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4 Ni 45/10 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 45/10 (EP) führend verbunden mit 4 Ni 50/10 (EP)

und 4 Ni 52/10 (EP)

(Aktenzeichen)

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL An Verkündungs Statt zugestellt am 3. April 2013 als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In der Patentnichtigkeitssache

…

…

betreffend das europäische Patent 1 163 864 (DE 501 03 712)

hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die am 28. November 2012 geschlossene mündliche Verhandlung durch die Richterin Friehe als Vorsitzende sowie den Richter Dr. Huber, die Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Dr.-Ing. Prasch und den Richter Dr.-Ing. Dorfschmidt für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 1 163 864 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland insoweit für nichtig erklärt, als es über folgende Patentansprüche hinausgeht:

6. Verfahren zur Herstellung eines Möbelpaneels in Gestalt einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff, bei dem auf einem Paneelkorpus (30) eine Kunststoffkante (10) aufgebracht wird, wobei eine Oberfläche der Kunststoffkante (10) aufgeschmolzen und die Kunststoffkante sodann mit ihrer aufgeschmolzenen Oberfläche auf den Paneelkorpus (30) gefügt wird, dadurch gekennzeichnet, dass durch Laserbeaufschlagung nur eine dünne Schicht (12) der Kunststoffkante (10) aufgeschmolzen und mit dem Paneelkorpus verschmolzen wird, während die restliche dickere Schicht (11) der Kunststoffkante (10) im festphasigen Zustand gehalten wird.

7. Verfahren nach dem vorhergehenden Anspruch, wobei eine Kunststoffkante (10) mit Bereichen (11, 12) unterschiedlicher Härte, die einen Bereich kleinerer Härte und einen im Vergleich dazu mehr als doppelt so dicken Bereich größerer Härte umfassen, verwendet wird, wobei der Bereich kleinerer Härte aufgeschmolzen und mit dem Paneelkorpus verschmolzen wird, und nur ein Teil der mit dem Paneelkorpus zu fügende Oberfläche der Kunststoffkante aufgeschmolzen und mit dem Paneelkorpus verschweißt wird.

8. Verfahren nach dem vorhergehenden Anspruch, wobei die Laserbeaufschlagung mit Laserlicht von einer Wellenlänge im Bereich von 0,7 bis 30 µm, vorzugsweise 0,8 bis 1,0 µm durchgeführt wird.

9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Kunststoffkante (10) mittels einer Laservorrichtung (13, 14) mit einer Strahlleistung im Bereich von 10² Watt aufgeschmolzen wird.

10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei eine Laserbeaufschlagung der Kunststoffkante (10) derart erfolgt, dass eine Eindringtiefe der Laserstrahlung weniger als 0,5 mm, vorzugsweise etwa 0,05 bis 0,2 mm beträgt.

11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei weniger als 50 % der mit dem Paneelkorpus (30) zu fügenden Oberfläche der Kunststoffkante (10) aufgeschmolzen und mit dem Paneelkorpus verschweißt werden.

12. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Kunststoffkante (10) im Durchlauf an den Paneelkorpus (30) gefahren wird.

II. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für Deutschland erteilten europäischen Patents 1 163 864 (Streitpatent), das am 8. Juni 2001 unter Inanspruchnahme der deutschen Priorität DE 100 29 043 vom 13. Juni 2000 angemeldet wurde. Die Erteilung des Streitpatents wurde am 22. September 2004 veröffentlicht; es wird im Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr.

03 712 geführt. Es betrifft eine Möbelplatte und ein Verfahren zu deren Herstellung und weist 12 Patentansprüche auf, die sämtlich angegriffen sind. Die unabhängigen erteilten Patentansprüche 1 und 6 haben in der Verfahrenssprache Deutsch folgenden Wortlaut:

Hinsichtlich der weiteren rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 5 und 7 bis 12 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen. Die Beklagte verteidigt ihr Patent mit gesonderten, jeweils beschränkten Hauptanträgen zu den Patentansprüchen 1 und 6, wobei diese Ansprüche nach den Hauptanträgen jeweils auf eine Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff beschränkt werden, und hilfsweise mit weiter beschränkten Patentansprüchen, ebenfalls gesondert zu den Patentansprüchen 1 und 6.

Die Klägerinnen sind der Ansicht, der Gegenstand des Streitpatents nehme die angegebene Priorität nicht wirksam in Anspruch; er sei unzulässig erweitert und nicht patentfähig. Sie berufen sich insbesondere auf folgende Druckschriften:

D1 DE 199 55 575 A1 D2 DE 42 08 991 A1 D3 EP 1 080 854 A1 D4 WO 93/06995 A1 D5 DD 257 797 A1.

Die Klägerinnen zu 2) und zu 3) berufen sich weiter auf die D6 EP 0 997 261 B1 D9 DE 1 479 239 A1 D10 Lueger, Lexikon der Technik, 1965, Band 7, Seiten 6 und 7 (von der Klägerin zu 3) als D10 bezeichnet) D15 Dissertation Jörn Korte, „Laserschweißen von Thermoplasten“, 1997 (von der Klägerin zu 3) als D11 bezeichnet)

die Klägerin zu 2) weiter auf die D11 DD 268 649 A5 D12 DE 38 13 570 A1 D13 DE 27 19 186 A1 D14 Assembly Automation, Volume 20, No. 2, 2000, Seiten 136 bis 139

„High Power Diode Laser Transmission Welding of Plastics“, Brian Bryden D18 Walter Michaeli, Einführung in die Kunststoffverarbeitung, 4. Aufl. 1999,

Seiten 180 bis 195 und die Klägerin zu 3) auf die D7 DE 296 12 598 U1 D8 DE 26 58 201 A1.

Nach Ansicht der Klägerinnen ist die patentierte Erfindung darüber hinaus nicht ausführbar offenbart.

Die Klägerinnen beantragen,

das europäische Patent 1 163 864 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

1. soweit die Vorrichtungsansprüche 1 bis 5 betroffen sind, das Patent durch Beschränkung des unabhängigen Anspruchs 1 beschränkt aufrechtzuerhalten, indem im Anspruch 1 das Wort „insbesondere“ ersetzt wird durch „in Gestalt einer“; 2. hilfsweise, das Patent durch Beschränkung des unabhängigen Anspruchs 1 beschränkt aufrechtzuerhalten, indem im Anspruch 1 der Begriff „nur ein Teil“ ersetzt wird durch „nur bis 50 %“ und der abhängige Anspruch 4 gestrichen wird; 3. weiter hilfsweise, das Patent durch Beschränkung des unabhängigen Anspruchs 1 beschränkt aufrechtzuerhalten, indem im Anspruch 1 der Begriff „nur ein Teil“ ersetzt wird durch „weniger als 25 %“ und der abhängige Anspruch 4 gestrichen wird; 4. weiter hilfsweise, das Patent durch Beschränkung des unabhängigen Anspruchs 1 beschränkt aufrechtzuerhalten, indem im Anspruch 1 der Begriff „nur ein Teil“ ersetzt wird durch „nur Randbereiche“;

5. weiter hilfsweise, dass im Patentanspruch 1 zwischen „der auf dem Paneelkorpus gefügten Oberfläche der Kunststoffkante“ und „mit dem Paneelkorpus verschweißt ist“ eingefügt wird: „aufgeschmolzen wurde und“; 6. soweit die Verfahrensansprüche 6 bis 12 betroffen sind, das Patent durch Beschränkung des unabhängigen Anspruchs 6 beschränkt aufrecht zu erhalten, indem im Anspruch 6 das Wort „insbesondere“ ersetzt wird durch „in Gestalt“; 7. hilfsweise, das Patent durch Beschränkung des unabhängigen Anspruchs 6 beschränkt aufrechtzuerhalten, indem im Anspruch 6 die Worte „auf den Paneelkorpus (30) gefügt“ ersetzt werden durch die Worte „auf eine nicht-aufgeschmolzene Oberfläche des Paneelkorpus (30) gefügt“; 8. und die Klagen im Übrigen abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen weiter die Nichtigerklärung des Patents auch im Umfang der Hilfsanträge.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

Die Beklagte hält ihr Patent für rechtsbeständig auch bei Zugrundelegung des Stands der Technik am Anmeldetag des Streitpatents und nicht am Prioritätstag. Der Gegenstand des Streitpatents sei patentfähig, ausführbar und nicht unzulässig erweitert.

Hinsichtlich der Unteransprüche ist die Beklagte der Ansicht, dass die Patentansprüche 2 und 5 eigenständig patentfähig sind. Die Klägerin zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung am 13. November 2012 „die gesonderte Verteidigung der Unteransprüche 2 und 5“ als verspätet gerügt.

Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten gerichtlichen Hinweis nach § 83 PatG zugestellt. Auf Bl. 360 ff. der Akten 4 Ni 45/10 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe I.

Die Klagen sind zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Soweit das Patent in der erteilten Fassung - durch Fallenlassen des ursprünglichen Hauptantrags - nicht mehr verteidigt wird, war es ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (BPatG GRUR 2009, 46, 47 - Ionenaustauschverfahren). Im Übrigen führt der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ i. V. m. Art. 56 EPÜ) zur teilweisen Nichtigerklärung des Streitpatents in dem im Tenor genannten Umfang und zur teilweisen Abweisung der Klagen.

II.

1. Das Streitpatent betrifft ein Möbelpaneel in Gestalt einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff mit einer auf den Paneelkorpus aufgebrachten Kunststoffkante sowie ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Paneels.

