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2 Ni 81/11 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 81/11 (EP) (Aktenzeichen)

…

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am

18. Juli 2013 …

In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 0 651 328 (DE 694 25 470)

hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Sredl, der Richterin Kopacek sowie der Richter Dipl.-Phys. Dipl.Wirtsch.-Ing. Maile, Dipl.-Phys. Dr. rer. nat Schwengelbeck und Dipl.-Ing. Altvater für Recht erkannt:

1. Das europäische Patent 0 651 328 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch für nichtig erklärt, dass die Patentansprüche folgende Fassung erhalten:

1. Verfahren zur Mitteilung eines Ereignisses in einem Datenverarbeitungssystem (10), das eine Verarbeitungseinrichtung (12, 20) und eine Speichereinrichtung (14) aufweist und eine Ereignisquelle (23, 23´, 42, 80, 80´, 80´´, 86), eine Ereignissenke (27, 27´, 27´´, 40, 84, 84´, 84´´) und einen Verteiler (82, 88) zum Verteilen von Ereignisnachrichten (28, 25´, 92) von der Ereignisquelle zu der Ereignissenke bereitstellt, wobei das Verfahren die Schritte umfasst:

Erzeugen einer Ereignisnachricht an der Ereignisquelle in Antwort auf ein Ereignis, das an der Ereignisquelle ausgelöst wurde; Übermitteln der Ereignisnachricht zum Verteiler; und Übermitteln der Ereignisnachricht von dem Verteiler zu der Ereignissenke, um die Ereignissenke über das ausgelöste Ereignis zu informieren, wobei die Ereignisquelle, die Ereignissenke und der Verteiler Objekte sind, die eine standardisierte Schnittstelle zum Verbinden der Objekte miteinander unterstützen, indem die Schnittstellenzeiger zwischen entsprechenden Objekten weitergegeben werden; und ein zweites Verteilerobjekt (90) vorgesehen ist, das Filterungsinformationen (94) zu dem ersten Verteilerobjekt bereitstellt, wobei die Filterungsinformationen einen Typ einer Ereignisnachricht festlegen, den das zweite Verteilerobjekt erhalten möchte, wobei das Verfahren des Weiteren den Schritt der Weiterleitung der Ereignisnachricht von dem ersten Verteilerobjekt zu dem zweiten Verteilerobjekt umfasst, wenn die Filterungsinformationen angeben, dass das zweite Verteilerobjekt die Ereignisnachricht erhalten möchte.

2. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Speichereinrichtung einen globalen Namensraum von Objekten speichert.

3. Verfahren gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Ereignissenke in dem Verteilerobjekt registriert wird, um die Ereignisnachricht zu erhalten.

4. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest ein zusätzliches Ereignissenkenobjekt vorgesehen wird, und das Verfahren des Weiteren den Schritt umfasst: Bestimmen, welche Ereignissenkenobjekte die Ereignisnachricht erhalten sollen, und Weiterleiten der Ereignisnachricht zu dem bestimmten Ereignissenkenobjekt.

5. Verfahren gemäß Anspruch 4, gekennzeichnet durch den Schritt der Registrierung zusätzlicher Ereignissenkenobjekte bei dem Verteilerobjekt, um die Ereignisnachricht zu erhalten.

6. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass eine Mehrzahl von Ereignisquellenobjekten vorgesehen wird.

7. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Ereignisnachricht ein Objekt ist.

8. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Verarbeitungseinrichtung ein objektorientiertes Betriebssystem umfasst.

9. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Speichereinrichtung ein Ereignisquellenhalterobjekt (50, 54) speichert, das ein Register mit Registrierungen von Ereignissenkenobjekten aufrecht erhält.

10. Verfahren gemäß Anspruch 9, gekennzeichnet durch den Schritt der Registrierung eines Ereignissenkenobjekts bei dem Ereignisquellenhalter, um eine Ereignisnachricht zu erhalten.

11. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass die Ereignisnachricht Datenstrukturhalteeigenschaftsinformationen über das ausgelöste Ereignis umfasst.

12. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 11, gekennzeichnet durch den Schritt der Speicherung von Registrierungen in einem Objekt in der Speichereinrichtung.

13. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass das Ereignisquellenobjekt einen Satz von Ereignissen hervorrufen kann, und die Speichereinrichtung Typinformationen über das Ereignisquellenobjekt speichert, wobei die Typinformationen den Satz von Ereignissen festlegen, die das Ereignisquellenobjekt hervorrufen kann.

14. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 13, gekennzeichnet durch den Schritt der Spezifizierung einer Instanz einer Funktion in der Schnittstelle, die aufgerufen wird, wenn die Ereignisnachricht von dem Ereignissenkenobjekt erhalten wird.

15. Datenverarbeitungssystem (10), das zur Durchführung des Verfahrens gemäß einem der Ansprüche 1 bis 14 ausgebildet ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin ¼ und die Beklagte ¾.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Beklagte ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und am 25. Oktober 1994 angemeldeten europäischen Patents EP 0 651 328 (Streitpatent), dessen Erteilung am 3. Mai 1995 in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlicht wurde (EP 0 651 328 B1). Das Streitpatent beansprucht die US-Priorität mit der Nummer 143870 vom 27. Oktober 1993 und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 694 25 470 geführt. Es trägt die Bezeichnung „Event architecture for system management in an operating system“ bzw. „Verfahren zur Ereignismeldung in einem Betriebssystem“. Das Streitpatent umfasst 16 Patentansprüche, von denen Anspruch 1 ein Verfahren zur Mitteilung eines Ereignisses in einem Datenverarbeitungssystem betrifft. Die Ansprüche 2 bis 15 sind direkt oder indirekt auf Anspruch 1 rückbezogen. Anspruch 16 betrifft ein Datenverarbeitungssystem zur Durchführung der jeweiligen Verfahren nach den vorangegangenen Ansprüchen.

