2 Ni 29/13 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 29/13 (EP) (Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
26. Februar 2015 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 1 250 566 (DE 600 30 591)
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Guth sowie der Richter Paetzold, Dipl.-Phys. Brandt, Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Friedrich und Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Zebisch für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 250 566 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagte ist Inhaberin des am 26. Oktober 2000 angemeldeten europäischen Patents 1 250 566 (Streitpatent), das auf die PCT-Anmeldung PCT/US2000/041619 zurückgeht, die als WO 2001/053777 A1 veröffentlicht worden ist, und für das die Priorität der amerikanischen Patentanmeldung US 487 654 vom 19. Januar 2000 in Anspruch genommen wird. Das in der Verfahrenssprache Englisch mit der Bezeichnung „NAVIGATION SYSTEM WITH ROUTE INDICATORS“ (Navigationssystem mit Wegweisern) abgefasste Patent wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 600 30 591 geführt und umfasst den Verfahrensanspruch 1, jeweils unmittelbar oder mittelbar auf diesen rückbezogene Unteransprüche 2 bis 15, den Vorrichtungsanspruch 16 und unmittelbar oder mittelbar auf diesen rückbezogene Unteransprüche 17 bis 22.
In der Verfahrenssprache Englisch haben die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 16 des Streitpatents folgenden Wortlaut:
„1. A method for displaying a route in a navigation system (20) including the steps of:
a) selecting a destination from a map database (26); b) calculating a recommended route (62) to the destination in the map database (26); and c) displaying the recommended route (62) including a plurality of route indicators along the recommended route (62) towards the destination, wherein the plurality of route indicators is displayed in a colour different from a colour of the recommended route (62).”
„16. A navigation system (20) comprising:
a user input device for selecting a destination; a CPU (32) calculating a recommended route (62) to the destination; and a display (24) displaying a plurality of route indicators on the recommended route (62) to the destination, wherein said display (24) displays said plurality of route indicators in a colour different from said recommended route (62).”
In deutscher Übersetzung lauten diese Patentansprüche:
„1. Verfahren zum Anzeigen einer Route in einem Navigationssystem (20) mit den folgenden Schritten:
a) Wählen eines Fahrziels aus einer Landkarten-Datenbank (26); b) Berechnen einer empfohlenen Route (62) zu dem Fahrziel in der Landkarten-Datenbank (26); und c) Anzeigen der empfohlenen Route (62) mit einer Vielzahl von Routenanzeigern entlang der empfohlenen Route (62) in Richtung des Fahrziels, wobei die Vielzahl von Routenanzeigern in einer Farbe angezeigt wird, die sich von einer Farbe der empfohlenen Route (62) unterscheidet.“
„16. Navigationssystem (20), umfassend:
eine Anwendereingabevorrichtung zum Wählen eines Fahrziels; eine CPU (32), die eine empfohlene Route (62) zu dem Fahrziel berechnet; und eine Anzeige (24), die eine Vielzahl von Routenanzeigern auf der empfohlenen Route (62) zu dem Fahrziel anzeigt, wobei die Anzeige (24) die Vielzahl von Routenanzeigern in einer Farbe anzeigt, die sich von der empfohlenen Route (62) unterscheidet.“
Hinsichtlich des Wortlauts der Patentansprüche 2 bis 15 und 17 bis 22 wird auf die Patentschrift EP 1 250 566 B1 verwiesen.
Die Klägerin, die das Streitpatent in vollem Umfang angreift, macht den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit geltend. Sie stützt ihr Vorbringen auf folgende Dokumente:
K1 EP 1 250 566 B1 (Streitpatentschrift) K2 JP 07-114 692 A K3 unbeglaubigte deutschsprachige Übersetzung der Druckschrift K2 K4 Schreiben an die Klägerin im Verletzungsverfahren Az.
O 24164/12 zur Druckschrift K2 K5 Antwortschreiben der Gegenseite im Verletzungsverfahren Az. 7 O 24164/12 K6 Registerauszug des DPMA zum Az DE 600 30 591 (dt.
Veröffentlichung des Streitpatents) K7 DE 600 30 591 T2 (Übersetzung der EP-Patentschrift K1 EP 1 250 566 B1) K8 Merkmalsanalyse der Ansprüche 1 und 16 des Streitpatents K9 Beschluss des OLG München Az. 6 U 2315/13 über die Aussetzung des Verletzungsverfahrens K10 beglaubigte deutschsprachige Übersetzung der K2
(JP 07 - 114 692 A).