Die im Möbelbau häufig verwendeten MDF-Platten (mitteldichte Holzfaserplatten, Span- oder Pressspan-Platten) werden fertigungstechnisch in großen Einheiten hergestellt und dabei in der Regel (im Sichtbereich) flächig mit einem Kunststoffdekor versehen. Die entsprechend auf Maß geschnittenen Möbelpaneele bzw. -platten werden anschließend zumindest an ihren Sichtkanten an den Plattenschmalseiten (Schnittflächen) mit einem Kunststoffband kaschiert. Mit derartigen Bändern (Dekorbänder, Furnierkanten, Umleimer) erreicht man dabei das Ziel, zum einen optisch ein einheitliches und ansprechendes Äußeres zu erhalten, zum anderen den Korpus auch funktional zu schützen, wobei hier insbesondere die Erzielung einer glatten, gegebenenfalls abgerundeten Oberfläche sowie der Schutz gegen das Eindringen von Feuchtigkeit zu nennen sind.

Nach Abschnitt [0002] des Patents würden Kunststoffkanten auf Kanten von Holzwerkstoffplatten gewöhnlich maschinell auf speziellen Anlagen aufgefahren. Die Verklebung erfolge entweder über einen Heißschmelzkleber, der im Durchlauf aufgewalzt wird, oder durch einen Kleber, der vorher schon auf die Kunststoffkante aufgebracht worden sei und mittels einer Heißluftdusche wieder verflüssigt und anschließend zusammen mit der Kante im Durchlauf aufgewalzt würde. Als nachteilig wird in [0003] angegeben, dass die Leimfuge des bisher verwendeten Schmelzklebers bei Benutzung bzw. Reinigung deutlich sichtbar sei, da die Klebefuge Schmutz aufnehme. Es könne Feuchtigkeit eindringen, die die Qualität des Möbelpaneels beeinträchtigen könne. Darüber hinaus könne eine Fugenverfärbung entstehen, die die Frontoptik von z. B. Möbeln sichtbar beeinträchtige.

Der Erfindung liegt nach dem Streitpatent (Absatz [0004]) die Aufgabe zugrunde, ein verbessertes Paneel bzw. ein verbessertes Verfahren zur Herstellung eines solchen Paneels zu schaffen, die Nachteile im Stand der Technik bekannter Lösungen zu vermeiden und insbesondere ein Paneel mit einer dauerhaften und optisch makellos bleibenden Verbindung zwischen Paneelkorpus und Kunststoffkante zu schaffen.

2. Zur Lösung der im Patent angegebenen Aufgabe lehrt der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag einen Gegenstand mit folgenden gegliederten Merkmalen:

1.1 Möbelpaneel, in Gestalt einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff, 1.2 mit einer auf den Paneelkorpus aufgebrachten Kunststoffkante, 1.3 wobei eine Schweißverbindung zwischen der Kunststoffkante und dem Paneelkorpus vorgesehen ist,

dadurch gekennzeichnet, dass 1.4 die Kunststoffkante aus Kunststoffschichten unterschiedlicher Härte besteht, 1.5 wobei ein Bereich größerer Härte der Kunststoffkante eine mehr als doppelt so große Dicke als ein Bereich geringerer Härte besitzt, und 1.6 dass nur ein Teil der auf den Paneelkorpus gefügten Oberfläche der Kunststoffkante mit dem Paneelkorpus verschweißt ist.

Die Lösung der Aufgabe lehrt ebenso ein Verfahren nach Patentanspruch 6 nach dem Hauptantrag mit folgenden gegliederten Merkmalen:

6.1 Verfahren zur Herstellung eines Möbelpaneels in Gestalt einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff,

6.2 bei dem auf einem Paneelkorpus eine Kunststoffkante aufgebracht wird, 6.3 wobei eine Oberfläche der Kunststoffkante aufgeschmolzen und die Kunststoffkante sodann mit ihrer aufgeschmolzenen Oberfläche auf den Paneelkorpus gefügt wird, dadurch gekennzeichnet, dass 6.4 durch Laserbeaufschlagung nur eine dünne Schicht der Kunststoffkante aufgeschmolzen und mit dem Paneelkorpus verschmolzen wird, 6.5 während die restliche dickere Schicht der Kunststoffkante im festphasigen Zustand gehalten wird.

3. Als zuständiger Fachmann ist vorliegend ein Fachhochschul-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau oder Holztechnologie anzusehen, der bereits mehrjährige Erfahrung in der Konstruktion von Maschinen für die Holzindustrie besitzt. Er kennt sich mit der Anwendung von Lasern in der Fertigungstechnik aus oder zieht einen diesbezüglichen Fachmann zu Rate. Er verfügt über kein umfassendes Kunststoff-Fachwissen, kennt jedoch die im Bereich der Kunststoffkanten eingesetzten spezifischen Kunststoffe und Klebwerkstoffe.

Entgegen der Auffassung der Beklagten war der Fachmann nicht im Sinne eines „vorher/nachher“ zu definieren. Die Beklagte ist davon ausgegangen, dass der Fachmann vor der patentgemäßen Erfindung ein anderer als nachher gewesen sei (da ihm der Einsatz eines Lasers im Verfahren nicht bekannt gewesen sei). Maßgeblicher Fachmann ist, wer üblicherweise mit einschlägigen technischen Entwicklungsarbeiten betraut ist, wie sie die durch das Streitpatent zu lösende Aufgabe stellt. Das bedeutet, dass der hier relevante Fachmann das Fachwissen hat, zu dem der Stand der Technik und das Allgemeinwissen an dem Anmeldetag des Patents gehören, und das Fachkönnen, das ihm auf Grund seiner Ausbildung zur Verfügung steht (vgl. Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 7. Auflage, RdNrn. 126, 128, 131 zu § 4 PatG).

4. Der seitens aller Klägerinnen erhobene Angriff auf die rechtmäßige Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung DE 100 29 043 ist seitens der Beklagten nicht ernsthaft entgegnet worden. Die Priorität wurde nicht wirksam in Anspruch genommen.

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. September 2001 (GRUR 2002, 146 - Luftverteiler) kann die Priorität einer ursprünglichen Anmeldung lediglich dann wirksam in Anspruch genommen werden, wenn die beanspruchte Merkmalskombination eines Gegenstands dem Fachmann in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörig offenbart ist. „Einzelmerkmale können nicht in ein und demselben Patentanspruch mit unterschiedlicher Priorität miteinander kombiniert werden“ (vgl. BGH a. a. O., S. 149). Sowohl Merkmal 1.6 (teilweise Verschmelzung) als auch Merkmal 6.4 (Laserbeaufschlagung) in den unabhängigen Patentansprüchen sind nicht in den ursprünglichen Unterlagen der DE 100 29 043 offenbart.

Somit gilt als Tag der ursprünglichen Offenbarung des Streitpatents der Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung (8. Juni 2001).

III.

1. Das Möbelpaneel liegt gemäß der Anspruchsfassung des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag in Gestalt einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff vor (Merkmal 1.1). Das Kunststoffband, das auf den Paneelkorpus aufgebracht werden soll, wird in Merkmal 1.2 sowie nahezu durchgehend im Streitpatent mit Kunststoffkante bezeichnet, es bildet sozusagen auf dem fertigen Paneel die Kunststoffkante aus. Lediglich in Absatz [0006] ist bei der Beschreibung einer Lösung aus dem Stand der Technik von einem Kunststoffband als synonymer Begriff die Rede. Der Fachmann wird somit vom Offenbarungsgehalt der Streitpatentschrift im Hinblick auf die Gesamtdimensionierung ein übliches Kunststoffband in Betracht ziehen, obwohl die in den Figuren skizzierten „Kunststoffkanten“ (10) in Relation zur Stirnfläche der Möbelplatte (30) extrem dick gezeichnet sind (lediglich prinzipskizzenartige Darstellung). Das Band bzw. die Kunststoffkante aus dem Stand der Technik (Figur 3) ist jedoch entsprechend dargestellt.

Die Kunststoffkanten weisen nach Merkmal 1.4 Kunststoffschichten mit unterschiedlicher Härte auf, wobei nach Merkmal 1.5 ein Bereich größerer Härte mehr als doppelt so dick als ein Bereich geringerer Härte sein soll. Dabei ist prinzipiell der Schichtaufbau nicht auf lediglich zwei Schichten beschränkt, zudem ist die Position der härteren und weicheren Schicht im Kantenband nicht näher spezifiziert. Im Ausführungsbeispiel nach Figur 1 besteht die Kunststoffkante aus zwei Schichten, wobei die dickere und härtere Schicht im auf die Möbelplatte aufgebrachten Zustand außen liegt, während die dünnere, weichere Schicht die Verbindung zur Stirnfläche des Möbelkorpus bildet. Zu deren Verbindung ist eine Schweißverbindung (Merkmal 1.3) vorgesehen, wobei lediglich ein Teil der gefügten Oberfläche der Kunststoffkante mit dem Korpus verschweißt ist (Merkmal 1.6).

