XII ZB 187/24
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES XII ZB 187/24 BESCHLUSS in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ:
nein BGHR:
ja JNEU:
nein BGB §§ 1360 a Abs. 4, 1361 Abs. 1, 1361 Abs. 4 Satz 4, 1613 Abs. 2 Die zwischen getrenntlebenden Ehegatten bestehende Verpflichtung zur Leistung eines Verfahrenskostenvorschusses erstreckt sich nicht auf die Kosten einer vor- oder außergerichtlichen Rechtsberatung oder Vertretung.
BGH, Beschluss vom 5. Februar 2025 - XII ZB 187/24 - OLG Schleswig AG Husum ECLI:DE:BGH:2025:050225BXIIZB187.24.0 Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Februar 2025 durch den Vorsitzenden Richter Guhling, die Richter Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger für Recht erkannt:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 4. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 28. März 2024 aufgehoben. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Husum vom 7. September 2023 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 12. Oktober 2023 abgeändert. Der Antrag wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Von Rechts wegen Gründe: A.
Die Beteiligten sind Eheleute, aus deren Ehe drei minderjährige Kinder hervorgegangen sind. Sie leben seit dem September 2022 dauerhaft, zunächst innerhalb der auf einem landwirtschaftlichen Hof gelegenen Ehewohnung, voneinander getrennt. Kurz nach der Trennung suchte die Antragstellerin ihre erstinstanzliche Verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwältin N. auf, um sich von ihr wegen der Trennungsfolgen rechtlich beraten zu lassen. Unter dem 4. November 2022 richtete die Rechtsanwältin an den Antragsgegner ein Schreiben, in dem sie die Vertretung der Antragstellerin anzeigte, verschiedene Trennungsfolgen erörterte und den Antragsgegner unter anderem dazu aufforderte, bis zum Umzug der Antragstellerin eine auf dem Hof gelegene separate Wohnung zu beziehen, monatlichen Trennungs- und Kindesunterhalt zu zahlen und güterrechtliche Auskunft zum Trennungsvermögen zu erteilen. Abschließend verlangte sie im Namen der Antragstellerin die „Übernahme“ ihrer nach einem Gegenstandswert von 20.000 € berechneten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.295,43 €. Eine Zahlung auf die Gebührenforderung leistete der Antragsgegner nicht.
Das Amtsgericht hat dem auf Zahlung von 1.295,43 € nebst Zinsen gerichteten Antrag der Antragstellerin in vollem Umfang stattgegeben. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners ist vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsgegner sein Ziel der Antragsabweisung weiter.
B.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Beschwerdegerichts und unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zur Abweisung des Antrages.
I.
Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, dass sich der geltend gemachte Anspruch der Antragstellerin unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Verfahrenskostenvorschusses aus § 1360 a Abs. 4 BGB ergebe. Die Vorschrift solle dem mittellosen getrenntlebenden Ehegatten die Möglichkeit eröffnen, die aus der Trennung herrührenden Ansprüche gegen den anderen, wirtschaftlich überlegenen Ehegatten geltend zu machen, ohne die Kosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Dieser Normzweck gebiete es, den Begriff der „Kosten des Rechtsstreits“ in § 1360 a Abs. 4 BGB dahingehend auszulegen, dass nicht nur die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens, sondern auch die außergerichtlichen Kosten einer Rechtsberatung und Rechtsverfolgung im Wege eines Kostenvorschusses geltend gemacht werden könnten. Die Antragstellerin sei bedürftig und die Leistung eines Verfahrenskostenvorschusses durch den Antragsgegner entspreche auch der Billigkeit, weil dieser seine mangelnde Leistungsfähigkeit nicht schlüssig dargelegt habe und die Inanspruchnahme anwaltlicher Beratung durch die Antragstellerin nach den Maßstäben des Beratungshilfegesetzes nicht als mutwillig angesehen werden könne.