Patentanspruch 1 lautet in der erteilten Fassung folgendermaßen:

„1. Method for reporting an event in a data processing system (10) having processing means (12, 20) and memory means (14) and providing an event source (23, 23´, 42, 80, 80´, 80´´, 86), an event sink (27, 27´, 27´´, 40, 84, 84´, 84´´) and a distributor (82, 88) for distributing event reports (25, 25`, 92) from the event source to the event sink, the method comprising the steps of:

generating an event report at the event source in response to an event triggered at the event source; forwarding said event report to said distributor; and forwarding said event report from said distributor to the event sink to inform the event sink of the triggered event characterized in that said event source, said event sink and said distributor are objects supporting a standardized interface for connecting said objects together by passing interface pointers between the respective objects.“

In der deutschen Übersetzung (vgl. EP 0 651 328 B1) hat Anspruch 1 folgenden Wortlaut:

„1. Verfahren zur Mitteilung eines Ereignisses in einem Datenverarbeitungssystem (10), das eine Verarbeitungseinrichtung (12, 20) und eine Speichereinrichtung (14) aufweist und eine Ereignisquelle (23, 23´, 42, 80, 80´, 80´´, 86), eine Ereignissenke (27, 27´, 27´´, 40, 84, 84´, 84´´) und einen Verteiler (82, 88) zum Verteilen von Ereignisnachrichten (28, 25´, 92) von der Ereignisquelle zu der Ereignissenke bereitstellt, wobei das Verfahren die Schritte umfasst: Erzeugen einer Ereignisnachricht an der Ereignisquelle in Antwort auf ein Ereignis, das an der Ereignisquelle ausgelöst wurde; Übermitteln der Ereignisnachricht zu dem Verteiler; und Übermitteln der Ereignisnachricht von dem Verteiler zu der Ereignissenke, um die Ereignisquelle über das ausgelöste Ereignis zu informieren,

dadurch gekennzeichnet, dass die Ereignisquelle, die Ereignissenke und der Verteiler Objekte sind, die eine standardisierte Schnittstelle zum Verbinden der Objekte miteinander unterstützen, indem die Schnittstellenzeiger zwischen entsprechenden Objekten weitergegeben werden.“

Hinsichtlich des Wortlauts der auf den erteilten Anspruch 1 direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 15 sowie hinsichtlich des Wortlauts des Vorrichtungsanspruchs 16 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2011, beim Bundespatentgericht am selben Tag eingegangen, gegen die Patentinhaberin Nichtigkeitsklage erhoben wegen Nichtigkeit des deutschen Teils des europäischen Patents EP 0 651 328 B1. Die Klägerin macht mit ihrer Klage eine fehlende Patentfähigkeit der Gegenstände der erteilten Ansprüche geltend. Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2012 hat sie ihre Klage erweitert, indem sie hinsichtlich des erteilten Anspruchs 4 den weiteren Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung benennt.

Den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit stützt die Klägerin auf die Dokumente:

D1 EP 0 501 610 A2 D2 Steve Vinoski, „Distributed Object Computing with CORBA“, C++-Report, Juli

/August 1993 D3 Todd Larsen et al., „EOS, An Object-Oriented Operating System for Embedded Real-Time Applications“, Proc. of the ACM Conference on Computer Science, pp. 60-65, Februar 1993 D4 OMG TC Document 93.7.3., „Event Service Specification“, July 2, 1993 D5 Q.I. Cutts et al., „An Object-oriented Approach to Windows-based Applications“, ohne Angabe eines Veröffentlichungsdatums (seitens der Klägerin angegebenes Veröffentlichungsjahr: 1989).

Zudem nennt die Klägerin zum Nachweis bekannter Ereignismitteilungsmethoden noch die weiteren Druckschriften:

NK5 NK6 NK7 WO 93/00632 A1 WO 92/13309 A1 sowie EP 490 636 A2.

Die Klägerin macht geltend, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 im Hinblick auf die Druckschrift D1 und vor allem im Hinblick auf die Druckschrift D4 nicht mehr neu sei. Zumindest beruhe der Anspruchsgegenstand unter Berücksichtigung vorstehender Druckschriften nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Gleiches gelte für die abhängigen Ansprüche 2 bis 15 sowie für das System nach Anspruch 16.

Die Klägerin beantragt,

das Europäische Patent EP 0 651 328 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen; hilfsweise dem Streitpatent eine der Fassungen der Hilfsanträge 1, 1a oder 2, die in der mündlichen Verhandlung am 18. Juli 2013 überreicht wurden, zu geben.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet (die Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch sind markiert):

„1. Verfahren zur Mitteilung eines Ereignisses in einem Datenverarbeitungssystem (10), das eine Verarbeitungsvorrichtung (12, 20) und eine Speichereinrichtung (14) aufweist, und eine Ereignisquelle (23, 23´, 42, 80, 80´, 80´´, 86), eine Ereignissenke (27, 27‘, 27‘‘, 40, 84, 84‘, 84‘‘) und einen Verteiler (82, 88) zum Verteilen von Ereignisnachrichten (28, 25‘, 92) von der Ereignisquelle zu der Ereignissenke bereitstellt, wobei das Verfahren die Schritte umfasst:

- Registrieren von mindestens zwei Ereignissenken (27, 27`, 27´´; 40; 84, 84`, 84´´) bei dem Verteiler (82, 88), um Ereignisnachrichten zu erhalten;

- Erzeugen einer Ereignisnachricht an der Ereignisquelle in Antwort auf ein Ereignis, das an der Ereignisquelle ausgelöst wurde;

- Übermitteln der Ereignisnachricht zu dem Verteiler; und - Bestimmen, welche Ereignissenke(n) die Ereignisnachricht erhalten soll/sollen; - Übermitteln der Ereignisnachricht von dem Verteiler zu demn bestimmten Ereignissenken, um die Ereignissenken über das ausgelöste Ereignis zu informieren, wobei dadurch gekennzeichnet, dass

- die Ereignisquelle, die Ereignissenken und der Verteiler Objekte sind, die eine standardisierte Schnittstelle zum Verbin- den der Objekte miteinander unterstützen, indem die Schnittstellenzeiger zwischen entsprechenden Objekten weitergegeben werden.

