24 W (pat) 537/10
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 537/10 An Verkündungs Statt zugestellt am
14. Januar 2013 …
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Markenanmeldung 30 2009 021 059.4 hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters am Oberlandesgericht Heimen BPatG 154 05.11 beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 vom 22. Juni 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Sachentscheidung an das DPMA zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Anmelderin hat die Wortmarke Nr. 30 2009 021 059.4 CIPPIX für die folgenden Dienstleistungen für die Klassen 35, 42 und 45 angemeldet:
„Sammeln von Daten in Datenbanken; Nachforschungen in Geschäftsangelegenheiten; Datenbankverwaltung mittels Computer; Datenverwaltung mittels Computer; zeitweilige Überlassung des Zugriffs auf Datenbanken für Recherchenzwecke soweit in Klasse 38 enthalten; Speichern von Daten in Datenbanken; technische Beratung und Begutachtung; EDV-Beratung; technische und wissenschaftliche Recherchen soweit in Klasse 42 enthalten; Dienstleistungen eines Chemikers und eines chemischen Labors; Entwurf, Erstellung und Wartung von Computer-Software; Gebrauchsüberlassung, insbesondere Vermietung, von Computer-Software; Bereitstellung von wissenschaftlichen, insbesondere chemischen, Informationen aus Datenbanken zu Recherchezwecken; zeitweilige Überlassung des Zugangs zu Datenbanken für Recherchenzwecke soweit in Klasse 42 enthalten; zeitweilige Überlassung des Zugangs zu Computerressourcen für die Datenverarbeitung; wissenschaftliche und industrielle Forschung; juristische Dienstleistungen; Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Verwaltung und Überwachung von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten“.
Mit Beschluss vom 22. Juni 2010 hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) die Markenanmeldung gemäß § 36 Abs. 4 MarkenG wegen formeller Mängel teilweise, nämlich wegen fehlerhafter Gruppierung hinsichtlich der Dienstleistungen „Bereitstellung von wissenschaftlichen, insbesondere chemischen, Informationen aus Datenbanken zu Recherchezwecken; zeitweilige Überlassung des Zugangs zu Datenbanken für Recherchenzwecke soweit in Klasse 42 enthalten; zeitweilige Überlassung des Zugangs zu Computerressourcen für die Datenverarbeitung" zurückgewiesen (§ 65 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i. V. m. §§ 18, 19, 20 Abs. 3 MarkenV). Eine gesonderte Entscheidung über die Klassifikation erfolgte nicht. Zuvor hatte das DPMA mehrfach, zuletzt am 10. März 2010, beanstandet, dass diese Dienstleistungen nicht, wie von der Anmelderin gefordert, klassifiziert werden könnten, weil sie nicht der Klasse 42 zugeordnet werden könnten. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die genannten Dienstleistungen seien in die Klasse 38 einzuordnen, denn das Zurverfügungstellen der Information stehe im Vordergrund, nicht deren sachlicher Inhalt.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde vom 9. Juli 2010.
Die Anmelderin hält an der von ihr gewünschten Klassifikation fest. Sie ist der Auffassung, die zugewiesenen Dienstleistungen seien nicht Klasse 38 zuzuordnen, da nicht die Art der Übermittlung, sondern der inhaltliche Schwerpunkt der bereitgestellten Information für die Klassifikation nach der Anlage 1 zu § 19 Abs. 1 MarkenV entscheidend sei. Die Datenbanken enthielten von der Anmelderin aufbereitete Informationen aus dem Bereich der Naturwissenschaften, hauptsächlich aus dem Bereich der Chemie, zwar erfolge der Zugang – wie heutzutage üblich – mittels Internet, dies sei für die Klassifikation jedoch nicht maßgeblich.
In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Anmelderin eine Änderung des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen erklärt. An die Stelle der ursprünglich angemeldeten und zurückgewiesenen Dienstleistungen sollen folgende Dienstleistungen in Klasse 42 treten:
„Dienstleistungen eines Naturwissenschaftlers, nämlich Bereitstellung von naturwissenschaftlicher, insbesondere chemischer Information, in einer Datenbank zu Recherchezwecken; zeitweilige Überlassung des Zugangs zu Computerressourcen für die Datenverarbeitung“.
