden, um einen Frame in Blöcke zu zerlegen; das Streitpatent nennt beispielsweise Blöcke der Größe 8x8 Pixel (SP, [0003], [0008]).

Blocktyp (block type), Kodiertyp, Prognosekodierverfahren Der Blocktyp ergibt sich gemäß der Lehre des Streitpatents aus der Art der Kodierung, die auf den jeweiligen Block angewandt wurde, dem Kodiertyp bzw. dem Prognosekodierverfahren (vgl. SP, [0003], [0030]). Hierbei sind Regionstyp und Blocktyp (innerhalb der Region) gleich (vgl. SP, [0003]).

Prognosekodierverfahrenstyp Das Streitpatent kennt vier Prognosekodierverfahrenstypen (vgl. SP, [0003] und PA 1):

- Intrakodierung: die Blöcke werden jeweils unabhängig kodiert, ohne auf einen anderen Rahmen Bezug zu nehmen.

- Prognosekodierung mit Bewegungskompensation: jeder Block wird unter Verwendung einer Bewegungskompensation und zusätzlicher Berechnung eines Prädiktionsfehlers kodiert. Man untersucht hierbei den jeweils momentanen (zu kodierenden) Rahmen segmentweise. Für jedes Segment des momentanen Rahmens wird der „Ursprung“ im vorhergehenden Rahmen gesucht. Mit anderen Worten heißt dies, dass Bildbereiche, die über mehrere Einzelbilder hinweg sehr ähnlich aussehen, nicht ein weiteres Mal komplett gespeichert werden müssen, sondern nur die Veränderung ihrer Position gegenüber anderen Bildern. Findet sich für ein Segment ein ähnlicher Bildausschnitt, so wird nur der Verschiebungsvektor gespeichert, um den sich dieser Ausschnitt von Rahmen zu Rahmen bewegt; dieser Vektor wird im Streitpatent als Bewegungsvektor (motion vector) bezeichnet (vgl. SP, [0004], [0005]). Der Prädiktionsfehler ergibt sich aus der Differenz des so (mittels Bewegungskompensation) geschätzten Rahmens und dem Originalrahmen (vgl. ebenda und [0003]).

- Kopierkodierung: Der (Teil-)Inhalt eines Referenzrahmens wird ohne jede weitere Veränderung herangezogen und in den „Zielblock“ kopiert; dies entspricht einer Prognosekodierung mit Bewegungskompensation bei einem Nullvektor als Bewegungsvektor und einem Prädiktionsfehler von 0.

- Nicht-codierte Kodierung: ist gemäß der Lehre des Streitpatents tatsächlich eine Prognosekodierung mit Bewegungskompensation ohne Einbezug eines Prädiktionsfehlers.

Im Ergebnis kennt das Streitpatent also eine Intrakodierung (unabhängige Kodierung) und eine Prognosekodierung mit Bewegungskompensation mit ihren Sonderfällen (Bewegungsvektor = Nullvektor und/oder Prädiktionsfehler = 0).

visueller Fehler (visual artefacts), Blockingartefakte Ein visueller Fehler ist im Kontext des Streitpatents zunächst jede vom Original abweichende Wiedergabe eines Rahmens nach dem Vorgang der Kodierung und Dekodierung. Speziell stellt das Streitpatent auf visuelle Fehler an Blockgrenzen, also an den „Kanten“ zwischen jeweils benachbarten Blöcken ab, sogenannten Blockingartefakten. Diese können gemäß der Lehre des Streitpatents insbesondere dadurch entstehen, dass im Rahmen der Kodierung Quantisierungs(rundungs)fehler auftreten (vgl. SP, [0008]).

adaptiven Blockgrenzenfilteroperation / „wobei mindestens ein Parameter der Filteroperation auf Basis der ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen bestimmt wird“ Unter einem adaptiven Filter versteht der Fachmann in der digitalen Signalverarbeitung ein Filter, das die Eigenschaft besitzt, seine Übertragungsfunktion, mithin die Parameter der Filteroperation, im Betrieb selbstständig verändern zu können. Das Streitpatent kennt mehrere Parameter der Filteroperation, so den Parameter „n“ oder die Parameter „dl“ und „dr“ (vgl. SP, [0029], [0037]). Auch die Weite des Filterfensters ist ein Parameter der Filteroperation im Sinne des Streitpatents

(vgl. SP, [0044]). Bei der Bestimmung der Weite des Filterfensters ist streitpatentgemäß auch vorgesehen, dass unter Umständen gar nicht gefiltert wird (vgl. SP, [0044], insb. S. 7, letzte Zeile der unteren Tabelle, die drei „X“ bedeuten jeweils ein Aussetzen der Filterung). Damit ist streitpatentgemäß auch die Festlegung der Filterstärke Null (und damit ein „Abschalten des Filters“ bzw. ein Einstellen der Filterstärke „Null“) als einen von mehreren wählbaren Werten eine Parameterfestlegung der Filteroperation umfasst. Dem steht auch der Wortlaut des Absatzes [0010] des Streitpatents - entgegen der Ansicht der Beklagten (vgl. Widerspruchsbegründung, S. 3, 5. Abs. bis S. 4 oben) – nicht entgegen. Eine Entscheidung hingegen, überhaupt einen (ansonsten nicht veränderbaren) Filter anzuwenden oder nicht, sieht der Senat nicht als Bestandteil einer adaptiven Filteroperation.

Die Formulierung „auf Basis der ersten und zweiten Prognosekodierverfahrenstypen“ bedeutet für den Fachmann, dass die Bestimmung des mindestens einen Parameters der Filteroperation abhängig ist von den beiden Prognosekodierverfahrenstypen der beiden der jeweils in Rede stehenden Blockgrenze benachbarten Blöcke (vgl. auch SP, [0014] und [0015] sowie S. 6, TABLE 1).

Anspruchsgemäß findet die Filteroperation an einer Blockgrenze statt, die zwischen einem ersten decodierten Bildblock auf einer ersten Seite der Blockgrenze und einem zweiten dekodierten Bildblock auf einer zweiten Seite der Blockgrenze gebildet ist. Dies bedeutet, dass die Filteroperation auf dekodierte Bildblöcke, also Teile des „Endbildes“ wirken muss. Auch in der Sprache des Streitpatents ist der „decoded frame“ das Endprodukt (vgl. [0004] i. V. m. Fig. 1) und der Filter wirkt streitpatentgemäß auf dieses Signal (vgl. [0046] i. V. m. Fig. 3, dort insb. Bezugszeichen 31-34).

„… wobei die ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen aus einer Gruppe von Prognosecodierverfahren, umfassend mindestens Intracodierung, Kopiercodierung, Prognosecodierung mit Bewegungskompensation und nicht-codierte Codierung, ausgewählt wurden.“

Diese Bestimmung konkretisiert die Auswahl der ersten und zweiten Prognosekodierverfahrenstypen nur insoweit, als die Bestimmung jedenfalls immer dann erfüllt ist, wenn beide Prognosekodierverfahrenstypen jeweils einem der vier genannten Prognosekodierverfahrenstypen entsprechen. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, diese Bestimmung drücke aus, dass eine streitpatentgemäße Realisierungsform jedenfalls alle vier genannten Prognosekodierverfahrenstypen verarbeiten bzw. sensieren können muss, stellt dies eine Einschränkung dar, die sich weder aus dem klaren Merkmalswortlaut noch aus dessen fachmännischem Verständnis ergibt.