Der Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1a lautet (die Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch sind markiert):

„1. Verfahren zur Mitteilung eines Ereignisses in einem Datenverarbeitungssystem (10), das eine Verarbeitungsvorrichtung (12, 20) und eine Speichereinrichtung (14) aufweist und eine Ereignisquelle (23, 23´, 42, 80, 80´, 80´´, 86), eine Ereignissenke (27, 27‘, 27‘‘, 40, 84, 84‘, 84‘‘) und einen Verteiler (82, 88) zum Verteilen von Ereignisnachrichten (28, 25´, 92) von der Ereignisquelle zu der Ereignissenke bereitstellt, wobei das Verfahren die Schritte umfasst:

- Registrieren von mindestens zwei Ereignissenken (27, 27`, 27´´; 40; 84, 84`, 84´´) bei dem Verteiler (82, 88), um Ereignisnachrichten zu erhalten;

- Erzeugen einer Ereignisnachricht an der Ereignisquelle in Antwort auf ein Ereignis, das an der Ereignisquelle ausgelöst wurde;

- Übermitteln der Ereignisnachricht zu dem Verteiler; und wobei der Verteiler mit einem Filter versehen ist, der geprüft wird, um zu bestimmen, wohin die Ereignisnachricht übermittelt werden soll;

- Übermitteln der Ereignisnachricht von dem Verteiler zu der Ereignissenke, um die Ereignissenkequelle über das ausgelöste Ereignis zu informieren, wobei dadurch gekennzeichnet, dass

- die Ereignisquelle, die Ereignissenken und der Verteiler Objekte sind, die eine standardisierte Schnittstelle zum Verbinden der Objekte miteinander unterstützen, indem die Schnittstellenzeiger zwischen entsprechenden Objekten weitergegeben werden.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet:

„1. Verfahren zur Mitteilung eines Ereignisses in einem Datenverarbeitungssystem (10), das eine Verarbeitungsvorrichtung (12, 20) und eine Speichereinrichtung (14) aufweist und eine Ereignisquelle (23, 23´, 42, 80, 80´, 80´´, 86), eine Ereignissenke (27, 27´, 27´´, 40, 84, 84´, 84´´) und einen Verteiler (82, 88) zum Verteilen von Ereignisnachrichten (28, 25´, 92) von der Ereignisquelle zu der Ereignissenke bereitstellt, wobei das Verfahren die Schritte umfasst:

Erzeugen einer Ereignisnachricht an der Ereignisquelle in Antwort auf ein Ereignis, das an der Ereignisquelle ausgelöst wurde; Übermitteln der Ereignisnachricht zu dem Verteiler; und Übermitteln der Ereignisnachricht von dem Verteiler zu der Ereignissenke, um die Ereignissenke über das ausgelöste Ereignis zu informieren, wobei die Ereignisquelle, die Ereignissenke und der Verteiler Objekte sind, die eine standardisierte Schnittstelle zum Verbinden der Objekte miteinander unterstützen, indem die Schnittstellenzeiger zwischen entsprechenden Objekten weitergegeben werden; und ein zweites Verteilerobjekt (90) vorgesehen ist, das Filterungsinformationen (94) zu dem ersten Verteilerobjekt bereitstellt, wobei die Filterungsinformationen einen Typ einer Ereignisnachricht festlegen, den das zweite Verteilerobjekt erhalten möchte, wobei das Verfahren des Weiteren den Schritt der Weiterleitung der Ereignisnachricht von dem ersten Verteilerobjekt zu dem zweiten Verteilerobjekt umfasst, wenn die Filterungsinformationen angeben, dass das zweite Verteilerobjekt die Ereignisnachricht erhalten möchte.

Wegen des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 13 in den Hilfsanträgen 1a und 1 sowie der Ansprüche 2 bis 15 im Hilfsantrag 2 wird auf die Akte verwiesen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, die erteilten Ansprüche seien zulässig und patentfähig. Der Gegenstand des Streitpatents sei jedenfalls in der Fassung der Hilfsanträge schutzfähig.

Die Fassungen des Anspruchs 1 gemäß der Hilfsanträge 1 und 1a seien in den Ansprüchen 3, 4 und 5 offenbart. Die Fassung des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 sei identisch mit dem Anspruch 14 nach Hauptantrag, den der Senat gemäß des Zwischenbescheids vom 8. März 2013 möglicherweise für gewährbar erachtet habe. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1a, wonach der Filter Meldungen verarbeite und weiterleite, sei weder in der D1 noch in der D4 offenbart. Auch die von der Klägerin ins Feld geführte NK5 offenbare nur einen einfachen Filter.

Die Klägerin macht demgegenüber geltend, der Hilfsantrag 1 sei verspätet vorgelegt worden und ursprünglich nicht offenbart. Außerdem stehe der Neuheit des Streitpatents in dieser Anspruchsfassung die D4 entgegen. Eine fehlende Neuheit im Hinblick auf die D4 weise auch der Hilfsantrag 2 auf. Hilfsantrag 1a sei ebenfalls verspätet. Der Filter, mit dem der Verteiler versehen werden solle, sei nicht offenbart. Der Patentfähigkeit des Hilfsantrags 1a stehe darüber hinaus die NK5 entgegen. Das bloße Vorsehen eines Filters sei Fachwissen in der einfachsten Form und könne aufgrund der D4, NK5 und D7 als naheliegend angesehen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe Die zulässige Klage, mit der die Klägerin den in Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 lit. a) und c) EPÜ i.V.m. Artikel 54 Abs. 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehenen Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht hat, ist insoweit begründet, als das Streitpatent dadurch für nichtig erklärt wird, dass es die Fassung der Patentansprüche des Hilfsantrags 2 erhält.