Der Begriff des Verschweißens bedarf der Auslegung, die sich nach den Grundsätzen zu Art. 69 Abs. 1 EPÜ richtet, wonach der Patentanspruch nach seiner technischen Bedeutung für den Fachmann auszulegen ist. Vorliegend handelt es sich im eigentlichen Sinn um keine Schweißverbindung, denn unter Schweißen versteht der Fachmann eine stoffschlüssige Fügeverbindung, bei der beide beteiligten und zu fügenden Teile aufgeschmolzen werden, um dann eine stoffschlüssige Verbindung zu ergeben. Beim Schweißen wird häufig ein Schweißzusatzwerkstoff eingesetzt (werkstoff- und verfahrensspezifisch), insbesondere beim Schweißen von thermoplastischem Kunststoff können jedoch auch lediglich beide beteiligten Teile angeschmolzen und miteinander verbunden werden. Da gemäß Merkmal 1.1 Möbelplatten aus einem Holzwerkstoff eingesetzt werden und dieser keine Schmelzphase bilden kann, versteht der Fachmann im vorliegenden Fall das Verschweißen derart, dass lediglich die thermoplastische (weiche) Kunststoffphase über den Erweichungspunkt an- oder aufgeschmolzen und anschließend mit dem Faserwerkstoff im Wesentlichen stoffschlüssig verbunden wird. Eine derartige, stoffschlüssige Verbindung kann der Fachmann jedoch prinzipiell nur als Klebeverbindung zweier Teile ansehen, von denen ein (Kunststoff-) Teil an- bzw. aufgeschmolzen ist und den Kleber bildet. Diese Sichtweise wird auch durch das Streitpatent mehrfach selbst gestützt, indem in Absatz [0014] gesagt wird, dass „das Aufschmelzen der Oberfläche der Kunststoffkante“ zur „Verklebung“ führt. An anderer Stelle - jeweils die gesamte Erfindung betreffend - wird zwar beschrieben, dass das streitpatentgemäße Verfahren in Abgrenzung vom Stand der Technik kein „Schmelzkleberverfahren“ sei [0029] und dass „eine kleberfreie Verbindung zwischen der Kunststoffkante und dem Paneelkorpus vorgesehen“ ist [0010]; doch damit ist offensichtlich lediglich die Vermeidung „üblicher“, zusätzlich aufgetragener Klebermaterialien gemeint. Denn bereits im gleichen Absatz [0010] wird dies so erläutert, wonach „der Kleber…sozusagen von der Kunststoffkante selbst gebildet“ wird. Damit ist eindeutig formuliert, dass die Oberfläche des ein- oder mehrschichtigen Kunststoffbandes - oder gegebenenfalls nur ein Teil davon - aufgeschmolzen wird und dabei den Kleber bildet. Ein Kunststoff, der jedoch durch Aufschmelzen einen Klebstoff bildet, ist nichts anderes als ein Heißkleber (Schmelzklebstoff, Hotmelt). Zusätzlich zur reinen Klebewirkung ergibt sich selbstverständlich ein mehr oder weniger großer Anteil an „physikalischer“ Bindungswirkung aufgrund des Formschlusses der gegebenenfalls in die Holzfaserstruktur sowie in die Mikrostruktur der rauen Oberfläche eindringenden Schmelzphase.

In der Streitpatentschrift werden die Begriffe Schweißen, Kleben und Heißkleben damit zumindest teilweise missverständlich oder auch widersprüchlich verwendet. Es soll offensichtlich unterschieden werden zwischen den im Stand der Technik zumindest auch eingesetzten „reaktiven“ Klebwerkstoffen - deren Komponenten unter Umständen ebenso „aufschmelzbar“ sein können - und den aufzuschmelzenden thermoplastischen Kunststoffschichten, wobei der Unterschied zu Schmelzklebwerkstoffen aus dem Stand der Technik im Einzelnen weder in den Patentansprüchen noch in der Beschreibung fachgerecht zum Ausdruck kommt. Da weder Kunststoffe noch Klebwerkstoffe verbindlich genannt sind und sich dem Fachmann auch sonst keine weiteren Details diesbezüglich erschließen, nimmt er aus dem gesamten Offenbarungsgehalt der Streitpatentschrift für die auf- bzw. anzuschmelzende Schicht einen thermoplastischen Kunststoff an, der als Schmelzkleber zur Anbindung an einem Holzwerkstoff geeignet erscheint - und sich im potentiell möglichen einschichtigen Kantenband als Werkstoff für dieses eignet.

Auslegungsbedürftig ist ebenfalls, was in Merkmal 1.6 mit dem „Teil der auf dem Paneelkorpus gefügten Oberfläche“ gemeint ist, wenn die Kunststoffkante nur partiell mit dem Paneelkorpus verschweißt ist. Die gefügte Oberfläche ist also größer als die geschweißte Oberfläche, und somit beinhaltet die gefügte Oberfläche zwingend auch nicht geschweißte Oberflächenbereiche. Da nicht ausdrücklich gesagt ist, dass nur ein Teil der verschweißbaren Oberfläche auch verschweißt ist, ist es unerheblich, ob diese Fläche grundsätzlich für eine Aufschmelzung zur Verfügung steht oder nicht. Die gefügte Oberfläche ist somit als projizierte Fläche der Kunststoffkante auf die zu kaschierende Kante des Holzpaneels zu betrachten.

2. Das Herstellverfahren nach Anspruch 6 unterscheidet sich - neben dem Kategoriewechsel - in seinen charakteristischen Merkmalen zum Teil wesentlich vom Gegenstand nach Anspruch 1. Es ist bereits kein mehrschichtiger Aufbau mit einem härteren und weicheren Kunststoff gefordert, während der Energieeintrag zum Aufschmelzen der Oberfläche der Kunststoffkante nun konkret über einen Laser erfolgt (Merkmal 6.3). Ferner ist nach den Merkmalen in 6.3 und 6.4 lediglich gesagt, dass eine Oberfläche der Kunststoffkante aufgeschmolzen und anschließend gefügt wird, wobei durch Laserbeaufschlagung nur eine dünne Schicht aufgeschmolzen wird, während die restliche dickere Schicht der Kunststoffkante im festphasigen Zustand verbleibt (Merkmal 6.5). Damit ist offen, ob lediglich ein Teil der Oberfläche oder „eine“ [gesamte] „Oberfläche der Kunststoffkante aufgeschmolzen“ wird (Merkmal 6.3).

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen kommt es bei der Ermittlung des Sinngehalts des Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und bei der Auslegung einzelner Merkmale nicht darauf an, dass der Begriff des „Verschmelzens“ in der ursprünglichen Offenbarung nicht enthalten ist und die Auslegung möglicherweise zu einer unzulässigen Erweiterung führen könnte (BGH GRUR 2012, 1124, 1126, RdNr. 28 - Polymerschaum). Für das Verständnis entscheidend ist im Zweifel die Funktion, die das einzelne technische Merkmal für sich und im Zusammenwirken mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs bei der Herbeiführung des erfindungsgemäßen Erfolgs hat (BGH, a. a. O., RdNr. 27).

Das „Verschmelzen“ des Paneelkorpus mit der aufgeschmolzenen Oberfläche der Kunststoffkante ist dabei entsprechend dem bereits oben zu Patentanspruch 1 erörterten Aspekt zu bewerten, wonach „eine Schweißverbindung zwischen der Kunststoffkante und dem Paneelkorpus vorgesehen ist“. Auch gemäß Merkmal 6.4 findet kein „Verschmelzen“ im Sinne einer Schweißverbindung statt, sondern es findet ein „Fügen“ der aufgeschmolzenen Oberfläche der Kunststoffkante mit dem aus Holzwerkstoffen bestehenden Paneelkorpus mit einem nicht näher definierten Anteil an chemischer und physikalischer Bindungswirkung statt.

3. Die mit den Hauptanträgen verteidigten Patentansprüche 1 bis 12 weisen nach Artikel 138 (1) c) und d) EPÜ keine unzulässige Erweiterung des Inhalts gegenüber den ursprünglichen Anmeldeunterlagen der EP 1 163 864 auf.

Die Klägerinnen zu 1) bis 3) machen eine unzulässige Erweiterung des Gegenstands des Patentanspruchs 6 hinsichtlich der in der Offenlegungsschrift EP 1 163 864 A1 offenbarten Fassung geltend. In der Offenlegungsschrift in Patentanspruch 12 sei die Formulierung „…mit dem Paneelkorpus verschweißt wird“ offenbart, wohingegen der aus den Patentansprüchen 9 und 12 zusammengesetzte Patentanspruch 6 des Streitpatents insofern geändert sei, dass in Merkmal 6.4 anstatt „geschweißt“ nun „verschmolzen“ formuliert ist. Da bereits beim üblichen Verschweißen die beteiligten Fügepartner miteinander verschmolzen werden, ergibt sich durch die Verwendung dieser zwei Begriffe praktisch als Synonyme für den Fachmann keine Erweiterung des Gegenstands des Verfahrens nach Anspruch 6 oder wird etwas anderes beansprucht, als in den Anmeldeunterlagen offenbart wurde (vgl. BGH GRUR 2010, 512, 515, RdNr. 28 m. w. N. - Hubgliedertor II). Das einseitige „Verschweißen“ entspricht im vorliegenden Fall demzufolge aus der Sicht des Fachmanns dem einseitigen „Verschmelzen“.

In Bezug auf die Formulierung „dünne Schicht“ in Merkmal 6.4 wird ebenfalls eine unzulässige Erweiterung des Gegenstands des Patentanspruchs 6 durch die Klägerinnen geltend gemacht. In der Offenlegungsschrift ist in diesem Zusammenhang explizit lediglich von einer „sehr dünnen Schicht“ die Rede [0011]. Dort ist allerdings formuliert, dass „insbesondere … nur eine sehr dünne Schicht der Kunststoffkante aufgeschmolzen werden“ kann. Davor ist in den Absätzen [0010] und [0011] allgemein vom „Aufschmelzen der Oberfläche“ die Rede, wie es im Anspruch 6 in Merkmal 6.3 bereits steht.

Die Beschränkung in Merkmal 6.4 auf eine dünne Schicht muss jedoch nicht nur aus der Formulierung der oben zitierten Stelle in Absatz [0011] abgeleitet werden. In Absatz [0023] der Offenlegungsschrift ist gerade in Bezug auf die „einschichtige“ Kunststoffkante (ohne harte und weiche Bereiche) des Ausführungsbeispiels nach Figur 2 allgemein und ohne Dickenbeschränkung offenbart, dass „die der Möbelplatte (30) zugewandte Seite der Kunststoffkante (10) mittels Laserlicht aufgeschmolzen“ wird. Weiter ist in diesem Absatz beschrieben (Spalte 5, Zeilen 13 ff.), dass „vorzugsweise … die Bearbeitungsparameter der Laservorrichtung derart gewählt“ werden, „dass eine Umsetzung des Laserlichts in Wärme nahe der Oberfläche der Kunststoffkante erfolgt“. Ferner kann in vorteilhafter Weiterbildung vorgesehen sein, „dass die Eindringtiefe der Laserstrahlung weniger als 0,5 mm, insbesondere bis etwa 0,2 mm“ beträgt. „Die Tiefe der tatsächlich flüssig werdenden Aufschmelzzone kann dabei weniger als 100 µm, vorzugsweise bis zu 50 µm betragen“. Damit ist eine immer weitere (vorteilhaftere) Abstufung zu immer dünneren aufzuschmelzenden Oberflächenbereichen zu erkennen, deren „obere Grenze“ in der Offenlegungsschrift nicht festgelegt ist. Insgesamt entnimmt der Fachmann damit den ursprünglichen Unterlagen auch einen Aufschmelzbereich, der einer dünnen Schicht entspricht, zumal bei einem bereits an sich schon „dünnen“ Dekor-Kunststoffband die Begriffe dünn sowie sehr dünn relativ sind.

