3 Ni 4/13
BUNDESPATENTGERICHT Ni 4/13 (Aktenzeichen)
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IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
3. April 2014 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05
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betreffend das Patent 102 57 148 hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung am 3. April 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schramm, des Richters Guth, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Proksch-Ledig, des Richters Dipl.-Chem. Dr. Gerster sowie der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des am 2. Dezember 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten und am 12. März 2009 erteilten deutschen Patents DE 102 57 148 B4. Das Streitpatent betrifft eine „Schnellkühleinrichtung zum raschen Abkühlen von Teiglingen“ und umfasst 52 Patentansprüche. Die unabhängigen Patentansprüche 1 und 29 haben folgenden Wortlaut:
„1. Schnellkühleinrichtung für eine Tiefkühlkammer zum raschen Abkühlen von Teiglingen, welche Tiefkühlkammer zum Einfahren von mindestens einem Transportwagen (40), vorzugsweise einem Plattformwagen, geeignet ist, mit einer Teiglingstrageinrichtung (7), welche zur Aufnahme von Teiglingen auf Etagen unterschiedlicher Höhe und mit einer luftdurchlässigen Vorderseite (7a) vorgesehen ist, mit einer Abluftkammer (6), welche zu einer Verbindung mit einer Einrichtung zum Temperieren von Luft (8) vorgesehen ist, wobei die Abluftkammer (6) einen ersten Ventilator (9), vorzugsweise einen Radialventilator, und eine erste Luftabführöffnung (15) und eine zweite Luftabführöffnung (50) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Ventilator (9) in der der ersten Luftabführöffnung (15) gegenüber liegenden zweiten Luftabführöffnung (50) der Abluftkammer (6) angeordnet ist, die Abluftkammer (6) über ihre zweite Luftabführöffnung (50) mit der Einrichtung zum Temperieren von Luft (8) luftmäßig verbindbar ist, der Innenraum der Abluftkammer (6) durch mindestens eine Trennwand (14) begrenzt ist, welche die erste Luftabführöffnung (15) aufweist, die Außenseite einer Trennwand (14) zum luftdichten Anliegen der Vorderseite (7a) der Teiglingstrageinrichtung (7) geeignet ist, die Abluftkammer (6) luftmäßig über ihre erste Luftabführöffnung (15) mit einem Inneren der Teiglingstrageinrichtung (7) verbindbar ist, der erste Ventilator (9) zum Ansaugen der Luft von dem Inneren der Teiglingstrageinrichtung (7) in die Abluftkammer (6) zu der Einrichtung (8) vorgesehen ist.
29. Verfahren zum gleichmäßigen, raschen Abkühlen von auf Etagen unterschiedlicher Höhe angeordneten Teiglingen bei gleicher Temperatur in einer Schnellkühlkammer mit einem Gehäuse (1) zur Aufnahme mindestens eines Plattformwagens als Transportwagen (40), welcher zur Anordnung von Teiglingen auf Etagen unterschiedlicher Höhe geeignet ist, mit einer Einrichtung zum Temperieren von Luft (8), wobei in dem Innern des Gehäuses (1) eine Transportwagenkammer (2) angeordnet wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Transportwagenkammer (2) mit einer Abluftkammer (6) über eine erste Luftabführöffnung (15) verbunden wird, die Transportwagenkammer (2) von der Abluftkammer (6) mittels einer die erste Luftabführöffnung (15) aufweisenden Trennwand (14) begrenzt wird, die erste Luftabführöffnung (15) der Abluftkammer (6) gegenüber der Transportwagenkammer (2) luftdicht von einer Vorderseite (7a) einer Teiglingstrageinrichtung (7) des Transportwagens (40) abgeschlossen wird, dergestalt, dass die Luft von der Transportwagenkammer (2) durch das Innere der Teiglingstrageinrichtung (7) in die Abluftkammer (6) und von dort zu der Einrichtung (8) mit Hilfe eines ersten Ventilators befördert wird.“
Wegen des Wortlauts der besondere Ausgestaltungen der Vorrichtung nach Patentanspruch 1 betreffenden mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 28 und der auf besondere Ausführungsformen des Verfahrens nach Patentanspruch 29 gerichteten mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen Patentansprüche 30 bis 52 wird auf die Streitpatentschrift DE 102 57 148 B4 verwiesen.
Die Klägerin greift das Patent im Umfang der Patentansprüche 1, 2, 4 bis 15, 17, 18, 20, 21, 24, 25, 27 bis 32, 34 bis 40, 42 bis 49 und 51 an und stützt ihre Nichtigkeitsklage auf den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 am Anmeldetag des Streitpatents durch die vorbenutzte Tiefkühlanlage, die die Klägerin im Jahr 1998 an die Bäckerei B… in B… geliefert habe, neuheitsschädlich vorweggenommen oder durch diese zumindest nahegelegt werde. Die patentgemäße Vorrichtung des erteilten Patentanspruchs 1 werde ferner durch den druckschriftlichen Stand der Technik N9 und N10 nahegelegt. Dessen Schutzumfang werde durch die patentgemäßen Merkmale 1.3, 1.6 und 1.8 nicht beschränkt.
Zur Stütze ihres Vorbringens verweist die Klägerin insbesondere auf folgende Dokumente:
N1 DE 102 57 148 B4 (Streitpatent) N6 Gutachten von J…, FH A… vom 28. Januar 2013 N8-1 K…-Auftragsbestätigung Nr. 58249 vom 5. März 1998 N8-2 K…-Kundenzeichnung vom 30. Juni 1997 betreffend eine Tiefkühl- Lagerzelle vom Typ RDV-30.30.24/JLX-Kk4 MONOCELL N8-3 K…-Werkszeichnung vom 22. September 1997 betreffend eine saugende Schockstelle vom Typ 2400 N8-4 K…-Frachtbrief vom 22. April 1998 für die Lieferung einer Tiefkühlzelle Modell RDV-30.30.24 Nr. 9804.149//58249 Nr. 9803.0067 N8-5 Eidesstattliche Versicherung des Herrn B… vom 18. Januar 2013 N9 W.A. Johnston et al., „Freezing and refrigerated storage in fisheries“,
FAO Fisheries Technical Paper 340, Rome 1994, S. 21 N10 Produktinformation der Firma K… mit dem Titel „K… Blizzard“,
Seiten, undatiert N16 Artikel aus der „Allgemeinen BäckerZeitung“ zum Thema: „Großbrand im K…-Hauptwerk“ vom 28. Juli 2007 N17 K…-Werkszeichnung einer saugenden Schockstelle vom Typ 2400 vom 22. September 1997 N18 Graphische Darstellung der Luftströmungen in der Vorbenutzung „B…“, undatiert N19 Figur 1 aus DE 202 18 941 U1 vom 2. Dezember 2002 N20 Servicemeldung 23814 der Firma. K… betreffend die Bäckerei B… vom 30. Juli 2001 N21 Fotos aus der Schockstelle der Bäckerei G… in R…
vom 24.02.2014 N22 Eidesstattliche Versicherung des Herrn van Z… vom
12. März 2014 N23 Fotos aus der Vorbenutzung B… vom 16. März 2014 N24 Metadaten der PDF-Datei zur Werkszeichnung Anlage N8-3 N25 Eidesstattliche Versicherung des Herrn Ulrich B… vom
16. März 2014 N26a Servicemeldungen der Firma K… betreffend die Bäckerei B… in B… N26b Deutsche Übersetzung von N26b N27 Katasterauszug zur Bäckerei B…, J…straße in B…
N28a Servicemeldungen der Firma K… betreffend die Bäckerei G… in R…
N28b Deutsche Übersetzung von N28a N29 Eidesstattliche Versicherung des Herrn S… vom
12. März 2014 N30 Eidesstattliche Versicherung des Herrn van der B1… vom
12. März 2014 N31 Vektorgraphik des Schriftzugs „zuigend TEK No: 980046“ aus Auto- CAD zur Anlage N8-3 N32a Schreiben an Herrn van D… vom 28. März 2002 N32b Deutsche Übersetzung von N32a N33a Schreiben der K… B.V. an Herrn van D…
vom 21. November 2012 N33b Deutsche Übersetzung von N33b N34a Schreiben der K… B.V. an Herrn van D…
vom 28. November 2012 N34b Deutsche Übersetzung von N34a.
