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15 W (pat) 26/16

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 26/16 Verkündet am 20. Juni 2016

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 11 2007 003 798.9 …

hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein sowie der Richter Dr. Egerer, Paetzold und Dr. Freudenreich BPatG 154 05.11 beschlossen:

Der Hauptantrag der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Auf den Hilfsantrag der Anmelderin, das Patent auf der Grundlage der eingereichten Patentansprüche 1 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 20. Juni 2016, und der vorliegenden Beschreibung zu erteilen, wird die Teilanmeldung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe I.

Die auf der internationalen Patentanmeldung mit der Veröffentlichungsnummer WO 2007/132909 A1 basierende und aus der deutschen Stammanmeldung mit dem Aktenzeichen 11 2007 001 162.9 hervorgegangene Teilanmeldung mit dem Aktenzeichen 11 2007 003 798.9 hat den 10. Mai 2007 als Anmeldetag und nimmt die japanische Unionspriorität JP 2006-132637 vom 11. Mai 2006 in Anspruch. Die Veröffentlichung der deutschen Übersetzung der Stammanmeldung DE 11 2007 001 162 T5 mit der Bezeichnung

„Mercaptosilan, das mit einer Vinylethergruppe geblockt ist (Kupplungsmittel), und Kautschukzusammensetzung und Luftreifen, die dieses verwenden“

ist am 2. April 2009 erfolgt, die Teilanmeldung wurde am 12. November 2015 veröffentlicht.

Als Stand der Technik sind von der Prüfungsstelle für Klasse C 08 L des Deutschen Patent- und Markenamts die folgenden Druckschriften ermittelt worden, von denen die Druckschrift D1 bereits in den ursprünglich eingereichten Unterlagen zitiert ist.

D1 JP 2003-055353 A (PATENT ABSTRACT OF JAPAN und maschinengenerierte englischsprachige Übersetzung)

D2 JP 2006-097024 A (PATENT ABSTRACT OF JAPAN und maschinengenerierte englischsprachige Übersetzung)

D3 EP 1 500 679 A1 D4 DE 2 062 883 A D5 JP 2005-171159 A (PATENT ABSTRACT OF JAPAN und maschinengenerierte englischsprachige Übersetzung).

Vor dem von der Prüfungsstelle für C 08 L anberaumten Anhörungstermin hat die Anmelderin die geltenden Patentansprüche gegenüber einer Fassung, die von der Prüfungsstelle als nicht gewährbar bewertet worden war, linguistisch geändert, sodann ihren Antrag auf mündliche Anhörung zurückzogen und im Übrigen Entscheidung nach Aktenlage beantragt.

Die Prüfungsstelle hat die Patentanmeldung nach § 48 PatG mit Beschluss vom 23. Mai 2014 wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen. In der Begründung der Zurückweisung hat die Prüfungsstelle im Wesentlichen auf die in ihrem Bescheid vom 19. Dezember 2011 dargelegten Sachverhalte sowie auf den Ladungszusatz vom 2. April 2014, in dem mit der Druckschrift D5 weiterer Stand der Technik in das Verfahren eingeführt worden war, Bezug genommen. Dem Fachmann sei der Einsatz von mit Vinylethergruppen geschützten Mercaptosilanen in den Druckschriften D1 oder D5 nahe gelegt, da er als mit Vorteilen verbunden geschildert werde, so dass er nicht umhin komme, solche geschützten Reagenzien auch bei den anmeldungsgemäßen Kautschukmischungen, welche in den Druckschriften D2 und D4 beschrieben sind, zur Anwendung zu bringen.

Gegen diesen am 27. Mai 2014 im Abholfach des Deutschen Patent- und Markenamts abgelegten und damit der Anmelderin als am 30. Mai 2014 zugestellt geltenden Beschluss hat die Anmelderin mit Schriftsatz, eingegangen beim Bundespatentgericht am 30. Juni 2014, Beschwerde eingelegt.