Entsprechend ist auch die Formulierung im Hinblick auf „die restliche dickere Schicht“ der Kunststoffkante in Merkmal 6.5 zu sehen, da bereits der sachliche Inhalt des Merkmals 6.5 eine zwingende Folge von Merkmal 6.4 darstellt.

4. Die nach Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beanspruchte Lehre ist i. S. v. Artikel 138 (1) a) EPÜ nicht patentfähig; sie mag zwar neu sein, beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Denn sie ergab sich für den angesprochenen Fachmann zum Zeitpunkt der Anmeldung in naheliegender Weise aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik.

Die Druckschrift D2 (DE 42 08 991 A1) beschreibt ein Kantenband aus Kunststoff (Umleimer), das aus mindestens zwei, beispielsweise durch Coextrusion hergestellten Schichten besteht (Patentanspruch 1). Das Kantenband ist zur Beschichtung von Holz- oder Holzwerkstoffkanten zur Herstellung von Möbeln oder Möbelteilen vorgesehen (Merkmale 1.1 und 1.2), wobei die Verbindung über einen Schmelzkleber bei Temperaturen von 80 bzw. 120 bis 245°C hergestellt wird

(Merkmal 1.3). Der Schmelzkleber kann dabei einerseits erhitzt auf die Holzwerkstoffkante (Patentanspruch 21) aufgetragen oder alternativ als Schmelzklebeschicht auf dem Kunststoffband vorliegen und vor dem Auftrag auf die Möbelkante hitzeaktiviert werden (Patentanspruch 22).

Gemäß der Zeichnungsbeschreibung ist in der D2 ausgeführt, dass bei sämtlichen Ausführungsformen der dargestellten Kantenbänder (Figuren 1 bis 4) oberhalb der Haftschicht oder Haftfolie (11) eine Polyolefinschicht (12) (oder eine polyolefinhaltige Schicht) angeordnet ist (Spalte 10, Zeilen 20 ff.). Eine Polyolefinschicht aus beispielsweise Polypropylen hat eine Schmelzetemperatur von etwa 160 bis 165°C, so dass die im Verfahren nach Patentanspruch 22 eingesetzten Schmelzkleber mit einer Aufschmelztemperatur ab 80°C damit weit unterhalb der Schmelztemperatur von Polypropylen liegen können. Aufgrund der starken Korrelation von Härte und Schmelztemperatur bei Kunststoffen ist damit implizit die Härte der entsprechenden Schmelzkleberschicht niedriger als der im Wesentlichen das Hauptgerüst der Kunststoffkante bildende ein- oder mehrschichtige Polyolefin-Werkstoff (Merkmal 1.4). Die Polyolefinschicht (12) weist gemäß der Figur 2 auch eine mehr als doppelt so große Dicke auf wie die Haftschicht (11), so dass ebenfalls das Merkmal 1.5 aus der D2 bereits bekannt ist.

Das Merkmal 1.6, wonach nur ein Teil der auf den Paneelkorpus gefügten Oberfläche der Kunststoffkante mit dem Paneelkorpus verschweißt ist, kann der D2 jedoch nicht entnommen werden.

In der DE 296 12 598 U1 (D7) ist eine Kantenschutzleiste aus polymerem Werkstoff beschrieben, die zur Abdeckung von Schnittkanten an plattenförmigen Bauteilen für die Möbelindustrie und damit bestimmungsgemäß auch für Holzpaneele vorgesehen ist (Beschreibungseinleitung). Die Kantenschutzleiste weist einen mehrschichtigen Profilaufbau auf, wobei wenigstens eine hart eingestellte Deckschicht (11) und eine weichere Innenschicht (2) vorgesehen sind (Patentanspruch 1). Die Schichtdickenverhältnisse sind zwar vorteilhafterweise derart, dass die weichere Innenschicht dicker als die äußere, härtere Schicht ist (Seite 2, letzter Absatz), gemäß Patentanspruch 4 kann jedoch auch ein Schichtdickenverhältnis der Deckschicht zur Innenschicht von 2:1 vorgesehen sein, so dass damit das Grenzverhältnis von Merkmal 1.5 erreicht wird.

Das Fügeverfahren der Kantenschutzleiste an die Schnittkante von plattenförmigen Bauteilen ist in der D7 nicht beschrieben; lediglich in der Beschreibungseinleitung ist in Bezug auf die allgemeine Kenntnis derartiger Kantenschutzleisten erwähnt, dass bandartige Profile „im Wege des Klebens auf die Schnittkanten von Möbelplatten aufgefahren werden“. Der Begriff „Kleben“ umfasst dabei in dieser allgemeinen Formulierung das Heißkleben eines Schmelzklebers zwar mit, offenbart eine Schmelzkleberverbindung jedoch nicht ausdrücklich.

Die Zielsetzung der D7 ist insbesondere, Radien in Eckbereichen von Möbelplatten ohne Spaltbildung sauber abzudecken (Seite 1, Absatz 2), was aufgrund erhöhter Flexibilität der Kantenbänder möglich sei. Da es bei diesen „Radienführungen“ an der Unterseite der Bänder zu Druckspannungen und an der Oberseite zu Zugspannungen komme, führe dies häufig dazu, dass die Randbereiche der Kantenschutzleiste nach außen gedrückt würden und die Randabdichtung der Kanten nicht mehr gegeben sei (sogenanntes „Schüsseln“). Die Zielsetzung ist dabei entsprechend zum Streitpatent jedoch auch, eine ausreichende Fugendichtigkeit zu erzielen, so dass keine Feuchtigkeit in die Spanplatten eintreten kann (Seite 1, Absatz 4). Zur Lösung dieser Problematik sieht die D7 unter anderem vor, in eine „innere Deckschicht (14)“ Längsnuten (141, 142, 143) einzubringen. Diese von außen unsichtbaren Nuten „dienen zur Steigerung der Flexibilität der Kantenschutzleiste (1) beim Biegen um die Eckbereiche (31) der Werkstoffplatten“ (Seite 5, Absatz 3). Diese mit Nuten versehenen Flächenbereiche stehen somit für eine Fügeverbindung (Kleben) nicht mehr zur Verfügung, wodurch somit nur ein Teil der auf den Paneelkorpus gefügten Oberfläche der Kunststoffkante mit dem Paneelkorpus (klebetechnisch) verbunden ist (Merkmal 1.6).

Damit kennt der Fachmann, ausgehend von der D2, die Möglichkeit, mehrschichtige Kantenbänder mit unterschiedlicher Härte und außen liegender, härterer Schicht „biegeweicher“ einzustellen, sofern diese auf gekrümmten Schnittkanten von Möbelpaneelen eingesetzt werden sollen. Derartige Beschichtungen von gekrümmten bzw. gerundeten Paneelkanten gehören zur ständigen Praxis der Anwender in der Möbelindustrie, und damit kennt auch der Entwickler entsprechender Fertigungs- und Bearbeitungsmaschinen dieses Phänomen. Demzufolge kennt der Fachmann die D7 mit der dort angesprochenen grundsätzlichen Problematik der Randabdichtung in zumindest engeren Radienbereichen sowie die in der D7 genannten Lösungsmöglichkeiten. Der Fachmann zieht die D7 auch deshalb in Betracht, weil sie einen ähnlichen Schichtaufbau des Kantenbandes hat wie bei den Bändern in der D2 sowie beim Streitpatentgegenstand. Merkmal 1.5 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents fordert lediglich, dass die beiden definierten Kunststoffschichten vorliegen, nicht jedoch wo diese platziert sein müssen und ob nicht eine zusätzliche (härtere) Schicht auf der Innenseite angebracht sein kann, wie dies bei zwei Varianten der D7 mit den angebrachten Längsnuten der Fall ist. Damit zeigen die Ausführungsbeispiele der Figuren 5 und 6 einen Schichtaufbau, der dem des Anspruchs 1 des Streitpatents mit Ausnahme der exakten Dickenverhältnisse nahezu entspricht.

Die D7 zeigt dem Fachmann damit bereits grundsätzlich, dass mit Längsnuten versehene Kunststoffbänder einerseits in speziell biegebelasteten Bereichen und andererseits auch an geraden Stirnseiten mit nur partieller Klebeverbindung auf Möbelpaneele aus Holzwerkstoffen beständig aufgeklebt werden können. Dies kennt der Fachmann also, und daher lag es nahe, diese Lösung der Erhöhung der Flexibilität durch Längsnuten auf das Kunststoffband der D2 zu übertragen. Aus diesem Grund regt ihn dies dazu an, ausgehend von der D2, Kunststoffkanten lediglich teilweise mit den Stirnseiten der Möbelpaneele zu „verschweißen“.

Darüber hinaus kann der Fachmann veranlasst sein, die Nuten zu vertiefen, zu verbreitern oder anderweitig zu gestalten (z. B. konische Kontur), denn bereits die D7 sieht vor, die Tiefe der Nuten bis in die härtere Deckschicht hinein auszudehnen (Seite 2, Absatz 4). Die Anpassung der Nuten wird der Fachmann dabei im Wesentlichen hinsichtlich der notwendigen Flexibilität vornehmen; die damit grundsätzlich verbundene partielle Verschweißung stellt er hierbei nicht in Frage.