Außerdem benennt die Klägerin zum Beweis der offenkundigen Vorbenutzung die Zeugen B…, J…, S…, van Z…, und van der B1….
Die Klägerin stellt den Antrag,
das deutsche Patent 102 57 148 im Umfang der Ansprüche 1, 2, 4 bis 15, 17, 18, 20, 21, 24, 25, 27 bis 32, 34 bis 40, 42 bis 49 und 51 mit der Maßgabe für nichtig zu erklären, dass die nicht angegriffenen Ansprüche in ihren Rückbeziehungen auf das Streitpatent in der erteilten Fassung bestehen bleiben.
Der Beklagte verteidigt das Streitpatent in vollem Umfang und jeweils beschränkt im Umfang der Hilfsanträge 1 bis 18 und beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 4 nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 3. Juni 2013, weiter hilfsweise die Fassung eines der Hilfsanträge 5 bis 9 nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 20. Januar 2014, weiter hilfsweise die Fassung eines der Hilfsanträge 10 bis 18 nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 6. März 2014 (in der korrigierten Fassung gemäß Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 3. April 2014) erhält.
Der Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Insbesondere liege keine neuheitsschädliche Vorbenutzung vor, denn die Klägerin habe mit den Anlagen N8-1 bis N8-5 nicht zweifelsfrei belegen können, welche Art von Tiefkühlanlage von der Firma K… im Jahr 1998 tatsächlich an die Bäckerei B… geliefert worden sei und ob die gelieferte und in Betrieb genommene Tiefkühlanlage zum Zeitpunkt der Anmeldung des Streitpatents sämtliche Merkmale der patentgemäßen Schnellkühleinrichtung aufgewiesen habe, vor allem, ob diese saugend betrieben worden und ob darin die Außenseite einer Trennwand der Abluftkammer zum luftdichten Anliegen der Vorderseite der Teiglingstrageinrichtung geeignet gewesen sei. Auf die erst in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin gestellten Anträge zur Vernehmung der präsenten Zeugen S…, van Z… und van der B1…, zu neuen in das Verfahren eingeführten Benutzungshandlungen, könne sich die Beklagte nicht einlassen, so dass die Anträge als verspätet zurückzuweisen seien.
Die Beklagte stützt sich im Wesentlichen auf folgende Dokumente:
A6 Schreiben des Beklagten an die Klägerin vom 11. Juli 2007 A7 Schreiben der Klägerin an den Beklagten vom 20. August 2007 A8 Werkszeichnung der Klägerin betreffend die Vorrichtungen UVR
24.36.24 & RDV-33.36.24 vom 8. November 2000 A9a/9b Abbildungen einer K… Schockstelle (Schnellabkühlzone) für 1 Stikkenwagen in TK-Teig-Tiefkühllagerzelle integriert (undatiert) A9c Abbildungen nach A9a/A9b mit Bezugszeichen A10 Werkszeichnung gemäß A8 mit Bezugszeichen A11 Vergrößerter Ausschnitt aus der Abbildung in A10 A12 Kundenzeichnung gemäß N8-2 mit Bezugszeichen A13 Werkszeichnung gemäß N8-3 mit Bezugszeichen A14 Auflistung der von der Klägerin belieferten Kunden (undatiert) A15 8 Fotos von der Inaugenscheinnahme vom 8. Dezember 2011 A16 A17 A23a A23c A23d A24a A24b A25a A25b A25c A27 A 28 A29 A30 Schriftsatz der Streithelferin vom 14. Mai 2013 zum Aktenzeichen 2 O 255/12 im parallelen Verletzungsverfahren (dort: Klägerin) identisch mit SHN3 Fotografie der Anschlagpunkte für Abstandshalterschiene rechts Fotografie der Anschlagpunkte für Abstandshalterschiene links Fotografie der Anschlagpunkte für Abstandshalterschiene rechts mit Pfeilen Grafische Darstellung der Luftströmung bei drückender Luftbeaufschlagung der Teiglingstrageinrichtung Grafische Darstellung der Luftströmung bei saugender Luftbeaufschlagung der Teiglingstrageinrichtung Fotografie des stegartigen aufwärts ausgerichteten Blechs rechts Fotografie des stegartigen aufwärts ausgerichteten Blechs links Fotografie des stegartigen aufwärts ausgerichteten Blechs links Fotografie der Schockstelle B… mit eingezeichneten, deckenseitigen Anschlagpunkten GABLER WIRTSCHAFTSLEXIKON 13. Auflage, 1994, Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden, Seite 3714 Farbdruck von der Abbildung der Seitenwand in der Schockstelle B… mit Kratzspuren und hellen Stellen Farbdruck von der Abbildung der Seitenwand in der Schockstelle B… mit Kratzspuren und hellen Stellen.
Die Nebenintervenientin, die ausschließliche Lizenznehmerin am Streitpatent ist und in zwei Verletzungsverfahren gegen die hiesige Nichtigkeitsklägerin vorgeht, ist mit Schriftsatz vom 28. März 2013 dem Rechtsstreit auf der Seite des Beklagten beigetreten. Sie schließt sich den Ausführungen des Beklagten an, und benennt zum Beweis für das Nichtvorliegen einer offenkundigen Vorbenutzung die Zeugen K1…, I…, H…, K2…, van D…, B…, J…, P… und van H1… und bezieht sich außerdem auf folgende Druckschriften:
SHN1 SHN2 SHN3 SHN4 SHN5: SHN6 als „Entwurf“ gekennzeichnete K…-Werkszeichnung einer „Schockstelle 2400 zuigend“ vom 22. September 1997 Fotos „5551 bis 5557 und 5560“ von der Inaugenscheinnahme am
8. Dezember 2011 W.A. Johnston et al., „Freezing and refrigerated storage in fisheries“, FAO Fisheries Technical Paper 340, Rome 1994, Kapitel 4 „FREEZERS“
Anlage B7 aus einem parallelen Verletzungsverfahren, Schemazeichnung der K… Deutschland, Zeichnungs-Nr. 0014, Anlagen-Bezeichnung: „Pulsar“ vom 10. Februar 2006, Erklärung von Herrn P… (undatiert) Erklärung von Herrn van H1… (undatiert).
Die Parteien und die Nebenintervenientin regen außerdem die Einholung von Sachverständigengutachten insbesondere zu Fragen der Luftströmungsverhältnisse in der Schockstelle der Anlage B… an.
Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen B…, J…, K1…, I…, H…, K2…, van D…, S…, van der B1… und van Z…, hinsichtlich deren Aussagen auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 25. Februar 2014 und am 3. April 2014 Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe Die auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnde Patentfähigkeit (§ 81 i. V. m. §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) gestützte Klage ist zulässig.
Die Nebenintervention ist ebenfalls zulässig. Ein rechtliches Interesse am Beitritt auf der Seite der Beklagten (§ 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 66 Abs. 1 ZPO) liegt vor,
weil die Nebenintervenientin Lizenznehmerin des Streitpatents und Beteiligte in parallelen Verletzungsverfahren ist (vgl. Schulte/Voit, PatG, 9. Auflage, § 81 Rn. 21).
Die Klage erweist sich aber nicht als begründet.
I.
1. Das Streitpatent betrifft im angegriffenen Umfang eine Schnellkühleinrichtung für eine Tiefkühlkammer zum raschen Abkühlen von Teiglingen sowie ein Verfahren zum gleichmäßigen, raschen Abkühlen von auf Etagen unterschiedlicher Höhe angeordneten Teiglingen in einer Schnellkühlkammer.
Bei der Herstellung von Brötchen werden die Brötchen-Teiglinge schon am Tag vor deren Abbacken zu fertigen Brötchen hergestellt und zwecks Qualitätssteigerung und Haltbarkeit gekühlt. Zur Verhinderung der Vorgärung der Teiglinge werden diese schnellstmöglich von ca. 25°C auf weniger als 6°C heruntergekühlt. Die schnellstmögliche Abkühlung der Teiglinge ist auch deshalb erforderlich, um deren Lagerung im Kühlraum bei hoher Luftfeuchtigkeit bis zum Versand zu ermöglichen und ihre Austrocknung zu vermeiden. Zur Abkühlung auf eine Kerntemperatur von 5°C werden je nach Kühlverfahren bis zu 120 Minuten benötigt. Hierfür können abgesehen von Gärverzögerern oder Gärunterbrechern auch Gefrier- oder Kühltunnel zum Einsatz gelangen. Letztere durchlaufen die mit Teiglingen belegten Brötchen-Dielen für ca. 20 Minuten und werden dabei auf die gewünschte Temperatur heruntergekühlt. Die Bereitstellung und der Betrieb dieser Kühltunnel sind allerdings sehr kostenträchtig und energieintensiv (vgl. N1, Abs. [0001, 0002 sowie 0005 bis 0014] i. V. m. Anspruch 29).
2. Ausgehend davon liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, eine Schnellkühleinrichtung und ein Verfahren bereitzustellen,
- bei dem die Teiglinge gleichmäßig und rasch abgekühlt werden, - eine Vorgärung, auch bei den im mittleren Bereich der Auflagen angeordneten Teiglingen verhindert wird, - zeitraubende und kostenträchtige Umlagerungen der Teiglinge nach der raschen Abkühlung vermieden werden, - Umverpackungen vermieden und damit Kosten gespart werden, - Platz in den Lagerkühlräumen durch Vermeiden von Totraum gespart wird und - alle Teiglinge einheitlich abgekühlt werden
(vgl. N1, Abs. [0022 bis 0029]).
3. Gelöst wird diese Aufgabe durch eine Schnellkühleinrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag sowie durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 29 gemäß Hauptantrag:
(1) Schnellkühleinrichtung (1.1) Die Schnellkühleinrichtung ist für eine Tiefkühlkammer vorgesehen.
Mit der Tiefkühlkammer können Teiglinge rasch abgekühlt werden. Die Tiefkühlkammer ist zum Einfahren von mindestens einem Transportwagen, vorzugsweise einem Plattformwagen, geeignet. (1.2) Der Transportwagen weist eine Teiglingstrageinrichtung auf. Die Teiglingstrageinrichtung weist Etagen unterschiedlicher Höhe auf. Die Teiglingstrageinrichtung weist eine luftdurchlässige Vorderseite auf. Auf den Etagen können Teiglinge aufgenommen werden.
(1.3) Die Schnellkühleinrichtung weist eine Abluftkammer auf. Die Abluftkammer ist zu einer Verbindung mit einer Einrichtung zum Temperieren von Luft vorgesehen.
(1.4) Die Abluftkammer weist einen ersten Ventilator auf, vorzugsweise einen Radialventilator. Die Abluftkammer weist eine erste Luftabführöffnung auf. Die Abluftkammer weist eine zweite Luftabführöffnung auf.
(1.5) Der erste Ventilator ist in der zweiten Luftabführöffnung angeordnet. Die zweite Luftabführöffnung liegt der ersten Luftabführöffnung gegenüber.
(1.6) Die Abluftkammer ist über ihre zweite Luftabführöffnung mit der Einrichtung zum Temperieren von Luft luftmäßig verbindbar.
(1.7) Der Innenraum der Abluftkammer ist durch mindestens eine Trennwand begrenzt. Die Trennwand weist die erste Luftabführöffnung auf.
(1.8) Die Außenseite der Trennwand ist zum luftdichten Anliegen der Vorderseite der Teiglingstrageinrichtung geeignet.
(1.9) Die Abluftkammer ist luftmäßig über ihre erste Luftabführöffnung mit einem Inneren der Teiglingstrageinrichtung verbindbar.
(1.10) Der erste Ventilator ist zum Ansaugen der Luft von dem Inneren der Teiglingstrageinrichtung in die Abluftkammer zu der Einrichtung zum Temperieren von Luft vorgesehen.
(29) Verfahren zum Abkühlen von Teiglingen in einer Schnellkühlkammer (29.1) Die Teiglinge werden gleichmäßig, rasch und bei gleicher Temperatur abgekühlt. (29.2) Die Teiglinge sind auf Etagen unterschiedlicher Höhe angeordnet. (29.3) Die Schnellkühlkammer weist ein Gehäuse auf. (29.4) In dem Gehäuse kann mindestens ein Plattformwagen als Transportwagen aufgenommen werden. (29.5) Der Plattformwagen ist zur Anordnung von Teiglingen auf Etagen unterschiedlicher Höhe geeignet.
(29.6) Die Schnellkühlkammer weist eine Einrichtung zum Temperieren von Luft auf.
(29.7) Im Inneren des Gehäuses ist eine Transportwagenkammer angeordnet. (29.8) Die Transportwagenkammer wird über eine erste Luftabführöffnung mit einer Abluftkammer verbunden. (29.9) Die Transportwagenkammer wird von der Abluftkammer mittels einer Trennwand begrenzt. (29.10) Die Trennwand weist die erste Luftabführöffnung auf. (29.11) Die erste Luftabführöffnung der Abluftkammer wird gegenüber der Transportwagenkammer luftdicht von einer Vorderseite einer Teiglingstrageinrichtung des Transportwagens abgeschlossen. (29.12) Die Luft wird mit Hilfe eines ersten Ventilators befördert. (29.13) Die Luft wird von der Transportwagenkammer durch das Innere der Teiglingstrageinrichtung in die Abluftkammer und von dort zu der Einrichtung zum Temperieren von Luft befördert.
4. Zuständiger Fachmann ist ein Hochschul- oder Fachhochschulingenieur für Lebensmitteltechnologie mit Erfahrung im Bereich der Konstruktion von industriellen Kühllagern für Lebensmittel und Lebensmittelvorprodukte.
II.