Sie ist der Ansicht, die Lehre des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik gemäß der japanischen Offenlegungsschrift K2 nicht neu oder beruhe zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. K2 offenbare sämtliche Merkmale der Ansprüche des Streitpatents. Dies gelte auch für das Merkmal, dass die Farbe der Routendarstellung und die Pfeile unterschiedlich seien. Aus der in Absatz [0033] der K2 angesprochenen Möglichkeit, dass die gewählte Route die gleiche Farbe wie die Pfeile haben könne, ergebe sich zwingend die Alternative, dass Route und Pfeile auch unterschiedliche Farben haben könnten.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 1 250 566 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und beruft sich auf folgende Dokumente:
P1 beglaubigte auszugsweise deutschsprachige Übersetzung der Druckschrift K2 P2 Auszüge aus der vom Japanischen Patentamt auf dessen Homepage angebotenen englischsprachigen Maschinenübersetzung der Druckschrift K2 Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Insbesondere ist sie der Meinung, das Merkmal in Anspruch 1 des Streitpatents, wonach „die Vielzahl von Routenanzeigern in einer Farbe angezeigt wird, die sich von einer Farbe der empfohlenen Route unterscheidet“ bzw. das Merkmal in Anspruch 16, wonach „die Anzeige die Vielzahl von Routenanzeigern in einer Farbe anzeigt, die sich von der empfohlenen Route unterscheidet", sei in der K2 nicht offenbart, wie die von ihr eingereichten korrekten Übersetzungen zeigten. Die Absätze [0029], [0031] und [0033] der K2 träfen keine Aussage über die Farbe der Routenanzeiger. Absatz [0033] offenbare im Gegenteil, dass die Farbe der Route und der Pfeile nicht unabhängig voneinander einstellbar seien, und ziehe auch keine andere Möglichkeit in Erwägung. Aus diesem Grund fehle es auch an einer Veranlassung für den Fachmann, zum Gegenstand der Lehre des Streitpatents zu gelangen.
Diese Merkmale lehrten auch die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe Die Klage, mit der der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit nach Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ geltend gemacht wird, ist zulässig.
Die Klage ist auch begründet. Denn das Streitpatent erweist sich nicht als patentfähig. Die darin beanspruchte Lehre ist gegenüber dem Stand der Technik nicht neu (Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 EPÜ).
I.
1. Das Streitpatent betrifft Navigationssysteme und insbesondere ein Navigationssystem mit einer verbesserten Anzeige zum Anzeigen einer empfohlenen Route zu einem Fahrziel.
Bei herkömmlichen Navigationssystemen kann ein Anwender mit Hilfe einer Anwender-Schnittstelle in einer Landkarten-Datenbank ein Fahrziel auswählen. Das Navigationssystem umfasst Bewegungs- und Positionsbestimmungs-vorrichtungen, welche die aktuelle Position des Fahrzeugs im Verhältnis zu der LandkartenDatenbank bestimmen, berechnet eine empfohlene Route von der aktuellen Position des Fahrzeugs zum Fahrziel und führt den Anwender danach längs dieser Route zum Fahrziel. Die vorgeschlagene Fahrtstrecke zum Ziel wird dabei auf einer Landkarte auf einem Display angezeigt, wobei sie dadurch hervorgehoben wird, dass sie in einer von den anderen Straßen unterschiedlichen Farbe angezeigt wird.
Bei einem solchen bekannten Navigationssystem können die Straßen auf der Landkarte bereits in mehreren unterschiedlichen Farben angezeigt werden. Unterschiedliche Farben der Straßen auf der Landkartenanzeige stellen Straßen unterschiedlicher Kategorien dar, d. h. Schnellstraßen gegenüber Hauptstraßen gegenüber Nebenstraßen. Im Ergebnis kann sich eine empfohlene Route, die in einer weiteren Farbe gezeigt wird, nicht ausreichend abheben, vgl. die Abschnitte [0001] bis [0003] des Streitpatents gemäß Druckschrift K1 bzw. der Übersetzung des Streitpatents gemäß der Druckschrift K7.
