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IV ZR 161/15

BUNDESGERICHTSHOF IV ZR 161/15 BESCHLUSS vom 27. Januar 2016 In dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2016:270116BIVZR161.15.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller am 27. Januar 2016 beschlossen:

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerseite gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. Februar 2015 auf deren Kosten zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen eines Monats Stellung zu nehmen.

Gründe:

I. Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer kapitalbildenden Lebensversicherung.

Diese wurde mit Versicherungsbeginn zum 1. Mai 2001 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. D. VN zahlte fortan die Prämien. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG), welche die Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. enthielt.

Mit Schreiben vom 11. März 2009 ließ d. VN u.a. den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. erklären, hilfsweise die Kündigung, und der Versicherer zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 7. September 2011 erklärte d. VN erneut u.a. den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F.

Mit der Klage begehrt d. VN - soweit für die Revisionsinstanz noch von Belang - Rückzahlung aller geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufwertes.

Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil sie zum einen nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei und zum anderen das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union nicht vereinbar sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Anschlussberufung d. VN ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden.

II. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Die erforderliche Widerspruchsbelehrung sei ordnungsgemäß erteilt worden. Sie sei drucktechnisch hervorgehoben und inhaltlich ordnungsgemäß. Das Widerspruchsrecht sei daher nach Ablauf der 14-tägigen Frist des § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erloschen. Die Regelung des Policenmodells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung. Die Ausübung des Widerspruchsrechts sei hier jedenfalls treuwidrig, weil d. VN die ihr bekannt gemachte Widerspruchsfrist beim Vertragsschluss im Jahr 2001 ungenutzt habe verstreichen lassen und jahrelang bis 2009 die Prämien gezahlt habe. Außerdem habe sie die Ansprüche aus der Lebensversicherung zur Besicherung eines Darlehens abgetreten.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.

III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).

1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil es meinte, die Frage, ob das Policenmodell mit der Zweiten und Dritten Richtlinie Lebensversicherung vereinbar ist, sei von grundsätzlicher Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt. Diese Frage stellt sich hier jedoch nicht.

a) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation und eine sowohl formell als auch inhaltlich ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung. Entgegen der Ansicht der Revision sind die fristauslösenden Unterlagen deutlich bezeichnet. Zwar ist im ersten Satz der Widerspruchsbelehrung nur von den "Unterlagen" die Rede. Im zweiten Satz werden die Unterlagen aber vollständig aufgezählt. Der Zusammenhang zwischen dem Erhalt der Vertragsunterlagen und dem Beginn der Widerspruchsfrist ist für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer aufgrund der unmittelbar aufeinander folgenden zwei Sätze der Belehrung klar erkennbar. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 14-tägigen Widerspruchsfrist erklärte d. VN den Widerspruch nicht.

b) Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG VersR 2015, 693 Rn. 30 ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D. VN ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom 16. Juli 2014 aaO Rn. 32-42; BVerfG aaO Rn. 42 ff.). D. VN verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ sie bei Vertragsschluss 2001 ungenutzt verstreichen. Sie zahlte in der Folge acht Jahre die Versicherungsprämien. Die jahrelangen Prämienzahlungen der bereits 2001 über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten VN haben bei dem Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Vertrauensbildend wirkte hier zudem, dass d. VN im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages die Rechte aus diesem zur Absicherung eines Darlehens abtrat und der Versicherer vom Abtretungsempfänger darüber informiert wurde, dass mit d. VN vereinbart worden sei, dass "der Abschluß und die unveränderte Aufrechterhaltung der Lebensversicherung/en Voraussetzung für die Einräumung eines günstigeren Zinssatzes" sei. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.

c) Die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben beeinträchtigt auch angesichts der besonderen Umstände des Streitfalles - entgegen den Überlegungen des Berufungsgerichts - die praktische Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts und den Sinn und Zweck des W iderspruchsrechts nicht. Die Erwägungen der Zweiten und Dritten Richtlinie Lebensversicherung, eine genaue Belehrung der Versicherungsnehmer über ihr Rücktrittsrecht vor Abschluss des Vertrages sicherzustellen, werden auch hier nicht berührt, denn entscheidend ist im Streitfall, dass d. VN, der dem geltenden nationalen Recht entsprechend ordnungsgemäß über die Möglichkeit belehrt worden ist, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen gleichwohl in Vollzug gesetzt und ihn über mehrere Jahre durchgeführt hat (vgl. ergänzend Senatsurteil vom 10. Juni 2015 - IV ZR 105/13, VersR 2015, 876 Rn. 13 f.).

2. Aus den dargelegten Gründen hält das Berufungsurteil rechtlicher Prüfung stand.

Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski Lehmann Dr. Brockmöller Vorinstanzen:

LG Wiesbaden, Entscheidung vom 20.03.2014 - 5 O 156/13 OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 11.02.2015 - 7 U 49/14 -

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