1. Die Klägerin macht eine offenkundige Vorbenutzung des patentgemäßen Gegenstands durch die von ihr am 23. April 1998 an Herrn B…, selbständiger Bäckermeister in B…, gelieferte und in der Bäckerei bis heute betriebene Schockstelle für eine Tiefkühlkammer zum raschen Abkühlen von Teiglingen geltend.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Voraussetzungen der offenkundigen Vorbenutzung zum Anmeldezeitpunkt des Streitpatents vorgelegen haben.
1.1 Zweifel bestehen bereits daran, in welcher Ausführungsform die Schockstelle von der Klägerin an die Bäckerei B… im Jahr 1998 geliefert wurde und ob in der gelieferten Ausführungsform die erfindungsgemäßen Merkmale 1.8 und 1.10 verwirklicht waren.
Die als Dokument N8-1 vorgelegte Auftragsbestätigung mit der Nummer 58249 vom 5. März 1998, der als Dokument N8-4 bezeichnete Frachtbrief mit der Nummer NL 554234 vom 22. April 1998 sowie die Aussagen der Zeugen B… und van D… bestätigen zwar übereinstimmend die Lieferung einer Schockstelle der Klägerin an die Bäckerei B… im Jahr 1998. Rückschlüsse auf die technische Ausstattung der gelieferten Schockstelle, insbesondere ob die gelieferte Schockstelle eine saugende Betriebsweise aufweist, lassen die genannten Dokumente aus folgenden Gründen allerdings nicht zu:
Mit der Auftragsbestätigung N8-1 wird von der Klägerin der Verkauf einer als Modell „RDV-30.30.24/ 4 PS MONOCELL“ bezeichneten Schockstelle an die Bäckerei B… bestätigt. In dem zu dieser Auftragsbestätigung gehörenden Frachtbrief N8-4 wird die gelieferte Schockstelle jedoch als Modell „RDV-30.30.24“ bezeichnet, wobei im Zusammenhang mit diesem Modell zusätzlich die Nummern „9804.149//58249“ und „9803.0067“ genannt werden. Somit werden in der Auftragsbestätigung N8-1 und dem Frachtbrief N8-4 für die Schockstelle B… unterschiedliche Bezeichnungen verwendet. Für den Senat ist demzufolge bereits nicht zweifelsfrei erkennbar, welcher Typ von Teigtiefkühl-Lagerzelle von der Klägerin im Jahr 1998 tatsächlich an die Bäckerei B… geliefert wurde.
Daran ändern auch die Dokumente N8-2 und N8-3 nichts.
Das Dokument N8-2 ist eine von der Klägerin für den Kunden B… am 30. Juni 1997 erstellte technische Zeichnung, die eine Schockstelle vom Typ „RDV-30.30.24 / JLX-Kk4 MONOCELL“ betrifft. Obwohl die technische Zeichnung N8-2 durch die darin genannte Auftragsnummer „58249“ einen Hinweis auf die in der Auftragsbestätigung N8-1 genannte Schockstelle B… enthält, ist dennoch fraglich, ob es sich dabei tatsächlich um die am 23. April 1998 an die Bäckerei B… gelieferte Schockstelle handelt. Denn zum einen stimmt die in N8-2 angegebene Typenbezeichnung der Schockstelle weder mit der in der Auftragsbestätigung N8-1 noch mit der im Frachtbrief N8-4 genannten Typenbezeichnung überein. Zum anderen finden sich im Dokument N8-2 Angaben dazu, dass die technische Zeichnung sowohl am 9. Juli 1997 als auch am 24. März 1998 – und damit nach der auf den 5. März 1998 datierenden Auftragsbestätigung - geändert worden ist, wobei aus der N8-2 nicht erkennbar ist, um welche Änderungen es sich dabei handelt und ob diese darin bereits vermerkt wurden. Nachdem der Zeuge B… darüber hinaus bekundet hat, dass ihm von nachträglichen Änderungen der Schockstelle nach Abschluss des Kaufvertrags - der wie aus Dokument N8-1 ersichtlich am 4. März 1998 mit der Klägerin geschlossen wurde - nichts bekannt sei, ist somit nicht zweifelsfrei bewiesen, dass die in der technischen Zeichnung N8-2 dargestellte Schockstelle mit der an die Bäckerei B… im Jahr 1998 gelieferten Schockstelle identisch ist.
Im Übrigen lässt sich aus dem Dokument N8-2 nicht entnehmen, ob die dort in der Draufsicht am rechten oberen Rand der Kühlkammer eingezeichnete Schockstelle eine saugende Betriebsweise aufweist. Eine Strömungsrichtung für den an der Rückwand der Schockstelle befindlichen Ventilator ist nicht eingezeichnet. Aber auch die Strömungsrichtung der weiteren in der Kühlkammer eingezeichneten vier Ventilatoren lässt keine Rückschlüsse auf die Betriebsweise des Ventilators der Schockstelle zu.
Entgegen der Auffassung der Klägerin können Angaben zur technischen Ausstattung der Vorbenutzung B… auch dem Dokument N8-3, das inhaltsgleich mit den Dokumenten SHN1 und N17 ist, nicht entnommen werden. Bei dem Dokument N8-3 handelt es sich um die technische Zeichnung einer Schockstelle der Klägerin, die auf den 22. September 1997 und damit vor dem Lieferdatum für die Schockstelle B… datiert ist und durch den Zusatz „zuigend“ (niederländisch für „saugend“) auf eine derartige Betriebsweise hindeutet. Diese Zeichnung enthält allerdings keinerlei kundenspezifische Daten, so dass kein Zusammenhang zwischen dem Dokument N8-3 und der Schockstelle B… feststellbar ist. Von einem fehlenden Bezug zur Schockstelle B… ist auch aufgrund der Aussage des Zeugen B… auszugehen. Auf Vorhalt des Dokuments N8-3 hat der Zeuge nämlich bekundet, dass er keine Kenntnis vom Dokument N8-3 habe und dieses auch nicht aus seinen Unterlagen an die Klägerin übermittelt habe. Anhand der technischen Zeichnung N8-3 hat der Zeuge ferner ausgeführt, dass sich die darin gezeigte Schockstelle von seiner eigenen Schockstelle dadurch unterscheide, dass die darin eingezeichneten Ventilatoren dreiflügelig seien, während die Ventilatoren seiner Schockstelle sieben Flügel aufweisen würden. Ergänzend dazu bekundete der Zeuge K1…, kaufmännischer Leiter der Klägerin, dass er das Dokument N8-3 von der Klägerin und nicht vom Zeugen B… erhalten habe.
Bei der technischen Zeichnung N8-3 handelt es sich daher um eine von der Vorbenutzung B… unabhängige Werkszeichnung der Klägerin, die folglich keine weiteren Informationen zu den technischen Merkmalen der Schockstelle B… liefern kann.
Technische Daten zur Schockstelle B… können vorliegend auch nicht aus einem Bedienungshandbuch ermittelt werden, denn nach Aussage des Zeugen I…, Handelsvertreter bei der Klägerin, existierten zu den von der Klägerin ausgelieferten Anlagen wie der Schockstelle B… keine Bedienungshandbücher, da die Benutzung der Anlagen im Verantwortungsbereich der Kunden liege. Dies wird auch bestätigt durch die Aussage des Zeugen B…, der angegeben hat, dass er bei Lieferung der Schockstelle im Jahr 1998 lediglich eine Einweisung vor Ort, aber keine schriftliche Bedienungsanleitung erhalten habe.