Das Streitpatent stellt demgegenüber ein Navigationssystem bereit, bei dem die empfohlene Route leichter zu sehen und besser von den übrigen Darstellungen auf dem Display zu unterscheiden ist und der Betrachter beim schnellen Erkennen und Verstehen komplizierter Routen unterstützt wird. Gemäß den erteilten und lediglich durch eine Merkmalsgliederung ergänzten Ansprüchen 1 und 16 wird dies erreicht durch ein
„1. Verfahren zum Anzeigen einer Route in einem Navigationssystem (20) mit den folgenden Schritten:
(1.1) Wählen eines Fahrziels aus einer Landkarten-Datenbank (26);
(1.2) Berechnen einer empfohlenen Route (62) zu dem Fahrziel in der Landkarten-Datenbank (26); und
(1.3) Anzeigen der empfohlenen Route (62) mit einer Vielzahl von Routenanzeigern entlang der empfohlenen Route (62) in Richtung des Fahrziels,
(1.4) wobei die Vielzahl von Routenanzeigern in einer Farbe angezeigt wird, die sich von einer Farbe der empfohlenen Route (62) unterscheidet.“
und durch ein
„16. Navigationssystem (20), umfassend:
(2.1) eine Anwendereingabevorrichtung zum Wählen eines Fahrziels;
(2.2) eine CPU (32), die eine empfohlene Route (62) zu dem Fahrziel berechnet; und
(2.3) eine Anzeige (24), die eine Vielzahl von Routenanzeigern auf der empfohlenen Route (62) zu dem Fahrziel anzeigt,
(2.4) wobei die Anzeige (24) die Vielzahl von Routenanzeigern in einer Farbe anzeigt, die sich von der empfohlenen Route (62) unterscheidet.“
Für das Verfahren bzw. das Navigationssystem gemäß dem Streitpatent ist demzufolge wesentlich, dass eine Vielzahl von Routenanzeigern auf der empfohlenen Route in Richtung zu dem Fahrziel angezeigt wird, deren Farbe sich von der der empfohlenen Route unterscheidet. Bei dieser Darstellung ist die empfohlene Route wegen der Pfeile leichter zu sehen und besser zu unterscheiden, wobei die farblich hervorgehobenen Pfeile den Betrachter beim schnellen Erkennen und Verstehen einer komplizierteren Route - wie beispielsweise einer Route, die sich selbst überquert - unterstützen, vgl. die Abschnitte [0010] und [0012] der K1 bzw. der K7.
2. Als Fachmann ist vorliegend ein mit der Weiterentwicklung von Navigationssystemen und insbesondere der zugehörigen Anzeigen betrauter berufserfahrener Diplom-Informatiker mit entsprechenden Kenntnissen der Verkehrstelematik anzusehen.
3. Das Verfahren nach dem erteilten Anspruch 1 ist nicht patentfähig, denn es ist nicht neu.
Gemäß der von einer öffentlich bestellten und beeidigten Übersetzerin angefertigten Übersetzung K10 offenbart die Druckschrift K2 in Übereinstimmung mit der Lehre der Merkmale (1.1) bis (1.3) des erteilten Anspruchs 1 ein Verfahren zum Anzeigen einer Route in einem Navigationssystem mit den folgenden Schritten:
- Wählen eines Fahrziels aus einer Landkartendatenbank,
- Berechnen einer empfohlenen Route zu dem Fahrziel in der LandkartenDatenbank und
- Anzeigen der empfohlenen Route mit einer Vielzahl von Routenanzeigern entlang der empfohlenen Route in Richtung des Fahrziels, wobei als Routenanzeiger zum Fahrziel hin zeigende Pfeile verwendet werden
(Weiter sucht der Bediener, wenn wie oben beschrieben die gegenwärtige Position eingegeben und der Kartenbildschirm gescrollt worden ist, sein Ziel, legt dessen Position fest und wählt die Routensuchfunktion, wodurch wie in Fig. 2(2) gezeigt eine empfohlene, weil z. B. kürzeste, Route zwischen der mit P11 bezeichneten gegenwärtigen Position und dem mit P12 bezeichneten Ziel berechnet und angezeigt wird. / K10, Abschnitt [0020]) // Weiter wird bei einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung die Route, die wie oben beschrieben ermittelt wird, zusammen mit Merkmalen angezeigt, bei denen Pfeile, hier mit P15 bis P20 bezeichnet, die Richtung für die Weiterfahrt angeben / K10, Abschnitt [0022] // In Schritt n2 werden die Straßen, die der ermittelten Route entsprechen, mit einer anderen Farbe als die sonstigen Straßen eingefärbt. In Schritt n3 werden auch Pfeile zusammen mit der genannten Route angezeigt. / K10, Abschnitt [0029] // Da auf diese Weise nicht nur die Route, auf der zu fahren ist, sondern auch die Richtung, in die zu fahren ist, angezeigt wird, kann der Fahrer sofort die richtige Route irrtumsfrei erkennen. Dies steigert die Sicherheit und ist auch dann der Fall, wenn die genannte Route einen komplizierten Verlauf hat und wiederholtes Abbiegen nach rechts und links beinhaltet / K10, Abschnitt [0030]).