Speichermedium zum Speichern eines Softwareprogramms Das Speichermedium zum Speichern eines Softwareprogramms (Patentanspruch 35) umfasst nach Merkmal 35.2 maschinell ausführbare Schritte zum blockweisen Kodieren und Dekodieren eines digitalen Videosignals und nach Merkmal 35.3 maschinell ausführbare Schritte zur Durchführung einer adaptiven Blockgrenzenfilteroperation an einer Blockgrenze, ist somit funktional definiert.

II. Zum Hauptantrag

1. Die erteilten nebengeordneten Patentansprüche 1, 16 und 35 lassen sich im Einvernehmen mit den Parteien in folgende Merkmale gliedern:

Patentanspruch 1:

1. Verfahren zum Reduzieren visueller Fehler in einem Rahmen eines digitalen Videosignals,

2. welches blockweise codiert und dann decodiert wird, 2.1 wobei ein Blocktyp gemäß des Prognosecodierverfahrens für einen Block definiert wird, der aus einem vorherbestimmten Satz von Codiertypen ausgewählt wird, 3. wobei das Verfahren die Durchführung einer adaptiven Blockgrenzenfilteroperation an einer Blockgrenze umfasst,

3.1 die zwischen einem ersten decodierten Bildblock auf einer ersten Seite der Blockgrenze und einem zweiten decodierten Bildblock auf einer zweiten Seite der Blockgrenze gebildet ist,

dadurch gekennzeichnet, dass 4. der erste decodierte Bildblock mit einem ersten Prognosecodierverfahrenstyp codiert wurde und 5. der zweite decodierte Bildblock mit einem zweiten Prognosecodierverfahrenstyp codiert wurde, 6. wobei mindestens ein Parameter der Filteroperation auf Basis der ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen bestimmt wird, und 7. wobei die ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen aus einer Gruppe von Prognosecodierverfahren, umfassend mindestens Intracodierung, Kopiercodierung, Prognosecodierung mit Bewegungskompensation und nicht-codierte Codierung, ausgewählt wurden.

Patentanspruch 16:

16.1 Vorrichtung zum Reduzieren visueller Fehler in einem Rahmen eines digitalen Videosignals,

16.2 welches blockweise codiert und dann decodiert wird, 16.2.1 wobei ein Blocktyp gemäß des Prognosecodierverfahrens für einen Block definiert wird, der aus einem vorherbestimmten Satz von Codiertypen ausgewählt wird, 16.3 wobei die Einrichtung Mittel zur Durchführung einer adaptiven Blockgrenzenfilteroperation an einer Blockgrenze umfasst,

16.3.1 die zwischen einem ersten decodierten Bildblock auf einer ersten Seite der Blockgrenze und einem zweiten decodierten Bildblock auf einer zweiten Seite der Blockgrenze gebildet ist,

dadurch gekennzeichnet, dass 16.4 der erste decodierte Bildblock mit einem ersten Prognosecodierverfahrenstyp codiert wurde und 16.5 der zweite decodierte Bildblock mit einem zweiten Prognosecodierverfahrenstyp codiert wurde, 16.6 wobei die Einrichtung Mittel zum Bestimmen mindestens eines Parameters der Filteroperation auf Basis der ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen umfasst, 16.7 wobei der erste Prognosecodierverfahrenstyp Intracodierung, Kopiercodierung, Prognosecodierung mit Bewegungskompensation oder nicht codierte Codierung ist, und der zweite Prognosecodierverfahrenstyp Intracodierung, Kopiercodierung, Prognosecodierung mit Bewegungskompensation oder nicht codierte Codierung ist.

Patentanspruch 35:

35.1 35.2 Speichermedium zum Speichern eines Softwareprogramms, umfassend maschinell ausführbare Schritte zum blockweisen Codieren und Decodieren eines digitalen Videosignals, um aufgrund einer Blockgrenze entstandene visuelle Fehler durch Filtern zu reduzieren,

35.2.1 wobei ein Blocktyp gemäß des Prognosecodierverfahrens für einen Block, der aus einem vorherbestimmten Satz von Codiertypen ausgewählt wurde, definiert wird,

35.3 wobei das Softwareprogramm maschinell ausführbare Schritte zur Durchführung einer adaptiven Blockgrenzenfilteroperation an einer Blockgrenze umfasst,

35.3.1 die zwischen einem ersten decodierten Bildblock auf einer ersten Seite der Blockgrenze und einem zweiten decodierten Bildblock auf einer zweiten Seite der Blockgrenze gebildet ist,

dadurch gekennzeichnet, dass 35.4 der erste decodierte Bildblock mit einem ersten Prognosecodierverfahrenstyp codiert wurde und 35.5 der zweite decodierte Bildblock mit einem zweiten Prognosecodierverfahrenstyp codiert wurde, 35.6 wobei das Softwareprogramm ferner maschinell ausführbare Schritte zum Bestimmen mindestens eines Parameters der Filteroperation auf Basis der ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen umfasst, und 35.7 die ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen aus einer Gruppe von Prognosecodierverfahren, umfassend mindestens Intracodierung, Kopiercodierung, Prognosecodierung mit Bewegungskompensation und nicht codierte Codierung, ausgewählt wurden.

2. Im Gegensatz zur Ansicht der Klägerin ist der Gegenstand des Streitpatents nicht schon nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. c, Art. 123 Abs. 2 EPÜ für nichtig zu erklären, weil er unzulässig erweitert sei.

a) Soweit die Klägerin hierzu geltend gemacht hat, ursprünglich sei weder das Merkmal „Prognosekodierverfahrenstyp“ offenbart, noch, dass die Kodiermethode „Intrakodierung“ einen Prognosekodierverfahrenstyp darstellt (vgl. Klageschriftsatz, S. 11, Rdn. 46 - 51), vermag der Senat dem nicht zu folgen.

