35 W (pat) 29/13
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 29/13
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend das Gebrauchsmuster … (hier: Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühr für die Jahre 4 bis 6) hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. April 2015 durch die Vorsitzende Richterin Werner sowie die Richterin Bayer und den Richter Eisenrauch beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152 08.05 Gründe I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) ist Inhaber des Gebrauchsmusters … … das auf eine Anmeldung vom 16. Dezember 2009 zurückgeht und am 12. Mai 2010 ins Register eingetragen wurde. Mit Eingabe vom 13. Mai 2013 hat der Antragsteller Verfahrenskostenhilfe für die 1. Aufrechterhaltungsgebühr beantragt. Die Gebrauchsmusterstelle hat den Antragsteller daraufhin mit Bescheiden vom 27. Mai 2013 und 6. August 2013 aufgefordert, Angaben zu bisher unternommenen, Erfolg versprechenden Verwertungsversuchen und zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu machen sowie entsprechende Belege vorzulegen. Während die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers außer Streit stehen und eine Gewährung von Verfahrenskostenhilfe rechtfertigen würden, hat die Gebrauchsmusterstelle die zu den Verwertungsversuchen vorgelegten Unterlagen als nicht ausreichend angesehen. Hierbei handelt es sich um ein vom Antragsteller an die O… AG in Rüsselsheim gerichtetes Angebotsschreiben vom 23. Februar 2013. Darüber hinaus hat der Antragsteller zwei Antwortschreiben vorgelegt, von denen das eine von einem Z… (23.11.2007) und das andere eines Unternehmens namens „A…“ mit Sitz in H… stammt (20.08.2013), bei dem der Antragsteller als Mitinhaber ge nannt wird und das sich offensichtlich mit der Entwicklung von … … befasst.
Mit Beschluss vom 3. September 2013 hat die Gebrauchsmusterstelle den Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die 1. Aufrechterhaltungsgebühr (Aufrechterhaltungsgebühr für die Jahre 4 bis 6) zurückgewiesen. Begründet wird der Beschluss damit, dass der Antragsteller der Aufforderung der Gebrauchsmusterstelle, Erfolg versprechende Verwertungsversuche nachzuweisen, nicht nachgekommen sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 23. September 2013 eingegangene Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe weiterverfolgt. Er ist der Ansicht, es sei nicht rechtens, dass die Gebrauchsmusterstelle von ihm Nachweis über Erfolg versprechende Verwertungsversuche verlange. Andernfalls möge man ihm jene Normen nennen, aus der sich seine Verpflichtung zur Vorlagen solcher Nachweise ergebe.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patentund Markenamts vom 3. September 2013 aufzuheben und ihm zum Gebrauchsmuster 20 2009 016 972 Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühr für die Jahre 4 bis 6 zu gewähren.
Mit einer am 26. September 2014 beim Bundespatentgericht eingegangenen Eingabe hat der Antragsteller mitgeteilt, dass er seine Erfindung, nämlich den „…
…“ mittlerweile auch der V… AG angeboten habe. Seiner Eingabe hat er weitere Unterla gen beigefügt, die sich u. a. auf Gegenstände mit folgenden Bezeichnungen beziehen:
„…
…
…
…
…“.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die kostenfreie Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Dem Inhaber eines Gebrauchsmusters ist auf Antrag gemäß § 21 Abs. 1 GebrMG i. V. m. § 130 Abs. 1 Satz 2 PatG Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühren zu gewähren, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Aufgrund der dort enthaltenen Bezugnahme ist bei der Entscheidung über die Bewilligung die Regelung des § 114 ZPO entsprechend anzuwenden. Nach dieser Vorschrift muss die mit dem Verfahrenskostenhilfeantrag beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung Erfolg versprechend sein und darf nicht „mutwillig“ erscheinen. Diese Einschränkungen sind erforderlich, um den Einsatz öffentlicher Mittel nur in rechtlich und wirtschaftlich sinnvollen Fällen zu gewährleisten. Denn das im Grundgesetz verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet es nur, die Situation von Bemittelten und weniger gut Bemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes einander anzunähern, nicht gleichzustellen.
Die Frage, ob eine an sich erfolgreiche Rechtsverfolgung oder -verteidigung „mutwillig“ im Sinne des § 114 ZPO erscheint, beantwortet sich danach, ob auch eine nicht bedürftige Person bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage ihr Recht in derselben Weise wahrnehmen würde (vgl. Busse/Baumgärtner, PatG, 7. Aufl., § 130 Rn. 35; Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl., § 130 Rn. 52; BPatG BlPMZ 1997, 443 ff.; BPatG GRUR 1998, 42 f.). „Mutwilligkeit“ ist hiernach ein unbestimmter Rechtsbegriff, der nicht von einem fest umrissenen Sachverhalt ausgefüllt wird, sondern stets fallbezogen wertend überprüft werden muss. Kann aufgrund der bestehenden Umstände nicht angenommen werden, dass ein Rechtssuchender mit wirtschaftlichem Vermögen wie der Antragsteller handeln würde, ist in wertender Erkenntnis auf das Vorliegen mutwilligen Verhaltens zu schließen. Ein exakter Nachweis ist dabei nicht erforderlich, wie sich aus der gesetzlichen Formulierung „nicht mutwillig erscheint“ ergibt (vgl. BPatG BlPMZ a. a. O. - m. w. N.).