Alternativ wird der Fachmann ausgehend vom Kantenband der D2 und entsprechend dem Vorbild der D7 auch veranlasst sein, auf der Innenseite eine zusätzliche härtere Schicht mit Nuten vorzusehen, sofern er diese aufschmelzen könnte. Auch bei dieser Ausführung gelangt der Fachmann zum Gegenstand des Streitpatents nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag.

Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist somit für den Fachmann nahegelegt und Patentanspruch 1 nicht bestandsfähig.

5. Das Verfahren zur Herstellung eines Möbelpaneels in Gestalt einer Möbelplatte aus einem Holzwerkstoff nach dem Patentanspruch 6 gemäß Hauptantrag ist patentfähig.

a) Das Verfahren ist neu in Bezug auf alle im Verfahren befindlichen Druckschriften. Die Neuheit des Verfahrens nach Patentanspruch 6 gemäß Hauptantrag wurde seitens aller Klägerinnen zumindest im schriftlichen Verfahren angegriffen.

Die Druckschrift DE 199 55 575 A1 (D1) umfasst Verfahren zum Anhaften eines Deckmaterials an Seitenflächen von plattenförmigen Werkstücken. Als Beispiel für plattenförmige Werkstücke werden Holz- und Pressspanplatten genannt (Spalte 5, Zeile 53), die Deckmaterialien können dünne Kantenstreifen aus einem KunststoffFurnier sein (Spalte 6, Zeilen 6 bis 8). Der Fachmann wird dabei eine derartig beschichtete Spanplatte implizit als Möbelpaneel in Betracht ziehen.

Das Verfahren zum Anhaften eines Dekormaterials auf ein plattenförmiges Werkstück besteht im Wesentlichen aus dem Bereitstellen eines band- oder streifenförmigen separaten Haftelements, das mit einem aktivierbaren Haftmittel versehen ist (alternativ dazu wird das Haftelement über ein Haftelement-Trägermaterial bereitgestellt). Das Haftmittel wird dabei zwischen das Deckmaterial und die geförderte Werkstückoberfläche eingebracht, zumindest teilweise aktiviert und anschließend fortlaufend zusammengeführt (Patentansprüche 1 bzw. 2). In der Beschreibung unterscheidet die D1 ihr Verfahren dabei grundsätzlich von zwei aus dem Stand der Technik bekannten Auftragsvarianten:

- Auftragen eines mehr oder weniger flüssigen Klebemittels auf das Deckmaterial (Kunststoffband) und/oder die Werkstückoberfläche (Spalte 3, Zeilen 50 ff.)

- Auftragen von Kunststoffkanten, die bereits vorbehandelt sind und auf die bereits Klebermaterial (als Schmelzkleber) aufgebracht ist, die hier explizit als Umleimer bezeichnet werden (Spalte 3, Zeilen 33 ff.).

Überdies werden eine Reihe von Nachteilen der im Stand der Technik bekannten Verfahren genannt (insbesondere Spalte 3, Zeile 33 bis Spalte 4, Zeile 46), von denen sich die D1 abheben will. Damit wird verfahrensspezifisch gerade nicht eine Oberfläche der Kunststoffkante aufgeschmolzen, wie es das Merkmal 6.3 verlangt. Da bereits keine dünne Schicht aufgeschmolzen wird kann auch keine „restliche dickere“ Schicht im festphasigen Zustand gehalten werden, so dass neben Merkmal 6.3 auch Merkmal 6.5 nicht gezeigt ist.

Die Anwendung eines Lasers ist in der D1 zwar grundsätzlich beschrieben, allerdings an einer Stelle lediglich zur Aktivierung einer chemischen Reaktion (Spalte 11, Zeilen 54 ff.) und an anderer Stelle in Bezug auf eine Haftmittel-Reaktionseinrichtung (Spalte 18, Zeilen 1 ff.). Die vielen genannten unterschiedlichen Reaktionseinrichtungen sollen dabei eine Haftmittelreaktion entsprechend der chemischen Zusammensetzung des Haftmittels erzeugen. Als Erwärmungseinrichtung - wie dies im Streitpatent der Fall ist - ist der Laser neben einer Vielzahl von aufgezählten Einrichtungen dagegen nicht benannt (Spalte 17, Zeilen 64 ff.). Damit ist auch Merkmal 6.4 nicht bekannt.

Das Dokument DE 42 08 991 A1 (D2) beschreibt ein Verfahren zur Oberflächenveredlung von Möbelkanten und Platten aller Art durch ein Kantenband aus Kunststoff (Spalte 1, Zeilen 17 ff., Patentanspruch 21), bei dem ein mit Schmelzkleber vorbeschichtetes Kantenband durch Erhitzen der Schmelzklebeschicht auf über 80 bis 245°C erwärmt wird. Die heiße Schmelzkleberschicht wird anschließend unter Druck auf die Holz- oder Holzwerkstoffkante aufgebracht und verklebt das Kantenband mit dem Holzwerkstoff.

Bezogen auf das Verfahren nach Anspruch 6 des Streitpatents sind damit aus der D2 die Merkmale 6.1 bis 6.3 und 6.5 bekannt, eine Laserbeaufschlagung zum Aufschmelzen einer dünnen Schicht des Kantenbandes gemäß Merkmal 6.4 ist nicht beschrieben. Die D2 offenbart eine Laserbehandlung zur Haftaktivierung des Kantenbandes, indem die Laserbehandlung als geeignete Bestrahlungsmethode bezeichnet ist (Spalte 5, Zeilen 28 bis 40). Sie dient jedoch lediglich zur Aktivierung der Oberfläche des Kantenbandes entsprechend einer üblichen, bevorzugt genannten Koronaentladung. Dies ist etwas anderes als bei dem Verfahren des Streitpatents, bei dem durch die Verschweißung mittels Laser das Aufschmelzen der Kunststoffkante in sehr dünner Schicht exakt steuerbar ist.

Aus der DD 257 797 A1 (D5) ist ein Verfahren zur Herstellung von klebstofffreien Verbindungen eines thermoplastischen Kantenprofils mit einem Holzwerkstoff, insbesondere einer Tischplatte, bekannt (Patentanspruch 1, Anwendungsgebiet der Erfindung und Figuren). Das partielle (bereichsweise) Aufschmelzen der zu fügenden Fläche des Kantenprofils „geschieht durch unmittelbare Erwärmung, z. B. durch ein elektrisches Heizelement“, kann allerdings auch durch „mittelbare Erwärmung, z. B. mittels HF-Technik“ erfolgen (Seite 1, letzter Absatz). Nach dem Erreichen eines Schmelzefilms wird die Kunststoffkante an die Fügefläche eines Holzwerkstoffes (Möbelbauteil) gepresst (Patentanspruch 1), wobei eine „klebefreie“ Verbindung entstehen soll, die lediglich durch einen Mikroformschluss herrührt und eine hohe Verbundfestigkeit garantiert (Seite 1, letzter Absatz). Auch aus der D5 sind somit die Merkmale 6.1 bis 6.3 und 6.5 bekannt, eine Laserbeaufschlagung zum Aufschmelzen einer dünnen Schicht der thermoplastischen Kunststoffkante ist nicht beschrieben.

Die Druckschrift EP 1 080 854 A2 (D3) offenbart ein Verfahren zum Befestigen von Deckleisten aus thermoplastischem Kunststoff auf den Schmalseiten von Möbelplatten, insbesondere Faserplatten. Dabei werden die Deckleisten entweder „unmittelbar auf die Schmalseiten aufgebracht“ (Patentanspruch 1) oder die Deckleisten werden „unter Zwischenschaltung eines dünnflächigen Klebeauftrages mit den Schmalseiten verklebt“ (Patentanspruch 3). Die direkte „Aufschweißung“ der Deckleisten ist gemäß der Beschreibung (Spalte 1, Zeilen 31 ff.) beispielsweise einer Hochfrequenzschweißung möglich (Merkmale 6.1 bis 6.3). Die restliche dickere Schicht der Kunststoffdeckleiste wird dabei selbstverständlich im festphasigen Zustand gehalten (Merkmal 6.5). Eine Laserbeaufschlagung zum Aufschmelzen einer dünnen Schicht ist aus der D3 nicht bekannt.

Das Dokument WO 93/06995 A1 (D4) offenbart ein Verfahren zum Beschichten von Kanten von Holzfaserplatten mit einem zweischichtigen Kantenband. Hierzu wird eine Schmelzkleberschicht (3) mit niedrigerem Schmelzpunkt als die Schutzschicht (2) aufgeschmolzen und an die Kante der Holzfaserplatte gefügt (Patentanspruch 3). Da das in der Figur 1 gezeigte Kantenband zwei gleich dicke Schichten ausweist und in der Beschreibung ansonsten nichts weiter über die Schichtdicken ausgeführt ist, sind bereits die Merkmale 6.3 und 6.5 des Verfahrens nach Patentanspruch 6 nach Streitpatent nicht bekannt. Auch über eine Laseranwendung zum Aufschmelzen ist nichts gesagt (Merkmal 6.4).

Alle weiteren Druckschriften liegen noch weiter ab und enthalten somit nicht sämtliche Merkmale des Verfahrens nach Anspruch 6 des Streitpatents.

b) Das nach Patentanspruch 6 nach Hauptantrag beanspruchte Verfahren ergab sich für den Fachmann auch nicht in naheliegender Weise aus dem bekannten Stand der Technik.

Als nächstliegendes Dokument wurde seitens der Klägerinnen überwiegend von der D5 (DD 257 797 A1) ausgehend argumentiert, denn aus dieser ist lediglich das Merkmal 6.4 des streitpatentgemäßen Verfahrens nicht bekannt. Die in der D5 aufgeführten Möglichkeiten der Erwärmung des Kunststoffs bis über die Schmelztemperatur beschränken sich auf eine unmittelbare Erwärmung des Kunststoffs, wobei beispielhaft ein elektrisches Heizelement oder ein im Bereich der zu fügenden Fläche befindlicher elektrischer Leiter genannt sind, und eine mittelbare Erwärmung, hierzu ist exemplarisch die HF- (Hochfrequenz) Technik angegeben. In allen in den Figuren gezeigten Ausführungsbeispielen ist jeweils ein elektrisches Heizelement (5) dargestellt und beschrieben.