I.

Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 18. Juli 2013 zur hilfsweisen Verteidigung des Streitpatents gestellten Hilfsanträge 1 und 1a seien gemäß § 83 Abs. 4 PatG als verspätet zurückzuweisen, ist dem nicht zu folgen.

Die durch das 2009 in Kraft getretene Patentrechtsmodernisierungsgesetz (PatRModG) erfolgte Neufassung des § 83 PatG und die damit in das Nichtigkeitsverfahren eingeführten Präklusionsregeln sehen zwar grundsätzlich die Möglichkeit vor, verspätetes Vorbringen zurückzuweisen. Hierfür ist es aber stets erforderlich, dass dieser Vortrag tatsächliche oder rechtliche Fragen aufkommen lässt, die in der mündlichen Verhandlung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu klären sind (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts, BlPMZ 2009, 307, 315). Kann das an sich ver- spätete Vorbringen dagegen noch ohne Weiteres in die mündliche Verhandlung einbezogen werden, ohne dass es zu einer Verfahrensverzögerung kommt, liegen die Voraussetzungen für eine Zurückweisung nach § 83 Abs. 4 PatG nicht vor (vgl. BPatG Urt. v. 15.11.2011 – 3NI 27/10; Busse/Keukenschrijver PatG 7. Aufl., § 83 Rn. 15 a.E.). So liegt der Fall hier, da sich die Klägerin bezüglich der Hilfsanträge 1 und 1a der Beklagten im Weiteren zur Sache eingelassen und zu deren ihrer Auffassung nach fehlenden Patentfähigkeit ausdrücklich vorgetragen hat.

II.

Das Streitpatent ist in der nach Hauptantrag verteidigten Fassung bzw. in der Fassung der Hilfsanträge 1 und 1a nicht schutzfähig. Die mit Hilfsantrag 2 verteidigte Fassung der Patentansprüche ist dagegen zulässig und wird dem Fachmann durch den von der Klägerin genannten Stand der Technik nicht nahegelegt. In dieser Fassung ist das Streitpatent somit patentfähig.

1) Die vorliegende Erfindung betrifft allgemein Datenverarbeitungssysteme und insbesondere ein Ereignissystem und ein Verfahren zur Mitteilung von Systemverwaltungsereignissen in einem Datenverarbeitungssystem.

Viele verteilte Betriebssysteme haben gemäß der Beschreibungseinleitung des Streitpatents Schwierigkeiten bei der Überwachung von Ereignissen. Insbesondere hätten diese Betriebssysteme Schwierigkeiten zu bestimmen, wo Ereignisse auftreten und zweckmäßige Informationen über die Ereignisse zu erhalten. Solche Systeme lieferten keine geeignete Architektur zum Hervorrufen von Ereignissen und zu deren Versendung (vgl. deutsche Übersetzung, Seite 1, zweiter Abs.).

Beispielsweise sei aus dem Stand der Technik ein Verfahren zur Herstellung von Mensch-Rechner-Schnittstellenprototypen bekannt. Das Verfahren umfasse, den Schnittstellenprototyp mit einer problemorientierten Graphiksprache zu beschreiben, die Befehle aufweist, um asynchrone Ereignisse zu be- schreiben und asynchrone Ereignisse mit Graphikobjekten zu verbinden (vgl. deutsche Übersetzung des Streitpatents, Seite 1, dritter. Abs.).

2) Aufgabe (Zielsetzung) des Streitpatents ist es, ein Verfahren zur Mitteilung eines Ereignisses in einem Datenverarbeitungssystem und ein entsprechendes Datenverarbeitungssystem zu schaffen, die einen verringerten Verwaltungsaufwand verlangen (vgl. deutsche Übersetzung, Seite 2, dritter Abs.).

3) Zur Lösung dieser Problemstellung beschreibt Patentanspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen (in deutscher Übersetzung; Merkmalsgliederung hinzugefügt):

M1 „1. Verfahren zur Mitteilung eines Ereignisses in einem Datenverarbeitungssystem (10), das M2 eine Verarbeitungseinrichtung (12, 20) und eine Speichereinrichtung(14) aufweist und M3 eine Ereignisquelle (23, 23´, 42, 80, 80´, 80´´, 86), eine Ereignissenke (27, 27´, 27´´, 40, 84, 84´, 84´´) und einen Verteiler (82, 88) zum Verteilen von Ereignisnachrichten (28, 25´, 92) von der Ereignisquelle zu der Ereignissenke bereitstellt,

wobei das Verfahren die Schritte umfasst:

M3.1 Erzeugen einer Ereignisnachricht an der Ereignisquelle in Antwort auf ein Ereignis, das an der Ereignisquelle ausgelöst wurde; M3.2 Übermitteln der Ereignisnachricht zu dem Verteiler; und M3.3 Übermitteln der Ereignisnachricht von dem Verteiler zu der Ereignissenke, um die Ereignisquelle über das ausgelöste Ereignis zu informieren,

dadurch gekennzeichnet, dass M4 die Ereignisquelle, die Ereignissenke und der Verteiler Objekte sind, die eine standardisierte Schnittstelle zum Verbinden der Objekte miteinander unterstützen, indem die Schnittstellenzeiger zwischen entsprechenden Objekten weitergegeben werden.“