Dabei wird die Farbe, mit der die Pfeile dargestellt werden, so gewählt, dass diese sich vor der Hintergrundfarbe der dargestellten Landkarte gut abhebt, indem die Pfeile in der Komplementärfarbe zu der des Landkartenhintergrundes dargestellt werden, so dass die visuelle Erkennbarkeit gesteigert wird (Außerdem wird die Farbe der genannten Pfeile entsprechend der Hintergrundfarbe der Route, mit der Erd-, Grün-, Wasserflächen usw. dargestellt werden, gewählt, z. B. als Farbe nahe an der jeweiligen Komplementärfarbe des genannten Hintergrund. / K10, Abschnitt [0031] // Weiter wird in Schritt n12 die Hintergrundfarbe gelesen. Den auf diese Weise gelesenen Ergebnissen entsprechend werden in Schritt n13 die Pfeile wie in den genannten Figuren 5(1) und 5(2) gezeigt in einer Größe, die der Verkleinerung entspricht, und einer Farbe, die über der Hintergrundfarbe gut erkennbar ist, angezeigt. Dadurch, dass sich die Farbe und Größe der Pfeile so mit dem Verkleinerungsmaßstab und der Hintergrundfarbe ändern, wird die visuelle Erfassbarkeit noch gesteigert. / K10, Abschnitte [0032] und [0033]).
Bei dieser Darstellung werden die empfohlene Route und die als Routenanzeiger verwendeten Pfeile bei einer Darstellungsvariante in unterschiedlichen Farben angezeigt. Dies entnimmt der Fachmann der der zuletzt genannten Zitatstelle unmittelbar folgenden Angabe, wonach das oben erläuterte Ausführungsbeispiel auch so ausgebildet werden kann, dass die gewählte Route die gleiche Farbe wie die Pfeile hat (Im Übrigen kann das Beispiel auch so ausgelegt werden, dass die gewählte Route die gleiche Farbe wie die Pfeile hat / K10, Abschnitt [0033]).
Diese Aussage kann für den Fachmann erkennbar nur bedeuten, dass bei der zuvor beschriebenen Ausbildung, bei der die Pfeile in der Komplementärfarbe zu der des Hintergrunds dargestellt werden, die Farben der Pfeile und der Route unterschiedlich sind, denn sonst wäre die Angabe über die genannte Abwandlung, bei der beide dieselbe Farbe haben, sinnlos.
Somit entnimmt der Fachmann der Druckschrift K2 auch das Merkmal 1.4 des erteilten Anspruchs 1.
4. Das von der Patentinhaberin vorgetragene Argument, mit der Änderung der Farbe der Pfeile würde zugleich auch die Farbe der empfohlenen Route verändert, konnte den Senat nicht überzeugen. Die Patentinhaberin hat hierzu auf die von ihr vorgelegte Auszugsübersetzung der Druckschrift K2 gemäß dem Dokument P1 verwiesen, in der es im Hinblick auf die Abschnitte [0031] und [0033] heißt: „Gleichzeitig passen sich die Pfeile der Farbe des Hintergrund-bildes wie Erde, Grünfläche oder Gewässer an und nehmen eine annähernd komplementäre Farbe zum Hintergrund an. Durch die genannte Farb- und Größenanpassung der Pfeile entsprechend der Hintergrundfarbe und dem Maßstab wird die Übersichtlichkeit weiter verbessert. Die gewünschte Route kann zudem die gleiche Farbe wie die die Pfeile annehmen. Überdies kann die Größe und die Farbe der Pfeile von dem Benutzer nach Belieben eingestellt werden.“
Aus dieser Angabe, dass zudem die Route die gleiche Farbe wie die die Pfeile annehmen kann, folgt wie bei der Übersetzung gemäß Dokument K10 auch hier, dass dies bei der zuvor erläuterten Ausbildung nicht zutrifft, sondern dass dort die Farbe der Route und die Farbe der Pfeile unterschiedlich sind, denn ansonsten wäre das Wort „kann“, das zumindest eine weitere Möglichkeit impliziert, hier fehl am Platze.
Das Wort „zudem“ bezeichnet hier somit - anders als die Beklagte meint - nicht ein weiteres Merkmal der zuvor erläuterten Ausführungsform, sondern eine Alternative hierzu. Dies gilt in gleicher Weise für das weitere im Text genannte Beispiel, bei dem ein Benutzer die Größe und die Farbe der Pfeile vorgibt, denn die Vorgabe durch den Benutzer ist mit einer (automatischen) Einstellung durch das Gerät abhängig von der Farbe des Hintergrunds nicht vereinbar und kann somit kein Zusatzmerkmal einer solchen Ausbildung sein. Das von der Patentinhaberin vorgetragene Verständnis der Begriffe „zudem“ und „überdies“ im Sinne von „außerdem“ führt damit zu Widersprüchen. Im Gegensatz zur Auffassung der Patentin- haberin können die beiden genannten Angaben daher nur Alternativen zu der vorher erläuterten Ausbildung erläutern.
