2 Ni 10/17 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 10/17 (EP) verbunden mit 2 Ni 11/17 (EP)
(Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Zugestellt an Verkündungs statt am
25. März 2019 …
In der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BPatG:2019:250319U2Ni10.17EP.0
…
betreffend das europäische Patent 1 440 525 (DE 602 42 895)
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Guth sowie der Richterin Hartlieb und der Richter Dipl. Phys. Dr. rer. nat. Friedrich, Dipl. Phys. Dr. rer. nat. Zebisch und Dr.-Ing. Kapels für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 440 525 wird im Umfang seiner Ansprüche 1, 2 und 10 bis 14 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120%
des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Nichtigkeitsklagen betreffen das auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilte und am 15. Oktober 2002 in der Verfahrenssprache Englisch international angemeldete europäische Patent 1 440 525 mit der Bezeichnung „Radio Communication System“ bzw. „Funkkommunikationssystem“, das die Prioritäten der Voranmeldungen GB 0125175 vom 19. Oktober 2001 sowie GB 0126421 vom 5. November 2001 in Anspruch nimmt und vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 602 42 895 geführt wird. Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung (EP 1 440 525 B1) ist der 9. Mai 2012, wobei die dem Streitpatent zugrundeliegende internationale Anmeldung am 24. April 2003 mit der WO 2003/034611 A2 offengelegt worden ist.
Das Streitpatent umfasst 15 Patentansprüche mit vier unabhängigen Ansprüchen 1, 5, 10 und 15 sowie elf abhängigen Ansprüchen, von denen die Ansprüche 2 bis 4 direkt oder indirekt auf den Vorrichtungsanspruch 1, die Ansprüche 6 bis 9 direkt oder indirekt auf den nebengeordneten Vorrichtungsanspruch 5 und die Ansprüche 11 bis 14 direkt oder indirekt auf den nebengeordneten Vorrichtungsanspruch 10 rückbezogen sind.
Die unabhängigen erteilten Ansprüche 1, 5, 10 und 15 sind in fast gleichlautender Weise auf ein entsprechendes Funkkommunikationssystem, eine Primärstation, eine Sekundärstation und ein Verfahren gerichtet.
Die Klage der Klägerin zu 1 richtet sich gegen die Ansprüche 1, 2 und 10 bis 14, die Klage der Klägerin zu 2 gegen den Anspruch 10.
Die angegriffenen erteilten Ansprüche 1 und 10 haben in der relevanten englischsprachigen sowie in der deutschen Übersetzung mit einer Gliederung entsprechend dem Verletzungsurteil (NK16 bzw. WW 17) versehen folgenden Wortlaut:
Anspruch 1 in der Verfahrenssprache Englisch a) A radio communication system having b) a communication channel for the transmission of data packets from a primary station (100) to a secondary station (110) c) the secondary station having receiving means for receiving a data packet (202) and d) acknowledgement means for transmitting a signal to the primary station to indicate the status of a received data packet, e) which signal is selected from a set of at least two available signal types (204, 206), f) wherein the acknowledgement means is arranged to select the power level at which the signal is transmitted f1) depending on its type and f2) in dependence on an indication of the power level at which each type of signal is transmitted, the indication being signaled from the primary station to the secondary station.
Anspruch 1 in deutscher Übersetzung:
a) Funkkommunikationssystem mit b) einem Übertragungskanal zur Übertragung von Datenpaketen von einer Primärstation (100) zu einer Sekundärstation (110), c) wobei die Sekundärstation Empfangsmittel zum Empfang eines Datenpakets (202) sowie d) Rückmeldungsmittel zur Übertragung eines Signals zu der Primärstation aufweist, um den Status eines empfangenen Datenpakets anzuzeigen, e) wobei das Signal aus einer Gruppe von mindestens zwei zur Verfügung stehenden Signaltypen ausgewählt wird, f) wobei die Rückmeldungsmittel so eingerichtet sind, dass sie den Leistungspegel auswählen, bei dem das Signal übertragen wird,
f1) in Abhängigkeit seines Typs sowie f2) in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels übertragen wird, bei dem jeder Signaltyp übermittelt wird, wobei die Angabe von der Primärstation zu der Sekundärstation übertragen wird.
Anspruch 10 in der Verfahrenssprache Englisch a) A secondary station (110) for use in a radio communication system having b) a communication channel for the transmission of data packets from a primary station (100) to the secondary station,
c) wherein receiving means are provided for receiving a data packet (202) from the primary station and d) acknowledgement means are provided for transmitting a signal to the primary station (204, 206) to indicate the status of a received data packet,
e) which signal is selected from a set of at least two available signal types,
f) wherein the acknowledgement means is arranged to select the power level at which the signal is transmitted f1) depending on its type and f2) in dependence on an indication of the power level at which each type of signal is transmitted, the indication being signaled from the primary station to the secondary station.
Anspruch 10 in deutscher Übersetzung:
a) Sekundärstation (110) zum Einsatz in einem Funkkommunikationssystem mit b) einem Übertragungskanal zur Übertragung von Datenpaketen von einer Primärstation (100) zu der Sekundärstation,
c) wobei Empfangsmittel vorgesehen sind, um ein Datenpaket (202) von der Primärstation zu empfangen, und d) Rückmeldungsmittel vorgesehen sind, um der Primärstation ein Signal (204, 206) zur Angabe des Status eines empfangenen Datenpakets zu übermitteln,
e) wobei das Signal aus einer Gruppe von mindestens zwei zur Verfügung stehenden Signaltypen ausgewählt wird,
f) wobei die Rückmeldungsmittel so eingerichtet sind, dass sie den Leistungspegel auswählen, bei dem das Signal gesendet wird, f1) in Abhängigkeit seines Typs sowie f2) in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels gesendet wird, bei dem jeder Signaltyp übermittelt wird, wobei die Angabe von der Primärstation zu der Sekundärstation übertragen wird.
Dabei wurde in der deutschen Übersetzung die von der Klägerin zu 2 angesprochene Ungenauigkeit der Übersetzung in der Patentschrift korrigiert.
Diesen Ansprüchen schließen sich die jeweils rückbezogenen, angegriffenen Ansprüche 2 und 11 bis 14 an. Hinsichtlich des Wortlauts dieser weiteren Patentansprüche wird auf die Patentschrift EP 1 440 525 B1 verwiesen.
Die Beklagte verteidigt die jeweils angegriffenen Ansprüche des Streitpatents in der erteilten Fassung gemäß Hauptantrag und hilfsweise in beschränktem Umfang mit drei Hilfsanträgen.
Im Anspruch 1 des Hilfsantrags 0a ist ausgehend von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag das Merkmal f2) im Anspruch 1 wie folgt (in kursiver Schrift) ergänzt:
„in dependence on an indication of the power level at which each type of signal is transmitted, and wherein the indication determines how the power level depends on the type of signal, the indication being signaled from the primary station to the secondary station.”
Anspruch 10 ist entsprechend ergänzt.
Gemäß Hilfsantrag I sind die erteilten Ansprüche 1 und 10 durch Anfügen wie folgt ergänzt:
„..., wherein the available signal types include signals indicating positive and negative acknowledgements (ACK, NACK),
wherein the indication specifies the power level relative to the pilot bits on the uplink dedicated control channel.”,
und der erteilte Anspruch 11 ist - gemäß Streichung - wie folgt beschränkt:
„11. A secondary station as claimed in claim 10, characterized in that the signal types include signals indicating positive and negative acknowledgements and in that the acknowledgement means transmits negative acknowledgements at a higher power than positive acknowledgements." Die Ansprüche 12, 13, und 14 sind gestrichen.
Gemäß Hilfsantrag II betreffen die Ansprüche 1 und 10 – ausgehend von Hilfsantrag I – ein
„UMTS radio communication system.“
Wegen des Wortlauts der weiteren Ansprüche der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträge 0a, I und II wird auf die mit Schriftsätzen vom 11. Dezember 2018 eingereichten Hilfsanträge sowie auf die Anlage des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2018 verwiesen.