Mit Schriftsatz vom 10. Juni 2015 hat der Senat der Anmelderin mitgeteilt, dass die in den Beispielen und in der Beschreibung der Patentanmeldung aufgeführten Verbindungen nicht unter die Formel (I) des geltenden Patentanspruchs 1 fallen und dass im Übrigen die erfinderische Tätigkeit beim Gegenstand der Anmeldung gegenüber der Kombination der Druckschriften D2 oder D4 mit jeweils der Druckschrift D1 zu diskutieren sein wird.

Die Anmelderin hat sodann mit Schreiben vom 25. August 2015, eingegangen beim Bundespatentgericht am 27. August 2015, die Teilung der Anmeldung erklärt (§ 39 PatG).

Den abgetrennten Teil verfolgt sie nach Hauptantrag auf der Grundlage einer 5 Patentansprüche umfassenden Anspruchsfassung weiter, die den folgenden Wortlaut hat:

Nach 1. Hilfsantrag bleiben die Patentansprüche 4 und 5 unverändert, und die Patentansprüche 1 bis 3 lauten:

Die Anmelderin sieht die erfinderische Tätigkeit bei den nunmehr beanspruchten Gegenständen vor den Druckschriften D1 bis D4 gegeben, wobei sie zur Diskussion der in mangelhafter Qualität übersetzten D2 auf die korrespondierende Anmeldung D2a EP 1 640 182 A1 verweist.

Sie hat in der mündlichen Verhandlung beantragt,

das Patent auf der Grundlage der eingereichten Ansprüche 1 bis 5 der Teilanmeldung 11 2007 003 798.9 und der vorliegenden Beschreibung zu erteilen,

hilfsweise das Patent auf der Grundlage der eingereichten Ansprüche 1 bis 5 der Teilanmeldung 11 2007 003 798.9 gemäß Hilfsantrag vom 20. Juni 2016, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2016, und der vorliegenden Beschreibung zu erteilen.

Die beantragte Auswahl geblockter Mercaptoverbindungen und die mit dem Einsatz dieser Verbindungen anhand zahlenmäßig ausgestalteter Vergleichsversuche sowie nachgereichter Versuche belegten Vorteile hinsichtlich Herstellung und Qualität von dienbasierten Kautschuken gingen nach ihrer Auffassung nicht aus der Kombination der D1 mit den weiteren Druckschriften D2 oder D4 hervor, zumal die D1 keine Füllstoffe beschreibe und damit insbesondere die verbesserte Dispergierbarkeit, die sich im ΔG‘-Wert widerspiegele, nicht nahelegen könne. Zudem bringe die D1 die Thiolderivate nur mit einer verbesserten Lagerstabilität in Verbindung. Diese sei von der erfindungsgemäß verbesserten „Verarbeitung“ und den „Härtungseigenschaften“ grundverschieden. Für die Auswahl von vier strukturell festgelegten geblockten Mercaptoverbindungen nach 1. Hilfsantrag finde sich in der D1 keinerlei Anregung.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Anmelderin wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die Gegenstände des Hauptantrags der zulässigen Teilanmeldung sind wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht bestandsfähig.

1. Zuständiger Fachmann auf dem vorliegenden technischen Gebiet ist ein Diplom-Chemiker oder ein Kunststoff-Ingenieur, der aufgrund seiner Ausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung, etwa in der Entwicklungsabteilung eines einschlägigen Unternehmens, über fundierte Kenntnisse von Kautschukzusammensetzungen und deren Weiterverarbeitung zu Reifen verfügt und zugleich mit den Problemen und Anforderungen von die Verarbeitung von Kautschuken auf Dienbasis erleichternden Zusatzstoffen vertraut ist. Der hier maßgebliche Fachmann besitzt somit auch spezielle Kenntnisse über die Entwicklung, Herstellung und Anwendung von Kupplungsmitteln, also Kenntnisse in der präparativ organischen Chemie oder zieht einen auf diesem Gebiet bewanderten Kollegen zu Rate.