Nach den hier zur Bewertung vorliegenden Umständen scheidet eine weitere Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters im Wege der Verfahrenskostenhilfe aus. Die Rechtswahrnehmung des Antragstellers entspricht bei objektiver Betrachtung nicht der einer vermögenden Person in derselben Situation.
Die Gebrauchsmusterstelle hat bei der Zurückweisung des Antrags im Wesentlichen zu Recht darauf abgestellt, dass der Antragsteller bisher keine Belege dafür vorgelegt hat, aus denen sich ernsthafte, d. h. Erfolg versprechende Versuche des Antragstellers erkennen ließen, das Streitgebrauchsmuster wirtschaftlich zu verwerten. Im Fall der Aufrechterhaltungsgebühren geht es um den weiteren Bestand des Schutzrechts, so dass sich die Frage, ob die Beantragung von Verfahrenskostenhilfe „mutwillig“ ist oder nicht, danach beurteilt, wie sich ein nicht bedürftiger Gebrauchsmusterinhaber bei verständiger Würdigung der Sachlage hinsichtlich seines Schutzrechts während dessen bisheriger Laufzeit verhalten hätte. Ziel eines technischen Schutzrechts ist in erster Linie dessen wirtschaftliche Verwertung. Dies spiegelt sich u. a. in der Schutzvoraussetzung der gewerblichen Anwendbarkeit (§ 3 Abs. 2 GebrMG) und auch in den mit der Eintragung verbundenen Benutzungs- und Verbietungsrechten (§ 11 GebrMG) wider. Eine Entrichtung von Aufrechterhaltungsgebühren, um lediglich die bloße, weitere Existenz eines Gebrauchsmusters herbeizuführen, widerspricht dem Zweck des Gebrauchsmustersystems. Eine solche Aufrechterhaltung wird daher auch nicht vom Rechtsinstitut der Verfahrenskostenhilfe unterstützt.
Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass mit dem vom Antragsteller an die A… … AG in Rüsselsheim gerichteten Angebotsschreiben vom 23. Februar 2013 keine Aussage zu einer möglichen wirtschaftlichen Verwertung des Gebrauchsmustergegenstandes verbunden ist. Eine Beantwortung dieses Schreibens, was vorrangig von Interesse gewesen wäre, ist offensichtlich nicht erfolgt. Eine Verwertungsmöglichkeit zeigt auch nicht das Antwortschreiben des Z… … vom 23. November 2007 auf (H…), da die …
… offensichtlich nicht zum wirtschaftlichen Betätigungsfeld dieses Zentrums gehört. Für eine realistische Verwertungsmöglichkeit spricht auch nicht das vom Antragsteller erst später vorgelegte Antwortschreiben des Unternehmens „…“ mit Sitz in H… vom 20. August 2013 (K…), das sich zwar mit der Entwicklung und Verwertung von einem „A…“ und damit durchaus mit einem Gegenstand im technischen Umfeld des Gebrauchsmustergegenstandes befasst. In diesem Antwortschreiben werden aber hinsichtlich des Gebrauchsmustergegenstandes ebenso keine konkreten Chancen einer Verwertung aufgezeigt. Gleiches trifft ferner auf die Unterlagen zu, die der Antragsteller nach Beschwerdeeinlegung am 26. September 2014 dem Bundespatentgericht vorgelegt hat. Diese Unterlagen haben den Mangel, dass bei diesen überhaupt kein Bezug zum Gegenstand des Gebrauchsmusters, nämlich zu einem „A… …“, erkennbar ist.
Angesichts der bestehenden Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein vermögender Gebrauchsmusterinhaber bei verständiger Würdigung der Sachlage, d. h. der Aussichtslosigkeit einer wirtschaftlichen Verwertung, weitere Mittel einsetzen würde, um das vorliegende Gebrauchsmuster, das immerhin schon mehr als 4 ¾ Jahre eingetragen ist, noch länger aufrecht zu erhalten. Da von dem Gebrauchsmuster offenbar keinerlei wirtschaftlichen Vorteile zu erwarten sind, wäre die Entrichtung der Aufrechterhaltungsgebühr von vornherein eine verlorene Aufwendung. Hieraus folgt (gemäß den vorstehenden Ausführungen) zwingend, dass der Antragsteller für die Aufrechterhaltung des vorliegenden Gebrauchsmusters auch keine Verfahrenskostenhilfe beanspruchen kann.
Werner Eisenrauch Bayer Bb