Anhand der Dokumente N8-1 bis N8-5 kann somit nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, in welcher technischen Ausführungsform die Schockstelle von der Klägerin an die Bäckerei B… im Jahr 1998 geliefert wurde. Daher kann durch diese Dokumente auch nicht belegt werden, ob die Bestellung und Lieferung an die Bäckerei B… eine saugende Schockstelle entsprechend dem erfindungsge- mäßen Merkmal 1.10 zum Gegenstand hatte, in der die Außenseite der Trennwand zum luftdichten Anliegen der Vorderseite der Teiglingstrageinrichtung entsprechend dem erfindungsgemäßen Merkmal 1.8 geeignet war.
1.2 Auch anhand der weiteren Zeugenaussagen und Unterlagen ist nicht zweifelsfrei feststellbar, ob zum Anmeldetag des Streitpatents die erfindungsgemäßen Merkmale 1.8 und 1.10 in der von der Klägerin im Jahr 1998 an die Bäckerei B… gelieferten Schockstelle verwirklicht waren, da es gewichtige Anhaltspunkte für – zeitlich nicht näher bestimmbare - konstruktive Veränderungen an der Anlage gegenüber deren Auslieferungszustand gibt.
1.2.1 Der Zeuge B… hat bei seiner Vernehmung zwar einerseits angegeben, dass seit 1998 an der Schockstelle diverse Reparaturen, aber keine konstruktiven Veränderungen durchgeführt worden seien. Auf Vorhalt der Anlage A11, bei der es sich um die technische Zeichnung einer zur Schockstelle B… vergleichbaren Schnellkühleinrichtung vom Typ „RDV-33.36.24/JLX-Kk4“ handelt, bestätigte der Zeuge jedoch andererseits, dass es sich bei dem darin mit dem Bezugszeichen „3“ gekennzeichneten Gegenstand um PVC-Lappen handele, die auch im Eingangsbereich seiner Schockstelle von der Decke bis zum Boden reichten und die von ihm bereits einige Monate nach der Lieferung der Schockstelle entfernt worden seien. Der Zeuge B… erklärte des Weiteren, dass er während Reparaturarbeiten an der Schockstelle nicht immer vor Ort gewesen sei, so dass er Veränderungen, die gegebenenfalls im Bereich der Ventilatoren vorgenommen worden sein könnten, nicht ausschließen konnte.
1.2.2 Entgegen der Annahme des Zeugen B… haben sich allerdings Hinweise auf konstruktive Veränderungen an der Anlage B… gegenüber dem Auslieferungszustand ergeben.
1.2.2.1 So hat der Zeuge I…, der als Handelsvertreter bei der Klägerin seit den Jahren 2006/2007 auch mit der Schockstelle B… betraut ist, auf Vorhalt des Dokuments N20 bekundet, dass es sich dabei um eine die Vorbenutzung B… betreffende Servicemeldung vom 30. Juli 2001 handele, die in der SAP-Anlage der Klägerin gespeichert sei. Der Zeuge I… hat des Weiteren erklärt, dass die Servicemeldung N20 den Austausch von Ventilatoren in der Schockstelle B… im Jahr 2001 dokumentiere. Er hat ferner ausgeführt, dass er sich alle in der SAP-Anlage der Klägerin gespeicherten Servicemeldungen zur Anlage B… angesehen und nur die vorliegend als N20 bezeichnete Servicemeldung als technisch relevant erachtet habe, da sich aus den anderen Servicemitteilungen keine konstruktiven Veränderung der Anlage B ergäben (vgl. N26b).
Der Austausch von Ventilatoren wird durch die Aussage des Zeugen van D…, der nach eigenen unwidersprochenen Angaben 1998 als technisch-kaufmännischer Geschäftsführer bei der Klägerin tätig war, bestätigt. Der Zeuge hat bekundet, dass er der Servicenotiz N20 den Austausch mehrerer Ventilatoren in der Anlage B… gegen einen stärkeren Typ entnehme.
Dabei handelt es sich bereits um eine Maßnahme, die über eine bloße Erhaltung und Wartung der Anlage hinausgeht. Die Servicenotiz N20 datiert zwar auf einen vor dem Anmeldetag des Streitpatents liegenden Zeitpunkt, belegt aber eine konstruktive Veränderung der Anlage gegenüber deren Auslieferungszustand und stellt damit die Annahme des Zeugen B…, dass es seit Auslieferung der Anlage zu keinen konstruktiven Veränderungen an der Anlage gekommen ist, in Frage.
1.2.2.2 Aus der Aussage des Zeugen van D… ergeben sich außerdem Hinweise auf weitere konstruktive Veränderungen an der Anlage gegenüber deren Auslieferungszustand. So hat der Zeuge ausgeführt, bei einer am 8. Dezember 2011 erfolgten Besichtigung der Schockstelle B… sei ihm aufgefallen, dass im Vergleich zum ursprünglichen Auslieferungszustand in der Anlage seitliche Lochbleche ergänzt worden und auch die Original-Lüfter-Ventilatoren darin nicht mehr eingebaut gewesen seien.
Der Aussage des Zeugen van D… kann die Glaubhaftigkeit nicht abgesprochen werden. Der Zeuge hat sich detailliert, flüssig, sicher und frei von Widersprüchen eingelassen. Der von ihm freimütig eingeräumte Umstand, dass es anlässlich seines Ausscheidens bei der Klägerin zu einer arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung gekommen und er nunmehr für die Nebenintervenientin tätig sei, steht seiner Glaubwürdigkeit nicht entgegen, da nach seinen insoweit unwidersprochenen Angaben auch mit dieser ein arbeitsrechtlicher Rechtsstreit anstehe. Der Zeuge ist selbstbewusst aufgetreten und hat nicht erkennen lassen, dass sein Aussageverhalten an den Interessen der Verfahrensbeteiligten orientiert ist.
1.2.2.3 Weiterhin haben sich gewichtige Anhaltspunkte dafür ergeben, dass in der Schockstelle B… zum Zeitpunkt ihrer Auslieferung vor der Trennwand mit den dahinter liegenden Ventilatoren eine - später wieder entfernte - Querstange montiert war, die einem luftdichten Anliegen der Vorderseite der Teiglingstrageinrichtung an der Außenseite der Trennwand im Sinne des patentgemäßen Merkmals 1.8 entgegen gestanden hätte.
Der Zeuge B… hat zwar hierzu erklärt, dass in seiner Anlage zu keinem Zeitpunkt eine Querstange, wie in der Abbildung A9a – die eine mit der Schockstelle B… vergleichbare Schockstelle der Klägerin zeigt - installiert war. Auch auf Vorhalt der in der Schockstelle B… am 2. Januar 2014 aufgenommenen Fotografien A23a, A23d, A29 und A30, auf denen die linke bzw. rechte Trennwand der Schockstelle mit jeweils vier, durch übliche Abdeckstopfen verschlossene Bohrungen, sowie Kratzspuren mit kreisbogenförmigen Umriss in den von Bohrungen begrenzten Flächen zu sehen sind, hat der Zeuge B… in Abrede gestellt, dass in der Anlage jemals eine Querstange an dieser Stelle installiert gewesen sei.