Die Klägerin zu 1 greift das Streitpatent im Umfang seiner Ansprüche 1, 2, 10 bis 14 an, die Klägerin zu 2 im Umfang des Anspruchs 10.
Die Klägerinnen machen die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung und der fehlenden Patentfähigkeit geltend.
Zur Stützung ihres Vorbringens nennt die Klägerin zu 1 u. a. folgende Dokumente:
WW 1 WW 2 WW 3 WW 3a WW 3b WW 4 WW 5 WW 6 WW 6a WW 7 WW 7a WW 8 WW 8a WW 9 WW 9a EP 1 440 525 B1 (Streitpatent) DPMA Registerauszug zum Streitpatent Faisal Shad und Brian Classon: Optimal Antipodal Signaling; 3GPP2/TSG-C C50-20010709-024 Approved Summary of 3GPP2 TSG-C Meetings for 9-13 July 2001 in Montreal, PQ Nokia Pressemitteilung vom 21. März 2000: Nokia, Motorola to push 1XTREME into open wireless standards Physical Layer Standard for cdma2000 Spread Spectrum Systems, Release 0, 3GPP2 C.S0002, Version 3.0, Version Date: June 15, 2001 WO 99/23844 A2 WO 01/80477 A1 EP 1 273 123 B1 Sophia Antipolis, TSG-RAN Working Group 1 and 2 Adhoc; „Control Channel Structure for High Speed DSCH (HS-DSCH), TSGR1/R212A010021 Beleg der öffentlichen Verfügbarkeit des Dokuments WW 7 seit 3. April 2001 3G TS 25.214 V3.2.0 (2000-03), 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group Radio Access Network; Physical layer procedures (FDD) (Release 1999), 3GPP Beleg der öffentlichen Verfügbarkeit des Dokuments WW 8 seit 15. März 2000 Nokia, Hybrid ARQ protocol for HSDPA, TSG-RAN WG2 23, R2011974, Helsinki, Finland August 27th - 31st, 2001 Beleg der öffentlichen Verfügbarkeit des Dokuments WW 9 seit 4. September 2001 WW 10 WW 10a WW 11 WW 12 WW 13 WW 14 WW 15 WW 16 WW 17 WW 18 WW19 WW20 WW20a WW21 WW21a WW21b WW22
3GPP TR 25.855 V1.1.0_draft (2001-07), 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group Radio Access Network; High Speed Downlink Packet Access; Overall UTRAN Description (Release 5), 3GPP Beleg der öffentlichen Verfügbarkeit des Dokuments WW 10 seit 19. Juli 2001 EP 1 050 977 A2 EP 0 797 327 A2 EPA-Prüfungsbescheid vom 18. Dezember 2008 Merkmalsanalyse des Streitpatentanspruchs 10 Bescheidserwiderung vom 26. Juni 2009 WO 03/034611 A2 (Offenlegungsschrift der internationalen Anmeldung des Streitpatents) Urteil des Landgerichts Mannheim mit dem Aktenzeichen 7 O 238/15 im Verletzungsverfahren ETSI TS 125 214 V5.9.0 (2004-06), Universal Mobile Telecommunication System (UMTS); Physical layer procedures (FDD) (3GPP TS 25.214 version 5.9.0 Release 5) Urteil der Rechtbank Den Haag in der Sache C/09/514186 / HA ZA 16-805 englische Übersetzung der WW19 auszugsweise deutsche Übersetzung der WW19 3GPP2 C.S0024 Version 2.0, October 27, 2000; cdma2000 High Rate Packet Data Air Interface Specification Übersicht der „Radio Interference Documents“, die mit „C“ beginnen und der Technischen Spezifizierungsgruppe TSG-C zuzuordnen sind Meeting Summary des TSG-C Meetings vom 23. bis 27. Oktober 2000 in Kyoto, Japan; 3GPP2-C00-20001204-002 3GPP2 Publication Numbering Guidelines 3GPP2 SC.R1002-0 Version 1.0, 12 February 2004 WW23, a, b Amitava Ghosh u. a.; Air-Interface for 1XTREME/1xEV-DV; In: IEEE VTS 53rd Vehicular Technolgoy Conference, Spring 2001, 1. Juni 2001, ISBN: 0-7803-6728-6 WW 24, a Robert Love u. a., High Speed Downlink Packet Access Performance; In: IEEE VTS 53rd Vehicular Technology Conference, Spring 2001, 1. Juni 2001, ISBN: 0-7803-6728-6 WW25, a, b George Fry, Giridhar Mandya; Evolving the Capabilities of IS-2000: An Overview of 1XTREME; In: RAWCON 2000. 2000 IEEE Radio and Wireless Conference: Denver, September 10-13, 2000, 1. November 2000, ISBN: 0-7803-6267-5.
Die Klägerin zu 1 ist der Ansicht, die erteilten Ansprüche 1, 2 und 10 bis 14 beinhalteten gegenüber den ursprünglichen Anmeldeunterlagen eine unzulässige Erweiterung bezüglich des Merkmals „Angabe des Leistungspegels, auf dem jeder Signaltyp übermittelt wird“.
Der Gegenstand des Anspruchs 10 sei zudem nicht neu gegenüber jeder der Druckschriften WW 3, WW 4, WW 5, WW 6 (im Prioritätsintervall veröffentlichte ältere Anmeldung), WW 7 mit WW 8, sowie WW 9 mit WW 10 und sei durch WW 21 mit WW 3 nahegelegt. Der Gegenstand des abhängigen Anspruchs 11 sei nicht neu gegenüber jeder der Druckschriften WW 5 und WW 6. Das Zusatzmerkmal des abhängigen Anspruchs 12 sei aus der Druckschrift WW 11 bekannt. Der Gegenstand des abhängigen Anspruchs 13 sei nicht neu gegenüber den Druckschriften WW 9 mit WW 10 und sei nahegelegt durch die zweite Verwirklichung der Druckschrift WW 3 in Kombination mit einem der Dokumente WW 23, WW 24 oder WW 25. Das Zusatzmerkmal des Anspruchs 13 sei auch aus der Druckschrift WW 12 bekannt. Darüber hinaus sei der Gegenstand des Anspruchs 14 nicht neu jeweils gegenüber den Druckschriften WW 5, WW 6, WW 7 mit WW 8 und WW 9 mit WW 10 und das Zusatzmerkmal des Anspruchs 2 sei aus jeder der Druckschriften WW 3, WW 5, WW 6 (im Prioritätsintervall veröffentlichte ältere Anmeldung), WW 7 und WW 9 bekannt.
Die Klägerin verweist zur Rechtsbeständigkeit des Streitpatents insbesondere auch auf ein Verfahren vor dem District Court The Hague, der die Patentfähigkeit verneint habe.
Der Gegenstand von Hilfsantrag I sei durch die Kombination WW 3 mit WW 4 bekannt bzw. nahegelegt, der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche gemäß Hilfsantrag II sei im Hinblick auf die zweite und dritte Verwirklichung der WW 3 nicht patentfähig.