Mit dieser Maßgabe hat die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 vom 22. Juni 2010 aufzuheben und festzustellen, dass die angemeldete Marke für die vom angefochtenen Beschluss erfassten Dienstleistungen mit Einordnung dieser Dienstleistungen in die Klasse 42, nach dem Klassifikationsabkommen von Nizza, eingetragen werden kann.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, soweit die Anmelderin die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt. Die Klassifikation der Waren und Dienstleistungen nach § 19 MarkenV durch das DPMA ist als behördeninterner Organisationsakt nicht unmittelbar gerichtlich überprüfbar (vgl. Kirschnek in Ströbele/Hacker MarkenG, 10. Aufl., § 32 Rn. 83), anfechtbar ist jedoch die Zurückweisung einer Anmeldung wegen formeller Mängel, hier wegen eines nicht korrekt gruppierten Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen (§ 20 Abs. 3 MarkenV), die mittelbar die Überprüfung der Klassifikation voraussetzt (vgl. Kirschnek a. a. O., § 32 Rn. 93).
Hinsichtlich der Zurückweisung der Anmeldung ist die Beschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang erfolgreich. Gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG kann die angefochtene Entscheidung aufgehoben und zur Entscheidung in der Sache an das DPMA zurückverwiesen werden, wenn das Patentamt noch nicht in der Sache selbst entschieden hat. Nachdem das DPMA die Anmeldung teilweise aus formellen Gründen wegen fehlerhafter Gruppierung der Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen hat, ist dem DPMA, insoweit die Anmelderin das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen, welches Gegenstand des angefochtenen Beschlusses war, im Beschwerdeverfahren abgewandelt hat, Gelegenheit zu geben, unter Berücksichtigung der neuen Fassung erneut über die Frage der Voraussetzungen des § 20 Abs. 3 MarkenV und über eine Klassifikation zu entscheiden. Die Neufassung „Dienstleistungen eines Naturwissenschaftlers, nämlich Bereitstellung von naturwissenschaftlicher, insbesondere chemischer Information, in einer Datenbank zu Recherchezwecken; zeitweilige Überlassung des Zugangs zu Computerressourcen für die Datenverarbeitung“ stellt gegenüber der ursprünglichen Fassung nicht lediglich eine sprachliche Veränderung dar, sondern spezifiziert die Dienstleistungen jedenfalls zum Teil auch nach der Person des Erbringers.
Der Senat kann diese Entscheidung auch nicht selbst treffen, da die Gruppierung durch den Anmelder und damit die Klassifikation der nunmehr zur Registrierung vorgesehenen Dienstleistungen als solche nicht mit Rechtsmitteln unmittelbar angreifbar ist, sondern erst nach einer Zurückweisung durch das DPMA (vgl. dazu Kirschnek a. a. O.). Die von der Zuordnung der Dienstleistungen nach der Nizza-Klassifikation (Anlage 1 zu § 19 MarkenV) abhängige Frage, ob die formellen Voraussetzungen des § 20 Abs. 3 MarkenV erfüllt sind, kann daher, nachdem die ursprüngliche Fassung des Verzeichnisses von der Anmelderin nicht mehr verfolgt wird, nicht ohne vorherige Prüfung seitens des DPMA entschieden werden.
Soweit mit der Beschwerde weitergehend beantragt wird, festzustellen, dass bestimmte Dienstleistungen vom DPMA der Klasse 42 zuzuordnen sind, ist die Beschwerde unzulässig. Es fehlt bereits an dem für diesen Antrag notwendigen feststellungsfähigen Rechtsverhältnis, da das DPMA über die Neufassung des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen noch keine Entscheidung getroffen hat. Vor einer solchen Entscheidung über die Anmeldung ist die Frage der Klassifizierung bestimmter Waren und Dienstleistungen lediglich eine abstrakte Rechtsfrage. Als solche kann sie nicht Gegenstand eines Feststellungsantrages sein (allg. M., vgl. nur Greger in: Zöller, ZPO § 256 Rn. 4 f.).
Werner Dr. Schnurr Heimen Bb