2. Die Patentanmeldung nach Stammanmeldung DE 11 2007 001 162 T5 betrifft ein Silan-Kupplungsmittel, bei dem eine Mercaptogruppe des Mercaptosilans mit einer Vinylethergruppe geblockt ist, und eine Kautschukzusammensetzung und einen Luftreifen, welche dieses verwenden. Genauer gesagt betrifft sie eine Kautschukzusammensetzung, umfassend einen Kautschuk auf Dienbasis, in den Siliciumdioxid eingemischt ist, welche sowohl im Hinblick auf die Verarbeitbarkeit als auch die Dispergierbarkeit von Siliciumdioxid überlegen ist, die unter Verwendung eines spezifischen Silan-Kupplungsmittels, bei dem eine Mercaptogruppe des Mercaptosilans mit einer Vinylethergruppe geblockt ist, erhalten wird, und einen Luftreifen, der diese verwendet (a. a. O.: [0001]).

Gemäß Patentanmeldung ist es Stand der Technik, neben Ruß Siliciumdioxid in Kautschuke einzumischen, allerdings sei die Mischbarkeit wegen der leichten Agglomeration von Siliciumdioxidteilchen verschlechtert. Deshalb werden SilanKupplungsmittel zusammen mit Siliciumdioxid verwendet. Dabei verbessern Mer- captosilane die Dispergierbarkeit, zeigen jedoch Schwierigkeiten bei der Weiterverarbeitung, während mit Verweis auf den mit D1 ausgewiesenen Stand der Technik mit Vinylethern geblockte Mercaptane zu einer harten Kautschukstruktur um das Siliciumdioxid herum führten (a. a. O.: [0002]).

Vor diesem Hintergrund sieht es die Patentanmeldung als Aufgabe an, eine Siliciumdioxid enthaltende Kautschukzusammensetzung auf Dienbasis bereitzustellen, welche höhere physikalische Eigenschaften aufweist, welche in der Lage ist, die Verarbeitbarkeit (d. h. längere Anvulkanisationsdauer und kürzere Vulkanisationsdauer) zu verbessern, und welche die Verstärkungsleistung (d. h. verbesserte Verstärkungsleistungskennzahl M300/M100) verbessert, wenn sie in (richtig: „in sie“) herkömmliches Mercaptosilan eingemischt wird (a. a. O.: [0003]).

Als objektive Aufgabe ist folglich die Verbesserung der Verarbeitung sowie der Produkteigenschaften einer Kautschukzusammensetzung mit Siliciumdioxid als Füllstoff zu sehen, wobei, wie es die Anmelderin geltend macht, insbesondere die Dispergierbarkeit von Siliciumdioxid verbessert werden soll.

3. Nach Hauptantrag der Teilanmeldung wird diese Aufgabe durch Zugabe einer definierten Menge eines strukturell charakterisierten Mercaptosilans der Formel (I) bis (VI) zu dem Kautschuksystem nach Patentanspruch 1 gelöst und durch einen Luftreifen, der dieses Kautschuksystem verwendet.

Der Patentanspruch 1 lautet nach Merkmalen gegliedert:

M1 M1.1 M1.2 M1.3 Kautschukzusammensetzung umfassend 100 Gewichtsteile Kautschuk auf Dienbasis, 10 bis 160 Gewichtsteile verstärkender Füllstoff enthaltend Siliciumdioxid, auf das Gewicht des Siliciumdioxids bezogen 0,1 bis 20 Gew.-% Mercaptosilan-Kupplungsmittel M1.4 der Formeln (I) bis (VI).

4. Die Zulässigkeit der Anspruchsfassung nach Hauptantrag ist gegeben, denn der Patentanspruch 1 findet seine Offenbarung im Patentanspruch 6 sowie hinsichtlich der Kupplungsmittel (1) bis (6) auf S. 9 Abs. 2, S. 11 Abs. 3, S. 12 Abs. 1, S. 14 Abs. 3, S. 16 Abs. 3 und S. 17, Abs. 1 der ursprünglich eingereichten Unterlagen. Diese als Ausführungsbeispiele hervorgehobenen Verbindungen bilden auch die Basis für die Auswahl gemäß den Patentansprüchen 2 und 3. Die Patentansprüche 4 und 5 finden ihren Ursprung in den Patentansprüchen 7 und 8 der ursprünglich eingereichten Unterlagen.

5. Die beanspruchte Kautschuk-Zusammensetzung ist wegen des Ausdrucks „umfassend“ offen formuliert und kann neben dem mit 0,1 bis 20 Gew.-% angegebenen auf Siliciumdioxid bezogenen Anteil an Mercaptosilan-Kupplungsmittel beliebige weitere Zusatzstoffe enthalten (DE 11 2007 001 162 T5: [0016]).