II.
Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der von der Antragstellerin gegen den Antragsgegner geltend gemachte Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses für die außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens entfaltete Tätigkeit ihrer erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.
1. Nach § 1360 a Abs. 4 BGB, der im vorliegenden Fall über die in § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB enthaltene Verweisung Anwendung findet, ist ein Ehegatte verpflichtet, dem anderen Ehegatten die „Kosten eines Rechtsstreits“ in persönlichen Angelegenheiten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Diese Voraussetzungen liegen unter den im Streitfall obwaltenden Umständen nicht vor.
a) Ob sich aus dieser Vorschrift ein Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die Rechtsverfolgung oder Rechtsberatung eines Ehegatten außerhalb gerichtlicher Verfahren herleiten lässt, ist in Rechtsprechung und Literatur allerdings umstritten.
Teilweise wird - mit dem Beschwerdegericht - die Ansicht vertreten, dass auch die Kosten einer außergerichtlichen Rechtsberatung oder Rechtsverfolgung vom Tatbestand des § 1360 a Abs. 4 BGB erfasst seien, soweit im Falle der Bedürftigkeit ansonsten ein Anspruch nach dem Beratungshilfegesetz bestünde. Dies wird insbesondere damit begründet, dass es nicht sachgerecht sei, die Kosten der außergerichtlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Vorschussanspruch auszunehmen, zumal gerade durch die außergerichtliche Beratung eine spätere gerichtliche Auseinandersetzung - auch im Interesse des Vorschusspflichtigen möglicherweise vermieden werden könne und zudem fiskalische Überlegungen im Zusammenhang mit der Ersparnis von öffentlichen Mitteln bei der Gewährung von Beratungshilfe für diese Sichtweise sprächen (vgl. BeckOGK/Preissner BGB [Stand: 1. November 2024] § 1360 a Rn. 248; MünchKommBGB/Langeheine 9. Aufl. § 1610 Rn. 272; Scholz/Kleffmann FamR-HdB/Grandke [Stand: Mai 2024] Teil K Rn. 307; Borth in Schwab/Ernst ScheidungsR-HdB 8. Aufl. § 8 Rn. 86; Knatz FF 2024, 49, 52 f.; Kleinwegener FamRZ 1992, 755, 756 f.; vgl. auch AG Osnabrück AnwBl. 1983, 477; Szymborski DStR 2012, 1984, 1985 zur Versagung von Beratungshilfe wegen eines durchsetzbaren Verfahrenskostenvorschussanspruchs). Daneben wird auch die Erstreckung der Vorschusspflicht auf die Kosten einer außergerichtlichen Beratung im Wege einer entsprechenden Anwendung von § 1360 a Abs. 4 BGB befürwortet (vgl. Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 6 Rn. 32).
Nach anderer Auffassung kann die Vorschusspflicht nach § 1360 a Abs. 4 BGB wegen des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift nicht auf Kosten ausgedehnt werden, die außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens entstehen (vgl. OLG München FamRZ 1990, 312, 313; Staudinger/Voppel BGB [2024] § 1360 a Rn. 66; NK-BGB/Kaiser 4. Aufl. § 1360 a Rn. 47; MünchKommBGB/ Weber-Monecke 9. Aufl. § 1360 a Rn. 31; jurisPK-BGB/Breuers [Stand: 6. Januar 2025] § 1360 a Rn. 45; HK-BGB/Kemper 12. Aufl. § 1360 a Rn. 12; Wendl/Dose/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 10 Rn. 400; Büte in Büte/Poppen/Menne Unterhaltsrecht 3. Aufl. § 1360 a BGB Rn. 24; Schnitzler/Grandel Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht 5. Aufl. § 8 Rn. 139; Kindermann FPR 2010, 351, 353; Greissinger NJW 1985, 1671, 1675; Mümmler JurBüro 1984, 1125, 1132).
b) Die letztgenannte Auffassung trifft zu.