Die ursprünglichen Unterlagen nennen vier Typen der Kodierung von Blockregionen und damit auch von Blöcken, die Kodiermethoden „Intrakodierung“, „Kopierkodierung“, „kodierte Kodierung“ und „nicht kodierte Kodierung“ sind hierbei ausdrücklich angesprochen (vgl. NK 4, S. 2, Z. 22 - 36). Derselben Textstelle entnimmt der Fachmann unmittelbar, dass eine „coded region“ unter Anwendung einer Prognosekodierung mit Bewegungskompensation („…using motion compensated prediction…“) erzeugt wurde. Gemäß dem ursprünglichen Patentanspruch 19 ist die Kodiermethode für einen Block aus einer (nicht näher bestimmten oder beschränkten) Menge von Kodiertypen („predetermined set of coding types“) auszuwählen. Soweit nun die erteilten Ansprüche 1, 16 und 35 die vier ursprünglich offenbarten Kodiertypen nennen und diese Gruppe zusammengefasst in der für den Fachmann offensichtlichen Weise als Prognosekodierverfahren bezeichnen (vgl. die Merkmale 7, 16.7 und 35.7, welche den Begriff definieren), verlässt das Streitpatent damit den Bereich der ursprünglichen Offenbarung nicht. Dass der Begriff „Prognosekodierverfahren“ in den ursprünglichen Unterlagen selbst nicht verwendet wird, ist hierbei im vorliegenden Zusammenhang unschädlich (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2009 - X ZR 153/04, GRUR 2009, 933 – Druckmaschinen-Temperierungssystem II).

b) Auch den weiteren Einwand der Klägerin, die „Prognoseckdierung mit Bewegungskompensation“ sei in den ursprünglichen Unterlagen nicht erwähnt, so dass die Patentansprüche 1, 16 und 35 insoweit unzulässig erweitert seien (vgl. Klageschriftsatz, S. 11, Rdn. 52), vermag der Senat nicht zu teilen.

Wie bereits ausgeführt, entnimmt der Fachmann der ursprünglichen Offenbarung, dass eine „coded region“ unter Anwendung einer Prognosekodierung mit Bewegungskompensation (vgl. NK 4, S. 2, Z. 29 - 34, insb.: „…using motion compensated prediction…“) erzeugt wurde.

c) Auch der Einwand der Klägerin, es sei ursprünglich nicht offenbart, dass die Prognosekodierverfahrenstypen, die laut den erteilten Patentansprüchen 1 und 35 zur Definition eines Blocktyps aus einer Gruppe von Prognosekodierverfahren ausgewählt würden, die mindestens die Intrakodierung, nicht kodierte Kodierung, Kopierkodierung und Prognosekodierung mit Bewegungskompensation umfasse, mindestens aus dieser Gruppe bestehen müssen, vielmehr seien nur vier Blocktypen als vorhanden offenbart (vgl. Klageschriftsatz, S. 12, Rdn. 53 - 55), vermag die Annahme einer unzulässigen Erweiterung nicht zu begründen.

Wie bereits ausgeführt, nennen die ursprünglichen Unterlagen die vier Typen der Kodierung von Blockregionen und damit auch von Blöcken, auf die sich auch die erteilten Patentansprüche 1, 16 und 35 beziehen. Gemäß dem ursprünglichen Patentanspruch 19 ist die Kodiermethode für einen Block aus einer (nicht näher bestimmten oder beschränkten) Menge von Kodiertypen („predetermined set of coding types“) auszuwählen. Soweit sich nun die erteilten Ansprüche 1, 16 und 35 auf die vier ursprünglich offenbarten Kodiertypen stützen und diese Gruppe als „Mindestgruppe“ bezeichnen, verlässt das Streitpatent damit den Bereich der ursprünglichen Offenbarung nach Auffassung des Senats nicht, denn die Gruppe der Kodiertypen war ursprünglich gar nicht beschränkt (s. o. zum ursprünglichen PA 19) und die ursprünglichen Unterlagen wiesen klar darauf hin, dass die vier genannten Kodiertypen lediglich Beispiele sind (vgl. nur NK 4, S. 7, Z. 33 - 34).

3. Dagegen sind die oben mit einer Merkmalsgliederung versehenen nebengeordneten Patentansprüche gegenüber dem von der Klägerin genannten Stand der Technik nach den Druckschriften D5 und NK 5 nicht nach Art. 54 bis 56 EPÜ patentfähig. Diese Druckschriften sind dabei entgegen der Ansicht der Beklagten als Einheit anzusehen, da die D5 unter Nr. 2 ausdrücklich auf die NK 5 Bezug nimmt und an diese anschließt.

Die Druckschrift NK 5 geht davon aus, dass die meisten Standards zur Bildkodierung (genannt ist auch der Standard H.263) eine blockbasierte Verarbeitung für die Bewegungskompensation und die Kodierung mittels Diskreter Cosinus Transformation (DCT) nutzen. Diese blockbasierte Verarbeitung führe u. a. zu den wohlbekannten Blocking Effekten (vgl. NK 5, S. 1, Abschnitt 1., erster Absatz).

Die NK 5 stellt einen Filter und ein Filterverfahren vor, mittels derer die Blocking Effekte reduziert werden sollen. Das Filter kann im bewegungskompensierten Luminanz-Bild gemäß dem H.263 Standard auf Encoder- wie Decoderseite angewandt werden. Die Filtermethode verwendet ein adaptives zweidimensionales Filter, das durch die Kantendarstellung (binary edge map) des zu filternden Bildes charakterisiert wird, wobei diese durch eine Schwellenwertbewertung des Gradientenbildes erhalten wird (vgl. NK 5, S. 1, Abschnitt 1, zweiter Absatz).

Das mit der NK 5 gelehrte Filterverfahren umfasst drei Schritte (vgl. NK 5, S. 1, Abschnitt 2):

1. Das Gradientenbild wird mit Hilfe eines Kantendetektions-Filters (Sobel-Operator) aus dem bewegungskompensierten Bild errechnet. Durch die Anwendung einer Schwellenwertoperation (globaler Schwellenwert) auf das Gradientenbild wird die globale Kantendarstellung (global edge map) erhalten. Ebenfalls aus dem Gradientenbild wird die lokale Kantendarstellung (local edge map) erhalten, wobei hierfür ein lokaler Schwellenwert verwendet wird, welcher adaptiv u. a. in Abhängigkeit vom lokalen Mittelwert und der Standardabweichung ermittelt wird.

2. Die Kantendarstellung wird durch eine logische ODER-Verknüpfung von lokaler Kantendarstellung und globaler Kantendarstellung ermittelt.

3. Die adaptive Filterung wird auf das bewegungskompensierte Bild angewendet.

Die Kantendarstellung (binary edge map) dient hierbei dazu, das bewegungskompensierte Bild in zwei Bereiche zu gliedern: einen Kantenbereich und einen homogenen Bereich. Um die globale Kantendarstellung (global edge map) zu erhalten, wird ein Kantendetektions-Filter (Sobel-Operator) in vertikaler wie horizontaler Richtung auf das bewegungskompensierte Bild angewendet. Ist der absolute Gradient um einen Bildpunkt herum größer als der diesbezügliche globale Schwellenwert, wird diesem Bildpunkt in der globalen Kantendarstellung der Wert 1 zugeordnet, sonst der Wert 0 (vgl. NK 5, S. 2, Abschnitt 2.1).

Zusätzlich wird auf jeden 8x8-Block des Gradientenbildes der lokale Schwellenwert angewendet, um die lokale Kantendarstellung (local edge map) zu erhalten. Der lokale Schwellenwert wird hierbei aus dem Mittelwert und der Standardabweichung des Gradientenbildes blockweise für jeden 8x8-Block berechnet (vgl. NK 5, S. 2, Abschnitt 2.1, letzter Absatz und S. 3, erster Absatz).