Die Möglichkeit der mittelbaren Erwärmung, insbesondere mit dem dazugehörigen Beispiel der Hochfrequenztechnik, legt dem Fachmann ein Aufschmelzen der dünnen Kunststoffschicht mittels Laser aus der D5 nicht nahe. Unter der Hochfrequenztechnik versteht der Fachmann ein hochfrequentes elektromagnetisches Wechselfeld, mit dem gegebenenfalls indirekt eine Heizplatte erwärmt oder der Kunststoff gegebenenfalls direkt in diesem Wechselfeld bis über die Schmelztemperatur erhitzt werden kann (Hochfrequenzschweißen). Dies ist allerdings prinzipiell nur mit Kunststoffen möglich, die einen ausgeprägten Dipolcharakter aufweisen. Jedenfalls gibt der Frequenzbereich der „Hochfrequenztechnik“ dem Fachmann keine Veranlassung, Frequenzspektren im Bereich des sichtbaren Lichts oder eines Lasers in Erwägung zu ziehen, die „frequenztechnisch“ wesentlich „höher“ liegen.

Sofern der Fachmann die Aufgabe des Streitpatents lösen will, die in der Streitpatentschrift aufgeführten Nachteile des Stands der Technik zu beseitigen und insbesondere eine dauerhafte und optisch makellos bleibende Verbindung zwischen Paneelkorpus und Kunststoffkante zu erzielen, die im Wesentlichen durch eine Minimierung der Fugenbreite bei gleichzeitig dauerhafter Haftung zu erzielen ist, so hat er hierzu bereits eine Vielzahl von Optimierungsmöglichkeiten. Diese können dabei u. a. beispielsweise im Bereich der Optimierung der Oberfläche des stirnseitigen Holzwerkstoffs, der Kantengeometrie der an der Kunststoffkante rechtwinklig anliegenden, flächigen Paneelbeschichtung, der Schichtdicke des Schmelzefilms zum Zeitpunkt der Fügung oder auch in der Nachbearbeitung der gefügten Kunststoffkante liegen. Eine der Optimierungslösungen kann dabei für den Fachmann durchaus sein, die Aufschmelzung einer dünnen Schicht der Kunststoffkante mit zielgerichteter und reproduzierbarer Schichtdicke zu erzeugen.

Sollte der Fachmann die Anregung aus der D5 aufgreifen, eine mittelbare Erwärmung mittels Hochfrequenztechnik näher zu beleuchten, so stößt er auf die Druckschrift D18 (Einführung in die Kunststoffverarbeitung). Diese Druckschrift wird er berücksichtigen, denn entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich nicht um eine Schrift, die „tiefstes Spezialwissen“ darstellt, sondern vielmehr um eine Darstellung, die „Lernenden und Studierenden sowie Praktikern aus Industrie und Handwerk eine Einführung und einen umfassenden Überblick über die wesentlichen Kunststoffverarbeitungsprozesse, ihre Funktionsweise und verfahrenstechnischen Hintergründe zu vermitteln“ sucht (vgl. D18, Vorwort zur dritten Auflage). Unter Kapitel 7.2 - Schweißen von Kunststoffen - findet er hierbei nähere Informationen zum Thema HF-Schweißen von Kunststoffen, wobei die dort exemplarisch ausgebildete Schweißvorrichtung (Seite 193, Bild 7.2.12) allerdings das Schweißen zweier Kunststoffplatten (-folien) zwischen zwei mittels Druckstempel zueinander eingespannter Elektroden aufzeigt und derart nicht auf die Anwendung einer vorliegenden Kunststoffkante übertragbar wäre. Der Fachmann erkennt zudem die in der D18 universell dargestellten verschiedenen Varianten des Kunststoffschweißens, wobei er insbesondere die Heizkeil- und das Warmgasschweißverfahren (als Heißluftschweißen) kennt. Er nimmt dabei auch das Laserschweißverfahren auf Seite 194 wahr und sieht dabei auch die besonderen Eigenschaften dieses Verfahrens (Seite 194, Absatz 1). Der Fachmann misst dem Laserstrahlschweißverfahren jedoch trotzdem keine besondere Bedeutung bei, da beide dort ausschließlich genannten Verfahrensvarianten für ihn nicht geeignet erscheinen. Das Laserstumpfschweißen verlangt grundsätzlich zwei Fügepartner, deren beide Oberflächen direkt bestrahlt werden und somit zwei Schmelzoberflächen entstehen, die anschließend unter Druck gefügt werden. Das Laser-Durchstrahlverfahren verlangt gemäß der Beschreibung der D18 ebenfalls zwei Fügepartner aus Kunststoff, wobei der zweite Fügepartner für das über den ersten, im Wesentlichen transparenten Fügepartner eindringende Laserlicht „undurchsichtig“ sein muss, indem er „mit Zuschlagstoffen (z. B. Ruß) eingefärbt ist“ (Seite 194, vorletzter Absatz). Erst unter dieser Bedingung kann eine Schweißverbindung in der Fügezone entstehen. Da dem Fachmann für seine Anwendung der Kunststoffkante dieser zweite Fügepartner fehlt und der Holzwerkstoff diesen auch nicht „ersetzen“ kann, wird er von den in der D18 abschließend aufgeführten Varianten des Laserstrahlschweißverfahrens Abstand nehmen.

Sofern der Fachmann dessen ungeachtet ein einseitiges Aufschmelzen einer dünnen Schicht einer Kunststoffkante in Erwägung ziehen sollte, wird er dieses Verfahren trotzdem nicht realisieren, da er sich einer Vielzahl von Problemfeldern gegenüber sieht. Bereits in der D18 ist die hohe Transparenz üblicher Kunststoffe bei kurzen und mittleren Wellenlängen (insbesondere im nahen Infrarotbereich, ca. 800 bis 1100 nm, Seite 194, Absatz 3) genannt. Insofern müssten spezifische Lasergeräte im langwelligen Bereich eingesetzt werden (z. B. CO2-Laser), alternativ oder ergänzend müsste das Kunststoffband entsprechend angepasste Zuschlagstoffe zur Absorption der Strahlungsenergie enthalten. Zum Aufschmelzen von dünnen Oberflächenschichten bei dünnen Kunststoffbändern sind umfangreiche Entwicklungsarbeiten der Laservorrichtung wie auch bei allen Varianten von Kantenbändern zu erwarten, so dass bestehende Kantenbänder gegebenenfalls nicht mehr eingesetzt werden könnten. Entsprechend geeignete Kantenbänder müssten demzufolge erst entwickelt werden. Dies erfordert ein langfristig abgestimmtes Entwickeln von Lasergeräten und Kantenbändern unter Beteiligung der Kantenbandhersteller mit hohem Material- und Versuchsaufwand. Doch auch der Anwender müsste in diese Entwicklung mit einbezogen werden. Die Anpassung der Laservorrichtung mit insbesondere einem Spiegelsystem, das in schwieriger, üblicherweise stark staubbelasteter Umgebung entsprechend der individuellen Situation beim Anwender die Aufschmelzung des Kantenbandes kurz vor dem Anpressvorgang an das Möbelpaneel unter diesen beengten Platzverhältnissen sicherstellen muss, legt einen Einsatz dieser Technologie für diesen Anwendungsfall ebenfalls nicht nahe. Die vorstehenden Probleme werden den Fachmann demnach eher davon abbringen, das Laserschweißen näher in Betracht zu ziehen.

Auch die Hinzuziehung der D15 (Laserschweißen von Thermoplasten) führt den Fachmann nicht weiter im Vergleich zur D18. Zwar wird in der D15 (Seite 8, 1. Satz) ein Bezug des Laserstumpfschweißverfahrens mit dem kontaktlosen Heizelement- bzw. Heizstrahlerschweißen gezogen, wie die Klägerin zu 2) hervorhob - also einem Verfahren, das bei Kantenbändern bekanntermaßen eingesetzt wird - doch betrifft dieses Verfahren ebenfalls prinzipiell die Fügung zweier Kunststoffteile („Halbzeuge“). Neben den genannten Vorteilen des Laserstumpfschweißens, wonach z. B. „beliebig geformte Fügezonen präzise plastifiziert werden könnten“, wird allerdings auch anschließend erwähnt, dass „bei diesem Verfahren die Gefahr einer inhomogenen Verteilung der Schmelzeschichtdicke über der Wandstärke des Fügeteils“ entstehen könne (Seite 8, Zeilen 2 bis 7). Mit dieser Problematik wird der Fachmann allerdings eher davon abgehalten, ein derartiges Verfahren überhaupt in Erwägung zu ziehen, um ein relativ dünnes Kunststoffband mit einer noch dünneren Schmelzeschicht zu versehen, da genau diese Eigenschaft der kontrollierten, reproduzierten konstanten Schmelzschichtdicke wesentlich für die Eignung des Verfahrens ist. Darüber hinaus behandelt die D15 gleichfalls wie die D18 abschließend nur das Laserstumpfschweißen (Kapitel 6) und das Laser-Durchstrahlschweißen (Kapitel 7), bei denen grundsätzlich zwei Fügepartner aus Kunststoff zur Verfügung stehen. Die seitens der Beklagten geltend gemachte fehlende Offenkundigkeit des Dokuments (Nachweis der Veröffentlichung) kann somit dahingestellt bleiben.

