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IV AR (VZ) 5/24

BUNDESGERICHTSHOF IV AR(VZ) 5/24 BESCHLUSS vom 2. Juli 2025 in dem Verfahren ECLI:DE:BGH:2025:020725BIVAR.VZ.5.24.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Karczewski, die Richterinnen Dr. Brockmöller, Dr. Bußmann, die Richter Dr. Götz und Rust am 2. Juli 2025 beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Kammergerichts - 1. Zivilsenat - vom 28. Mai 2024 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Beschwerdewert: bis 230.000 €

Gründe: 1 I. Der Antragsteller, ein libyscher Staatsfonds, begehrt die Herausgabe hinterlegten Geldes.

Er erstritt ein Urteil des Landgerichts Berlin, das den dortigen Beklagten (nachfolgend: Hinterleger) verurteilte, rechtswidrig von dem Antragsteller erlangte 164.620,81 € nebst Zinsen für diesen zu hinterlegen. In den Entscheidungsgründen heißt es, der Antragsteller könne wegen der Verordnung (EU) 2016/44 des Rates vom 18. Januar 2016 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Libyen und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 204/2011 (ABl. L 12, S. 1, nachfolgend: Verordnung) keine Zahlung an sich verlangen, sondern habe lediglich einen Anspruch auf Hinterlegung. Im Februar 2023 nahm die Hinterlegungsstelle auf Antrag des Hinterlegers 205.685,08 € zur Hinterlegung an, wobei der Hinterleger unter Rücknahmeverzicht den Antragsteller als Empfangsberechtigten benannte und zum Hinterlegungsgrund auf das Urteil Bezug nahm.

Im Juni 2023 hat der Antragsteller bei der Hinterlegungsstelle beantragt, den hinterlegten Betrag auf sein Konto bei einer Bank in Malta zu überweisen. Die Hinterlegungsstelle hat mitgeteilt, dem Herausgabeantrag könne derzeit nicht entsprochen werden, da die Verordnung nicht aufgehoben sei. Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt, die der Antragsgegner, der Präsident des Amtsgerichts, zurückgewiesen hat. Der hiergegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist erfolglos geblieben. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter, die Hinterlegungsstelle zu verpflichten, die Überweisung auf sein Konto anzuordnen.

II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, insbesondere aufgrund der - für das Rechtsbeschwerdegericht nach § 29 Abs. 2 Satz 2 EGGVG bindenden - Zulassung gemäß § 29 Abs. 1 EGGVG statthaft, jedoch unbegründet.

1. Nach Auffassung des Kammergerichts liegen die Voraussetzungen für die begehrte Herausgabe zurzeit nicht vor. Dieser stehe die unmittelbar geltende Verordnung entgegen. Die Geldhinterlegung sei eingefroren und die Herausgabe ohne Genehmigung der Deutschen Bundesbank, die hier nicht vorliege, untersagt. Die Überweisung auf ein Konto des Antragstellers in Malta stelle eine Bewegung/einen Transfer im Sinne der Verordnung dar. Darüber hinaus sei die Hinterlegungsstelle an das Urteil des Landgerichts gebunden. Für eine Herausgabeanordnung müsse das rechtliche Hindernis ausgeräumt sein, das die Notwendigkeit der Hinterlegung begründet habe.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Kammergericht hat zu Recht angenommen, dass die beantragte Herausgabeanordnung (§ 16 Abs. 1 BerlHintG) abzulehnen war, weil die Empfangsberechtigung des Antragstellers derzeit nicht nachgewiesen ist (§ 17 Abs. 1 BerlHintG).

a) Zutreffend hat das Kammergericht darauf abgestellt, ob das der Hinterlegung zugrundeliegende Leistungshindernis entfallen ist. Die Frage, ob ein am Hinterlegungsverfahren Beteiligter seine Empfangsberechtigung nachgewiesen hat, beurteilt sich nach dem Rechtsverhältnis, das der Hinterlegung zugrunde liegt (Senatsbeschluss vom 14. Februar 2018 - IV AR(VZ) 2/17, WM 2018, 523 Rn. 16 m.w.N.). Wird die Hinterlegung - wie hier - wegen eines in der Person des Gläubigers liegenden Leistungshindernisses (§ 372 Satz 2 Alt. 1 BGB) bewirkt, kommt es darauf an, ob dieses Leistungshindernis fortbesteht. Ein Fall von § 17 Abs. 3 BerlHintG, in dem die Hinterlegungsstelle der Prüfung des materiellen Rechts enthoben wäre, liegt nicht vor (vgl. Bülow/Schmidt, HinterlO 4. Aufl. Anh. zu § 13 Rn. 12; KG RPfleger 2019, 469 [juris Rn. 11 ff.] m.w.N.; Abgeordnetenhaus Berlin Drucks. 16/3883 S. 20).

