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IV B 128/15

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 27.1.2016, IV B 128/15 Keine Akteneinsicht in dem Gericht nicht bekannte Akten Tenor Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Hessischen Finanzgerichts vom 23. November 2015 2 K 403/15 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Hessische Finanzgericht zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand I. Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erhobene Beschwerde wegen der vermeintlichen Ablehnung ihres beim Finanzgericht (FG) gestellten Antrags auf Einsicht in die Gerichtsakten sowie die Steuerakten einschließlich der Akten der Betriebsprüfung, Handakten des Prüfers, Rechtsbehelfsakten und Beiakten durch Beschluss vom 28. Mai 2015 IV B 39/15 als unzulässig verworfen hatte, weil das FG über den Antrag noch nicht entschieden habe, beantragte die Klägerin am 17. August 2015 beim FG erneut Akteneinsicht unter Versendung der Akten an das Amtsgericht X (AG).

Das FG teilte daraufhin der Klägerin mit, es bestehe grundsätzlich ein Recht auf Akteneinsicht, die einschlägigen Steuerakten befänden sich aber nach wie vor beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--), weshalb sie sich direkt dorthin wenden möge.

Die Klägerin beharrte auf ihrem Antrag und bat um einen rechtsbehelfsfähigen Beschluss, woraufhin das FG mitteilte, es könnten bei ihm nur die Gerichtsakten sowie bereits vorgelegte Akten eingesehen werden; da die Steuerakten nicht vorgelegt worden seien, möge sich die Klägerin an das FA wenden.

Nach erneuter Bitte um eine rechtsbehelfsfähige Entscheidung beschloss das FG am 23. November 2015 (2 K 403/15), es werde der Klägerin Akteneinsicht in den Räumen des FA bewilligt; soweit sie Akteneinsicht in den Räumen des AG beantragt habe, werde dies abgelehnt. Zur Begründung führte das FG u.a. aus, da die Steuerakten sich beim FA befänden, habe es die Klägerin zu Recht an das FA verwiesen. Für eine Akteneinsicht beim AG seien keine nachvollziehbaren Gründe mitgeteilt worden und auch nicht nach der Aktenlage erkennbar.

Mit ihrer Beschwerde macht die Klägerin geltend, ihr sei die gebotene Akteneinsicht zu Unrecht verwehrt worden. Insbesondere komme eine Akteneinsicht beim FG wegen der Entfernung von Z nach Kassel kostenmäßig nicht in Betracht und liege das AG nur 2 km von der in X unterhaltenen Zweigstelle ihres Prozessbevollmächtigten entfernt. Dort würden sämtliche finanzgerichtlichen Verfahren betrieben.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Beschluss des FG vom 23. November 2015 2 K 403/15 aufzuheben und das FG zu verpflichten, nach Übersendung der Gerichts- und vollständigen Steuer- und Verfahrensakten an das AG dort Akteneinsicht zu gewähren.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Entscheidungsgründe II. Die Beschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung des Beschlusses des FG vom 23. November 2015 2 K 403/15 sowie zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung an das FG.

1. Der Beschluss des FG war bereits deshalb aufzuheben, weil er verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist. Dies folgt daraus, dass sich das Recht auf Akteneinsicht nach § 78 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nur auf die Gerichtsakte sowie die dem Gericht vorgelegten Akten erstreckt. In Akten, die dem Gericht nicht vorliegen und deren Inhalt es daher auch nicht kennen kann, kann keine Einsicht gewährt werden, schon weil das Gericht es insoweit nicht ausschließen kann, dass in den entsprechenden Akten auch Vorgänge enthalten sind, die Angaben über Dritte enthalten und in die wegen § 30 der Abgabenordnung eine Einsichtnahme zu unterbleiben hat (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 10. April 2015 III B 42/14, BFH/NV 2015, 1102; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 78 Rz 5, m.w.N.). Ein Beschluss, in welchem das FG Einsicht in Akten gewährt, die ihm selbst nicht vorliegen und die es nicht kennt, ist daher wegen Verstoßes gegen § 78 Abs. 1 FGO aufzuheben.

2. Der Senat kann über den Antrag der Klägerin nicht selbst entscheiden, da ihm nicht bekannt ist, welche Verwaltungsakten dem FG neben den Gerichtsakten (mittlerweile) vorliegen. Die Sache war daher zur erneuten Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Die Zurückverweisungsbefugnis folgt aus §§ 132, 155 FGO i.V.m. § 572 Abs. 3 der Zivilprozessordnung und ist Ausfluss eines tragenden Grundprinzips des Instanzenzuges, nämlich der Aufteilung der Rechtsprechungsfunktionen unter den Gerichten (vgl. BFH-Beschlüsse vom 3. März 2009 X B 197/08, BFH/NV 2009, 961, und vom 17. März 2008 IV B 100, 101/07, BFH/NV 2008, 1177).

3. Das FG wird bei seiner erneuten Entscheidung Folgendes zu berücksichtigen haben: Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht des FG (§ 76 Abs. 1 FGO) vor, wenn Akten nicht beigezogen werden, bei denen es nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich aus ihnen weitere, bislang nicht berücksichtigte Erkenntnisse für das Gericht oder für den Kläger hätten ergeben können (BFH-Beschluss vom 25. Oktober 2012 X B 22/12, BFH/NV 2013, 226). Zudem ist bei der Ermessensausübung über den Ort der Akteneinsichtnahme zwar die gesetzliche Grundentscheidung zu beachten, dass die Akten in der Regel beim FG eingesehen werden sollen und es den Beteiligten sowie ihren Prozessbevollmächtigten daher grundsätzlich zugemutet wird, sich zur Akteneinsicht in das FG zu begeben. Dieser Grundsatz schließt aber Ausnahmen nicht aus, wenn sie auch nach ständiger, vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gebilligter Rechtsprechung auf eng begrenzte Sonderfälle (BVerfG-Beschluss vom 26. August 1981 2 BvR 637/81, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1982, 77) beschränkt sind. Ein solcher Sonderfall kommt in Betracht, wenn wegen großer Entfernung der Geschäftsräume des Prozessbevollmächtigten von dem FG (hier Entfernung Z nach Kassel, ca. 215 km) eine Einsichtnahme der Akten in den Räumen des FG nicht zumutbar erscheint (vgl. BFH-Beschluss vom 26. September 2003 III B 112/02, BFH/NV 2004, 210).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.

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