Für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen (vgl. Senatsbeschluss vom 24. April 2024 - XII ZB 282/23 - FamRZ 2024, 1201 Rn. 18 mwN).
aa) Bereits der den Ausgangspunkt der Auslegung bildende Wortlaut des § 1360 a Abs. 4 BGB spricht gewichtig gegen ein Verständnis dahingehend, dass auch die Kosten für eine außergerichtliche Rechtsverfolgung und Rechtsberatung von der Vorschusspflicht erfasst sein sollen. Als „Kosten eines Rechtsstreits“ werden landläufig diejenigen Aufwendungen für Rechtsanwaltsgebühren und Gerichtskosten bezeichnet, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Einleitung und Führung eines vor Gericht anhängigen Verfahrens stehen. Auch wenn der Begriff der „Kosten des Rechtsstreits“ in § 1360 a Abs. 4 BGB die Tatbestandsvoraussetzung einer materiell-rechtlichen Norm ist, kann nicht verkannt werden, dass das gleiche Begriffsverständnis zahlreichen Kostenvorschriften der Zivilprozessordnung zugrunde liegt (z.B. §§ 91 Abs. 1, 98 Satz 2, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
bb) Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes (vgl. dazu eingehend Olzen JR 1990, 1 ff.) und die in den Gesetzesmaterialien zutage getretenen Intentionen des Gesetzgebers verdeutlichen ebenfalls, dass dieser den Begriff der „Kosten des Rechtsstreits“ allein auf die in einem gerichtlichen Verfahren entstehenden und nach den Vorschriften der jeweils betroffenen Verfahrensordnung zu verteilenden Kosten bezogen hat.
(1) Eine Verpflichtung des Ehegatten zum Einstehen für die „Kosten des Rechtsstreits“ des anderen Ehegatten sah bereits die Ursprungsfassung des Bürgerlichen Gesetzbuches vor, seinerzeit allerdings in den Vorschriften zum ehelichen Güterrecht und in der Gestalt einer Kostentragungsverpflichtung. Im damaligen gesetzlichen Güterstand der Nutzverwaltung, der das von der Ehefrau eingebrachte Vermögen, das nicht zu ihrem Vorbehaltsgut rechnete, der Verwaltung und Nutznießung des Ehemanns unterstellte, hatte der Ehemann gemäß § 1387 Nr. 1 BGB aF die „Kosten eines Rechtsstreits, den die Frau führt“, zu tragen, sofern nicht die Kosten dem Vorbehaltsgut zur Last fielen. Die Anknüpfung des Begriffes „Kosten eines Rechtsstreits“ an die unmittelbar bei der Führung eines gerichtlichen Verfahrens entstehenden Kosten wird in diesem Zusammenhang insbesondere durch § 1416 Abs. 1 BGB aF verdeutlicht, wonach im Verhältnis der Ehegatten zueinander die „Kosten eines Rechtsstreits“ zwischen ihnen dem Vorbehaltsgut der Ehefrau zur Last fielen, soweit nicht der Ehemann „diese zu tragen“ hatte. Im Innenverhältnis richtete sich die Verteilung der Kosten eines zwischen den Ehegatten geführten Rechtsstreits somit auch materiell-rechtlich allein danach, inwieweit die Ehegatten nach den Kostenvorschriften der maßgeblichen Verfahrensordnung die Prozesskosten zu tragen hatten (vgl. Planck BGB 4. Aufl. § 1416 Anm. 2; KG OLGRspr. 4, 85 f. zur Klagerücknahme).