6. An der Ausführbarkeit der Erfindung bestehen keine Zweifel, denn die Herstellung geblockter Mercaptosilane durch Reaktion von Mercaptosilanen mit Vinylethern unter Säurekatalyse ist dem Fachmann geläufig und beispielsweise in den Druckschriften JP 2003-055353 A (D1, englischsprachige Übersetzung: Absätze [0052] ff.) und JP 2005-171159 A (D5: englischsprachige Übersetzung: Absatz [0035]) dokumentiert. In der Patentanmeldung ist die Herstellung der beanspruchten Mercaptosilan-Kupplungsmittel im Einzelnen dargelegt. Gleichermaßen ist die Weiterverarbeitung der dem Fachmann damit ohne weiteres zugänglichen Verbindungen zu Kautschuken in den Beispielen der Patentanmeldung dargelegt, welche zudem in unvulkanisierter und vulkanisierter Form charakterisiert sind.

7. Die Gegenstände nach Hauptantrag sind neu (§ 3 PatG), denn keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften ist eine Kautschuk-Zusammensetzung oder ein Luftreifen mit sämtlichen Merkmalen M1 bis M1.4 zu entnehmen.

Eine Kautschuk-Zusammensetzung (Merkmale M1 bis M1.3) mit MonovinyletherAddukten gemäß den Strukturformeln (1) und (4) als Mercaptosilan-Kupplungsmittel (Merkmale M4) ergibt sich für den Fachmann jedenfalls in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (i. S. v. § 4 PatG).

Vor der Aufgabe, einen mit Siliciumdioxid gefüllten Kautschuk in seinen Eigenschaften, insbesondere hinsichtlich der Dispergierbarkeit des Siliciumdioxids zu verbessern, findet die Druckschrift EP 1 640 182 A1 (D2a) seine besondere Aufmerksamkeit.

Die D2a befasst sich – von der Anmelderin unbestritten – mit einem Flugzeugreifen, dessen Reifenprofil eine spezielle Kautschuk-Zusammensetzung auf Dienbasis umfasst, die auf 100 Teile Elastomer (A) (Merkmale M1, M1.1), 20 bis 120 Teile (B) eines verstärkenden Füllstoffs, der Siliciumdioxid und Ruß enthält (Merkmal M1.2), sowie (C) ein Kupplungsmittel umfasst, das mit Siliciumdioxid gebundenen Hydroxylgruppen reagieren und mit einem anderen Molekülteil mit dem dienbasierten Polymer interagieren kann (D2a: Patentanspruch 1), was den Einbau des Siliciumdioxids in die Dienmatrix und damit die Dispergierung unterstützt (vgl. D2a: [0040]). In der bevorzugten Ausführungsform nach Patentanspruch 7 der D2a erfüllt das Kupplungsmittel mit der Formel (I) den Strukturteil des in der Streitanmeldung in den Formeln (1) bis (3) verwendeten γ-Mercaptopropyltrimethoxysilans (s. D2a, Patentanspruch 7 mit R7=1 C, R8=3 und n=0). Sie lehrt den Fachmann auch den beanspruchten Gewichtsanteil an Mercaptosilan-Kupplungsmittel zu Siliciumdioxid (D2a: S. 8 Z. 56 – S. 9 Z. 4 mit 6 Teilen eines 50:50Gemisches von Ruß und Mercaptosilan (Legende Nr. 13) und 30 Teilen Siliciumdioxid (Legende Nr. 14), also 10 Gew.-%; analog Tab. 3, Z. 24-25, Tab. 5 Z. 3435, Tab. 7 S. 17 Z. 9-10; Merkmal M1.3) und sie schlägt ihm vor, die Kupplungsreagenzien in einer geblockten Form (Teilmerkmal M1.4) einzusetzen, die die Mercaptogruppe erst beim Erhitzen freigibt (D2a: [0042] Z. 54-55, [0043]).