Gemäß einem Gesichtspunkt der vorliegenden Erfindung wird ein Verfahren in einem Datenverarbeitungssystem ausgeführt, in dem ein globaler Namensraum von Objekten vorgesehen und in der Speichereinrichtung gespeichert ist. Ereignisquellenobjekte werden zur Erzeugung von Ereignisnachrichtenobjekten in Antwort auf Ereignisse bei den Ereignisquellenobjekten bereitgestellt. Ein Ereignissenkenobjekt wird zum Empfang von Ereignisnachrichtenobjekten vorgesehen, und ein Verteilerobjekt wird auch vorgesehen, um Ereignisnachrichtenobjekte von den Ereignisquellenobjekten an die Ereignissenkenobjekte zu verteilen. Die Ereignisquellenobjekte, das Ereignissenkenobjekt, das Verteilerobjekt und die Ereignisnachrichtenobjekte sind alle in dem globalen Namensraum sichtbar. Ein Ereignis wird bei einem der Ereignisquellenobjekte ausgelöst und eine Ereignisnachricht wird in Antwort auf das Ereignis erzeugt. Die Ereignisnachricht wird an dem Ereignisquellenobjekt erzeugt, wo das Ereignis ausgelöst wurde. Das Ereignisnachrichtenobbjekt wird an das Verteilerobjekt weitergegeben. Das Verteilerobjekt gibt das Ereignisnachrichtenobjekt an das Ereignissenkenobjekt weiter, um das Ereignissenkenobjekt über das ausgelöste Ereignis zu informieren. Das Verteilerobjekt kann mit einem Filter versehen werden, der geprüft wird, um zu bestimmen, wohin das Nachrichtenobjekt weitergegeben werden soll (vgl. deutsche Übersetzung des Streitpatents, Seiten 2 und 3, seitenübergreifender Absatz).

4) Als zuständiger Fachmann ist ein berufserfahrener Software-Entwickler mit einem Hochschulabschluss in der Informatik anzusehen.

5) Im Zusammenhang mit den angegriffenen Ansprüchen sind die Begriffe Ereignis, Ereignisquelle, Ereignissenke und Verteiler zum Verteilen von Er- eignisnachrichten(objekten) auszulegen. Hierzu ist in der Beschreibung des Streitpatents (deutsche Übersetzung, DE 694 25 470 T2, Seite 2, letzter Abs. bis Seite 3, erster Abs.) ausgeführt:

Ereignisquellenobjekte werden zur Erzeugung von Ereignisnachrichtenobjekten in Antwort auf Ereignisse bei den Ereignisquellenobjekten bereitgestellt.

Ein Ereignissenkenobjekt wird zum Empfang von Ereignisnachrichtenobjekten vorgesehen.

Ein Verteilerobjekt wird vorgesehen, um Ereignisnachrichtenobjekte von den Ereignisquellenobjekten an die Ereignissenkenobjekte zu verteilen.

Die Ereignisquellenobjekte, das Ereignissenkenobjekt, das Verteilerobjekt und die Ereignisnachrichtenobjekte sind alle in einem globalen Namensraum sichtbar. Der globale Namensraum ist in der Speichereinrichtung des Datenverarbeitungssystems gespeichert.

Ein Ereignis wird bei einem der Ereignisquellenobjekte ausgelöst und eine Ereignisnachricht wird in Antwort auf das Ereignis erzeugt. Die Ereignisnachricht wird an dem Ereignisquellenobjekt erzeugt, wo das Ereignis ausgelöst wurde.

Das Ereignisnachrichtenobjekt wird an das Verteilerobjekt weitergegeben. Das Verteilerobjekt gibt das Ereignisnachrichtenobjekt an das Ereignissenkenobjekt weiter, um das Ereignissenkenobjekt über das ausgelöste Ereignis zu informieren.

Weiter ist in der Beschreibung ausgeführt, dass eine Mehrzahl von Ereignisquellen- und Ereignissenkenobjekte vorliegen können (vgl. deutsche Übersetzung des Streitpatents, Seite 3, zweiter Abs.):

Entsprechend einem zusätzlichen Gesichtspunkt der vorliegenden Erfindung wird eine Mehrzahl von Ereignisquellenobjekten zusammen mit einer Mehrzahl von Ereignissenkenobjekten und einem Verteilerobjekt bereitgestellt.

Die Ereignissenkenobjekte werden bei dem Verteilerobjekt registriert, damit sie über die Ereignisse bei den Ereignisquellenobjekten informiert sind.

Ereignisnachrichtenobjekte werden bei den Ereignisquellenobjekten in Antwort auf Ereignisse erzeugt. Hieraus ergibt sich im Vergleich zu den vorherigen Ausführungen, dass die Bezeichnungen „Ereignisnachrichten“ und „Ereignisnachrichtenobjekte“ in der Streitpatentbeschreibung synonym verwendet werden.

Die Ereignisnachrichtenobjekte werden an das Verteilerobjekt weitergegeben, und das Verteilerobjekt bestimmt, welches Ereignissenkenobjekt die Ereignisnachrichtenobjekte erhalten soll.

Sobald diese Bestimmung ausgeführt ist, werden die Ereignisnachrichtenobjekte zu den bestimmten Ereignissenkenobjekten weitergegeben.

In der Beschreibung der Streitpatentschrift ist zudem die Verwendung mehrerer (konkret zweier) Verteilobjekte offenbart (vgl. deutsche Übersetzung, S. 4, zweiter Abs.):

„Des Weiteren sind ein erstes Verteilerobjekt und ein zweites Verteilerobjekt in der Speichereinrichtung vorgesehen. Das erste Verteilerobjekt dient dazu, die Ereignisnachricht, wenn sie durch das Ereignisquellenobjekt erzeugt wird, an das zweite Verteilerobjekt zu verteilen.“

III.

1) Mit der erteilten Fassung der Patentansprüche kann das angegriffene Patent nicht erfolgreich verteidigt werden.

a) Das Verfahren nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag wird durch die Druckschrift D1 vollständig vorweggenommen. Das Verfahren nach Anspruch 1 ist daher nicht neu, der Anspruch somit nicht patentfähig.