In diesem Zusammenhang wird auch auf die in den Fig. 4 und 6 der Druckschrift K2 dargestellten Flussdiagramme hingewiesen, anhand derer die Verfahrensweise zur Einstellung der Farben der Route und der Pfeile beschrieben wird. Dabei wird im Schritt n2 jeweils die empfohlene Route derart dargestellt, dass diese in einer anderen Farbe als der der übrigen Straßen angezeigt wird. Bei dem Verfahren nach Fig. 6 wird dann nach der Einstellung der Farbe der Route gemäß Schritt n2 im weiteren Schritt n12 die Hintergrundfarbe gelesen und in Abhängigkeit von dieser in Schritt n13 die Farbe der Pfeile eingestellt, vgl. die Abschnitte [0029] und [0032] in der Übersetzung gemäß Dokument K10 sowie die inhaltlich hiermit übereinstimmende Übersetzung dieser Abschnitte in der Maschinenübersetzung des japanischen Patentamts gemäß Dokument P2. Die Abschnitte [0009], [0010], [0014] und [0029] der von der Beklagten vorgelegten Auszugsübersetzung gemäß dem Dokument P1, in der der Abschnitt [0032] nicht übersetzt wurde, stimmen inhaltlich mit den Übersetzungen der entsprechenden Abschnitte in den Dokumenten K10 und P2 überein und geben keinen Anlass, an der Richtigkeit der Übersetzung der Druckschriften K10 und P2 zu zweifeln. Demzufolge wird bei dem Navigationssystem nach der Druckschrift K2 zuerst die Farbe der empfohlenen Route festgelegt und dann unabhängig davon die Farbe der Pfeile komplementär zu der des Hintergrunds eingestellt. Bei dieser Vorgehensweise bleibt die einmal eingestellte Farbe der Route unverändert und wird weder durch die Farbe der Pfeile beeinflusst noch gar - im Nachhinein - an diese angepasst. Die von der Patentinhaberin vorgetragene Argumentation zum Verständnis der Textpassage im Abschnitt [0033] ist somit mit den Flussdiagrammen nicht vereinbar und damit auch aus diesem Grund nicht zutreffend.
5. Da das Verfahren nach dem erteilten Anspruch 1 somit mangels Neuheit seines Gegenstandes nicht patentfähig ist, kann die Frage dahingestellt bleiben, ob das Merkmal 1.4 des erteilten Anspruchs 1 überhaupt eine Anweisung ist, die die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln betrifft oder zumindest beeinflusst, oder ob dieses Merkmal als untechnische Anweisung von vorneherein unberücksichtigt zu bleiben hat, vgl. BGH GRUR 2011, 125, 2. Leitsatz und Rdnr. [32] bis [45] - Wiedergabe topographischer Informationen - und BGH GRUR 2013, 275, 2. Leitsatz und Rdnr. [36] und [41] bis [46] - Routenplanung -.
6. Für den nebengeordneten Vorrichtungsanspruch gelten dieselben Darlegungen wie für den Anspruch 1, so dass auch dieser mangels Neuheit seines Gegenstandes nicht patentfähig ist.
7. Die Unteransprüche 2 bis 15 sowie 17 bis 22 fallen wegen der Antragsbindung mit dem Anspruch 1 bzw. dem Anspruch 16, vgl. BGH GRUR 2007, 862, Leitsatz i. V. m. Abschnitt [22] - „Informations-übermittlungsverfahren II“ - ; BPatG GRUR 2009, 46 - Ionenaustauschverfahren - .
Die Patentinhaberin hat für diese Ansprüche im Übrigen auch keine eigenständige patentbegründende Wirkung geltend gemacht.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil kann das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 110 PatG eingelegt werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils - spätestens nach Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung durch einen in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt schriftlich zum Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzulegen.
Die Berufungsschrift muss - die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet ist, sowie - die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde,
enthalten. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Auf die Möglichkeit, die Berufung nach § 125a PatG in Verbindung mit § 2 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGerVV) auf elektronischem Weg zum Bundesgerichtshof einzulegen, wird hingewiesen (s. www.bundesgerichtshof.de/erv.html).
Guth Paetzold Brandt Dr. Friedrich Dr. Zebisch Pr