Die Definition des lokalen Schwellenwertes ist so gewählt, dass für einen homogenen 8x8-Block der lokale Schwellenwert etwa dem globalen Schwellenwert entspricht. Ist ein 8x8-Block dagegen eher „unruhig“, wird der lokale Schwellenwert klein gegenüber dem globalen Schwellenwert und führt zu einer detaillierten Kantendarstellung. Der lokale Schwellenwert wird innerhalb jedes 8x8-Blockes des Gradientenbildes nur auf die zentralen 6x6-Pixel angewandt, die Pixel am Blockrand werden von der Anwendung des lokalen Schwellenwertes ausgespart. Die Pixel an jedem Blockrand werden somit ausschließlich dem globalen Schwellenwert unterworfen. So soll einerseits verhindert werden, dass Bilddetails (in der 6x6-Zone) infolge der Filterung verwischt werden und andererseits, dass das Gitterrauschen zwischen den Blöcken als Kante detektiert wird (vgl. NK 5, S. 3, zweiter Absatz und S. 4, Fig. 3).

Für die Filterung des bewegungskompensierten Bildes selbst werden adaptiv zwei verschiedene 3x3-Filtermatritzen angewandt, ein ungewichteter 3x3-Tiefpass und ein gewichteter 3x3-Tiefpass (vgl. NK 5, S. 4, Fig. 4b und 4c). Die Filteroperation ist adaptiv bezüglich der Kantendarstellung (und somit des Bildinhaltes) des Bildes (vgl. NK 5, S. 4, Abschnitt 2.2 und S. 5, Fig. 5):

 Liegt der zentrale Punkt des 3x3-Filterfensters (vgl. NK 5, S. 4, Fig. 4a) auf einem Punkt, der als (Bestandteil einer) Kante eingestuft wurde, wird keine Filterung durchgeführt.

 Liegt kein Bestandteil einer Kante im 3x3-Filterfenster, kommt der ungewichtete 3x3-Tiefpass zur Anwendung.

 Liegt ein Bestandteil einer Kante im 3x3-Filterfensters (außer auf dem Zentralpunkt, s. o.), kommt der gewichtete 3x3-Tiefpass zur Anwendung.

 Die Koeffizienten des gewichteten 3x3-Tiefpasses werden ggfls. noch weiter modifiziert, falls bestimmte Muster der Kanten im Filterfenster auftreten.

Die Druckschrift D5 baut auf der Lehre der Druckschrift NK 5 auf (die unmittelbar referenziert wird) und bildet den dort gelehrten Filter bzw. das dort gelehrte Filterverfahren weiter, indem die Erzeugung bzw. Berechnung der Kantendarstellung gegenüber der Lehre der NK 5 modifiziert wird, um den Berechnungsaufwand zu verringern (vgl. D5, S. 1, Abschnitte 1 und 2).

Die Kantendarstellung (binary edge map; vgl. D5, S. 1 und 2, Abschnitt 2.1) erfolgt – wie auch gemäß der Lehre der NK 5 – auf der Basis zweier Schwellenwerte, welche auf ein (jetzt mittels eindimensionaler Gradientenoperatoren berechnetes) Gradientenbild angewendet werden. In den (6x6-)Zentren der jeweiligen 8x8-Blöcke kommt der globale Schwellenwert (Tg in seinen horizontalen und vertikalen Ausprägungen Tgh und Tgv) zur Anwendung, im Bereich der Blockränder (Randpixel jedes Blocks) der „8x8 block-boundary threshold“ (Tb in seinen horizontalen und vertikalen Ausprägungen Tbh und Tbv).

Die Bestimmung des „block-boundary threshold Tb“ hängt in einigen Situationen von der Kodierungsart des aktuellen Blocks und eines benachbarten Blocks ab. So hängt in den Fällen, in denen der aktuelle Makroblock nicht Intra-kodiert ist, der Wert des horizontalen bzw. vertikalen block-boundary threshold Tb davon ab, ob der darüber liegende bzw. linke Makroblock Intra-kodiert ist (vgl. D5, S. 1 und 2, Ablauf „Decision of the 8x8 block-boundary threshold (Tb) and the global threshold (Tg))“.

Damit zeigen die Druckschriften NK 5 und D5 als einheitliche Offenbarung:

1. ein Verfahren zum Reduzieren visueller Fehler in einem Rahmen eines digitalen Videosignals (vgl. D5, S. 1, Abschnitt 1: „The effect of the signal adaptive filter is to smooth the grid noise and the ringing noise.“ und S. 3, Abschnitt 3: „The 3x3 signal adaptive loop filter is applied to the reconstructed macroblock.“),

2. welches blockweise kodiert und dann dekodiert wird (vgl. NK 5, S. 1, Abschnitt 1: „Most of the picture coding standards, including H.263, use the block-based processing for the motion estimation and the discrete cosine transform (DCT).”),

2.1 wobei ein Blocktyp gemäß des Prognosekodierverfahrens für einen Block definiert wird, der aus einem vorherbestimmten Satz von Kodiertypen ausgewählt wird (z. B. der Blocktyp INTRA, vgl. D5, S. 1, Abschnitt 2.1),

3. wobei das Verfahren die Durchführung einer adaptiven Blockgrenzenfilteroperation an einer Blockgrenze umfasst (vgl. D5, Fig. 1: auf die Blockgrenzen findet der Schwellenwert Tbh bzw. Tbv Anwendung und je nach Ergebnis der Schwellenwertprüfung werden diese Pixel gefiltert),

3.1 die zwischen einem ersten dekodierten Bildblock auf einer ersten Seite der Blockgrenze und einem zweiten dekodierten Bildblock auf einer zweiten Seite der Blockgrenze gebildet ist (vgl. ebenda und S. 3, Abschnitt 3: „The 3x3 signal adaptive loop filter is applied to the reconstructed macroblock.“ sowie S. 1 und 2, Abschnitt 2.1, dort „current MB“, „upper MB“ und „left MB“) wobei

4. der erste dekodierte Bildblock mit einem ersten Prognosekodierverfahrenstyp kodiert wurde (z. B. INTRA, s. o.) und

5. der zweite dekodierte Bildblock mit einem zweiten Prognosekodierverfahrenstyp kodiert wurde (z. B. INTRA, s. o.),

6. wobei mindestens ein Parameter der Filteroperation auf Basis der ersten und zweiten Prognosekodierverfahrenstypen bestimmt wird (wie oben erläutert, hängt die Bestimmung des block-boundary threshold Tb in einigen Situationen von der Kodierungsart des aktuellen Blocks und eines benachbarten Blocks ab. So hängt in den Fällen in denen der aktuelle Makroblock nicht Intra-kodiert ist, der Wert des horizontalen bzw. vertikalen block-boundary threshold Tb davon ab, ob der darüberliegende bzw. linke Makroblock Intra-kodiert ist, vgl. D5, S. 1 und 2, Ablauf „Decision of the 8x8 block-boundary threshold (Tb) and the global threshold (Tg)“. Der block-boundary threshold Tb selbst bestimmt wiederum die Lage der Kanten in der Kantendarstellung und die Filteroperation ist adaptiv bezüglich der Kantendarstellung, denn gemäß der Kantendarstellung werden die zu verwendenden Filterkoeffizienten - vgl. alleine Figuren 4b und 4c - eingestellt, vgl. NK 5, S. 4, Abschnitt 2.2 und S. 5, Fig. 5. Auch die Beklagte sieht eine derartige „indirekte“ Abhängigkeit eines Filterparameters von der Codierungsbetriebsart als streitpatentgemäß an, vgl. deren Schriftsatz vom 1. April 2015, dort die Rdnr. 11 bis 15) und 7. wobei die ersten und zweiten Prognosekodierverfahrenstypen aus einer Gruppe von Prognosekodierverfahren, umfassend mindestens Intrakodierung, Kopierkodierung, Prognosekodierung mit Bewegungskompensation und nicht-kodierte Kodierung, ausgewählt wurden (ergibt sich bereits aus der Anwendung des Standards H.263 wie sie NK 5 und D5 lehren; Intrakodierung ist zudem explizit genannt, vgl. oben).