Die Klägerin zu 2 nennt zur Stützung ihres Vorbringens u. a. folgende Dokumente:
NK1 NK1a NK1b NK1c NK1d NK1e NK2 NK2a NK3 Faisal Shad und Brian Classon: Optimal Antipodal Signaling; 3GPP2/TSG-C C50-20010709-024 (=WW 3) Faisal Shad und Brian Classon: Optimal Antipodal Signaling; 3GPP2/TSG-C C50-20010709-024R1 Contribution List des 3GPP2 TSG-C3 vom 9. bis 13. Juli 2001 in Montreal 3GPP2-C00-20010820-002, TSG-C Meeting Summary 9 - 13 July 2001 Montreal, PQ Nokia Pressemitteilung vom 21. März 2000: Nokia, Motorola to push 1XTREME into open wireless standards (=WW 3b) Auszüge aus 3GPP2 C.S0002 Version 3.0, June 15, 2001; Physical Layer Standard for cdma2000 Spread Spectrum Systems http://www.3gpp2.org/public_html/specs/0.S0002-0_v3.0.pdf, TSG-RAN Working Group 1 21, Korpilampi, Finland, June 26-28, 2001; R1-01-0744; ACK/NACK Control Channel Reliability for High Speed Downlink Packet Access (HSDPA) 3GPP ftp Server Inhaltsverzeichnis betreffend NK3 und NK2 TSGR1-01-0***, DTSG-RAN Working Group 1 meeting No. 21 August 27-31, Turin, Italy; Secretary; Draft Minutes for 3GPP TSG-RAN WG1 Rel-5 Ad Hoc Meeting, June 26th, 2001, in Espoo, Finland NK4 NK4a NK4b NK4c NK5 NK6 NK7 NK8 NK8a NK9 NK10 NK11 NK12 NK12a NK13 NK14 NK14a NK15 NK16 NK17 Sophia Antipolis, TSG-RAN Working Group 1 and 2 Adhoc; „Control Channel Structure for High Speed DSCH (HS-DSCH), TSGR1/R212A010021 (=WW 7) 3GPP ftp Server Inhaltsverzeichnis betreffend NK4 3G TS 25.214 V3.2.0 (2000-03), 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group Radio Access Network; Physical layer procedures (FDD) (Release 1999), 3GPP (=WW 8) Internetauszug 3GPP Specification detail 3GPP specification: 25.214 WO 01/78252 A1 US 5 918 174 A WO 01/80477 A1 (=WW 6) TSG-RAN Working Group 2 (Radio layer 2 and Radio layer 3) Helsinki, 27th to 31th Aug 2001, TSGR2 23(01)1884; Error-recovery for S&W for HSDPA 3GPP ftp Server Inhaltsverzeichnis betreffend NK8 US 5 995 496 A US 4 888 767 Vergleich der erteilten Ansprüche 5 und 10 mit den korrespondierenden erteilten Ansprüchen 5 und 11 des koreanischen Patents KR 100 978 014 B1 JP 2821430 B2 Maschinenübersetzung zur JP 2821430 B2 Auszug aus der Klageschrift im Verletzungsverfahren, soweit sie das streitgegenständliche Patent betrifft; Merkmalsgliederung des erteilten Anspruchs 10, einsprachig und zweisprachig 3GPP ETSI TS 125 331 V3.8.0 (2001-09), (3GPP TS 25.331 version 3.8.0 Release 1999) WO 03/034611 A2 (=WW 16) Urteil des Landgerichts Mannheim mit dem Aktenzeichen 7 O 238/15 im Verletzungsverfahren (=WW 17) Replik der Beklagten im Verletzungsverfahren 7 O 43/16 NK18 NK19 NK20 NK21, 27 NK22 NK23 NK24 NK24a NK25, a NK26, a NK27 NK28, a NK29 NK30 NK31
3GPP TS 25.331 V3.6.0 (2001-03), Seiten 1-55, 272-294, 411-413, März 2001 ETSI TS 24.007 v3.6.0 (2000-12), Dezember 2000 Erläuterung zum UMTS Protocol Stack Harri Holma, Antti Toskala (ed.); WCDMA FOR UMTS Radio Access For Third Generation Mobile Communications, 2000, John Wiley & Sons, ISBN: 0 471 72051 8, auszugsweise Summary of 3GPP/3GPP2 Harmonization Meeting for 1314 November 2001 in East Brunswick, NJ 3GPP TSG-T 4 Miami, US, 17-18 June 1999; 3GPP TSG-T2 4 / ETSI SMG4, Miami, US, 14-16 June 1999; Harmonized Global 3G (G3G) Technical Framework for ITU IMT-2000 CDMA Proposal Vortrag vom 31. Mai 2001, Rodger E. Ziemer, 3G CDMA – WCDMA and cdma 2000, May 28 – June 1, 2001 Seattle Communications (COM-19) Society Chapter, Index of presentations Teracom Training Institute: Article: 3G Cellular: cdma2000 vs. UMTS Tero Ojanperä, Ramjee Prasad; An Overview of Air Interface Multiple Access for IMT-2000/UMTS; In: IEEE Communications Magazine, September 1998, Seiten 82-95 Auszug aus “WCDMA FOR UMTS” by Harri Halma and Antti Toskala aus dem Jahr 2000 Erik Dahlmann u. a.; UMTS/IMT-2000 Based on Wideband CDMA; In IEEE Communications Magazine, September 1998, Seiten 70-80 Prioritätsdokumente des Streitpatents ARIB STD-T64-C.S0017-0 Data Service Options for Spread Spectrum Systems, April 1999 Kimmo Hiltunen, S-38.220 Licentiate Course on Signal Processing in Communications, FALL – 97; Coding and Interleaving in CDMA, 30.10.1997 NK32, a NK33 NK33a, b NK33c NK33d NK33e NK33f NK33g NK33h, i NK34, a NK35, a Error-recovery for S&W in HSDPA; TSGR2 24(01)2366; TSG-RAN Working Group 2 (Radio layer 2 and Radio layer 3) New York, USA, 22th to 26th Oct 2001 Approved Report of the 24th TSG-RAN WG2 meeting; R2-012405; TSG-RAN WG2 meeting 25 Makuhari, Japan, 26 – 30 November 2001 Draft Report of the 24th TSG-RAN WG2 meeting; R2-012404, TSGRAN WG2 meeting 25 Makuhari, Japan, 26 - 30 November 2001 3 GPP TR 25.855 V5.0.0 (2001-09), Technical Specification, 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group Radio Access Network; High Speed Downlink Packet Access; Overall UTRAN Description (Release 5) Uplink signalling for Hybrid ARQ; R1-01-0571; 3GPP TSG-RAN1 20 May 21-25, 2001 Busan, Korea HSDPA related signaling parameters in downlink; Tdoc 12A010005; TSG-RAN WG1/WG2 adhoc on HSDPA; Sophia Antipolis, France, April 5th-6th , 2001 3GPP TS 25.211 V4.2.0 (2001-09), Technical Specification, 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group Radio Access Network; Physical channels and mapping of transport channels onto physical channels (FDD) (Release 4) 3G TS 25.213 V4.1.0 (2001-06), Technical Specification, 3rd Generation Partnership Project; Technical Specification Group Radio Access Network; Spreading and modulation (FDD) (Release 4) HSDPA signaling in uplink; TSG R1-01-0698 WG1 Rel'5 AdHoc; TSGRAN WG1 Release'5 AdHoc Espoo, Finland June 26th-28th , 2001 Power requirements for uplink ACK/NACK signaling; TSGR1(01)1058; TSG RAN WG1 ad hoc, Sophia Antipolis, France, 5th – 7th November 2001 Performance Results of the error-recovery for S&W in HSDPA; TSGR2 24(01)2368; TSG-RAN Working Group 2 (Radio layer 2 and Radio layer 3), New York, USA, 22th to 26th Oct 2001 AR8 AR9 AR10 Gutachten von Dr. S… Gutachten von C… Gutachten von T…)
Die Klägerin zu 2 macht neben einer unzulässigen Erweiterung insbesondere geltend, dass der Gegenstand des Anspruchs 10 nicht neu sei gegenüber jeder der Druckschriften NK1, NK1a, NK2, NK3, NK4 mit NK4b, NK5, NK6, NK7 und auch auf keiner erfinderischen Tätigkeit jeweils hinsichtlich der Druckschriften NK1, NK1a, NK2, NK3, NK4 und NK6 beruhe.
Dies gelte entsprechend für den Gegenstand der Hilfsanträge, die unzulässige Erweiterungen enthielten und die erste Priorität vom 19. Oktober 2001 nicht in Anspruch nehmen könnten, auch in Bezug auf weitere Entgegenhaltungen wie die Dokumente NK33c, NK33d, NK33e, NK33f, NK33g und/oder NK33h, NK34 und NK35.
Die Klägerin zu 1 stellt den Antrag,
das europäische Patent 1 440 525 im Umfang seiner Ansprüche 1, 2 sowie 10 bis 14 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Klägerin zu 2 stellt den Antrag,
das europäische Patent 1 440 525 im Umfang seines Anspruchs 10 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Klägerinnen zu 1 und 2 rügen den in der mündlichen Verhandlung übergebenen Hilfsantrag 0a als verspätet. Sie hätten nicht ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt, sich mit der möglicherweise komplexen neuen Problematik zu beschäftigen und dazu fundiert Stellung zu nehmen.