Das auf die Führung von gerichtlichen Verfahren bezogene Verständnis vom Begriff der „Kosten eines Rechtsstreits“ erhellen im Übrigen auch die Erwägungen, mit denen der Gesetzgeber seinerzeit davon abgesehen hatte, eine allgemeine und unterhaltsrechtlich begründete Verpflichtung des Ehemanns zur Übernahme von Kosten eines von der Ehefrau geführten Rechtsstreits in das Gesetz aufzunehmen. Eine solche Verpflichtung hätte nach Ansicht der Verfasser des Bürgerlichen Gesetzbuches eine unzumutbare Härte für den Ehemann zur Folge gehabt, weil „die Frau prozeßfähig ist (§ 51 Abs. 2 CPO) und der Mann sie daher an der Führung von Prozessen nicht hindern kann“ (vgl. Motive IV S. 125, zitiert bei Mugdan Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch Bd. IV S. 69).
(2) Ein hiervon abweichendes gesetzgeberisches Verständnis des Begriffes „Kosten des Rechtsstreits“ liegt auch der durch das Gleichberechtigungsgesetz vom 18. Juni 1957 (BGBl. I S. 609) in das Gesetz eingefügten Vorschusspflicht nach § 1360 a Abs. 4 BGB nicht zugrunde.
(a) Eine Verpflichtung des Ehemanns zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses, um der Ehefrau die Führung eines Rechtsstreits zu ermöglichen, sah das Bürgerliche Gesetzbuch in seiner Ursprungsfassung nicht vor. Ein solcher, auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbarer Vorschussanspruch wurde allerdings bereits früh rechtsfortbildend durch das Reichsgericht entwickelt, weil sich aus der gemäß § 1387 Nr. 1 BGB aF für den Ehemann bestehenden Pflicht zur Kostentragung auch die Verpflichtung herleiten ließ, der Ehefrau, deren eingebrachtes Vermögen der Verwaltung und Nutznießung des Ehemanns unterstellt war, vorab die erforderlichen Geldmittel zur Verfügung zu stellen, um einen von ihr geführten Prozess überhaupt sachdienlich betreiben zu können (vgl. RGZ 47, 72, 73). Diese Rechtsprechung führte das Reichsgericht in der Folgezeit dahingehend fort, dass die Ehefrau - soweit der Ehemann aufgrund des ehelichen Güterrechts verpflichtet war, ihr die Kosten für einen Prozess vorzuschießen - nicht mehr als wirtschaftlich bedürftig im Sinne des § 114 ZPO aF anzusehen war und ihr deshalb das Armenrecht nicht bewilligt werden konnte (vgl. RG JW 1906, 356 und JW 1906, 560; vgl. weitere Nachweise bei Meents Das Armenrecht im sozialen Rechtsstaat des Grundgesetzes [1975] S. 94). Im Zusammenhang mit der Einführung des Ehegesetzes im Jahr 1938 wurde zur Durchsetzung des Vorschussanspruches mit dem § 627 Abs. 1 ZPO in der Fassung der ersten Durchführungsverordnung zum Ehegesetz vom 27. Juli 1938 (RGBl. I S. 923) eine spezielle verfahrensrechtliche Grundlage geschaffen, die es dem Gericht der Ehesache ermöglichte, im Wege der einstweiligen Anordnung zur Finanzierung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung eines Ehegatten im Scheidungsprozess die Zahlung eines Prozesskostenvorschusses anzuordnen.