Die Druckschrift D14 (High power diode laser transmission welding of plastics) wird der Fachmann aus den bereits oben genannten Gründen nicht für eine Zusammenschau mit der D5 in Betracht ziehen. Er bekommt zwar auch hier den Hinweis, dieses Schweißverfahren anstelle des konventionellen „hot plate“Schweißverfahrens einzusetzen (Seite 138, linke Spalte, Absatz 1), wie die Klägerinnen zu 1) und 3) argumentierten, doch verlangt gerade das Laser-Durchstrahlschweißen prinzipiell zwei Fügepartner (the technique relies on one transmitting and one absorbing component…, Seite 138, Absatz 3). Es ist somit lediglich als ein Ersatz des Heizelementschweißens für zwei Fügepartner aus Kunststoff anzusehen.

Das insbesondere seitens der Klägerin zu 3) herangezogene Dokument D9 (DE 1 479 239 A) geht ebenfalls beispielsweise von einem Hochfrequenzverfahren entsprechend der D5 aus und behandelt „das Verbinden von Gebilden aus thermoplastischen Kunststoffen, insbesondere von Kunststoff-Folien“ (Seite 2, Absatz 2). Das in der D9 beschriebe Laserschweißverfahren betrifft damit jedoch ebenfalls ein Durchstrahlverfahren, bei dem „die Energie der elektromagnetischen Wellenstrahlung an der Verbindungsstelle durch einen Absorber in Wärme umgewandelt wird“ (a. a. O.). Trotz des in Betracht gezogenen sehr breiten Spektrums von einem Wellenlängenbereich von 0,18 µm bis zu 1 mm (Seite 2, Absatz 3) vermittelt demnach die D9, dass grundsätzlich ein Absorber zur lokalen Erreichung der Schmelztemperatur zwischen den zwei zu verschweißenden Folien notwendig sei (s. a. alle Ausführungsbeispiele). Somit wird der Fachmann auch diese nicht weiter in Betracht ziehen, da er die in der D9 vermittelte Lehre nicht auf seine Anwendung übertragen kann.

Alle weiteren Druckschriften liegen weiter ab und können dem Fachmann auch in der Zusammenschau mit der D5 das Verfahren nach Anspruch 6 nicht nahelegen. Sie wurden in der mündlichen Verhandlung auch nicht weiter herangezogen.

Das Dokument D1 (DE 199 55 575 A1) eignet sich ebenfalls nicht als Ausgangspunkt, um zum Gegenstand des Verfahrens gemäß Streitpatent nach Anspruch 6 zu gelangen, wie die Klägerin zu 1) argumentiert hat. Unter a) ist zur Neuheit ausgeführt, dass die D1 als Abgrenzung zum Stand der Technik gerade nicht die Oberfläche des Kunststoffbandes im Sinne eines Heißklebers aufschmelzen will, wie in der Beschreibung insbesondere in Spalte 4, Zeilen 29 ff. sowie Spalte 8, Zeilen 34 ff. ausdrücklich beschrieben ist. Demnach wählt der Fachmann die D1 bereits nicht als Ausgangspunkt seiner Überlegungen.

Schlussendlich hat das Verfahren nach Anspruch 6 des Streitpatents für den Fachmann nicht nahegelegen. Aus dem Stand der Technik ist zum Anmeldezeitpunkt bereits nicht bekannt, Kunststoff überhaupt einseitig mittels Laser anzuschmelzen, um diesen Werkstoff mit einem anderen, nicht aufschmelzbaren Material zu fügen, so dass der hier angesprochene Fachmann in dieser Hinsicht keine Anregungen erhalten kann. Zwar kennt er den Laser in verschiedenen Anwendungen - auch im Bereich der Fertigung - und mag durchaus auch das Laserverfahren für das Anschmelzen einer Kunststoffkante gegebenenfalls in Betracht gezogen haben, doch er findet für seine Anwendung kein annäherndes Vorbild im Stand der Technik. Die dort beschriebenen Verfahren der Lasertechnologie beschränken sich durchgehend lediglich auf das Stirnwand- und das Durchstrahlverfahren, die jedoch beide auf die von ihm möglicherweise hypothetisch angedachte patentgemäße Anwendung nicht übertragbar erscheinen. Zudem sind im Stand der Technik diese Verfahren auch nicht im Sinne einer „Flächenbeschichtung“ beschrieben, bei der in Massenproduktionen große Flächen aufgeschmolzen und gefügt werden, so dass sich auch hier der Fachmann auf „Neuland“ begibt. Das Verfahren nach Patentanspruch 6 des Streitpatents beruht demnach auf einer erfinderischen Tätigkeit.

6. Die Klägerinnen konnten den Senat auch nicht davon überzeugen, dass das Verfahren nach Patentanspruch 6 für einen Fachmann gemäß Artikel 138 (1) b) nicht ausführbar war.

Die Klägerinnen führten aus, dass das Verfahren nach Anspruch 6 von einem Fachmann nicht ausführbar sei, da u. a. keine Lösung hinsichtlich der Problematik der Transparenz der üblicherweise als Kunststoff eingesetzten Werkstoffe genannt sei. Insbesondere in dem in der Streitpatentschrift als vorzugsweise angegebenen Spektrum von 0,8 bis 1,0 µm Wellenlänge ([0026], Patentanspruch 8) seien die üblichen Kunststoffe ABS, PVC, PE [0017] nahezu vollständig transparent, so dass das Laserschweißen unter diesen Bedingungen nicht ausführbar sei. Darüber hinaus würden die seitens der Beklagten dargelegten, zum Teil langwierigen Entwicklungsschwierigkeiten dokumentieren, dass die Erfindung nicht ausführbar sei.

Die angesprochene hochgradige Transparenz der für den Einsatz als Kantenmaterial vorgesehenen Kunststoffe mag insbesondere im „kurzwelligen“ Bereich ein besonderes Problem sein, allerdings kann der Fachmann als Lösung geeignete Absorber einsetzen. Diese muss er jedoch im Hinblick auf eine sichere Prozesssicherheit in Verbindung mit dem Kantenband erst entwickeln und optimieren. Prinzipiell versteht der Fachmann jedoch, wie er zur Lösung des Aufschmelzens einer dünnen Schicht gelangen kann. Auch eine sehr lange Entwicklungs- und Optimierungsdauer ist noch kein Grund, ein Verfahren als für den Fachmann nicht ausführbar zu bezeichnen. Darüber hinaus sind Wellenbereiche angegeben (bis 30 µm), die in dieser Hinsicht unkritischer sind, so dass den Absorbern eine geringere Bedeutung zukommt. Gegebenenfalls sind zur ausreichenden Absorption hierzu bereits die Farbpigmente ausreichend, die in vorteilhafter Ausgestaltung des Verfahrens auch in der Schmelzzone vorhanden sind [0029].

Nachdem dem Verfahren nach Anspruch 6 gemäß Hauptantrag keiner der unter Art. 138 (1) EPÜ genannten, von den Klägerinnen geltend gemachten Gründe entgegensteht, hat der Patentanspruch 6 nach Hauptantrag Bestand.

7. Die ebenfalls angegriffenen, sich dem bestandsfähigen Patentanspruch 6 anschließenden Unteransprüche 7 bis 12, die zulässige Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 6 beinhalten, werden von diesem getragen, ohne dass es hierzu weiterer Feststellungen bedurfte (BPatGE 34, 215).

IV.

1. Die Hilfsanträge 1 bis 3 zum Patentanspruch 1 beschränken das Merkmal 1.6 dahingehend, dass anstelle der Formulierung „nur ein Teil“ die Begriffe Hilfsantrag 1:

Merkmal 1.6a:

…„nur bis 50%“...

Hilfsantrag 2:

Merkmal 1.6b: …„nur bis 25%“…

Hilfsantrag 3:

Merkmal 1.6c: …„nur Randbereiche“…

eingesetzt werden.

Damit findet eine weitergehende Beschränkung bzw. Differenzierung der Verschweißung dahingehend statt, dass nur spezifische Größen oder Bereiche der auf den Paneelkorpus gefügten Oberfläche der Kunststoffkante mit dem Paneelkorpus verschweißt sind. Über einen quantitativen Flächenbereich sagt das Merkmal 1.6.c des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 dabei nichts aus, hier können die Randbereiche auch „sehr breit“ vorliegen.

2. Die nach Patentanspruch 1 nach Hilfsanträgen 1 bis 3 beanspruchte Lehre ist ebenfalls nicht erfinderisch. Denn sie ergab sich für den angesprochenen Fachmann zum Zeitpunkt der Anmeldung in naheliegender Weise aus den Druckschriften D2 und D7.

Sofern es für den Fachmann nahegelegen hat, insbesondere an gekrümmten Kanten von Möbelplatten gemäß der Zusammenschau der Dokumente D2 und D7 Nuten in den Kantenbändern vorzusehen und diese dort und auch an potentiell angrenzenden geraden Kanten mit entsprechender partieller Fügung zu versehen, führt er hierzu entsprechende Versuche zur Optimierung der vorgesehenen „Verschweißung“ durch. Diese Versuche werden dabei im Wesentlichen die Ausgestaltung der Nuten im Hinblick auf Geometrie, insbesondere Breite, sowie der damit verbundenen gefügten Flächenanteilen des Kantenbandes mit der Möbelplatte zum Inhalt haben. Zur Absicherung seiner Ergebnisse für die Praxis bestimmt der Fachmann für die jeweilige Anwendung auch den (Grenz-) Wert, bei dem noch eine in Dauerstandsversuchen ermittelte, dauerhafte Verbindung erreicht werden kann. In diesen Versuchen ist ihm eine „untere Grenze“ der partiell verschweißten Fläche nicht vorgegeben, so dass er diese Grenze selbst ausloten wird.