Denn aus Druckschrift D1 ist – in Worten des geltenden Patentanspruchs 1 – ein Verfahren zur Mitteilung eines Ereignisses („request“) in einem Datenverarbeitungssystem („distributed computer system 11“) bekannt (vgl. S. 2, Z. 34-37 und Z. 42-43, i.V.m. S. 13, Z. 24-26 und den Figuren 1 und 2 / Merkmal M1). Das Datenverarbeitungssystem weist dabei die vorrichtungsseitigen Merkmale einer Verarbeitungseinrichtung und einer Speichereinrichtung auf (vgl. in D1 bspw. S. 3, Z. 48-52 / Merkmal M2). Weiter beinhaltet das Datenverarbeitungssystem gemäß Druckschrift D1 die vorrichtungsseitigen Merkmale einer Ereignisquelle (vgl. Fig. 2: „Object 13a (sending object)“ i.V.m. zugehörigem „object manager 23“), einer Ereignissenke (vgl. Fig. 2: „Object 13b (receiving object)“ i.V.m. zugehörigem „object manager 23“) und eines Verteilers („manager of object managers (MOM) 29“ i.V.m. „runtime library 27“) zum Verteilen von Ereignisnachrichten von der Ereignisquelle zu der Ereignissenke (vgl. S. 4, Z. 34-36: „Each manager of object managers (MOM) 29 is responsible for receiving messages that are directed to objects 13 associated with the object managers 23 that it (the MOM) manages“ und weiter S. 4, Z. 48-51: „[…] the runtime library 27 handles the passing of messages from one object 13 to another, and the manager of object managers (MOM) 29 acts as the lowest level object location service.“ / Merkmal M3).

Dem Einwand der Beklagten in diesem Zusammenhang, dass beim Stand der Technik gar kein Ereignis im Sinne des Streitpatents auftrete,

wobei die Beklagte ein Ereignis als asynchron auftretende Bedingung verstanden haben möchte, ist nicht zu folgen. Denn die Druckschrift D1 beschreibt u.a. in den Ausführungsbeispielen die Verwendung von einer Tastatur oder einer Maus durch einen „user“ (Benutzer) als auslösendes Ereignis (vgl. S. 13, Z. 24 ff.). Dies stellt jedoch – auch nach dem Verständnis der Beklagten – ein asynchrones Ereignis dar. Im Übrigen steht dieses Verständnis auch in Übereinstimmung mit der Streitpatentbeschreibung (vgl. die deutsche Übersetzung, DE 694 25 470 T2, S. 6, le Abs.: „Ein „Ereignis“ ist in diesem Zusammenhang eine asynchron auftretende Bedingung in Bezug auf einen Zielprozess, der über das Ereignis informiert werden möchte.“).

Mit dem in Druckschrift D1 offenbarten Datenverarbeitungssystem wird dabei ein Verfahren durchgeführt, welches die folgenden Schritte umfasst:

Erzeugen einer Ereignisnachricht an der Ereignisquelle in Antwort auf ein Ereignis, das an der Ereignisquelle durch einen Benutzer ausgelöst wurde („request send by user“ / „Object 13a (sending object)“; vgl. S. 13, Z. 30-35, i.V.m. den vorstehend genannten Zitatstellen / Merkmal M3.1), Übermitteln der Ereignisnachricht an den Verteiler durch „manager of object managers“ in Form von „MOM 29a“ bzw. MOM 29b“ (vgl. Ablaufplan gemäß Fig. 2 und S. 13, Z. 39-40, i.V.m. S. 5, Z. 27-31 / Merkmal M3.2), und Übermitteln der Ereignisnachricht vom Verteiler zu der Ereignissenke, um die Ereignissenke über das ausgelöste Ereignis zu informieren (vgl. Ablaufplan gemäß Fig. 2, „MOM 29b“ zu „Object 13b (receiving object)“, S. 6, Z. 17-20 / Merkmal M3.3).

In diesem Zusammenhang kann der Argumentation der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, wonach das Zielobjekt der D1 keine Ereignissenke im Sinne des Streitpatents darstelle, nicht gefolgt werden. Denn das Ereignissenken-Objekt ist, wie die Beklagte in ihrem mündlichen Vortrag selbst ausführt, ein Objekt, welchem das Ereignis mitgeteilt wird. Eben dies lehrt die Druckschrift D1 im Zusammenhang mit der im vorstehend zitierten Ausführungsbeispiel genannten Benutzeranfrage („request send by user“) nach einer beispielhaft aufgeführten Telefonnummer. Die Benutzeranfrage entspricht dabei gemäß vorstehenden Ausführungen einem asynchronen Ereignis, wobei der Zielprozess, anders als das Verständnis der Patentinhaberin, nicht das Bereitstellen der Telefonnummer beim Benutzer, sondern die Ablaufroutine bei der Ereignissenke zum Ermitteln der Telefonnummer ist.

Darüber hinaus ist in der D1 auch das kennzeichnende Merkmal M4 offenbart. So wird als Schnittstellenzeiger (interface pointer) in der Informatik allgemein eine Größe bezeichnet, die auf eine Adresse verweist, über welche in Folge auf die Schnittstelle zugegriffen werden kann. Der Speicher ist hierbei dynamisch belegt. Ein solcher Zeiger, welcher auf eine dynamisch belegte Schnittstelle verweist, ist aber auch der D1 zu entnehmen. Denn wie in Fig. 1 der D1 mit zugehöriger Beschreibung dargelegt, können dem System einzelne „object manager“ hinzugefügt werden (S. 4, Z. 30-32: „new object managers are allowed to be subsequently added.“). Die Objekte werden wiederum über Zeiger („pointer“) referenziert („objref_t“, vgl. S. 5, Z. 52-54). Mithin beschreibt die D1 ein dynamisches Datenverarbeitungssystem ohne fest vorgegebene Funktionsaufrufe, welches somit zwingend durch entsprechende Schnittstellenadressen verwaltet werden muss. Die jeweiligen „object manager 23“ werden gemäß Fig. 2 der D1 durch „manager of object managers 29 (MOM)“ verwaltet. Dabei ist jeder dieser MOMs verantwortlich für den Empfang der entsprechenden Information für die empfangenden Objekte 13, die mit dem vom MOM verwalteten Objektmanager 23 verbunden ist