Dem steht jedoch die auch insoweit glaubhafte Aussage des Zeugen van D… entgegen, der angegeben hat, zum hier maßgeblichen Auslieferungszeitraum im Jahre 1998 seien in allen von der Klägerin ausgelieferten Schockstellen derartige Querstangen angebracht worden, um zu verhindern, dass Kühlgut gegen die Ventilatorenwand gestoßen werde. Der Zeuge hat weiter angegeben, dass die seitlichen Trennwände der Schockstellen üblicherweise ohne Bohrungen ausgeliefert worden seien, weshalb die auf den Abbildungen A29 und A30 erkennbaren Boh- rungen ein sicheres Anzeichen dafür seien, dass an dieser Stelle ein Gegenstand montiert gewesen sei.
Aufgrund der teilweise widersprüchlichen Aussagen der Zeugen sowie der Tatsache, dass bis auf den Zeugen B… die Kenntnisse aller anderen Zeugen im Wesentlichen auf eine Inaugenscheinnahme der Anlage B… zurückgehen, die lange nach dem Anmeldetag des Streitpatents stattgefunden hat, kann der Senat Art und Umfang sowie Zeitpunkt der an der Schockstelle B… vorgenommenen technischen Veränderungen nicht zweifelsfrei feststellen.
1.3 Nach der Beweisaufnahme steht weiter nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass zum Anmeldetag des Streitpatents das erfindungsgemäße Merkmal 1.10 in der Schockstelle B… verwirklicht war. Bezüglich des Merkmals 1.8 kann diese Frage dahinstehen.
1.3.1 In Bezug auf das erfindungsgemäße Merkmal 1.10 kann nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob zum Anmeldetag saugende Ventilatoren in den Schockstellen der Klägerin verbaut worden sind.
Die Zeugen S… (Kälte- und Elektrotechniker bei der Klägerin), van der B1… (Einkaufsleiter bei der Klägerin) und van Z… (Kundendienstleiter Deutschland der Klägerin), haben übereinstimmend bekundet, dass von der Klägerin bereits ab dem Jahr 1997 saugende Ventilatoren in Schockstellen eingebaut worden sind. Demgegenüber hat der Zeuge van D… angegeben, er könne sich genau erinnern, dass vor 2002 von der Klägerin niemals eine saugende Schockstelle geliefert worden sei.
Nachdem der Senat – wie oben ausgeführt – die Angaben des Zeugen van D… nicht für unglaubhaft hält, ist eine Verwendung saugender Ventilatoren in Schockstellen der Klägerin und speziell in der Anlage B… nicht nachgewiesen.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang mögliche Benutzungshandlungen durch den Betrieb von Kühlanlagen bei der Bäckerei G… und der Konditorei H2… behauptet, beziehen sich die betreffenden Angaben jedenfalls hinsichtlich der Konditorei H2… auf eine völlig anders aufgebaute Anlage und sind im Übrigen, insbesondere auch hinsichtlich der Offenkundigkeit der Vorbenutzung, nicht näher substantiiert.
1.3.2 Die Frage, ob das erfindungsgemäße Merkmal 1.8, wonach die Außenseite der Trennwand in der Abluftkammer zum luftdichten Anliegen der Vorderseite der Teiglingstrageinrichtung geeignet sein muss, durch den Gegenstand der behaupteten Vorbenutzung verwirklicht ist, kann angesichts der Nichterweislichkeit im Hinblick auf das Merkmal 1.10 dahinstehen. Damit kommt es bezogen auf das Merkmal 1.8 auch nicht mehr darauf an, ob der von den Zeugen J…, I…, K2…, H… und van D… bei deren im Vorfeld dieses Rechtsstreits durchgeführten Besichtigungen wahrgenommene und mit Lichtbildern dokumentierte Zustand der Anlage B… der technischen Ausführung der Schockstelle zum Anmeldetag des Streitpatents entsprochen hat.
1.4 Auch eine Offenkundigkeit der in der Schockstelle B… verwirklichten technischen Lehre lässt sich nicht annehmen, da für den Fachmann die Lehre des Streitpatents, insbesondere das Zusammenwirken der erfindungsgemäßen Merkmalen 1.8 und 1.10, nicht ohne weiteres erkannt werden konnte.
Der Senat nimmt zwar an, dass die Schockstelle B… für eine Besichtigung der Anlage öffentlich zugänglich war. Denn auch nach dem von den Parteien nicht in Zweifel gezogenen und glaubhaften, der Lebenserfahrung entsprechenden Bekunden des Zeugen B… war mit der Klägerin kein Stillschweigen zu den technischen Besonderheiten der Anlage vereinbart worden und die Anlage zudem interessierten Kunden oder Journalisten einer Bäckerzeitung und damit der interessierten Öffentlichkeit auch zugänglich gemacht worden.
Offenkundig wird eine technische Lehre aber erst dadurch, dass die Erfindung über die Zugänglichkeit der Lokalität hinaus aus der Benutzung heraus für Dritte auch erkennbar ist, d. h. Dritte die Benutzung wahrnehmen und aufgrund ihrer Kenntnisnahme die Erfindung auch ohne weitere Erläuterungen objektiv erkennen konnten (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 9. Auflage, § 3 Rn. 50 und 51, Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz 7. Auflage, § 3 Rn. 65 f., 75). Diese Voraussetzung einer offenkundigen Vorbenutzung konnte vorliegend allerdings nicht nachgewiesen werden.
1.4.1 Hinsichtlich der Erkennbarkeit eines saugenden Betriebes der Anlage B… gemäß Merkmal 1.10 des Streitpatent haben die Zeugen I… und B… übereinstimmend und in nachvollziehbarer Weise bekundet, dass während des Betriebs der Schockstelle keine Luftströmung wahrzunehmen sei, anhand derer der saugende oder drückende Betrieb der Anlage feststellbar gewesen wäre.
Der Zeuge I… hat hierzu in technischer Hinsicht ausgeführt, dass sich in einer Schockstelle wie der Schockstelle B… im laufenden Betrieb ein wahrnehmbarer Ansaugeffekt nur dann einstelle, wenn an Stelle eines in großen Teilen luftdurchlässigen Stikkenwagens ein im Wesentlichen luftundurchlässiger Dielenstapel verwendet wird. Diese Annahme wird vom Senat geteilt.
Der Zeuge I… hat aber weiter bekundet, dass die Verwendung von Dielenstapeln erst ab 2004 und damit nach dem Anmeldetag des Streitpatents populär geworden sei, da zu diesem Zeitpunkt für den Lebensmittelbereich neue rechtliche Vorschriften in Kraft getreten seien. Der Zeuge B… hat angegeben, dass er Dielenstapel, die die Schockstelle vollständig ausfüllten, erst seit dem Jahr 2013 verwende. Dies steht im Einklang mit der Aussage des Zeugen I…, der nach seiner Einlassung bei der Besichtigung der Anlage im Jahr 2011 lediglich 5 oder 6 einzelne, bis auf kleine Luftöffnungen dichte Dielen und damit keinen die Schockstelle auch ausfüllenden Dielenstapel vorgefunden hat.