Soweit die Beklagte vorträgt, die Druckschrift D5 würde keine Blockgrenzenfilterung lehren, vielmehr die Filterung eines ganzen Bildes, so kann dies nicht durchgreifen. Zum Einen verlangt der Wortlaut des Patentanspruchs 1 lediglich, dass das Verfahren die Durchführung einer adaptiven Blockgrenzenfilteroperation an einer Blockgrenze umfasst, lässt also die Möglichkeit der Filterung weiterer Bildbestandteile oder auch des ganzen Bildes zu. Zum Anderen wird gemäß der Lehre der Druckschrift D5 im Filterverfahren durchaus zwischen den Blockrändern und dem Blockinneren diskriminiert, denn im Bereich der Blockränder (Randpixel jedes Blocks) findet der „8x8 block-boundary threshold“ (Tb) Anwendung, in den (6x6-) Zentren der jeweiligen 8x8-Blöcke dagegen der globale Schwellenwert Tg.

Damit wirken die Druckschriften D5 und NK 5 als Einheit neuheitsschädlich für die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 16 und nehmen den Gegenständen der Patentansprüche 31 bis 35 die erfinderische Tätigkeit, so dass sich der Gegenstand des Streitpatents mit den erteilten Patentansprüchen als nicht schutzfähig erweist.

Bei dieser Sachlage kann es auf sich beruhen, ob die erteilten Ansprüche auch gegenüber der Druckschrift D1 nicht patentfähig sind und ob diese Druckschrift - wie von der Klägerin behauptet und von der Beklagten bestritten wurde – vorveröffentlicht ist, was nach Ansicht des Senats allerdings als indiziell bewiesen anzusehen sein dürfte.

III. Zum 1. Hilfsantrag

1. Der in der mündlichen Verhandlung in neuer Fassung eingereichte 1. Hilfsantrag unterscheidet sich in Patentanspruch 1 von der erteilten Fassung darin, dass die Merkmale 6 und 7 wie folgt zusammengefasst sind:

„wobei mindestens ein Parameter der Filteroperation auf Basis der Kombinationen aus den ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen umfassend mindestens Intracodierung, Kopiercodierung, Prognosecodierung mit Bewegungskompensation und nicht-codierte Codierung, bestimmt wird.“

2. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist diese Änderung nicht ursprungsoffenbart. Vielmehr handelt es sich um eine gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässige Änderung.

Zur Beurteilung, ob eine unzulässige Erweiterung vorliegt, ist der Gegenstand des erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen zu vergleichen und zu prüfen, ob die erteilten Patentansprüche auf einen Gegenstand gerichtet sind, den die ursprüngliche Offenbarung aus Sicht des Fachmanns als zur Erfindung gehörend erkennen ließ (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2009 – X ZR 27/06, GRUR 2010, 509, Rdn. 25 – Hubgliedertor I; BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 30/02, GRUR 2005, 1023, 1024 – Einkaufswagen II). Der hierfür maßgebliche Inhalt der ursprünglichen Offenbarung ist dabei nicht auf den Gegenstand der in der Anmeldung formulierten Patentansprüche beschränkt, vielmehr ist anhand der Gesamtheit aller ursprünglich eingereichten Unterlagen zu ermitteln, was als zur angemeldeten Erfindung gehörend anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 – Xa ZR 124/07, GRUR 2010, 910, Rdn. 46 – Fälschungssicheres Dokument, m. w. N.). Zum Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung im Zusammenhang mit der Frage, ob eine unzulässige Erweiterung vorliegt, gehört aber nur das, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen „unmittelbar und eindeutig“ zu entnehmen ist, nicht hingegen eine weitergehende Erkenntnis, zu der der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens oder durch Abwandlung der offenbarten Lehre gelangen kann (BGH a. a. O. – Fälschungssicheres Dokument, m. w. N.).

Gemäß der ursprünglichen Offenbarung werden mehrere Prognosekodierverfahrenstypen bei der Bestimmung eines Parameters der Filteroperation nur insoweit berücksichtigt, als die zwei Prognosekodierverfahrenstypen an den beiden Seiten einer Blockgrenze betrachtet werden. So auch in den von der Beklagten herangezogenen Textstellen des Streitpatents (Absätze [0001], [0003], [0024] und [0031] i. V. m. Table 1). Die neu aufgenommene Merkmalsgruppe beansprucht hingegen die Bestimmung eines Parameters der Filteroperation auf Basis von beliebigen (auch mehreren) Kombinationen aus den ersten und zweiten Prognosekodierverfahrenstypen. Eine derartige Lehre ist jedoch weder in den von der Beklagten benannten Textstellen (bzw. den entsprechenden Textstellen der ursprünglichen Offenbarung) noch anderweitig beschrieben.

3. Mit dem Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 1 kann das Patent somit keinen Bestand haben.

4. Für die nebengeordneten Patentansprüche 15 und 29 bis 32 und 33 gemäß Hilfsantrag 1 gilt die vorstehende Argumentation zum Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 1.

IV. Zum 2. und 3. Hilfsantrag

1. Die mit Schriftsatz vom 13. März 2015 eingereichten Hilfsanträge 2 und 3 unterscheiden sich in Patentanspruch 1 von der erteilten Fassung zunächst übereinstimmend darin, dass sie das Merkmal 6 wie folgt abändern (Änderung unterstrichen):

„wobei für jede zu filternde Pixelzeile oder Pixelspalte mindestens ein Parameter der Filteroperation auf Basis der ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen bestimmt wird,“

Im 3. Hilfsantrag wird dies weiter durch die folgende Änderung des Merkmals 6 konkretisiert (Änderung gegenüber der erteilten Fassung unterstrichen):

„wobei für jede zu filternde Pixelzeile oder Pixelspalte mindestens einer der folgenden Parameter der Filteroperation auf Basis der ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen bestimmt wird: eine Anzahl von zu prüfenden Pixeln, eine Anzahl von zu filternden Pixeln, ein Aktivitätsmaß, das eine Angabe der Differenz zwischen Pixelwerten auf einer Seite der Blockgrenze bereitstellt, ein Filterfenster,“.

2. Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich diese Änderung nicht aus dem erteilten Patentanspruch 1 und ist auch nicht aufgrund der Ausführungen in der internationalen Anmeldung Seite 16, Zeilen 6 bis 24 ursprungsoffenbart. Vielmehr handelt es sich um eine gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässige Erweiterung in Form eines Aliuds.

Sowohl in der ursprünglichen Offenbarung als auch im Streitpatent wird nur eine Filterung an einer Blockgrenze beschrieben. Damit ist die zu filternde Entität eindeutig die Blockgrenze und ihre Umgebung. Dass, wie die neue Merkmalsgruppe es vorsieht, für „jede zu filternde Pixelzeile oder Pixelspalte“ als solche ein Filterparameter bestimmt wird, wird demgegenüber nirgendwo beschrieben.

Zudem beinhaltet die neu aufgenommene Merkmalsgruppe wohl auch Fälle, in denen für jede zu filternde Pixelzeile oder Pixelspalte ein anderer Parameter der Filteroperation bestimmt wird. Gemäß der ursprünglichen Offenbarung kann es zwar sein, dass sich für jede Blockgrenze andere Werte der verwendeten Parameter ergeben; Fälle jedoch, in denen für jede zu filternde Pixelzeile oder Pixelspalte ein anderer Parameter der Filteroperation bestimmt wird, sind in der Offenlegungsschrift, Seite 16, Zeilen 6 - 24 wie in der gesamten übrigen ursprünglichen Offenbarung nicht genannt.

3. Mit dem Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 2 bzw. des Hilfsantrags 3 kann das Patent somit keinen Bestand haben.

4. Für die nebengeordneten Patentansprüche gemäß des Hilfsantrags 2 bzw. des Hilfsantrags 3 gilt die vorstehende Argumentation sinngemäß.

V. Zum 4. bis 9. Hilfsantrag

1. Die in der mündlichen Verhandlung in neuer Fassung eingereichten Hilfsanträge 4 bis 9 unterscheiden sich in Patentanspruch 1 von der erteilten Fassung durch Änderungen in Merkmal 6., das zunächst in allen Hilfsanträgen 4 bis 9 übereinstimmend eingangs wie folgt lautet (Änderungen zur erteilten Fassung unterstrichen):

„wobei für jede Pixelzeile oder Pixelspalte des ersten und des zweiten Bildblocks mindestens ein Parameter der Filteroperation auf Basis der ersten und zweiten Prognosecodierverfahrenstypen bestimmt wird,“

Auf die darüber hinausgehenden Änderungen wird weiter unten bei der Abhandlung der Hilfsanträge 10 bis 12 einzugehen sein, die hinsichtlich dieser weiteren Änderungen den Hilfsanträgen 4 bis 6 entsprechen, aber die vorgenannte Änderung nicht enthalten.

2. Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich diese Änderung nicht aus dem erteilten Patentanspruch 1 und ist auch nicht aufgrund der Ausführungen in der internationalen Anmeldung Seite 16, Zeilen 6 bis 24 ursprungsoffenbart. Vielmehr handelt es sich um eine gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässige Erweiterung in Form eines Aliuds.

Sowohl in der ursprünglichen Offenbarung als auch im Streitpatent wird nur eine (einheitliche) Filterung an einer Blockgrenze beschrieben. Damit bilden die Blockgrenze und ihre Umgebung eindeutig die zu filternde Entität (vgl. nur Offenlegungsschrift, S. 16, Z. 6 - 11, insb.: „…the filtering on one horizontal part of a pixel row, which is 12 pixels long and located symmetrically on both sides of a vertical block boundary.“ und „…to concern vertical parts of pixel columns, which are located symmetrically on both sides of a horizontal block boundary…”). Dass, wie die neue Merkmalsgruppe es vorsieht, für „jede Pixelzeile oder Pixelspalte des ersten und des zweiten Bildblocks“ als solche ein Filterparameter bestimmt wird, wird demgegenüber nirgendwo beschrieben, auch nicht, wie die Beklagte vorgetragen hat, mit dem letzten Satz des Absatzes [0045] des Streitpatents; dort ist vielmehr (wie auch sonst im Streitpatent) ausgeführt, dass die gemeinsam zu filternden Pixel beidseits der Blockgrenze als Entität betrachtet werden („…filtering is repeated line by line, i. e. the first line of the pixels in the blocks (besides the boundary) is filtered first…“, vgl. auch Offenlegungsschrift, S. 16, Z. 21 - 24).

Dagegen beinhaltet die neu aufgenommene Merkmalsgruppe auch Fälle, in denen für Pixelzeilen oder Pixelspalten beidseits einer Blockgrenze jeweils verschiedene Parameter der Filteroperation (ggfls. neben in der Anspruchsfassung dezidiert beanspruchten Parametern) bestimmt werden. Gemäß der ursprünglichen Offenbarung kann es zwar sein, dass sich für jede Blockgrenze andere Werte der verwendeten Parameter ergeben; Fälle jedoch, in denen an zwei Seiten einer Blockgrenze jeweils verschiedene Parameter der Filteroperation bestimmt werden, sind nicht ursprünglich offenbart.

3. Mit dem Patentanspruch 1 in jeder der Fassungen der Hilfsanträge 4 bis 9 kann das Patent somit keinen Bestand haben.

4. Für die nebengeordneten Patentansprüche gemäß den Hilfsanträgen 4 bis 9 gilt die vorstehende Argumentation sinngemäß.

VI. Zum 10. Hilfsantrag

1. Der in der mündlichen Verhandlung in neuer Fassung eingereichte 10. Hilfsantrag unterscheidet sich in Patentanspruch 1 von der erteilten Fassung durch folgende Einfügung zwischen den Merkmalen 6 und 7:

„wobei - eine erste Anzahl von zu prüfenden Pixeln auf einer ersten Seite einer Blockgrenze und eine zweite Anzahl von zu prüfenden Pixeln auf einer zweiten Seite der Blockgrenze auf Basis der Typen des ersten und zweiten Prognosecodierverfahrens als Parameter der Filteroperation bestimmt werden, und eine Anzahl von zu filternden Pixeln aus den geprüften Pixeln auf jeder Seite der Blockgrenze ausgewählt wird, oder - eine erste Anzahl zu filternder Pixel auf der ersten Seite der Blockgrenze und eine zweite Anzahl zu filternder Pixel auf der zweiten Seite der Blockgrenze als Parameter der Filteroperation bestimmt werden basierend auf einer Differenz in Pixelwerten über die Blockgrenze hinweg in der jeweiligen Pixelzeile oder Pixelspalte, einem Quantisierungsschritt (QP), der zur Transformationscodierung der Koeffizienten benutzt wurde, und Differenzen in Pixelwerten zwischen Pixeln in der jeweiligen Pixelreihe oder Pixelspalte auf der ersten Seite der Blockgrenze und entsprechend zwischen Pixelwerten in der jeweiligen Pixelzeile oder Pixelspalte auf der zweiten Seite der Blockgrenze, wobei die erste und zweite Anzahl der zu filternden Pixel außerdem bestimmt wird basierend auf den Typen des ersten und zweiten Prognosecodierverfahrens, oder

- als Parameter der Filteroperation ein Aktivitätsmaß, das eine Angabe der Differenz zwischen Pixelwerten auf einer Seite der Blockgrenze bereitstellt, für sowohl eine erste als auch eine zweite Seite der Blockgrenze berechnet wird, wobei das jeweilige Aktivitätsmaß auf der ersten und zweiten Seite der Blockgrenze außerdem bestimmt wird basierend auf den Typen des ersten und zweiten Prognosecodierverfahrens, und eine erste Anzahl von zu filternden Pixeln auf der ersten Seite der Blockgrenze in Abhängigkeit von dem Aktivitätsmaß auf der ersten Seite der Blockgrenze ausgewählt wird und eine zweite Anzahl zu filternder Pixel auf der zweiten Seite der Blockgrenze in Abhängigkeit von dem Aktivitätsmaß auf der zweiten Seiten der Blockgrenze ausgewählt wird, oder

- eine erste Anzahl von zu filternden Pixeln auf der ersten Seite der Blockgrenze ausgewählt wird und eine zweite Anzahl von zu filternden Pixel auf der zweiten Seite der Blockgrenze ausgewählt wird und für jedes zu filternde Pixel ein neuer Pixelwert bestimmt wird als Mittelwert der Pixelwerte in einem Filterfenster, wobei eine Größe des Filterfensters basierend auf den Typen des ersten und zweiten Prognosecodierverfahrens als Parameter der Filteroperation bestimmt wird,“

2. Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich diese Änderung nicht aus dem erteilten Patentanspruch 1 und ist auch nicht aufgrund der Ausführungen in der Anmeldung ursprungsoffenbart. Vielmehr handelt es sich um eine gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässige Erweiterung.

Die unter dem ersten oben angeführten Spiegelstrich genannte Merkmalsgruppe ist weder in der ursprünglichen Offenbarung noch im Streitpatent offenbart. Insbesondere aus der von der Beklagten angegebenen Textstelle der Offenlegungsschrift (S. 9, Z. 27 bis S. 11, Z. 3) geht eine derart allgemeine Bestimmung nicht hervor. Dort ist ausgeführt, dass der Parameter n, welcher die Anzahl der auf einer Seite der Blockgrenze zu untersuchenden Pixel angibt, in Abhängigkeit von der Differenz der Pixelwerte über die Blockgrenze hinweg und des Quantisierungsschrittes QP bestimmt wird und nachfolgend in einem nächsten Schritt in Abhängigkeit der Typen des ersten und zweiten Prognosecodierverfahrens weiter beschränkt (truncated) werden kann. Eine Bestimmung der ersten Anzahl von zu prüfenden Pixeln auf einer ersten Seite einer Blockgrenze und einer zweiten Anzahl von zu prüfenden Pixeln auf einer zweiten Seite der Blockgrenze in beliebiger Weise auf Basis der Typen des ersten und zweiten Prognosecodierverfahrens - wie von der ersten Merkmalsgruppe umfasst – ist hiermit nicht offenbart und eine derart allgemeine Offenbarung auch nicht für den Fachmann angelegt. Eine solche Offenbarung ergibt sich auch nicht an anderer Stelle der ursprünglichen Anmeldung, insbesondere nicht aus den in diesem Zusammenhang relevanten ursprünglichen Patentansprüchen 7 bis 11.

3. Mit dem Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 10 kann das Patent somit keinen Bestand haben.

4. Für die nebengeordneten Patentansprüche gemäß dem Hilfsantrag 10 gilt die vorstehende Argumentation sinngemäß.

VII. Zum 11. Hilfsantrag

1. Der in der mündlichen Verhandlung in neuer Fassung eingereichte 11. Hilfsantrag unterscheidet sich in Patentanspruch 1 vom 10. Hilfsantrag dadurch, dass zwischen die Merkmale 6 und 7 des Patentanspruchs 1 laut der erteilten Fassung lediglich der ersten Spiegelstrich aus der Ergänzung gemäß dem 10. Hilfsantrag eingefügt ist.

2. Die genannte Ergänzung gemäß dem 10. Hilfsantrag führt zu einer gegenüber der ursprünglichen Offenbarung unzulässigen Erweiterung, wie sich unmittelbar aus der Beurteilung des 10. Hilfsantrages ergibt, auf die hiermit verwiesen wird.

3. Mit dem Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 11 kann das Patent somit keinen Bestand haben.

4. Für die nebengeordneten Patentansprüche gemäß dem Hilfsantrag 11 gilt die vorstehende Argumentation sinngemäß.

VIII. Zum 12. Hilfsantrag

1. Demgegenüber erweist sich der in der mündlichen Verhandlung überreichte 12. Hilfsantrag, wegen dessen genauen Wortlaut auf den Tenor Bezug genommen wird und der sich vom 10. Hilfsantrag dadurch unterscheidet, dass zwischen die Merkmale 6 und 7 des Patentanspruchs 1 laut der erteilten Fassung lediglich der zweite Spiegelstrich aus der Ergänzung laut dem 10. Hilfsantrag eingefügt ist, als patentfähig.

2. Die Aufnahme der Merkmalsgruppe

- eine erste Anzahl zu fllternder Pixel auf der ersten Seite der Blockgrenze und eine zweite Anzahl zu filternder Pixel auf der zweiten Seite der Blockgrenze als Parameter der Filteroperation bestimmt werden basierend auf einer Differenz in Pixelwerten über die Blockgrenze hinweg in der jeweiligen Pixelzeile oder Pixelspalte, einem Quantisierungsschritt (QP), der zur Transformationscodierung der Koeffizienten benutzt wurde, und Differenzen in Pixelwerten zwischen Pixeln in der jeweiligen Pixelreihe oder Pixelspalte auf der ersten Seite der Blockgrenze und entsprechend zwischen Pixelwerten in der jeweiligen Pixelzeile oder Pixelspalte auf der zweiten Seite der Blockgrenze, wobei die erste und zweite Anzahl der zu filternden Pixel außerdem bestimmt wird basierend auf den Typen des ersten und zweiten Prognosecodierverfahrens in den Patentanspruch 1 führt zu einer zulässigen Beschränkung.

Die neu eingefügte Merkmalsgruppe findet ihre ursprüngliche Offenbarung in der Offenlegungsschrift (dort S. 7, Z. 28 bis S. 8, Z. 19). Bezüglich der Offenbartheit der übrigen Merkmale wird auf die Ausführungen zum Hauptantrag verwiesen.

Der verteidigte Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 12 erweist sich folglich als zulässig.

3. Bezüglich der Ausführbarkeit des mit dem Hilfsantrag 12 verteidigten Gegenstandes hat sich die Klägerin nicht verhalten. Auch der Senat hat diesbezüglich keine Bedenken. Die Ausführbarkeit des mit dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 12 verteidigten Gegenstandes sieht der Senat daher als gegeben.

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hilfsantrags 12 gilt als neu (Art. 54 EPÜ), denn keine der entgegengehaltenen Druckschriften lehrt ein Verfahren zum Reduzieren visueller Fehler in einem Rahmen eines digitalen Videosignals mit allen Merkmalen des verteidigten Patentanspruchs 1. Die Klägerin hat die Neuheit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hilfsantrags 12 auch nicht bestritten.