(b) Nachdem Art. 117 Abs. 1 GG alle gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art. 3 Abs. 2 GG) verstoßenden Normen mit Wirkung zum 1. April 1953 außer Kraft gesetzt hatte, waren auch die gleichberechtigungswidrigen alten Güterstände des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgehoben worden. Damit waren gleichzeitig die Vorschriften entfallen, die den Ehemann wegen seiner güterrechtlichen Stellung als Vermögensverwalter zur Übernahme von Prozesskosten seiner Ehefrau verpflichtet hatten und die bis dahin allein die materiell-rechtliche Haftungsgrundlage für den Anspruch auf Prozesskostenvorschuss darstellten. Der erste Regierungsentwurf eines Gleichberechtigungsgesetzes vom 23. Oktober 1952 (BT-Drucks. 1/3802) sah noch keine Regelungen zum Prozesskostenvorschuss vor, die an die Stelle der weggefallenen güterrechtlichen Vorschriften hätten treten können (vgl. Olzen JR 1990, 1, 5). Nach den Vorstellungen des zweiten Regierungsentwurfs vom 29. Januar 1954 sollte § 627 Abs. 1 ZPO in der damals geltenden Fassung durch Anfügung eines weiteren Satzes zu einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage für einen nach Billigkeit zu leistenden Prozesskostenvorschuss für die Ehescheidungsklage ausgebaut werden (vgl. BT-Drucks. 2/224 S. 68). Der später durch das Gleichberechtigungsgesetz in das Gesetz eingefügte und bis heute unverändert gebliebene § 1360 a Abs. 4 BGB beruhte auf Vorarbeiten des Rechtsausschusses, der diese neue Bestimmung an die Stelle der noch im Regierungsentwurf vorgesehenen Ergänzung des § 627 Abs. 1 ZPO setzte. Nach Ansicht des Rechtsausschusses sollte die Prozesskostenvorschusspflicht nicht auf Ehesachen beschränkt bleiben, sondern für alle Rechtsstreitigkeiten gelten, die eine persönliche Angelegenheit des Ehegatten betreffen, also „zum Beispiel auch für Abstammungsklagen und Entmündigungsverfahren“ (BT-Drucks. zu 2/3409 S. 38).
(c) Auch diese Ausführungen in den Gesetzesmaterialien verdeutlichen, dass der Gesetzgeber des Gleichberechtigungsgesetzes bei der Normierung des Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss, der im Regierungsentwurf ursprünglich sogar nur als Annexregelung zu einer prozessrechtlichen Vorschrift konzipiert war, lediglich solche Kosten vor Augen hatte, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Führung eines gerichtlichen Verfahrens stehen. Dieser Befund wird auch bestätigt durch die Erwägungen, die im Zusammenhang mit den Beratungen zum ersten Eherechtsreformgesetz angestellt worden sind. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 1. Juni 1973 hatte zunächst eine Novellierung des § 1360 a Abs. 4 BGB vorgesehen, um solche Fälle von der Vorschusspflicht auszunehmen, in denen sich der „Rechtsstreit gegen den anderen Ehegatten richtet“. Dies wurde im Entwurf damit begründet, dass dem vorschussberechtigten Ehegatten, der „die Hilfe des Gerichts sucht“ und dem das Armenrecht wegen eines Prozesskostenvorschussanspruchs mangels Bedürftigkeit verweigert wird, mit der Verpflichtung zur Durchsetzung dieses Vorschussanspruchs gegen seinen Ehegatten ein unzumutbares und die Entfremdung der Eheleute vertiefendes Verhalten abverlangt werde (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 100). Diesem Vorhaben stimmte der Rechtsausschuss nicht zu, weil es ihm unangemessen erschien, einen an sich vorschussberechtigten Ehegatten, der „eine Klage gegen den anderen Ehegatten erheben will, auf das Armenrecht“ zu verweisen, zumal dies nach dem novellierten § 93 a ZPO mit der darin regelhaft vorgesehenen Kostenaufhebung in Scheidungs- und Scheidungsfolgesachen dazu führe, dass die Kostenlast des Verfahrens in vielen Fällen endgültig bei der Staatskasse verbleibe (vgl. BT-Drucks. 7/4361 S. 26 f.).
cc) Für die Annahme, dass sich der Anwendungsbereich von § 1360 a Abs. 4 BGB in sachlicher Hinsicht auch auf die Kosten der Rechtsberatung und Rechtsverfolgung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens erstrecken könnte,
bleibt daher kein Raum, weil eine Auslegung der Norm über ihren Wortlaut hinaus gegen den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht möglich ist.