Der Zeuge B… hat zur Veranschaulichung weiter ausgeführt, dass er sich nie in die Schockstelle gestellt habe, um herauszufinden, wie sie funktioniere. Zudem habe für ihn bei eingeschobenem Stikkenwagen weder ein direkter Zugang noch Sicht auf die Ventilatoren in der Rückwand der Schockstelle bestanden, anhand derer er die Betriebsweise der Schockstelle hätte erkennen können. In Übereinstimmung damit bestätigte der Zeuge I… aus technischer Sicht zutreffend, dass in einer offenen Schockstelle die von den Ventilatoren erzeugte Strömungsrichtung der Luft nur in der Nähe der Ventilatoren wahrzunehmen sei. Hinzu kommt, dass die Schockstelle B… unstreitig über eine Türschaltung nur bei geschlossener Tür betrieben werden kann. Da es aus Sicherheitsgründen zudem nicht erlaubt ist, dass sich Personen bei geschlossener Tür in einer Schnellkühleinrichtung wie der Schockstelle B… aufhalten, spricht auch die allgemeine Lebenserfahrung gegen die Erkennbarkeit des erfindungsgemäßen Merkmals 1.10 bei der Benutzung der Schockstelle B…
1.4.2 Auch das erfindungsgemäße Merkmal 1.8 kann durch die bloße Benutzung der Schockstelle B… oder deren Besichtigung nicht ohne weiteres wahrgenommen werden.
Wie der (sachverständige) Zeuge J… auf Vorhalt des Dokuments N18 bestätigte, konnten die von ihm festgestellten und im Dokument N18 graphisch dargestellten bzw. darin von ihm nachträglich während der Vernehmung handschriftlich eingezeichneten komplexen Strömungsverhältnisse in der Schockstelle B… nur mit Hilfe umfangreicher Messungen unter Einsatz spezieller Sensoren, wie sie von ihm im Rahmen der Erstellung eines Sachverständigengutachtens für die Klägerin durchgeführt worden seien, ermittelt werden. So seien zur Visualisierung der Strömungsverhältnisse von ihm Wollfäden und Rauchsonden eingesetzt worden und zur Ermittlung des Durchströmungswiderstands von in die Schockstelle eingebrachten Gerätschaften darüber hinaus auch Simulationen mit einer Styroporplatte durchgeführt worden. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Zeuge darüber hinaus weiter bekundet, dass er ein aerodynamisch dichtes Anliegen des Stikkenwagens an der Vorderseite der Trennwand, wie er es für die Schockstelle B… in seinem vorliegend als Dokument N6 bezeichneten Parteigutachten festgestellt habe, nur in Kenntnis der von ihm ermittelten Strömungsverhältnisse habe feststellen können. Denn erst aufgrund der von ihm in der Schockstelle B… nachgewiesenen Parallel-Strömungen habe er mit Bestimmtheit angeben können, dass keine quantitativ bestimmbare Sekundärströmung zwischen Stikkenwagen und seitlichen Lochblechen in der Anlage B… existiere (vgl. N6, Seite 4, Punkte 4.2.1).
Aufgrund dieser Ausführungen des Zeugen J…, denen der Senat aus sachverständiger Sicht beitritt, ist davon auszugehen, dass die bloße Benutzung der Schockstelle B… bzw. deren Besichtigung nicht ausreichen, um darin die Verwirklichung des patentgemäßen Merkmals 1.8 erkennen zu können. Hierfür sind vielmehr gezielte Messungen mit entsprechenden Gerätschaften erforderlich. Zur Durchführung derart umfangreicher Untersuchungen, wie sie vom Zeugen J… (in Kenntnis der erfindungsgemäßen Lehre) in der Schockstelle B… durchgeführt worden sind, bestand allerdings selbst für den Fachmann – wie er bereits zuvor unter Punkt I.4. definiert worden ist - keine Veranlassung. Diesem hätten sich die besonderen aerodynamischen Verhältnisse im Inneren der Anlage nicht ohne weiteres erschlossen. Ohne Kenntnis der erfindungsgemäßen Lehre hätte der Fachmann sein besonderes Augenmerk auch nicht darauf gerichtet.
Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob für den Fachmann die Schockstelle B… über eine bloße Besichtigung hinaus auch für derartige umfangreiche Messungen zugänglich gemacht worden wäre.
1.5 Eine Schnellkühleinrichtung mit sämtlichen Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1 beschreibt auch das Dokument N9 nicht, da die in der darin beschriebenen Vorrichtung als quaderförmiger Raum dargestellte Abluftkammer keinen Ventilator wie im erfindungsgemäßen Merkmal (1.4) vorgesehen aufweist.
Die Neuheit der patentgemäßen Schnellkühleinrichtung wird von der Klägerin gegenüber der Druckschrift N10 nicht in Abrede gestellt und ist auch nach Ansicht des Senats gegeben, da in der darin gezeigten Vorrichtung die Luft aus dem Standverdampfer in das Innere der Teiglingstrageinrichtung strömt und daher nicht, wie im erfindungsgemäßen Merkmal 1.10, aus dem Inneren der Teiglingstrageinrichtung in die Abluftkammer gesaugt und von dort zur Einrichtung zum Temperieren von Luft geleitet wird.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung gemäß Hauptantrag wird somit weder durch die Schockstelle B… noch durch eine der Druckschriften N9 oder N10 neuheitsschädlich vorweggenommen.
1.6 Die Neuheit ist auch für das Verfahren des nebengeordneten Patentanspruchs 29 gemäß Hauptantrag gegeben, da dieses aufgrund des erfindungsgemäßen Merkmals 29.11 ebenfalls ein luftdichtes Anliegen im Sinne des erfindungsgemäßen Merkmals 1.8 erfordert. Ein solches luftdichtes Anliegen der Vorderseite der Teiglingstrageinrichtung an der Trennwand der Abluftkammer konnte allerdings weder für die geltend gemachte Vorbenutzung zweifelsfrei nachgewiesen werden, noch wird ein solches luftdichtes Anliegen in einer der Druckschriften N9 oder N10 für die darin gezeigten Schnellkühleinrichtungen angegeben.
2. Die patentgemäße Schnellkühleinrichtung des Patentanspruchs 1 und das Verfahren entsprechend dem Patentanspruch 29 des Streitpatents werden durch die geltend gemachte Vorbenutzung sowie durch den druckschriftlichen Stand der Technik auch nicht nahegelegt.
2.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung beruht gegenüber den Druckschriften N9 und N10 auf erfinderischer Tätigkeit.
Da für die geltend gemachte Vorbenutzung aus dem bereits zuvor unter Punkt II.1.4 genannten Gründen nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, ob diese tatsächlich offenkundig geworden ist, zählt die Vorbenutzung nicht zu dem für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit relevanten Stand der Technik.
Im Zusammenhang mit der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist ferner festzustellen, dass es sich entgegen der Auffassung der Klägerin sowohl bei dem im erfindungsgemäßen Merkmal 1.8 genannten „luftdichten Anliegen“ als auch bei der in den erfindungsgemäßen Merkmalen 1.3 und 1.6 genannten „Verbindbarkeit zwischen Abluftkammer und Einrichtung zum Temperieren von Luft“ um beschränkende Merkmale für die im Patentanspruch 1 beschriebene Schnellkühleinrichtung handelt, die somit bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zu berücksichtigen sind. Die Beanstandung dieser Merkmale durch die Klägerin vermag nicht zu überzeugen, da sie ausschließlich die fehlende Klarheit der Merkmale betrifft. Die fehlende Klarheit von Patentansprüchen gehört jedoch nicht zu den in § 22 PatG abschließend aufgezählten Nichtigkeitsgründen (BGH GRUR 2013, 1210 Rn. 14 -Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren; BPatG Mitt. 2014, 126 bis 132, 1. und 3. Ls. i. V. m. Punkt V.1.b) – Batterieüberwachungsgerät). Zudem richtet sich die Klarheit eines Anspruchs letztlich nach dem Verständnis des Fachmanns, an den sich der Anspruch richtet. Dabei sind Begriffe in Patentansprüchen so zu deuten, wie sie der angesprochene Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung versteht (vgl. BGH GRUR 2001, 232 bis 235, Ls. i. V. m. Rdn. 39 – Brieflocher). Die Ermittlung des Sinngehalts der zuvor genannten Merkmale ist für den Fachmann anhand der Streitpatentschrift vorliegend allerdings möglich, da sich in der Beschreibung der Streitpatentschrift Angaben dazu finden, welche Bauteile auf welche Weise zu einem „luftdichten Anliegen“ gebracht werden sollen (vgl. N1, Abs. [0069, 0070 und 0093]) und dass die angesaugte Luft beispielsweise über Kanäle bzw. Abluftkanäle zur Kühleinrichtung zum Temperieren von Luft befördert werden (vgl. N1, Abs. [0076] und [0102]). Eine mangelnde Klarheit der im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag offenbarten technischen Lehre in Verbindung mit den erfindungsgemäßen Merkmalen 1.3, 1.6 und 1.8 kann daher nicht festgestellt werden.
Wie die Druckschrift N10 - ein Prospekt mit dem Titel „K… Blizzard“ das von der Firma K… erstellt und veröffentlicht wurde - belegt, sind dem Fachmann Schnellgefrier- bzw. Schnellkühlanlagen mit sog. Standverdampfern zum Einfrie- ren von Lebensmitteln wie Backwaren bekannt. Der Senat sieht es durch die auf der letzten Seite des Dokuments N10 in der Adresse des Herstellers genannten vierstelligen Postleitzahl zudem als erwiesen an, dass der Prospekt aus einem Zeitraum vor dem Juli 1993 und damit vor dem Anmeldetag des Streitpatents stammt. Dieses Dokument bildet daher eine Grundlage, von der der Fachmann ausgehen kann, wenn er wie im Streitpatent vor die Aufgabe gestellt ist, eine verbesserte Schnellkühleinrichtung für Teiglinge bereitzustellen. Der auf Seite 2 des Dokuments N10 gezeigten Prinzipskizze entnimmt er allerdings lediglich einen Standverdampfer mit einem freistehenden Ventilator, der sich hinter der Einrichtung zum Kühlen von Luft befindet. Wie die in der Prinzipskizze der N10 gezeigten Pfeile belegen, strömt in einer solchen Vorrichtung erwärmte Luft in den Verdampfer, in dem diese abgekühlt und anschließend mit Hilfe der Ventilatoren aus dem Standverdampfer heraus über die Produkte geleitet wird. Demnach regt das Dokument N10 weder den Einsatz eines saugenden Ventilators an, mit dem Luft aus dem Inneren der Teiglingstrageinrichtung in die Abluftkammer gesaugt wird, noch liefert sie dem Fachmann Hinweise dahingehend, den Ventilator vor der Einrichtung zum Temperieren von Luft zu platzieren. Anregungen, die in Richtung einer Schnellkühleinrichtung mit dem erfindungsgemäßen Merkmal 1.10 weisen, finden sich in N10 somit nicht. Aber auch ein luftdichtes Anliegen der Teiglingstrageinrichtung an der Außenseite der Trennwand einer Abluftkammer entsprechend dem erfindungsgemäßen Merkmal 1.8 lehrt die Druckschrift N10 nicht, da die darin gezeigte Vorrichtung zwischen Teiglingstrageinrichtung und Standverdampfer keine Abluftkammer aufweist und somit auch das luftdichte Anliegen der Teiglingstrageinrichtung an einer Trennwand darin nicht thematisiert wird.
Hinweise, die die patentgemäße Schnellkühleinrichtung nahelegen würden, liefert auch das Dokument N9 nicht, ein Artikel von Johnston et al. aus dem Jahr 1994, der u. a. mit dem Einfrieren und der gekühlten Lagerung von Fischereiprodukten befasst ist. In der darin beschriebenen Vorrichtung befindet sich zwischen dem Transportwagen und der Kühlreinrichtung zwar eine Abluftkammer, welche in der Figur 9 auf Seite 21 der N9 als quaderförmiger Raum eingezeichnet ist. Allerdings ist Figur 9 lediglich zu entnehmen, dass der Transportwagen an einem bodenseitigen Stoß bündig anliegt. Selbst wenn der Fachmann anhand dieser Skizze darüber hinaus erkennt, dass – wie von der Klägerin angenommen – der Stikkenwagen zusätzlich an einer als Trennwand aufzufassenden vertikalen Oberfläche der Abluftkammer anliegt, erhält er aus der schematischen Zeichnung der N9 dennoch keinen Hinweis darauf, dass das Anliegen des Transportwagens an einer solchen Oberfläche luftdicht erfolgt, da hierzu weder in der Zeichnung noch im Text Angaben gemacht werden.
Auch die Strömungsverhältnisse der Luft unterscheiden sich in der Vorrichtung der N9 von derjenigen in der patentgemäßen Schnellkühleinrichtung. Der Grund hierfür ist, dass der Ventilator in der Vorrichtung der N9 hinter der Kühleinrichtung positioniert ist und sich nicht wie im Falle der patentgemäßen Schnellkühleinrichtung in der Rückwand der Abluftkammer entsprechend den patentgemäßen Merkmalen 1.3 bis 1.6 und damit vor der Einrichtung zum Temperieren von Luft befindet.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag wird daher vom Stand der Technik auch nicht nahegelegt.
2.2 Der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 29 betrifft ein Verfahren zum raschen Abkühlen von auf Etagen unterschiedlicher Höhe angeordneten Teiglingen, bei dem aufgrund des darin genannten Merkmals 29.11 ebenfalls ein luftdichtes Anliegen der Teiglingstrageinrichtung an der Trennwand der Abluftkammer erforderlich ist. Ein Verfahren mit diesem Merkmal wird aus den vorstehend genannten Gründen vom Stand der Technik nicht nahegelegt, so dass auch das Verfahren nach Patentanspruch 29 alle Patentierungsvoraussetzungen erfüllt.
3. Die verteidigten Patentansprüche 1 und 29 gemäß Hauptantrag haben daher Bestand. Mit ihnen haben die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen, vorteilhafte Ausführungsformen der patentgemäßen Schnellkühleinrichtung betreffenden Patentansprüche 2 bis 28, sowie die auf den Verfahrensanspruch 29 rückbezogenen Patentansprüche 30 bis 52 ebenfalls Bestand.
4. Der Anregung der Parteien, ein Sachverständigengutachten zu Fragen der Luftströmungsverhältnisse in der Schockstelle der Anlage B…, der technischen Beschaffenheit von Kühleinrichtungen oder zur Dokumentation von Wartungstätigkeiten oder technischen Zeichnungen einzuholen, war nicht erforderlich, weil der Senat – soweit diese Fragen überhaupt entscheidungserheblich waren – auf eigene Sachkunde zurückgreifen kann.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
IV.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
Schramm Guth Dr. Proksch-Ledig Richter Dr. Gerster ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert.
Dr. Münzberg Schramm Ko