(vgl. S. 4, Z. 33-37). Die MOMs als Verteiler und weitere Elemente sind dabei an „common generic interfaces“ angeschlossen, mithin einer standardisierten Schnittstelle (vgl. S. 5, Sp. 27-29, „The common generic interface allows a common means of communication with and among object managers 23, MOM’s 29, object region managers 31 and napping managers 33“). Diese Elemente unterstützen von daher eine standardisierte Schnittstelle im Sinne von Anspruch 1 des Streitpatents. Dazu wird in der D1 auf S. 5, Z. 33-55, weiter ausgeführt, dass auf das entsprechende, die Anfrage („request“) empfangende Objekt („target_object“) – also auf die Ereignissenke bzw. den zugehörigen Verteiler – mittels eines Zeigers („objref_t“) verwiesen wird (vgl. S. 5, Z. 53 ff.: „objref_t is used to identify the object to which this request is to be sent“). Diese Zeiger stellen damit aber nichts anderes als Schnittstellenzeiger dar, die zur Identifikation von Objekten dienen und dabei zwingend von einem Objekt an ein anderes weitergegeben werden müssen, um entsprechend das empfangende Objekt („target_object“) zu erreichen/anzusprechen (vgl. Fig. 2 und den Text auf S. 5, Z. 53 ff. i.V.m. S. 6, Z. 41 ff.). Somit ist auch das Merkmal M4 aus der Druckschrift D1 bekannt.

Die Beklagte wendet in der mündlichen Verhandlung ein, dass beim Verfahren gemäß Streitpatent – im Unterschied zur Lehre der D1 – die Quelle das Serverobjekt und die Senke das Clientobjekt darstelle. Dies versucht sie für das Streitpatent am Beispiel eines Druckerstaus darzulegen, bei welchem – ohne Zutun eines Benutzers (Definition Benutzer / „user“ analog D1, S. 13 Z. 24 ff.) – die betreffenden Maschinen direkt miteinander kommunizieren. Das sei bei der Lehre der D1 nicht der Fall, da beim dort beispielhaft beschriebenen Anwendungsfall einer Telefonauskunft die entsprechende Anfrage von einem Benutzer gestartet werden müsse. Somit sei hier der Client die Quelle und der Server die Senke. Im Übrigen werde bei der D1 die Nachricht nicht über einen Verteiler geleitet, sondern direkt von Maschine zu Maschine.

Dieser Argumentation vermag der Senat beizutreten. Denn bei der Auslegung des aus der Druckschrift D1 bekannten Verfahrens verkennt die Beklagte, dass das dem Papierstau eines Druckers vergleichbare Ereignis das Aufrufen der Telefoninformation durch den Benutzer darstellt. Beide Ereignisse stellen dabei asynchrone Ereignisse – nicht jedoch die eigentliche Anfrage - dar. Dieses asynchrone Ereignis löst bei beiden genannten Beispielen in der zugehörigen Rechnereinheit – im Streitpatent mit Quelle bezeichnet – eine Anfrage-Routine aus. Bei einem Druckerstau ergeht die Anfrage nach dem Erkennen des Ereignisses „Papierstau“ vom Drucker; bei dem Ausführungsbeispiel der Telefoninformation gemäß D1 (vgl. S. 13, Z. 30 ff.) erfolgt die Anfrage von der dem Benutzer zugeordneten Computeranwendung („computer application“).

Mithin wird bei beiden verglichenen Ausführungsbeispielen der Verfahrensschritt „Erzeugen einer Ereignisnachricht an der Ereignisquelle in Antwort auf ein Ereignis, das an der Ereignisquelle ausgelöst wurde“ durchgeführt.

Auch bei demvorstehend genannten Ausführungsbeispiel der D1 wird diese Ereignisnachricht – bei der D1 die Anfrage des Benutzers – nicht direkt, sondern über einen Verteiler, hier der jeweilige „MOM“ i.V.m. „runtime library 27“ gesandt (vgl. Fig. 2 i.V.m. S. 13, Z. 35-43: „The requestside version of the request interacts with the runtime library 27 residing in the requesting process 39a. The runtime library 27 first contacts the location service 21 to find the location of the pi object’s 13a object manager 25. The runtime library 27 then sends the actual “get phone_info” operation request to the manager of object managers (MOM) 29a […] The runtime library 27 at the MOM 29a receives the packet containing the request sent by user M’s computer application […]”).

Die von der Patentinhaberin weiter thematisierte Frage, was bei den jeweiligen Beispielen als „Client“ bzw. „Server“ zu verstehen ist, kann für die Beurteilung der Patentfähigkeit des in Rede stehenden Patentanspruchs dahinstehen, da weder im Anspruch 1 noch in einem der abhängigen Ansprüche nach Hauptantrag für die jeweiligen Ereignisquellen bzw. –senken explizit zwischen Clients und Servern unterschieden wird. Diese von der Beklagten aufgeworfene Frage ist somit nicht zu klären (vgl. BGH GRUR 2004, S. 1023, 1. Leitsatz – „Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung“).

Somit nimmt die Druckschrift D1 das Verfahren nach Anspruch 1 vollständig vorweg.

b) Mit dem nicht patentfähigen Anspruch 1 nach Hauptantrag sind auch die abhängigen Ansprüche 2 bis 15 sowie der nebengeordnete Anspruch 16 nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet war (vgl. BGH, GRUR 2007, 862 Leitsatz – „Informationsübermittlungsverfahren II“).

2) Auch in der Fassung der Hilfsanträge 1 und 1a ist das verteidigte Patent nicht patentfähig.

a) Die mit den jeweiligen Patentansprüchen 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 1a verteidigten Verfahren stellen gem. Art II § 6 Abs. 1 Nr. 4 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. d) i.V.m. Art. 2 Abs. 2 EPÜ, § 22 PatG eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs des erteilten Patents, mithin ein Aliud dar. Die entsprechenden Anspruchsfassungen sind daher nicht zulässig.

Das erteilte Patent bezieht sich gemäß Merkmal M3 auf ein Verfahren mit einer Ereignisquelle und einer Ereignissenke („providing an event source, an event sink […]“). Mit den jetzt nach Hilfsantrag 1 bzw. 1a vorgelegten Anspruchsformulierungen wird Patentschutz für ein Verfahren mit mindestens zwei Ereignissenken beansprucht, wobei das Verfahren mit nur einer Ereignissenke explizit aus dem Schutzbereich ausgenom- men wurde. Ein solches Verfahren ist von den erteilten Ansprüchen nicht umfasst und begründet daher ein Aliud. Die jeweiligen Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 1a sind daher in der vorgelegten Fassung nicht zulässig.

b) Mit den jeweils nicht zulässigen Ansprüchen 1 nach den Hilfsanträgen 1a bzw. 1 sind auch die jeweiligen abhängigen Ansprüche 2 bis 12 sowie der nebengeordnete Anspruch 13 nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet war (vgl. BGH, GRUR 2007, 862 Leitsatz – „Informationsübermittlungsverfahren II“).

3) Das Streitpatent erweist sich im Umfang der Ansprüche 1 bis 15 nach Hilfsantrag 2 jedoch als patentfähig.

a) Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist zulässig. Das mit diesem Anspruch beanspruchte Verfahren ist zweifelsfrei gewerblich anwendbar, unterliegt nicht einem Patentierungsausschluss, ist zudem neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, Art 52-57 EPÜ.

aa) Das mit Hilfsantrag 2 verteidigte Verfahren betrifft das unmittelbare Zusammenwirken der Elemente eines Datenverarbeitungssystems und dient mit der Verarbeitung asynchroner Ereignisse der Lösung einer konkreten technischen Problemstellung. Somit ist das beanspruchte Verfahren prinzipiell patentierbar und unterliegt nicht dem Patentauschlusskriterium nach Art. 52 Abs. 2 lit c EPÜ (vgl. BGH, GRUR 2010, 613, Leitsätze - „Dynamische Dokumentengenerierung“).

bb) Die nach Hilfsantrag 2 beanspruchte Fassung der Patentansprüche ist zulässig, weil das Verfahren nach Anspruch 1 durch Aufnahme der Merkmale des erteilten Anspruchs 14 konkretisiert wird. Der erteilte Anspruch 14 ist dabei auf den erteilten Anspruch 1 direkt rückbezogen. Zudem sind die Merkmale des geltenden Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 allesamt ursprünglich offenbart.

cc) Das mit Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 beanspruchte Verfahren ist neu hinsichtlich des vorgelegten Stands der Technik, denn keine der genannten Druckschriften offenbart die in den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 aufgenommenen Merkmale des erteilten Anspruchs 14, wonach ein zweites Verteilerobjekt vorgesehen ist, das Filterungsinformationen zu dem ersten Verteilerobjekt bereitstellt, wobei die Filterungsinformationen einen Typ einer Ereignisnachricht festlegen, den das zweite Verteilerobjekt erhalten möchte, wobei das Verfahren des Weiteren den Schritt der Weiterleitung der Ereignisnachricht von dem ersten Verteilerobjekt zu dem zweiten Verteilerobjekt umfasst, wenn die Filterungsinformationen angeben, dass das zweite Verteilerobjekt die Ereignisnachricht erhalten möchte.

Insbesondere das Merkmal einer durch ein zweites Verteilerobjekt bereitgestellten Filterungsinformation ist dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht zu entnehmen.

dd) Nachdem keine der Druckschriften das letzte Merkmal des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 offenbart, ergibt sich das entsprechende Verfahren auch nicht aus einer beliebigen Kombination der in Rede stehenden Druckschriften.

Darüber hinaus ergibt sich das in den Anspruchswortlaut aufgenommene weitere Merkmal aufgrund der Komplexität des hinzugefügten Verfahrensschritts (bestehend aus mehreren Teil-Verfahrensschritten), verbunden mit der synergistischen Wirkung, wonach durch Festlegung der Ereignisnachricht durch die Filterungsinformation eine Bedingung zur Weiterleitung der Ereignisnachricht vom ersten zum zweiten Verteiler erhalten wird, auch nicht in naheliegender Weise aus fachmännischen Wissen.

Das mit Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 verteidigte Verfahren ist daher neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

b) Die vom Anspruch 1 direkt bzw. indirekt abhängigen Ansprüche 2 bis 14 entsprechen den erteilten Ansprüchen 2 bis 13 und 15. Bei Anspruch 15 ist darüber hinaus der Rückbezug angepasst. Die betreffenden Ansprüche offenbaren darüber hinaus nicht selbstverständliche Ausgestaltungsmöglichkeiten des Verfahrens nach Anspruch 1. Die Ansprüche sind von daher ebenfalls zulässig und patentfähig.

c) Der nebengeordnete Anspruch 15, welcher ein Datenverarbeitungssystem zur Durchführung des Verfahrens gemäß einem der Ansprüche 1 bis 14 betrifft, ist – nachdem das entsprechende Verfahren patentfähig ist – ebenfalls patentfähig (vgl. BGH, GRUR 2010, 613, Leitsätze - „Dynamische Dokumentengenerierung“).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i.V.m. § 92 Abs.1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i.V.m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Sredl Kopacek Zugleich für Herrn Ri. Maile, der an das DPMA abgeordnet und daher an der Unterschrift gehindert ist.

Dr. Schwengelbeck Altvater Hu

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