2. Auch eine entsprechende Anwendung von § 1360 a Abs. 4 BGB scheidet aus, weil die Voraussetzungen für eine Analogie nicht vorliegen.
a) Eine Analogie erfordert zum einen eine planwidrige Regelungslücke. Zum anderen muss die Vergleichbarkeit der zur Beurteilung stehenden Sachverhalte gegeben sein, d.h. der entscheidungsrelevante Sachverhalt muss in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar sein, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung - bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift - zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (Senatsbeschluss BGHZ 229, 213 = FamRZ 2021, 1103 Rn. 46 mwN).
b) So liegt der Fall hier nicht. Dabei kann dahinstehen, ob überhaupt von einer planwidrigen Regelungslücke zur Frage der Vorschusspflicht für die außergerichtliche Rechtsberatung und Rechtsverfolgung ausgegangen werden kann. Denn jedenfalls ist zweifelhaft, ob der Gesetzgeber in diesem Fall zu dem Abwägungsergebnis gelangt wäre, dass die Ehegatten einander auch die Kosten vorschießen müssten, die bei der Rechtsberatung und Vertretung im vor- und außergerichtlichen Bereich entstehen; dies gilt auch unter Berücksichtigung der möglichen fiskalischen Interessen.
aa) Durchaus richtig ist in diesem Zusammenhang der Hinweis des Beschwerdegerichts darauf, dass einem rechtssuchenden Ehegatten, der für die außergerichtliche Rechtsberatung und Rechtsverfolgung keinen Kostenvorschuss von dem anderen Ehegatten erlangen kann, im Falle seiner Bedürftigkeit für die Wahrnehmung seiner Rechte Beratungshilfe (§ 1 BerHG) bewilligt werden müsste und hierdurch die Staatskasse belastet würde. Zwar hat sich der Gesetzgeber hinsichtlich des Zugangs zur Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe für den Vorrang privater Hilfe vor staatlicher Prozessfinanzierung entschieden und grundsätzlich für zumutbar gehalten, den bedürftigen Ehegatten auf die Durchsetzung seines Anspruchs auf Prozess- bzw. Verfahrenskostenvorschuss gegen seinen leistungsfähigen Ehegatten zu verweisen. Es kann demgegenüber aber nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der Gesetzgeber hinsichtlich des Zugangs zur Beratungshilfe von einem vergleichbaren Vorrangverhältnis ausgegangen wäre und er es deshalb für geboten und zweckmäßig erachtet hätte, den sachlichen Anwendungsbereich von § 1360 a Abs. 4 BGB auf die Kosten der außergerichtlichen Beratung und Vertretung auszudehnen.
bb) Dabei kann schon im Ausgangspunkt nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die Belastung der Staatskasse durch die Gewährung von Beratungshilfe wegen der Beschränkung auf die Festgebühren nach VV-RVG Nr. 2501 ff. jedenfalls im Einzelfall in einem überschaubaren Rahmen hält. Vor diesem Hintergrund dürften sich die im Zusammenhang mit der Bedürftigkeitsprüfung von dem Amtsgericht anzustellenden und gegebenenfalls auch umfangreichen Ermittlungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des potentiell vorschusspflichtigen Ehegatten des Hilfesuchenden oftmals als unverhältnismäßig darstellen (vgl. Mümmler JurBüro 1984, 1125, 1132). Gerade in den praxisrelevanten Fällen einer sich anbahnenden rechtlichen Auseinandersetzung zwischen getrenntlebenden Eheleuten wäre zudem oftmals zweifelhaft, ob die Versagung von Beratungshilfe unter Hinweis auf einen Vorschussanspruch gegen den anderen Ehegatten tatsächlich zu der gewünschten Entlastung der Staatskasse führen würde. Denn derjenige, der einer rechtlichen Beratung bedarf, um familienrechtliche Ansprüche gegen seinen Ehegatten zu prüfen und durchzusetzen, wird gegen seinen Ehegatten schwerlich einen Anspruch auf Kostenvorschuss selbständig re- alisieren können, sondern hierfür seinerseits rechtliche Beratung und gegebenenfalls Vertretung benötigen. Für die Entstehung der Festgebühren nach VVRVG Nr. 2501 ff. ist es aber letztlich gleichgültig, ob die anwaltliche Tätigkeit sogleich die familienrechtliche Angelegenheit betrifft, um die allein es hilfesuchenden Ehegatten letztendlich geht, oder ob der Rechtsanwalt außergerichtlich den Anspruch auf einen Kostenvorschuss geltend macht (vgl. Herget MDR 1984, 529).