Im Streitfall hat der Hinterleger den Antrag auf Hinterlegung auf das gegen ihn ergangene Urteil gestützt, das ihn zur Hinterlegung von Geld verurteilt und in dessen Entscheidungsgründen es heißt, der Antragsteller könne wegen der Verordnung derzeit keine Zahlung an sich verlangen; eine Herausgabeanordnung durch die Hinterlegungsstelle setze voraus, dass das in seiner Person liegende rechtliche Hindernis beseitigt sei.

Damit ist das für die Prüfung des Herausgabeantrags maßgebliche Leistungshindernis bezeichnet worden (§ 9 Abs. 3 BerlHintG).

b) Zutreffend hat das Kammergericht ferner angenommen, dass dieses Leistungshindernis fortbesteht. Unstreitig unterliegt der Antragsteller weiterhin den Einschränkungen der Verordnung. Bei dem hinterlegten Betrag handelt es sich, wie das Kammergericht zu Recht feststellt, um eingefrorene Gelder im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Verordnung. Das Einfrieren von Geldern bezeichnet nach Art. 1 Buchst. b der Verordnung unter anderem die Verhinderung jeglicher Form der Bewegung, des Transfers, der Veränderung oder der Verwendung von Geldern. Gelder sind gemäß Art. 1 Buchst. a der Verordnung finanzielle Vermögenswerte und Vorteile jeder Art, darunter Geldforderungen, Guthaben auf Konten und Zahlungsansprüche. Die Begriffe sind weit auszulegen (näher BGH, Urteil vom 25. Januar 2024 - IX ZR 19/22, WM 2024, 687 Rn. 11 f. m.w.N.). Im Streitfall erfolgte Geldbewegungen ändern nichts an der Einordnung als eingefrorene Gelder.

c) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht daraus, dass der Antragsteller nicht die Auszahlung des hinterlegten Geldes begehrt, sondern seine Überweisung auf ein Konto bei einer Bank in Malta, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union. Zwar bieten Kreditinstitute, insbesondere international erfahrene Kreditinstitute, eine erhöhte Gewähr für die korrekte Umsetzung von Sanktionen (BGH, Urteil vom 25. Januar 2024 - IX ZR 19/22, WM 2024, 687 Rn. 21). Die begehrte Überweisung der eingefrorenen Gelder an eine Bank stellte aber eine Bewegung, einen Transfer im Sinne von Art. 1 Buchst. b der Verordnung dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die Bank ihrerseits die Verordnung zu beachten hat. Das Unionsrecht differenziert nicht danach, an wen die Leistung erfolgen soll, sondern knüpft das Genehmigungserfordernis allein an die Durchbrechung des Einfrierens (BGH, Urteil vom 25. Januar 2024 aaO). Art. 1 Buchst. b, Art. 5 Abs. 4 der Verordnung statuiert ein umfassendes Verfügungsverbot. Transaktionen mit eingefrorenen Geldern sollen so weit wie möglich unterbunden werden (BGH, Urteil vom 25. Januar 2024 aaO Rn. 17; EuGH, Urteil vom 11. November 2021, Bank Sepah, C-340/20, EU:C:2021:903, WM 2022, 70 Rn. 43). Jede Form der Verwendung, des Zugangs und des Einsatzes soll verhindert werden. Der Sache nach möchte das Unionsrecht das eingefrorene Vermögen dem Rechtsverkehr möglichst vollständig entziehen, solange - wie hier - keine Freigabe erteilt ist (BGH, Urteil vom 25. Januar 2024 aaO m.w.N.).

d) Keiner Entscheidung bedarf, ob - wie das Kammergericht annimmt - die Verordnung unmittelbar auch für die Hinterlegungsstelle gilt, ob die Hinterlegungsstelle die Herausgabe also auch dann mit Blick auf die Verordnung hätte ablehnen müssen, wenn die Hinterlegung nicht nach § 372 Satz 2 Alt. 1 BGB gerade auf ein in der Person des Gläubigers liegendes Leistungshindernis aus der Verordnung gestützt worden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2024 - IX ZR 19/22, WM 2024, 687 Rn. 21).

e) Nach dem Gesagten besteht kein Klärungsbedarf hinsichtlich der Auslegung von Unionsrecht. Einer Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union durch den Senat bedarf es nicht (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2024 - IX ZR 19/22, WM 2024, 687 Rn. 14; EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2024, Kubera, C-144/23, EU:C:2024:881, juris Rn. 36 m.w.N.).

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 29 Abs. 3 EGGVG, § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.

Prof. Dr. Karczewski Dr. Brockmöller Dr. Bußmann Dr. Götz Rust Vorinstanzen: KG Berlin, Entscheidung vom 28.05.2024 - 1 VA 22/23 -

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