1 StR 522/24
BUNDESGERICHTSHOF StR 522/24 BESCHLUSS vom 9. April 2025 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung u.a.
ECLI:DE:BGH:2025:090425B1STR522.24.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 9. April 2025 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 StPO analog beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 29. Mai 2024, soweit es ihn betrifft, a) im Ausspruch über die Einzelgeldstrafen dahin abgeändert, dass die Tagessatzhöhe jeweils auf 15 € festgesetzt wird; b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und über die für die rechtstaatswidrige Verfahrensverzögerung gewährte Entschädigung aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe: 1 Das Landgericht hatte den Angeklagten im ersten Rechtsgang wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in neun Fällen, wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 100 Fällen, davon in 99 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung und in 20 Fällen in weiterer Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug, sowie wegen Beihilfe zur versuchten Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, dessen Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hatte. Auf die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hatte der Senat mit Beschluss vom 7. Juni 2021 – 1 StR 314/20 – nahezu den gesamten Strafausspruch, soweit es den Angeklagten betroffen hatte, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Allein die für die Beihilfe zur versuchten Urkundenfälschung verhängte Einzelgeldstrafe hatte Bestand.
Nunmehr hat das Landgericht nach einer Verfahrensteileinstellung (§ 154 Abs. 2 StPO) gegen den Angeklagten wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 100 Fällen, davon in 99 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung und in 20 Fällen in weiterer Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug, und mit Beihilfe zur versuchten Urkundenfälschung eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat es für eine rechtstaatswidrige Verzögerung des Verfahrens nach der Revisionsentscheidung zwei Monate der Freiheitsstrafe für vollstreckt erklärt. Die gegen seine erneute Verurteilung gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Bei der Bemessung der Tagessatzhöhe (§ 40 Abs. 2 StGB) hat das Landgericht gegen das Verbot der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) verstoßen. Danach darf das Ergebnis der Multiplikation von Zahl und Höhe der Tagessätze nicht dasjenige aus dem ersten Rechtsgang überschreiten (BGH,
Beschluss vom 24. März 2022 – 1 StR 480/21 Rn. 10). Um diesen Rechtsfehler zu korrigieren, setzt der Senat die Tagessatzhöhe durchgängig auf 15 € fest.
2. Zum Gesamtstrafenausspruch hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt:
„Die Gesamtstrafe ist durch Erhöhung der Einsatzstrafe zu bilden, vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB. Setzt das Gericht - wie hier geschehen - ausschließlich Einzelgeldstrafen fest (UA S. 212-213), kann es nachfolgend auch nur auf eine Gesamtgeldstrafe erkennen (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1994 – 4 StR 492/94, BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 9, Rn. 3).“
Die Strafkammer hätte, nachdem sie sich in der Schlussberatung (§ 260 Abs. 1 StPO) entschieden hatte, ausschließlich auf Einzelgeldstrafen zu erkennen, wieder in die Hauptverhandlung eintreten und sich von der Verständigung, deren Inhalt sie im Urteil mitgeteilt hat, lösen müssen (§ 257c Abs. 4 Satz 1 StPO). Dies hat sie indes nicht getan. Die Bindungswirkung entfällt nicht kraft Gesetzes, sondern erfordert eine dahingehende gerichtliche Entscheidung (BGH, Urteil vom 21. Juni 2012 – 4 StR 623/11, BGHSt 57, 273 Rn. 14). Das Urteil unterliegt hier aber infolge der Sachrüge der Aufhebung, um eine rechtsfehlerfreie Gesamtstrafenbildung zu ermöglichen.
3. Die Gesamtgeldstrafe aus den 101 Einzelgeldstrafen zu bilden, muss dem in einem dritten Rechtsgang zur Entscheidung berufenen Tatgericht vorbehalten bleiben. Die Feststellungen bleiben aufrechterhalten (vgl. § 353 Abs. 2 StPO) und können um solche ergänzt werden, die ihnen nicht widersprechen. Der für die rechtstaatswidrige Verfahrensverzögerung gewährte Abschlag ist in 60 Tagessätze umzurechnen (vgl. § 51 Abs. 4 Satz 1 Alternative 2 StGB und BGH, Beschluss vom 29. November 2023 – 1 StR 223/23 Rn. 4). Der Bewährungsbeschluss ist gegenstandslos.
Jäger Bär Fischer Leplow Wimmer Vorinstanz: Landgericht Frankfurt am Main, 29.05.2024 - 5/02 KLs - 7850 Js 214837/14 (7/21)