3. Ein Vorschussanspruch des Ehegatten wegen der Kosten der außergerichtlichen Rechtsberatung oder Rechtsverfolgung besteht - wie bereits das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat - auch nicht als originärer Unterhaltsanspruch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Sonderbedarfs nach §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360 a Abs. 3 iVm § 1613 Abs. 2 BGB (aA OLG München FamRZ 1990, 312, 313; AG Donaueschingen FamRZ 1993, 997; Niepmann/Kerscher Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 15. Aufl. Rn. 444; Heiß/Heiß in Born Unterhaltsrecht [Stand: Mai 2024] 3. Kap. Rn. 448).
Der Senat hat bereits entschieden, dass der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht ohne weiteres für die Zahlung von Prozesskosten oder für die Kosten einer anwaltlichen Beratung des anderen Ehegatten einstehen muss, weil diese Aufwendungen nicht zu dem allgemeinen Lebensbedarf gehören, für dessen Deckung der Unterhaltspflichtige im Rahmen des eheangemessenen Unterhalts aufzukommen hat (vgl. Senatsurteil vom 15. November 1989 - IVb ZR 95/88 FamRZ 1990, 280, 282). Eine Ausnahme ergibt sich insoweit lediglich für den Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses nach § 1360 a Abs. 4 BGB, den das Gesetz unter einschränkenden Voraussetzungen - persönliche Angelegenheit, Billigkeit - über den allgemeinen Lebensbedarf hinaus als zusätzliche unterhaltsrechtliche Bedarfsposition anerkennt (vgl. Senatsbeschluss vom
12. April 2017 - XII ZB 254/16 - FamRZ 2017, 1052 Rn. 12) und der insoweit einen Sonderbedarf darstellt. Aufwendungen für die vor- und außergerichtliche Beauftragung von Rechtsanwälten, die demgegenüber - wie oben dargelegt - vom Anwendungsbereich des § 1360 a Abs. 4 BGB gerade nicht erfasst werden und unterhaltsrechtlich nicht zum allgemeinen Lebensbedarf zu rechnen sind, können nicht allein dadurch Sonderbedarf im Sinne von § 1613 Abs. 2 BGB werden, dass sie unregelmäßig und in außergewöhnlicher Höhe auftreten (vgl. Staudinger/ Klinkhammer BGB [2022] § 1613 Rn. 88). Folgerichtig hat der Senat seine Entscheidung, einem volljährigen Kind ohne selbständige Lebensstellung einen Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss gegen seine Eltern zuzubilligen, auf eine analoge Anwendung von § 1360 a Abs. 4 BGB und ausdrücklich nicht darauf gestützt, dass dieser Anspruch bereits dem allgemeinen Lebensbedarf des unterhaltsberechtigten Kindes zuzurechnen wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 23. März 2005 - XII ZB 13/05 - FamRZ 2005, 883, 885).
Guhling Botur Günter Krüger Nedden-Boeger Vorinstanzen: AG Husum, Entscheidung vom 07.09.2023 - 23 F 1/23 OLG Schleswig, Entscheidung vom 28.03.2024 - 13 UF 211/23 - Verkündet am: 5. Februar 2025 Zimmermann, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle