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IX ZB 101/11

BUNDESGERICHTSHOF IX ZB 101/11 BESCHLUSS vom 14. November 2013 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ:

nein BGHR:

ja InsO § 9 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3; ZPO § 569 Abs. 1 Satz 2 Der Lauf der Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen einen die Vergütung festsetzenden Beschluss ist nach Veröffentlichung des Beschlusses im Internet und der dadurch nach § 9 Abs. 1 Satz 3 InsO bewirkten Zustellung nach § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 Fall 2 BGB zu berechnen.

BGH, Beschluss vom 14. November 2013 - IX ZB 101/11 - LG Essen AG Essen Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Pape und die Richterin Möhring am 14. November 2013 beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Treuhänders wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 15. Februar 2011 aufgehoben.

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 23. März 2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Schuldnerin trägt die Kosten der Rechtsmittel.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 39.757,21 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Auf Eigenantrag der Schuldnerin eröffnete das Insolvenzgericht nach Verfahrenskostenstundung am 13. April 2006 das vereinfachte Insolvenzverfahren über deren Vermögen. Nach Vorlage des Schlussberichts setzte es mit Beschluss vom 30. August 2006 die Vergütung des Treuhänders zu Lasten der Staatskasse antragsgemäß auf 800,40 € fest. Mit Beschluss vom 28. November 2006 wurde der Schuldnerin Restschuldbefreiung angekündigt. Die dem Treuhänder gegenüber angekündigte Aufhebung des Insolvenzverfahrens unterblieb. Mit Zwischenbericht vom 15. April 2008 teilte der Treuhänder mit, dass die Schuldnerin eine Erbschaft in Höhe von ca. 400.000 € gemacht und er das Geld vereinnahmt habe. Möglicherweise sei aber ein Miterbe vorhanden. Mit neuerlichem Schlussbericht vom 24. Februar 2010 beantragte er, seine Vergütung auf 61.169,76 € festzusetzen zuzüglich Auslagen von 12.000 € und Umsatzsteuer, insgesamt 87.072,01 €.

Das Insolvenzgericht setzte die Vergütung mit Beschluss vom 23. März 2010 auf insgesamt 62.808,01 € fest, wovon die von der Staatskasse erhaltene Vergütung abzuziehen sei. Der Beschluss wurde zum Zwecke der Bekanntmachung am 25. März 2010 um 22.37.04 Uhr im Internet eingestellt und der Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin am 30. März 2010 zugestellt. Am 13. April 2010 legte die Schuldnerin, vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigte, sofortige Beschwerde ein. Das Landgericht setzte die Vergütung auf insgesamt 23.050,80 € herab. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Treuhänders.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 6, 7, 313 Abs. 1 Satz 3, § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO, Art. 103 f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 ZPO zulässig. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts und zur Verwerfung der sofortigen Beschwerde als unzulässig.

1. War die sofortige Beschwerde zwar statthaft, jedoch unzulässig, weil sie verfristet war, und hat das Beschwerdegericht über die unzulässige Beschwerde gleichwohl sachlich entschieden, ist diese Entscheidung auf eine zulässige Rechtsbeschwerde hin aufzuheben und die sofortige Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (BGH, Beschluss vom 25. Juni 2009 - IX ZB 161/08, ZIP 2009, 1495 Rn. 6 mwN). Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ist im Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen zu prüfen, weil es andernfalls an einem gültigen und rechtswirksamen Verfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht fehlt (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - IX ZB 42/10, ZIP 2012, 1779 Rn. 5 mwN).

2. Die am 13. April 2010 beim Insolvenzgericht per Telefax eingegangene sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 23. März 2010 war verfristet. Die Notfrist von zwei Wochen, innerhalb der die sofortige Beschwerde nach § 4 InsO, § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO einzulegen war, begann gemäß § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO, § 64 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 InsO zwei Tage nach der am 25. März 2010 erfolgten öffentlichen Bekanntmachung der Vergütungsfestsetzung im Internet und endete am 12. April 2010. Der Umstand, dass der Festsetzungsbeschluss der Schuldnerin nach der Bekanntmachung im Internet auch noch persönlich zugestellt wurde,

hatte auf den Lauf der Frist keinen Einfluss (BGH, Beschluss vom 5. November 2009 - IX ZB 173/08, ZInsO 2009, 2414 Rn. 9; vom 12. Juli 2012, aaO Rn. 6). Die Anknüpfung des Fristlaufs an die öffentliche Bekanntmachung im Internet ohne Veröffentlichung der festgesetzten Beträge (§ 64 Abs. 2 Satz 2 InsO) verletzt nicht den Anspruch des Schuldners auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4, Art. 2 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012, aaO Rn. 7). Dies gilt jedenfalls, wenn eine solche Festsetzung von Rechts wegen erfolgen durfte und dem Schuldner rechtliches Gehör gewährt worden ist.

a) Die Notfrist von zwei Wochen nach § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO begann mit der Zustellung der Entscheidung. Gemäß § 9 Abs. 3 InsO genügt die öffentliche Bekanntmachung zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligte, auch wenn das Gesetz neben ihr eine besondere Zustellung vorsieht.

b) Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 InsO gilt die Bekanntmachung als bewirkt, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. Vorliegend erfolgte die Veröffentlichung im Internet am 25. März 2010. Der zweite Tag nach Veröffentlichung fiel auf einen Samstag. Gemäß § 4 InsO, § 222 Abs. 2 ZPO endete die Frist deshalb mit Ablauf des nächsten Werktages, also des Montags, 29. März 2010 (Graf-Schlicker/Kexel, InsO 3. Aufl., § 9 Rn. 4; HmbKomm-InsO/Rüther, 4. Aufl., § 9 Rn. 8; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 9 Rn. 7).

c) Die zweiwöchige Beschwerdefrist berechnet sich sodann nach § 4 InsO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 Fall 2 BGB und endet mit Ablauf des Montags, 12. April 2010.

aa) Die Frist begann gemäß § 187 Abs. 2 BGB mit Beginn des 30. März 2010 zu laufen. Maßgebend ist, ob die gesetzliche Regelung den Fristbeginn an ein bestimmtes Ereignis oder an einen in den Lauf eines Tages fallenden Zeitpunkt knüpft (dann ist § 187 Abs. 1 BGB anwendbar) oder ob sie den Fristbeginn in anderer Weise regelt (dann kommt § 187 Abs. 2 BGB zur Anwendung). Das entspricht ständiger Rechtsprechung (Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 6. Juli 1972 - GmS-OGB 2/71, BGHZ 59, 396, 397 f; BGH, Urteil vom 3. Februar 1989 - V ZR 278/87, WM 1989, 826, 827; vom 13. Januar 2005 - IX ZR 33/04, ZIP 2005, 310).

Im vorliegenden Fall ist zwar ein Ereignis, die Veröffentlichung im Internet, maßgeblich für den Beginn der Bewirkungsfrist des § 9 Abs. 1 Satz 3 InsO. Hier gilt deshalb § 187 Abs. 1 BGB. Mit dem Ablauf des zweiten auf die Veröffentlichung folgenden Tages ist die Bekanntmachung bewirkt.

Für den Beginn der Frist der sofortigen Beschwerde ist demgegenüber kein Ereignis maßgebend, dass in den Lauf eines Tages fällt, sondern der Ablauf der Frist des § 9 Abs. 1 Satz 3 InsO. Demnach ist § 187 Abs. 2 BGB einschlägig (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012, aaO Rn. 6). Der von der Rechtsbeschwerdeerwiderung herangezogene Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zum Zeitpunkt 0.00 Uhr eines bestimmten Tages (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2005, aaO) ist hiermit nicht vergleichbar, denn dort fällt gerade ein bestimmtes Ereignis, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, in den Lauf eines Tages. Solches ist hier nicht der Fall.

bb) Der Lauf der Frist berechnet sich demgemäß nach § 188 Abs. 2 Fall 2 BGB. Sie endet mit Ablauf desjenigen Tages, welcher dem Tag vorangeht, der durch seine Benennung dem Anfangstag der Frist entspricht. Da die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde mit Beginn des 30. März 2010 begann, endete sie mit Ablauf des 12. April 2010.

Kayser Vill Lohmann Pape Möhring Vorinstanzen: AG Essen, Entscheidung vom 23.03.2010 - 162 IK 43/06 LG Essen, Entscheidung vom 15.02.2011 - 7 T 241/10 -

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