Die Klägerin zu 1 hat mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 3. Januar 2019 ihren in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag, den Hilfsantrag 0a als verspätet zurückzuweisen mit näheren Ausführungen wiederholt und hilfsweise die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt. Die Klägerin zu 2 hat sich mit Schriftsatz vom 10. Januar 2019 den Vortrag der Klägerin zu 1 zu eigen gemacht und beantragt, den Hilfsantrag 0a als verspätet zurückzuweisen und hilfsweise die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen sowie mit weiterem Schriftsatz vom 12. Februar 2019 nähere Ausführungen gemacht.
Die Beklagte erklärt, dass sie die im Streit befindlichen Ansprüche gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen jeweils als Gesamtheit beanspruche und stellt den Antrag,
die Klagen abzuweisen,
hilfsweise unter Klageabweisung im Übrigen das europäische Patent 1 440 525 dadurch teilweise für nichtig zu erklären, dass seine Patentansprüche 1, 2 sowie 10 bis 14 die Fassung eines der Hilfsanträge 0a, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, I oder II vom 11. Dezember 2018, in dieser Reihenfolge, erhalten.
Die Beklagte hat folgende Unterlagen eingereicht:
NB1 Gutachten von F…
NB2
2nd statement Dr. S…
NB3 P… v A… Trial A judgement NB3a P… v A… Trial A judgement_DE-translation NB4 Ibis IV Gutachten G… als von A… beauftragter Experte NB5 Ibis IV Gutachten E… als von P… beauftragter Experte.
Die Beklagte, die die angegriffenen Ansprüche des Streitpatents in vollem Umfang und hilfsweise beschränkt mit drei Hilfsanträgen verteidigt, tritt der Argumentation der Klägerin entgegen und verweist zur Patentfähigkeit u. a. auf ein Urteil des englischen High Court of Justice (NB3).
Sie ist zudem der Ansicht, dass eine unzulässige Erweiterung der Gegenstände der angegriffenen Ansprüche des Streitpatents nicht vorliege.
Jedenfalls aber sei das Streitpatent in der Fassung der Hilfsanträge I und II, die die Bedenken des Senats berücksichtigten, sowie in der Fassung des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrages 0a bestandsfähig. Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2019 ist sie den Ausführungen der Klägerinnen zu deren Verspätungseinwand hinsichtlich des Hilfsantrags 0a entgegengetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe Die Klage, mit der der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ, beide i. V. m. Artikel 54 und Artikel 56 EPÜ) geltend gemacht wird, ist zulässig.
Sie ist auch begründet. Das Streitpatent hat weder in der erteilten Fassung nach Hauptantrag noch in der Fassung eines der Hilfsanträge Bestand, da dem Gegenstand des Patents in der Fassung des Hauptantrags und der Hilfsanträge 0a, I und II der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit entgegensteht.
Auf die Frage, ob die in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgelegte Fassung, in der die Beklagte das Streitpatent zusätzlich mit Hilfsantrag 0a verteidigt, wegen § 83 Abs. 4 PatG zurückzuweisen wäre, kam es daher nicht an.
Es bedarf daher auch keiner abschließenden Entscheidung, ob den Ansprüchen des Streitpatents in der Fassung der Hilfsanträge I und II auch der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung entgegensteht.
Denn selbst wenn man zugunsten der Beklagten annimmt, dass der Hilfsantrag 0a nicht von der Präklusionswirkung des § 83 Abs. 4 PatG erfasst wäre, werden die Sekundärstationen des unabhängigen Patentanspruchs 10 nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag 0a dem Fachmann durch Druckschrift NK33c nahegelegt, und die Sekundärstationen des unabhängigen Patentanspruchs 10 nach den Hilfsanträgen I und II ergeben sich für den Fachmann in naheliegender Weise ebenfalls aus Druckschrift NK33c in Verbindung mit seinem durch das Lehrbuch NK27 belegten Fachwissen.
Wegen der vor dem angegebenen Prioritätstag des Streitpatents erfolgten Veröffentlichung der Druckschrift NK33c und des Lehrbuchs NK27 bedarf die Frage der wirksamen Inanspruchnahme der Priorität durch das Streitpatent keiner weiteren Prüfung.
I.
1. Das Streitpatent betrifft ein Funkkommunikationssystem, insbesondere ein UMTS-System, sowie eine Primär- und Sekundärstation zur Verwendung in einem solchen System und ein Verfahren zum Betreiben eines entsprechenden Systems.
Nach den Ausführungen in der Beschreibungseinleitung gibt es im Bereich der mobilen Kommunikation eine steigende Nachfrage, auf eine Mobilstation auch größere Datenmengen mit akzeptablen Datenraten herunterladen zu können, bspw. Videodateien oder Webseiten aus dem Internet. Zu diesem Zweck sei im UMTS-System ein High Speed Downlink Packet Access-Schema (HSDPA) entwickelt worden, mit dem Datenpakete mit bis zu 4Mbps zur Mobilstation übertragen werden könnten.
Um mit fehlerhaften Datenübertragungspaketen adäquat umgehen zu können, sei in solchen Paketdatenübertragungssystemen üblicherweise ein ARQ-Prozess (Automatic Repeat Request) enthalten. Betrachte man bspw. den Fall, dass im HSDPA-Schema Datenpakete über einen Downlink-Kanal von einer Basisstation zu einer Mobilstation übertragen werden, so bestimme die Mobilstation, wenn sie ein Datenpaket von der Basisstation empfängt, zunächst, ob das Datenpaket fehlerhaft ist, bspw. mittels einer dem Datenpaket bei der Übertragung hinzugefügten Fehlerschutzinformation (Cyclic Redundancy Check CRC). Danach sende die Mobilstation zur Bestätigung ein Codewort an die Basisstation, wobei ein erstes Codewort als eine Positivbestätigung (Acknowledgement; ACK) verwendet werde, um der Basisstation anzuzeigen, dass das Datenpaket fehlerfrei empfangen wurde, und ein zweites Codewort als eine Negativbestätigung (Negative Acknowledgement; NACK) verwendet werde, um der Basisstation anzuzeigen, dass das Datenpaket zwar empfangen wurde, aber fehlerhaft sei.
Problematisch an diesem ARQ-Schema sei jedoch, dass sich Fehler in den ACKs und NACKs unterschiedlich stark auf weitere Übertragungsvorgänge auswirken würden. Denn, wenn die Mobilstation der Basisstation bspw. durch die Übertragung eines NACK den fehlerhaften Empfang eines Datenpakets mitteile, führe dies in der Regel dazu, dass die Basisstation das Datenpaket erneut übertrage. Empfange die Basisstation nun fälschlicherweise ein NACK, obwohl von der Mobilstation ein ACK übertragen wurde, werde das entsprechende Datenpaket erneut übertragen, obwohl dies eigentlich nicht nötig wäre, da es von der Mobilstation ja fehlerfrei empfangen worden sei. Dieser Fall führe also lediglich zu einer geringen Verschwendung von Systemressourcen.
Folgenreicher sei der Fall, dass die Mobilstation der Basisstation ein NACK sende, um ihr den fehlerhaften Empfang eines Datenpakets mitzuteilen, die Basisstation aber stattdessen irrtümlicherweise ein ACK empfange. Die Basisstation gehe dann von einer korrekten Datenübertragung aus und fahre mit der Datenübertragung fort, obwohl die Mobilstation mit diesen Daten wenig anfangen könne, da ihr die vorhergehenden Informationen fehlten. Ein solcher Fehler könne jedoch nur unter relativ großem Ressourcenaufwand wieder korrigiert werden, weshalb die Prob- leme aufgrund eines als ACK aufgefassten NACKS deutlich größer seien als die eines als NACK aufgefassten ACKs.
Zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Systems sei es daher wünschenswert, die Fehleranfälligkeit der ACK/NACK-Dekodierung zu kontrollieren. In einer UMTS-Umgebung könne dies erreicht werden, indem die Basisstation unterschiedliche Empfangsschwellen festlege und die Mobilstation das ACK/NACKCodewort mit einer bestimmten von der Basisstation vorgegebenen Leistung übertragen müsse, wobei die Empfangsschwelle und die Leistung unter Berücksichtigung des Auftretens von ACK/NACK-Fehlern, der Akkuleistung der Mobilstation und möglicher störender Interferenzen festgesetzt werden müssten.
In der deutschen Patentanmeldung DE 101 32 577 A1 werde das Problem eines falschen ACKs dadurch gelöst, dass die Mobilstation an die Basisstation das Codewort REVERT sende, sobald die Mobilstation ein neues Datenpaket empfange, obwohl sie die neuerliche Übersendung eines alten Datenpakets erwarte. Aus der US 4 888 767 sei zudem ein Funkkommunikationssystem bekannt, bei dem die Mobilstation bei einem fehlerhaften Empfang ein Wiederholungsanforderungssignal an die Basisstation sende und bei einem korrekten Empfang kein Signal sende. Die US 5 517 507 A beschreibe ein ähnliches System. Dabei würde ein NACK/ACK-Signal dadurch gesendet, dass ein Energie-Puls einem NACK-Signal und das Ausbleiben eines solchen Energie-Pulses einem ACK-Signal entspreche, d. h. das Senden eines Pulses mit der Leistung Null (vgl. Abs. [0001] bis [0008] des Streitpatents EP 1 440 525 B1).
Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, die Effizienz eines Paketübertragungsverfahrens zu verbessern (vgl. Abs. [0009] des Streitpatents).
2. Als hier zuständiger Fachmann ist ein berufserfahrener Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik oder Nachrichtentechnik zu definieren, der einen Hochschulstudienabschluss besitzt und über eine mehrjährige praktische Erfahrung in der Entwicklung von Verfahren und Vorrichtungen der paketorientierten Datenübertragung in drahtlosen Netzwerken verfügt.
3. Gemäß den erteilten Ansprüchen nach Hauptantrag wird diese Aufgabe durch ein Funkkommunikationssystem nach Anspruch 1, eine Primärstation nach Anspruch 5, eine Sekundärstation nach Anspruch 10 und ein Verfahren zum Betreiben eines Funkkommunikationssystems nach Anspruch 15 gelöst.
3.1 Merkmale a) bis e) des von beiden Klägerinnen angegriffenen erteilten Anspruchs 10 des Hauptantrags: Die Bedeutung der Merkmale a) bis e) des Anspruchs 10 ist zwischen den Parteien unstrittig und ergibt sich direkt aus dem Anspruchswortlaut und den Figuren 1 und 2 mit Beschreibung. Demnach umfasst ein Funkkommunikationssystem bspw. mehrere Mobiltelefone als Mobil- bzw. Sekundärstationen (110) und eine Basisstation als Primärstation (100). Mittels eines Downlink-Kanals (122) als Übertragungskanal können Daten von der Basisstation (100) an das Mobiltelefon (110) gesendet werden, und mittels eines Uplink-Kanals (124) kann das Mobiltelefon Daten bzw. Rückmeldungen an die Basisstation übermitteln. Dazu weist das Mobiltelefon (110) Transceiver (Tx/Rx) und Mikrocontroller (µC) als Empfangs- und Rückmeldungsmittel sowie eine Leistungsregelung (PC) auf, mit der der Leistungspegel, mit dem die Daten bzw. Rückmeldungen übertragen werden, eingestellt werden kann. Um den Status eines empfangenen Datenpakets an die Basisstation zu übermitteln, wählt das Mobiltelefon aus mindestens zwei zur Verfügung stehenden Signaltypen einen Signaltyp aus und sendet diesen mit Hilfe des Rückmeldungsmittels an die Basisstation. Als diesbezügliche Beispiele nennt das Streitpatent u. a. den Signaltyp ACK für korrekten und den Signaltyp NACK für fehlerhaften Datenempfang.
3.2 Merkmalskomplex f) des Anspruchs 10 mit den Merkmalen f1) und f2): Gemäß Merkmal f) sind die Rückmeldungsmittel so eingerichtet, dass sie den Leistungspegel, bei dem das Rückmelde-Signal gesendet wird, auswählen. Im vorliegenden Fall wählen die Rückmeldungsmittel bspw. den Leistungspegel für das ACK- bzw. NACK-Signal aus, wobei gemäß den in den Abs. [0026] bis [0029]
des Streitpatents erläuterten Ausführungsbeispielen dies nicht bedeutet, dass ACK- bzw. NACK-Signal unterschiedliche Leistungspegel aufweisen müssen, sondern nur, dass das Rückmeldungsmittel aus unterschiedlichen Leistungspegeln für die ACK- bzw. NACK-Signale auswählt. Diese Leistungspegel können unterschiedlich aber auch gleich sein, d. h. ACK- bzw. NACK-Signal können mit gleichem oder mit unterschiedlichem Leistungspegel vom Mobiltelefon an die Basisstation gesendet werden. Entscheidend ist lediglich, dass die Rückmeldungsmittel des Mobiltelefons den Leistungspegel, bei dem das Rückmelde-Signal gesendet wird, aus verschiedenen Möglichkeiten auswählen.
Dieses Auswählen des Leistungspegels, bei dem das Rückmelde-Signal gesendet wird, erfolgt nach Merkmal f1) in Abhängigkeit vom Typ des Rückmelde-Signals. Bspw. wählt das Rückmeldungsmittel für das NACK-Signal einen höheren Leistungspegel aus als für das ACK-Signal, um sicher zu gehen, dass das NACKRückmeldesignal von der Basisstation korrekt empfangen wird, da ein von der Basisstation irrtümlicherweise als ACK-Signal empfangenes NACK-Signal kritischer ist als ein von der Basisstation irrtümlicherweise als NACK-Signal empfangenes ACK-Signal. Stattdessen kann das Rückmeldungsmittel für das ACK-Signal aber auch einen höheren Leistungspegel auswählen als für das NACK-Signal oder aber für NACK- und ACK-Signal den gleichen Leistungspegel auswählen.
Zusätzlich erfolgt nach Merkmal f2) das Auswählen des Leistungspegels, bei dem das Rückmelde-Signal gesendet wird, in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels, bei dem jeder Signaltyp übermittelt wird, wobei die Angabe von der Primärstation zu der Sekundärstation übertragen wird. D. h. die Basisstation sendet an das Mobiltelefon eine Angabe des Leistungspegels, bei dem jeder Signaltyp, im vorliegenden Fall also das ACK- und das NACK-Signal, übermittelt wird, und in Abhängigkeit von dieser Angabe wählt das Rückmeldungsmittel des Mobiltelefons den Leistungspegel, bei dem das ACK- bzw. NACK-Signal gesendet wird, aus. Nach Abs. [0029] des Streitpatents erhält das Mobiltelefon vom Netzwerk, d. h. von der Basisstation, bspw. ein Informationsbit mit dem Inhalt „use offset“ oder „no offset“ als Angabe des Leistungspegels, so dass das Rückmeldungsmittel des Mobiltelefons in Abhängigkeit von dieser Angabe den Leistungspegel für ein zu sendendes NACK-Signal um einen vorbestimmten Wert („offset“) gegenüber dem Leistungspegel eines ACK-Signals erhöht oder nicht.
Gemäß dem in Abs. [0040] des Streitpatents erläuterten zweiten Ausführungsbeispiel, wo es heißt: „In the second embodiment, DTX and NACK sent with same (zero) - power, while REVERT sent as a different codeword to ACK but with the same power.”, ist auch die Nichtübertragung eines Signals als eine Übertragung mit Leistung Null im Sinne des Streitpatents anzusehen. Denn nach diesem Ausführungsbeispiel werden das Nichtempfangen (DTX) bzw. das fehlerhafte Empfangen (NACK) eines Datenpakets mit einer Nachricht gleicher Leistung quittiert, wobei diese Leistung, wie das Wort „zero“ in obiger Fundstelle angibt, üblicherweise Null sein wird, weil das mobile Gerät bei Nichtempfangen (DTX) eines Signals auch keine Reaktion und damit auch kein Aussenden eines Signals zeigen wird. Dies ist für den Fachmann auch leicht nachvollziehbar, da die Basisstation bei diesem Beispiel nach dem Aussenden eines Datenpakets eine Reaktion in Form einer Bestätigung erwartet (bspw. ACK mit einer Leistung größer als Null) und beim Ausbleiben einer solchen Bestätigung das Datenpaket noch einmal versendet, was gleichbedeutend damit ist, dass das NACK-Signal mit der Leistung Null versendet wird.
Angesichts dieses Ausführungsbeispiels müssen die Merkmale f), f1) und f2) des Anspruchs 10 ([…] the power level at which the signal is transmitted […] the power level at which each type of signal is transmitted […]) so ausgelegt werden, dass auch der Fall umfasst ist, dass nur ACK-Signale übertragen werden und das Ausbleiben eines ACK-Signals ein NACK-Signal mit der Leistung Null darstellt, oder dass nur NACK-Signale übertragen werden und das Ausbleiben eines NACK-Signals ein ACK-Signal mit der Leistung Null darstellt.
Ausweislich Abs. [0008] des Streitpatents war ein solches Verständnis des Anspruchs auch Grundlage des Prüfungsverfahrens.
Im Rahmen der Auslegung des Streitpatents versteht der Fachmann die Formulierung „in dependence on an indication of the power level“ des Merkmals f2) von Anspruch 1 nicht so eng, dass zwangsläufig ein absoluter Wert für den Leistungspegel von der Basisstation an das Mobiltelefon übermittelt werden muss, sondern dass in Übereinstimmung mit den Ausführungsbeispielen in den Abs. [0026] bis [0029] des Streitpatents auch relative Bezugsgrößen eine entsprechende Angabe darstellen, bspw. die Angabe eines Offset-Werts für den Leistungspegel des NACK-Signals oder auch die Übermittlung eines Informationsbits mit dem Inhalt „use offset“ oder „no offset“ als Angabe des Leistungspegels.
Andererseits versteht der Fachmann die Formulierung „in dependence on an indication of the power level“ des Merkmals f2) von Anspruch 10 auch nicht so breit, dass jede Größe, die von der Basisstation an das Mobiltelefon gesendet wird und in indirekter Weise Einfluss auf den Leistungspegel hat, wie bspw. vorgegebene Fehlerwahrscheinlichkeiten für falsche ACK- oder NACK-Signale, eine Angabe des Leistungspegels darstellt. Vielmehr versteht der Fachmann unter diesem Merkmal nur direkte Bezugnahmen auf den Leistungspegel, bspw. die Angabe eines Offsets, eines absoluten Leistungspegels oder einer vorgegebenen einfachen Rechenoperation wie doppelt so groß usw.
4. Die Lösungen nach den unabhängigen Ansprüchen 1 und 10 des Hilfsantrags 0a präzisieren das Funkkommunikationssystem bzw. die Sekundärstation nach Anspruch 1 bzw. 10 des Hauptantrags insofern, als die Angabe des Leistungspegels zusätzlich festlegt, wie der Leistungspegel vom Signaltyp abhängt.
Demgegenüber konkretisieren die Lösungen nach den unabhängigen Ansprüchen 1 und 10 des Hilfsantrags I das Funkkommunikationssystem bzw. die Sekundärstation nach Anspruch 1 bzw. 10 des Hauptantrags dahingehend, dass die zur Verfügung stehenden Signaltypen Signale beinhalten, die positive und negative Rückmeldungen (ACK, NACK) anzeigen, und dass der Leistungspegel relativ (zum Leistungspegel) der Pilot-Bits auf dem Uplink Dedicated Control Channel angegeben wird.
Mit den Lösungen nach den unabhängigen Ansprüchen 1 und 10 des Hilfsantrags II werden das Funkkommunikationssystem bzw. die Sekundärstation nach Anspruch 1 bzw. 10 des Hilfsantrags I zusätzlich als UMTS-Funkkommunikationssystem bzw. als Sekundärstation zum Einsatz in einem UMTS-Funkkommunikationssystem spezifiziert.
II.
Die Sekundärstation des - von beiden Klägerinnen angegriffenen - unabhängigen Anspruchs 10 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 0a, I und II ist nicht patentfähig, da sie zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents durch den vorgelegten vorveröffentlichten Stand der Technik nahegelegt war (Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 2 und Artikel 56 EPÜ).
Vor diesem Hintergrund kann neben der Zulässigkeit der Anspruchssätze auch dahinstehen, ob das Streitpatent in den verteidigten Fassungen die Priorität der GB-Patentanmeldung mit der Anmeldenummer 0125175 vom 19. Oktober 2001 wirksam beanspruchen kann.
1. Hauptantrag
1.1 Die Sekundärstation gemäß dem erteilten Anspruch 10 nach Hauptantrag ist nicht patentfähig, weil sie dem Fachmann durch das Dokument NK33c nahegelegt ist.
Dieses Dokument ist die Version 5.0.0 der 3GPP SpezifikationTR 25.855, die gemäß dem 3GPP-Portal am 2. Oktober 2001 auf deren Servern hochgeladen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde (vgl. das Archiv des 3GPP-Portals: https://portal.3gpp.org/desktopmodules/Specifications/SpecificationDetails.aspx?s pecificationId=1288), weshalb die Druckschrift NK33c ein vor dem frühesten Prioritätszeitpunkt (19. Oktober 2001) des Streitpatents veröffentlichter Stand der Technik ist.
Druckschrift NK33c befasst sich gemäß ihrem Titel (High Speed Downlink Packet Access; Overall UTRAN Description) mit der Datenübertragung in einem UMTSFunkkommunikationssystem (UTRAN = UMTS Terrestrial Radio Access Network), wobei in Kapitel 8 detaillierter auf das HARQ-Protokoll (hybrides ARQ (Automatic Repeat Request)-Protokoll) eingegangen wird. Demnach können wie beim Streitpatent mittels einer Downlink-Übertragung Daten vom Netzwerk, d. h. von der Primärstation (transmitter, Node B) an die Sekundärstation (receiver, User Equipment UE) gesendet werden, und mittels einer Uplink-Übertragung kann die Sekundärstation Daten bzw. Rückmeldungen an die Basisstation übermitteln. Dabei wählt die Sekundärstation das Signal ACK als positive Rückmeldung und das Signal NACK als negative Rückmeldung aus, um der Basisstation den Status eines empfangenen Datenpakets anzuzeigen, vgl. das Unterkapitel 8.2 mit 8.2.1.1, 8.2.3.2 und 8.2.4.
Wie zudem im Unterkapitel 9.1 (Downlink Signalling Parameters) und insbesondere in Unterkapitel 9.1.7 (Power offset for uplink control channel) der NK33c ausgeführt, informiert die Basisstation die Sekundärstation im Downlink darüber, welche Art von Leistungspegel-Offset die Sekundärstation im Uplink verwenden soll, wobei in diesem Zusammenhang beispielhaft auf das Senden einer ACK-Rückmeldung während eines soft handover verwiesen wird. Dabei kann gemäß den weiteren Erläuterungen in 9.1.7 die Basisstation den für eine zuverlässige Übertragung des ACK-Signals nötigen Leistungspegel-Offset im Uplink berechnen, indem sie das Signal-Interferenz-Verhältnis (SIR) aus dem Uplink-Signal abschätzt.
Folglich offenbart Druckschrift NK33c, dass die Sekundärstation (UE) im Downlink informiert wird, welche Art von signaltypischem Power Offset es im Uplink, z. B. für die ACKs, verwenden soll, und dass zu diesem Zweck die Basisstation (Node B) das Signal-Interferenz-Verhältnis (SIR) aus dem Uplink abschätzt, daraus den benötigten Power Offset berechnet und diese Information der Sekundärstation (UE) mitteilt.
Die Rückmeldungsmittel der Sekundärstation stellen somit den Leistungspegel, bei dem das ACK-Signal übertragen wird, in Abhängigkeit der Angabe eines Leis- tungspegel-Offsets, ein, wobei diese Angabe von der Primärstation zu der Sekundärstation übertragen wird.
Darüber hinaus sind die Rückmeldungsmittel gemäß Unterkapitel 7.1.3 dazu eingerichtet, ACKs und/oder NACKs zu generieren („It is for example responsible for generating ACKs and/or NACKs.“), d. h. im HARQ-Prozess können bspw. nur ACKs oder nur NACKs oder ACKs und NACKs generiert werden.
Somit offenbart Druckschrift NK33c in den Kapiteln 8 und 9 mit den Worten des Anspruchs 10 nach Hauptantrag a) a secondary station (UE, receiver) for use in a radio communication system (UTRAN) having b) a communication channel for the transmission of data packets from a primary station (Node B, transmitter) to the secondary station (UE, downlink),
c) wherein receiving means are provided for receiving a data packet from the primary station and d) acknowledgement means are provided for transmitting a signal to the primary station to indicate the status of a received data packet (HARQ, vgl. 8.2.3.2),
e) which signal is selected from a set of at least two available signal types (ACK, NACK)
f) wherein the acknowledgement means is arranged to select the power level at which the signal is transmitted f2) in dependence on an indication of the power level at which each type of signal is transmitted, the indication being signaled from the primary station to the secondary station (vgl. 9.1.7).
Das verbleibende Merkmal f2), wonach die Auswahl des Leistungspegels des Rückmeldungssignals in Abhängigkeit seines Typs (ACK oder NACK) erfolgt, ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise bereits aus der Tatsache, dass in obiger Fundstelle des Unterkapitels 9.1.7 nicht auf einen gemeinsamen Offset von ACK- und NACK-Signalen, sondern explizit auf den Offset des ACKSignals Bezug genommen wird. Auch die Erläuterungen in Unterkapitel 7.1.3, wonach ACKs und/oder NACKs (d. h. nur ACKs, nur NACKs oder beides) generiert werden, geben dem Fachmann den Hinweis, ggf. unterschiedliche Leistungspegel-Offsets für ACKs und NACKs einzusetzen. In Übereinstimmung damit umfasst die Angabe des Leistungspegel-Offsets in den Tabellen 1 bis 3 auf den Seiten 23 und 24 der NK33c auch nicht einen Informationsgehalt von nur einigen wenigen Bits, sondern von 10 bis 20 Bits (vgl. Seite 23, vorletzter Absatz) bzw. von 12 Bits (vgl. Seite 24, Tabellen 2 und 3). Dieses Verständnis wird weiter dadurch bestätigt, dass im Rahmen der Erläuterung des HARQ-Protokolls (Kapitel 8) in Unterkapitel 8.1.4 mit Bezugnahme auf positive und negative Bestätigungen (positive and negative acknowledgements) hervorgehoben wird, dass die zur Übertragung nötige Leistung ein möglicher Vergleichsparameter sein kann („Thus a potential parameter for comparison could be the power needed to transmit the information.“).
Somit führt Druckschrift NK33c den Fachmann in naheliegender Weise zu einer Sekundärstation mit sämtlichen Merkmalen des erteilten Anspruchs 10 gemäß Hauptantrag.
Wie zudem unter Bezugnahme auf Absatz [0040] und Absatz [0008] des Streitpatents bereits dargelegt wurde, ist von der anspruchsgemäßen Lehre ebenfalls der Fall umfasst, dass nur ACK-Signale übertragen werden und das Ausbleiben eines ACK-Signals ein NACK-Signal mit der Leistung Null darstellt. Da aber auch die Druckschrift NK33c in Unterkapitel 7.1.3 mit Unterkapitel 9.1.7 darauf verweist, nur ACKs zu generieren, ergibt sich auch diese Variante für den Fachmann in naheliegender Weise aus Druckschrift NK33c.
1.2 Die Beklagte hat demgegenüber argumentiert, dass der Fachmann der Druckschrift NK33c keinen Hinweis entnehmen könne, für ACKs und NACK unterschiedliche Leistungspegelangaben vorzusehen, und dazu Folgendes vorgetragen:
• Im letzten Satz des Unterkapitels 9.1.7 sowie an zahlreichen weiteren Stellen der NK33c werde die Formulierung „ACK/NACK“ verwendet, was für den Fachmann ein Beleg dafür sei, dass für ACKs und NACKs ein gemeinsamer Offsetwert festgelegt werde und die Bezugnahme auf ein ACK im soft handover gemäß Unterkapitel 9.1.7 lediglich stellvertretend für diesen gemeinsamen Offsetwert stehe.
• In den Tabellen 1 bis 3 auf den Seiten 23 und 24 der NK33c sei jeweils nur eine Zeile für den „Power offset for uplink“ vorgesehen, woraus folge, dass es nur einen gemeinsamen Offsetwert für ACKs und NACKs geben könne.
• Die Ausführungen in Unterkapitel 8.1.4 beträfen ganz allgemein das HARQProtokoll und dem letzten Satz in diesem Unterkapitel könne allenfalls die allgemeine Lehre entnommen werden, dass unterschiedliche Leistungen für die Datenübertragung benötigt würden.
• In Unterkapitel 8.2.4 seien verschiedene Fehlerszenarien beschrieben, von denen das Szenario des ersten Spiegelstrichs, wo ein NACK fälschlicherweise als ACK empfangen würde, am kritischsten zu beurteilen sei, da ein solcher Fehler nur von höheren Schichten behoben werden könne, was aufwändig und möglichst zu vermeiden sei. Daher könne das Unterkapitel 9.1.7 nicht als Beleg für unterschiedliche Offsetwerte von ACKs und NACKs herangezogen werden, denn zur Vermeidung von fälschlicherweise als ACKs übertragener NACKs müssten NACKs mit einem Offset gegenüber ACKs übertragen werden. Weil aber in Unterkapitel 9.1.7 nicht auf NACKs, sondern auf ACKs Bezug genommen werde, könne diese Fund- stelle nicht als Beleg dafür dienen, unterschiedliche Offsets für ACKs und NACKs einzurichten.
Dieser Argumentation konnte sich der Senat jedoch nicht anschließen.
Denn gemäß Unterkapitel 7.1.3 sind die Rückmeldungsmittel dazu eingerichtet, ACKs und/oder NACKs zu generieren („It is for example responsible for generating ACKs and/or NACKs.“), d. h. im HARQ-Prozess können bspw. nur ACKs oder nur NACKs oder ACKs und NACKs generiert werden. Folglich hat in Druckschrift NK33c die Formulierung „ACK/NACK“ die Bedeutung von „ACK and/or NACK“ und nicht die Bedeutung von einem gleichen Offset für ACKs und NACKs. Zudem verwendet auch das Streitpatent in Abs. [0008] den Begriff „NACK/ACK signal“ für den Fall, dass nur NACK-Signale gesendet werden, und in weiteren Absätzen ([0026] bis [0029]) die Formulierung „ACK/NACK power offset“ auch für die Fälle, wo ACKs und NACKs verschiedene Leistungspegel haben.
Dass in den Tabellen 1 bis 3 der NK33c nur eine Zeile für den „Power offset for uplink“ vorgesehen ist, kann ebenfalls nicht als Beleg dafür dienen, dass für ACKs und NACKs derselbe Offset verwendet wird, denn da der Informationsgehalt dieses Parameters 10 bis 20 bit bzw. 12 bit umfasst, ist dies für den Fachmann ein Hinweis, dass auch unterschiedliche Offset-Werte für ACKs und NACKs übertragen werden.
Auch die Fehlerszenarien in Unterkapitel 8.2.4 belegen nicht, dass ACKs und NACKs mit demselben Offset übertragen werden. So bezieht sich der erste Spiegelstrich auf den Fall, dass NACKs fälschlicherweise als ACKs detektiert werden. Wie im Streitpatent ebenfalls erläutert, geht die Basisstation dann fälschlicherweise von einer korrekten Datenübertragung aus und fährt mit der Datenübertragung fort, obwohl die Mobilstation mit diesen Daten mangels vorhergehender Informationen wenig anfangen kann. Ein solcher Fehler kann nur unter Einbeziehung höherer Schichten wieder korrigiert werden. Der zweite Spiegelstrich betrifft den Fall, dass die Basisstation fälschlicherweise ein NACK detektiert, obwohl von der Mobilstation ein ACK übertragen wurde, und als Konsequenz das entspre- chende Datenpaket erneut überträgt, obwohl dies eigentlich nicht nötig wäre, da es von der Mobilstation ja fehlerfrei empfangen wurde. Dieser Fall führt zwar zu einer geringen Verschwendung von Systemressourcen, ist aber hinsichtlich höherer Schichten unkritisch. Gemäß dem dritten Spiegelstrich ist es vorteilhaft, Rückmeldungssignale, die zwar detektiert werden, aber unterhalb einer vorgebbaren Schwelle liegen, als NACK zu detektieren, und gemäß dem vierten Spiegelstrich werden in dem Fall, dass keine Rückmeldungssignale empfangen werden, die Daten erneut gesendet.
Wenn daher – entsprechend der Tatsache, dass in Unterkapitel 9.1.7 explizit auf ACKs Bezug genommen wird und gemäß Unterkapitel 7.1.3 bspw. nur ACK-Signale mit einer Leistung größer Null generiert werden – auch bei dem in Unterkapitel 9.1.7 erwähnten Rückmeldungsprozess nur ACK-Signale mit einer Leistung größer Null versendet werden und das Ausbleiben eines ACK-Signals ein NACKSignal mit der Leistung Null darstellt, dann ist dies in Übereinstimmung mit den Fehlerszenarien in Unterkapitel 8.2.4.
Denn gemäß dem zweiten, dritten und vierten Spiegelstrich des Unterkapitels 8.2.4 werden dann unterhalb einer Schwelle liegende oder nicht empfangene ACK-Signale als NACK-Signale gedeutet, und es erfolgt ein erneutes Senden des ACK-Signals.
Gleichzeitig wird der als kritisch einzustufende Fall, dass NACKs fälschlicherweise als ACKs detektiert werden, gemäß dem zweiten Satz in Unterkapitel 9.1.7 dadurch minimiert, dass der für eine zuverlässige Übertragung des ACK-Signals notwendige Leistungsoffset zuvor aus dem SIR abgeschätzt wird.
Daher belegen auch die im Unterkapitel 8.2.4 erläuterten Fehlerszenarien, dass der Fachmann der Druckschrift NK33c in naheliegender Weise unterschiedliche Leistungsoffsets für ACKs und NACKs entnehmen kann.
Die Sekundärstation nach Anspruch 10 des Hauptantrags ist dem Fachmann folglich durch Druckschrift NK33c nahegelegt und somit wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
2. Das Zusatzmerkmal des unabhängigen Anspruchs 10 nach Hilfsantrag 0a, wonach die Angabe des Leistungspegels festlegt, wie der Leistungspegel vom Signaltyp abhängt, entnimmt der Fachmann ebenfalls den bereits genannten Unterkapiteln 7.1.3 und 9.1.7 der NK33c, denn die dort beschriebenen Angabe des Offsets legt fest, wie der Leistungspegel vom Signaltyp abhängt.
Die Sekundärstation nach Anspruch 10 des Hilfsantrags 0a ist dem Fachmann daher ebenfalls durch Druckschrift NK33c nahegelegt und somit wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
Auf die Frage der Verspätung kam es daher nicht an.
3. Der unabhängige Anspruch 10 des Hilfsantrags I ergibt sich aus Anspruch 10 des Hauptantrags durch das Anfügen folgender Zusatzmerkmale:
g) wherein the available signal types include signals indicating positive and negative acknowledgements (ACK, NACK),
h) wherein the indication specifies the power level relative to the pilot bits on the uplink dedicated control channel.
Das Merkmal g) betreffend positive und negative Rückmeldungen (ACK, NACK) ist aus Druckschrift NK33c bekannt, vgl. deren bereits angeführtes Unterkapitel 8.2.3.2. Die weitere Präzisierung in Merkmal h), dass die Angabe des Leistungspegels den Leistungspegel relativ zu den Pilot Bits des Uplink-DPCCH (Dedicated Physical Control Channel) festlegt, ergibt sich für den Fachmann aus dem zweiten Satz des Unterkapitels 9.1.7 der NK33c („Node B could estimate the SIR from the uplink, and calculate the needed power offset in the uplink, in order to make sure that an ACK can be decoded reliably.“).
Denn wie sich bereits aus dem Begriff „power offset“ ergibt, muss dieser Leistungspegel-Offset im Uplink auf einen Leistungspegel bezogen werden, was typischerweise unter Bezugnahme auf die Pilot Bits des Uplink-DPCCH erfolgt, vgl im Lehrbuch NK27 die Seite 90 unten bis Seite 91 oben:
„The uplink receiver in the base station needs to perform typically the following tasks when receiving the transmission from a terminal:
• The receiver starts receiving the frame and despreading the DPCCH and buffering the DPDCH according to the maximum bit rate, corresponding to the smallest spreading factor.
• For every slot: - obtain the channel estimates from the pilot bits on the DPCCH - estimate the SIR from the pilot bits for each slot - send the TPC command in the downlink direction to the terminal to control its uplink transmission power - decode the TPC bit in each slot and adjust the downlink power of that connection accordingly.”
Auch die Sekundärstation nach Anspruch 10 des Hilfsantrags I ist dem Fachmann demnach durch Druckschrift NK33c in Verbindung mit seinem durch das Lehrbuch NK27 belegten Fachwissen nahegelegt.
4. Die weitere Beschränkung auf ein UMTS-Funkkommunikationssystem gemäß dem unabhängigen Anspruch 10 des Hilfsantrags II ist bereits aus der Druckschrift NK33c bekannt, da sich diese gemäß ihrem Titel auf UTRAN (UMTS Terrestrial Radio Access Network) bezieht.
Die Sekundärstation nach Anspruch 10 des Hilfsantrags II ist dem Fachmann demnach durch Druckschrift NK33c in Verbindung mit seinem durch das Lehrbuch NK27 belegten Fachwissen nahegelegt.
5. Für das Funkkommunikationssystem des von der Klägerin zu 1) zusätzlich angegriffenen Anspruchs 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 0a, I und II gelten obige Ausführungen in gleicher Weise.
6. Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob auch die Leistungssteuerung über TPC-Befehle entsprechend dem Merkmal f2) des Anspruchs 10 nach Hauptantrag eine Angabe des Leistungspegels, bei dem jeder Signaltyp übermittelt wird, darstellt, und die von den Klägerinnen hinsichtlich der Druckschrift NK1 geltend gemachte „zweite Verwirklichung“ den Gegenstand zumindest des Anspruchs 10 nach Hauptantrag nahelegt.
III.
Mit den jeweiligen selbständigen Ansprüchen fallen auch die übrigen Ansprüche der Anträge. Indem die Beklagte erklärt hat, dass sie die Ansprüche in dem Hauptantrag und in den Hilfsanträgen als abgeschlossene Anspruchssätze betrachtet und keine weiteren, auf bestimmte Unteransprüche oder Alternativ-Varianten des jeweiligen selbständigen Anspruchs gerichtete Hilfsanträge eingereicht hat, hat sie abschließend zum Ausdruck gebracht, dass sie das angegriffene Streitpatent nur in dieser Form insgesamt aufrechterhalten möchte (vgl. auch BGH GRUR 2007, 862 – Informationsübermittlungsverfahren II). Weil keinem der gestellten Anträge der Beklagten entsprochen werden konnte, war das Patent im Umfang der Ansprüche 1, 2 und 10 bis 14 für nichtig zu erklären. Davon abgesehen weisen diese Unteransprüche auch keinen selbständig patentfähigen Gehalt auf, was von der Beklagten auch nicht explizit geltend gemacht wird.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i.V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
V.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 110 PatG gegeben.
Die Berufungsfrist beträgt einen Monat. Sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung. Die Berufung ist durch einen in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzulegen.
Die Berufungsschrift muss
- die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet ist, sowie - die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde,
enthalten. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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