Die Druckschrift D7 nennt selbst keine Flächenanteile, so dass aus diesem Dokument bereits keine Begrenzung „nach unten“ beschrieben ist. Lediglich aus den Figuren 5 und 6 sind exemplarisch jeweils drei Nuten eingezeichnet. Einen zunehmend kleineren Fügeflächenanteil mit einer höheren Nutanzahl nimmt der Fachmann für den Fall an, dass die innere (innenliegende) Schicht nicht entsprechend weich ausgestaltet ist, wie er dies dem Ausführungsbeispiel nach den Figuren 5 und 6 entnimmt. Bei einer (entsprechend) härteren inneren Schicht muss für eine hohe Biegeelastizität des Kantenbandes eine höhere Nutdichte vorhanden sein, um die notwendige Querdehnungskompensation ausbilden zu können. Der Anteil an kumulierter Nutbreite bzw. an verbleibender Fügefläche ist somit auch stark von der Ausgestaltung (Dicke und Materialzusammensetzung) des Kantenbandes abhängig. Der Fachmann wird also zumindest in seinen Versuchen durchaus auch Flächenanteile von 25 % in Erwägung ziehen. Eine erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 nach Streitpatent ist jedenfalls mit einer derartigen Begrenzung auf 50 oder 25 % der gefügten Flächenanteile nicht verbunden.

Auf eine partielle Fügung wird der Fachmann auch durch den allgemeinen Aspekt der grundsätzlichen Ressourceneinsparung und Produktivitätssteigerung gelenkt, denen er bei seinen Überlegungen grundsätzlich und dauerhaft Rechnung trägt. Denn dem Fachmann kann zugetraut werden, dass er bekannte Vorrichtungen vereinfachen, vorhandene Komponenten verbessern oder raumsparend und kostengünstig durch Verwendung von weniger Teilen bauen will (Busse/Keukenschrijver, a. a. O., RdNr. 133 zu § 4 PatG). Eine potentielle Einsparung von insbesondere Energie und damit auch eine Erhöhung der Verfahrensgeschwindigkeit (Produktivität) mag bei den häufig eingesetzten schmalen Kantenbändern nicht relevant sein, die Bandbreite der in dem Ausgangsdokument D2 verwendeten Kantenbänder geht jedoch bis zu Breiten von 200 mm (u. a. Patentansprüche 3 und 22). Bei zunehmenden Kantenbreiten und damit immer größeren Flächenbereichen gewinnt eine partielle Aufschmelzung und Fügung des Kantenbandes an das Möbelpaneel eine entsprechend zunehmende Bedeutung. Sofern das Kantenband durch eine hohe Dicke - die im Falle des Dokuments D2 bis zu 4000 µm betragen kann (Patentanspruch 3) - darüber hinaus auch eine hohe Biegesteifigkeit (in Querrichtung) aufweist, kann prinzipiell auch ein entsprechend kleiner Fügeanteil realisiert werden, ohne dass optische und funktionale Beeinträchtigungen des Kantenbandes bzw. der Fügeverbindung durch eine partielle Verschweißung zu erwarten wären. Auch hierzu führt der Fachmann entsprechende Versuche zur Ermittlung von Mindestfügeflächen durch, die ebenfalls nicht prinzipiell durch einen Wert von 25 % begrenzt sind.

Dieser weitere Aspekt, der damit unabhängig von gekrümmten Möbelkanten, der Problematik des „Schüsselns“ und von der Lösung durch in Kunststoffbänder eingebrachte Nuten ist, wird vom Fachmann ebenfalls in Betracht gezogen. Da er zudem zumindest aus der D7 weiß, dass eine partielle Verschweißung bzw. Verklebung sowohl an gekrümmten wie auch an geraden Möbelkanten realisierbar ist, hat für ihn eine partielle Verschweißung auch bis zu dem Bereich unter 25 % Fügefläche nahegelegen. Damit sind die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 2 jeweils nicht bestandsfähig.

Eine Verschweißung der Kunststoffbänder an den Rändern und damit eine fugenfreie Anbindung an die Möbelkanten ist für den Fachmann selbstverständlich, da gerade hier eine Abdichtung gegenüber eindringender Feuchtigkeit sowie Schutz vor mechanischer Beanspruchung (Kraftangriffspunkte) und nicht zuletzt eine fugenlose Optik zwingende Voraussetzungen für eine einwandfreie Kantenanbindung ist. Da gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 über die Breite der „Randbereiche“ nichts gesagt ist (s. unter IV.1.), werden bei einer partiellen Verschweißung des Kantenbandes in beliebiger Weise jedenfalls die Randbereiche jeweils durchgehend mit dem Möbelpaneel verklebt sein. Nachdem dem Fachmann sowohl eine vollflächige wie auch durch Längsnuten unterbrochene Fügeverbindung der Kunststoffbänder kennt, ist für den Fachmann auch eine

„Zwischenlösung“ mit der Anbindung lediglich einer (mittigen) Längsnut nahegelegt.

Entsprechende Überlegungen gelten im Übrigen auch hinsichtlich der vorstehend erörterten partiellen Verschweißung aus ökonomischen Gründen, wobei es hier unter anderem auf die Breite sowie gegebenenfalls Dicke des Kantenbandes ankommt, inwieweit neben der Verklebung der Randbereiche lediglich ein (mittiger) Bereich ausgespart wird. Damit ist für den Fachmann auch unter diesem Aspekt der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 nahegelegt und Patentanspruch 1 somit nicht bestandsfähig.

3. Der Hilfsantrag 4 zum Patentanspruch 1 enthält das geänderte Merkmal 1.6d:

1.6d

… dass nur … der auf den Paneelkorpus gefügten Oberfläche der Kunststoffkante aufgeschmolzen wurde und mit dem Paneelkorpus verschweißt ist.

Das dem Hilfsantrag 4 zugrunde liegende Merkmal 1.6.d ergänzt gegenüber den vorstehenden Fassungen, dass ein bestimmter Teil (der Fläche der Kunststoffkante) aufgeschmolzen und mit dem Paneelkorpus verschweißt ist. Diese Formulierung erläutert damit lediglich das Aufschmelzen der Oberfläche mit der Verschweißung bzw. Verklebung der Kunststoffkante mit dem Paneelkorpus.

4. Das gemäß Hilfsantrag 4 geänderte Merkmal 1.6d, wonach nun „nur … der auf den Paneelkorpus gefügten Oberfläche der Kunststoffkante aufgeschmolzen wurde und mit dem Paneelkorpus verschweißt ist“, ergibt für den Fachmann keine inhaltliche Änderung des Sachverhalts gegenüber den jeweiligen Fassungen des Patentanspruchs 1 der vorstehenden Haupt- und Hilfsanträge. Gemäß der Auslegung des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag (s. o.) ist der Begriff des „Verschweißens“ so zu verstehen, dass damit ein An- oder Aufschmelzen des Kunststoffes und dem Verkleben des Kunststoffbandes mit der Kante des Möbelpaneels in Form eines Heißklebers zu verstehen ist. Damit ist zwingend für das Verschweißen auch das Aufschmelzen der entsprechenden Flächenanteile verbunden. Zudem ist unter III.1. hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der „gefügten Oberfläche“ dargelegt, dass es unerheblich ist, ob der über die partielle Verschweißung hinausgehende Flächenanteil potentiell für ein Aufschmelzen zur Verfügung stand oder nicht. Demnach ergibt sich mit dem Merkmal 1.6d keine inhaltliche Änderung gegenüber den vorstehenden Merkmalsvarianten 1.6 bis 1.6c, so dass auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

5. Die seitens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage der Vorsitzenden hilfsweise geltend gemachte Verteidigung der auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 und 5 hat gleichfalls keinen Erfolg, denn ihre Gegenstände beruhen ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Das gegenständliche Möbelpaneel mit einer darauf aufgebrachten Kunststoffkante kann nicht durch ein Verfahrensmerkmal im Rahmen eines Product-by-ProcessAnspruchs Patentfähigkeit erlangen, dessen verfahrenstechnische Auswirkung im Produkt der Fügeverbindung nicht sicher erkannt und somit dem Verfahren des Aufschmelzens mittels Lasers (Patentanspruch 2) nicht eindeutig zuzuordnen ist. Die Aufschmelzung der Oberfläche eines Thermoplasts beispielsweise im Bereich der gesamten „nutfreien“ Oberfläche nach den Ausführungsbeispielen der Figuren 5 und 6 der D7 lässt sich mit den für den angesprochenen Fachmann zur Verfügung stehenden Mitteln in einer die Fügeverbindung „zerstörenden Werkstoffprüfung“ nicht eindeutig dem Aufschmelzverfahren mittels Laser zuordnen. Damit wird dieses Merkmal der „Laserschweißverbindung“ hinsichtlich seiner gegenständlichen Ausgestaltung unerheblich, so dass auch der Patentanspruch 2 in Rückbezug auf den Patentanspruch 1 nach Hauptantrag keinen Bestand hat.

Auch eine Aufschmelzschicht von 0,2 mm Tiefe oder weniger (Patentanspruch 5) lässt sich, sofern der Fachmann die Aufschmelztiefe überhaupt fügetechnisch erkennen kann, mit allen im Stand der Technik bekannten Aufschmelzverfahren erzielen. Sowohl über Kontaktwärme als auch über Heißluft oder energetische Strahlung können derart übliche Werte von Aufschmelztiefen realisiert werden. Die Auftragung des Schmelzklebers auf die Möbelkante oder das Kantenband gemäß der D2 ist hinsichtlich der Dicke nicht limitiert, so dass es im Belieben des Fachmannes steht, die Schichtdicke gemäß seinen Anforderungen zu wählen.

Demnach hat der Gegenstand des Patentanspruchs 5 mit Rückbezug auf den Anspruch 1 des Hauptantrags für den Fachmann nahegelegen.

6. Die - neben den hilfsweise verteidigten und nicht für patentfähig erachteten Unteransprüche 2 und 5 - weiteren Unteransprüche 3 und 4 sind gleichfalls nicht bestandsfähig, da weder geltend gemacht noch ersichtlich ist, dass ihre zusätzlichen Merkmale zu einer Patentfähigkeit führen (BGH GRUR 2012, 149, 156 - Tz. 96 - Sensoranordnung).

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 709 ZPO.

Friehe Dr. Huber Dr. Mittenberger-Huber Dr. Prasch Dr. Dorfschmidt Cl

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