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V ZB 201/17

BUNDESGERICHTSHOF V ZB 201/17 BESCHLUSS vom 25. Januar 2018 in der Abschiebungshaftsache ECLI:DE:BGH:2018:250118BVZB201.17.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Weinland und die Richter Dr. Kazele, Dr. Göbel und Dr. Hamdorf beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 31. Mai 2017 und der Beschluss der 26. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 29. August 2017 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden dem Landkreis Gütersloh auferlegt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

I.

Der Betroffene, ein marokkanischer Staatsangehöriger, reiste im April 2015 ohne gültige Ausweispapiere in das Bundesgebiet ein. Mit Beschluss vom 31. Mai 2017 hat das Amtsgericht Haft bis zum 30. August 2017 zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen angeordnet. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde beantragt der zwischenzeitlich nach Marokko abgeschobene Betroffene die Feststellung, durch die Beschlüsse des Amts- und des Landgerichts in seinen Rechten verletzt worden zu sein. Die beteiligte Behörde beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Haftanordnung und die sie bestätigende Beschwerdeentscheidung haben den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt.

1. Es fehlt an einem zulässigen Haftantrag.

a) Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Darzulegen ist unter anderem die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 FamFG); hierfür ist darzustellen, welche Schritte zur Abschiebung des Betroffenen erforderlich sind und welchen Zeitraum sie jeweils in Anspruch nehmen. Fehlt es daran, darf nach ständiger Rechtsprechung des Senats die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden (vgl. nur Senat, Beschluss vom 27. September 2017 - V ZB 29/17, juris Rn. 6 mwN). Aus dem Beschluss des Senats vom 15. Oktober 2015 - V ZB 82/14 (juris Rn. 7), wonach die inhaltliche Fehlerhaftigkeit einer hinreichend detaillierten Darstellung nicht zur Unzulässigkeit des Haftantrags führt, sondern dies die sachliche Begründetheit des Antrags betrifft, folgt entgegen der Auffassung der Behörde nicht, dass dies auch für einen unzureichend begründeten Haftantrag gelten muss. Das Erfordernis einer Begründung des Haftantrags ergibt sich aus § 417 Abs. 2 Satz 1 FamFG. Hinreichend detaillierte Angaben zur Erforderlichkeit der beantragten Haftdauer sind insbesondere vor dem Hintergrund nötig, dass die Haft nach § 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken ist (vgl. Senat, Beschluss vom 20. September 2017 - V ZB 74/17, Rn. 9, juris). Enthält der Haftantrag hierzu nur unzulängliche Angaben, stellt er keine hinreichende Grundlage für die beantragte Haft dar.

b) Der Haftantrag der beteiligten Behörde entspricht nicht den Begründungsanforderungen. Er lässt nicht erkennen, warum eine Haftdauer von drei Monaten zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen nach Marokko erforderlich ist.

Der Haftantrag enthält nur lückenhafte Ausführungen zu den für die Abschiebung des Betroffenen erforderlichen Schritten und deren Zeitdauer. Soweit die beteiligte Behörde darin angibt, es werde ein Verfahren mit dem marokkanischen Generalkonsulat (altes Verfahren) durchgeführt, fehlen jegliche Angaben zu den hierfür notwendigen Schritten und der erforderlichen Zeitdauer. Aber auch hinsichtlich des parallel daneben betriebenen „neuen beschleunigten“ Verfahrens sind die Angaben unvollständig. In dem Haftantrag werden zwar die einzelnen Schritte für die Übersendung eines Datensatzes mit digitalen Fingerabdrücken des Betroffenen nach Marokko dargestellt. Welche Zeitdauer dies erfahrungsgemäß in Anspruch nimmt, lässt sich dem Haftantrag aber nicht entnehmen. Der Haftantrag verhält sich lediglich zu der nach Eingang des Datensatzes bei den marokkanischen Behörden laufenden Überprüfungsfrist von 45 Tagen. Welche Maßnahmen im Anschluss an die Überprüfungsfrist notwendig sind, um die Abschiebung durchzuführen, wird in dem Haftantrag wiederum nicht dargelegt. Die Ausführungen sind daher nicht geeignet, die Notwendigkeit einer Haftdauer von drei Monaten plausibel zu begründen.

2. Der unzulässige Haftantrag ist im Beschwerdeverfahren nicht geheilt worden.

a) Mängel des Haftantrags können behoben werden, indem die Behörde von sich aus oder auf richterlichen Hinweis ihre Darlegungen ergänzt und dadurch die Lücken in ihrem Haftantrag schließt, oder indem der Haftrichter selbst die Voraussetzungen zur Durchführbarkeit der Ab- oder Zurückschiebung des Ausländers und zu der dafür erforderlichen Haftdauer in seiner Entscheidung feststellt (§ 26 FamFG, vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 16. Juli 2014 - V ZB 80/13, InfAuslR 2014, 384 Rn. 21 ff.). Zwingende weitere Voraussetzung für eine rechtmäßige Haftanordnung ist in einem solchen Fall aber, dass der Betroffene zu den ergänzenden Angaben persönlich angehört wird (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschluss vom 15. September 2016 - V ZB 30/16, juris Rn. 10 mwN).

b) Diesen Anforderungen ist nicht genügt. Die beteiligte Behörde hat im Beschwerdeverfahren zwar ergänzende Angaben zu der notwendigen Zeitdauer für die Durchführung der Abschiebung des Betroffenen gemacht. Das Beschwerdegericht hat den Betroffenen hierzu aber nicht persönlich angehört.

3. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG). Da die angeordnete Haftzeit bereits abgelaufen ist, hätte eine Nachholung der unterlassenen Anhörung des Betroffenen durch das Beschwerdegericht auf die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung keine Auswirkungen. Denn eine Heilung könnte nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 EMRK analog. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 36 Abs. 3 GNotKG.

Stresemann Göbel Weinland Hamdorf Kazele Vorinstanzen:

AG Darmstadt, Entscheidung vom 31.05.2017 - 272 XIV 193/17 LG Darmstadt, Entscheidung vom 29.08.2017 - 26 T 5/17 -

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2 417 FamFG
1 62 AufenthG
1 5 EMRK
1 26 FamFG
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1 83 FamFG
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