4.1 Der Druckschrift D5 ist eine Abhängigkeit einer Anzahl zu filternder Pixel basierend auf einem Quantisierungsschritt (QP), der zur Transformationskodierung der Koeffizienten benutzt wurde, nicht zu entnehmen.

4.2 Die nach Auffassung des Senates ebenfalls relevante Druckschrift D1 zeigt keine Abhängigkeit einer Anzahl zu filternder Pixel basierend auf den Differenzen in Pixelwerten zwischen Pixeln in der jeweiligen Pixelreihe oder Pixelspalte auf der ersten Seite der Blockgrenze und entsprechend zwischen Pixelwerten in der jeweiligen Pixelzeile oder Pixelspalte auf der zweiten Seite der Blockgrenze.

4.3 Die weiteren Druckschriften (D2, D3 und D4) liegen weiter ab.

5. Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 56 EPÜ).

Ausgehend von der Aufgabe, ein neues Filterarrangement für die Verringerung von Blockingartefakten vorzustellen, wobei dieses Verfahren zuverlässiger und effizienter arbeiten soll als der Stand der Technik (SP, [0013]), mag sich der Fachmann mit den in den Druckschriften D1 bzw. D5 beschriebenen Filterverfahren beschäftigen.

Soweit die Klägerin jedoch vorträgt, der Fachmann hätte in Kenntnis der Druckschriften D1 bzw. D5 deren jeweilige Lehre mit der Lehre der Druckschrift D6 kombiniert und wäre zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 12 gelangt, kann der Senat dieser Argumentation nicht folgen.

Die Druckschrift D6 betrifft einen Filter zur Beseitigung von Blocking-Artefakten (vgl. Titel). Sie beschreibt ein adaptives Filter zur Beseitigung von Blocking-Artefakten aufgrund von blockweiser Transformation und Kodierung. Das Filter arbeitet an den Grenzen von 8x8-Blöcken, da dort die Blocking Artefakte auftreten (vgl. S. 1, Absatz „Introduction“). Der Filtervorgang gemäß der D6 läuft – insoweit vergleichbar der Lehre des Streitpatents – wie folgt ab (vgl. S. 1, Absatz „Filter Description“):

- Bestimmung der Anzahl der Pixel beidseits der (horizontalen bzw. vertikalen) Blockgrenze, welche neu berechnet werden müssen,

- Bestimmung der anzuwendenden Fenstergröße des TiefpassFilters für jedes neu zu berechnende Pixel,

- Tiefpassfilterung durch Mittelwertbildung über das Fenster,

- Runden des Mittelwertes zum nächsten Grauwert.

Wie auch im Streitpatent bestimmen die linken bzw. rechten Filter-Aktivitätsparameter dr und dl, wie viele Pixel gefiltert werden und wie ihr Filterfenster beschaffen ist. Die Werte von dr und dl sind – auch das wie im Streitpatent – limitiert durch die globalen Aktivitätsparameter nr und nl. Die Definition von nr bzw. nl entspricht weitgehend der Definition von n im Streitpatent (vgl. D6, S. 2, die Formel 0-1 mit der Formel 2 des SP, dort S. 5). Was allerdings in der D6 in keiner Weise angelegt ist, ist der Schritt der Beschränkung des Wertes von nr bzw. nl in Abhängigkeit der Kodierungsart (vgl. im Streitpatent die Tabelle 1 auf S. 6). Eine derartige Abhängigkeit von Filterparametern von der Kodierungsart kennt die D6 schlicht nicht.

Der Senat vermag auch keine Anregung für den Fachmann zu erkennen, die Lehre der Druckschrift D6 mit derjenigen der Druckschriften D1 bzw. D5/NK5 zu kombinieren. Vielmehr stellen die Druckschriften D1 bzw. D5/NK5 jeweils für sich abgeschlossene Lehren komplexer Filteralgorithmen dar, die eine Verknüpfung mit der Lehre der Druckschrift D6 nicht ohne Weiteres zulassen.

So ergibt sich zwar im Rahmen der Lehre der Druckschriften D5/NK5 indirekt, dass mehr oder weniger Pixel einer Filterung unterworfen werden (vgl. dort Abschnitt 2.2 i. V. m. Fig. 5). Der Fachmann hatte allerdings keinen Anlass, diese dort wohldefinierte Abhängigkeit zugunsten einer Abhängigkeit von dem mit der Druckschrift D6 gelehrten Werten nr bzw. nl aufzugeben. Denn anders, als die Klägerin dies vorgetragen hat, wäre hierfür eine grundlegende Abänderung der Lehre der Druckschriften D5/NK5 nötig gewesen, um die dortige Abhängigkeit der gefilterten Pixel davon, dass bestimmte Muster der Kantendarstellung im Filterfenster auftreten, zu ersetzen durch die Werte nr bzw. nl. Um eine solche grundlegende Abänderung des mit den Druckschriften D5/NK5 gelehrten Filterverfahrens ohne jeden konkreten Anlass vorzunehmen, hätte der Fachmann jedoch erfinderisch tätig werden müssen.

Auch ausgehend von der Lehre der Druckschrift D1 sieht der Senat keine Veranlassung für den Fachmann die dort gegebene Lehre mit derjenigen der Druckschrift D6 zu kombinieren. Auch hier hätte der Fachmann erfinderisch tätig werden müssen, um einen derart fundamentalen Schritt zu gehen.

Die weiteren Druckschriften tragen in Bezug auf das Zugrundeliegen einer erfinderischen Tätigkeit nichts Zusätzliches bei und haben insoweit in der mündlichen Verhandlung auch keine Rolle gespielt. Zur Überzeugung des Senats kann auch jede beliebige weitere Zusammenschau des Standes der Technik den Fachmann nicht veranlassen, aus den dort aufgezeigten Möglichkeiten ein Verfahren mit den mit dem Hilfsantrag 12 beanspruchten Merkmalen zu entwickeln.

6. Die nebengeordneten Patentansprüche haben in der Sache nichts anderes als die Formulierung der im Patentanspruch 1 als Verfahrensanspruch niedergelegten Lehre in Form von Vorrichtungsansprüchen zum Gegenstand. Die Gesichtspunkte, die der Schutzfähigkeit von Patentanspruch 1 zugrunde liegen, gelten daher für die nebengeordneten Patentansprüche gleichermaßen.

7. Die Merkmale der abhängigen Patentansprüche gehen über reine Selbstverständlichkeiten hinaus, sie begegnen hinsichtlich ihrer Patentfähigkeit insoweit keine Bedenken.

IX.

Auf die weiteren Hilfsanträge kam es unter den gegebenen Umständen nicht mehr an.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.

C. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.

Die Berufungsschrift, die auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) vom 24. August 2007 (BGBl. I S. 2130) eingereicht werden kann, muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet oder im Fall der elektronischen Einreichung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur versehen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Die Berufungsschrift muss innerhalb eines Monats schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht oder als elektronisches Dokument in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes (www.bundesgerichtshof.de/erv.html) übertragen werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Berufung vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht.

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