Als Beispiele für geeignete Mercaptosilane gibt die D2a sowohl das nach Streitanmeldung als Strukturbauteil eingesetzte freie Triethoxy mercaptopropyl silan als auch Trimethoxy mercaptopropyl silan an (D2a: [0042]) und als weiter geeignete Mercaptosilane Bis-(3-triethoxysilylpropyl) polysulfide und 3-Octanoylthio-1-propyltriethoxysilan (D2a: [0041] und [0044]), wobei die Polysulfide getrennt von Mercaptanen aufgeführt sind, deren Schutzgruppe beim Erhitzen abgespalten wird (D2a: [0041] vgl. (A), (B) und (D)).

Der Fachmann entnimmt der D2a damit ohne Weiteres die Lehre des vorteilhaften Einsatzes von Mercaptosilanen in mit Siliciumdioxid gefüllten Dienkautschuken, und dies nicht nur hinsichtlich der Verarbeitungs-, sondern auch hinsichtlich der Produkteigenschaften (D2a: vgl. z. B. [0084]). Zudem regt ihn die D2a dazu an, das Mercaptosilan in geschützter Form zum Einsatz zu bringen.

Folgt er dieser Anregung, gelangt die in der streitpatentgemäßen Anmeldung DE 11 2007 001 162 T5 als Stand der Technik zitierte D1 (a. a. O.: [0002]) in sein Blickfeld, denn sie gibt ihm genau ein solches geschütztes Mercaptosilan an die Hand, das beim Erhitzen die Mercaptogruppe freisetzt und zu exzellenten Produkteigenschaften (D1: Abstract, [0005]) führt. Für die aus den Komponenten Mercaptosilan und Vinylether gebildeten Kupplungsmittel lehrt die D1 (Bezug genommen wird auf die englischsprachige Übersetzung) – vergleichbar mit D2 und der Streitanmeldung – γ-Mercaptopropyltrimethoxysilan (D1: [0016]) als Mercaptokomponente. Dieses Strukturteil findet sich in den Verbindungen (1) bis (3) des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag. Zudem beschreibt die D1 Cyclohexylvinylether (Teilmerkmal M1.4) als geeigneten Vinylether und gibt damit exakt die Struktur an, welche in den Verbindungen (1) und (4) nach Hauptantrag als Blockierungsmittel zur Anwendung kommt (D1: [0047], Z. 12). Dem Fachmann erschließen sich damit die Strukturbestandteile der Verbindungen (1) und (4) in Form des geschützten Addukts aus den Druckschriften D2 und D1 ohne erfinderisches Zutun. Soweit in den geblockten Mercaptosilanen (4), (5) und (6) die Methoxygruppen am Silicium gegen Ethoxygruppen ausgetauscht sind, rechnet der Fachmann im Übrigen mit einer vergleichbaren Reaktivität des Silanteils im Kupplungsreagens. Auch hat er keine nachteiligen Effekte durch Nebenprodukte zu befürchten, da die eine wie die andere Gruppe bei der Reaktion mit Siliciumdioxid als freier Alkohol abgespalten und beim Erhitzen aus der Mischung entfernt wird.

Wenn die Anmelderin die erfinderische Tätigkeit bei dem Einsatz der Monovinyletheraddukte der Formeln (1) und (4) darin begründet sieht, dass eine bessere Dispergierbarkeit und Wirksamkeit im Endprodukt anhand experimenteller Daten belegt sei, vermag ihre Auffassung nicht durchzugreifen, denn die Kombination eines Mercaptosilans mit einem Vinylether war nach den obigen Ausführungen dem Fachmann nahe gelegt (vgl. BGH, Urt. v. 10. Dezember 2002, X ZR 68/99 – BPatGE 2004, 277 – Kosmetisches Sonnenschutzmittel I, Ls.).

Gleichermaßen kann ihr Vorbringen nicht überzeugen, dass die D1 auf drei Seiten der Beschreibung und in den Beispielen nur trifunktionelle Mercaptane basierend auf Triazinen als bevorzugt angibt. Der Fachmann lässt gerade diese Verbindungen außer Acht, den sie erlauben keine Kupplung mit Siliciumdioxid, die sich ihm aus der D2a als notwendig erschließt. Kupplungsfähige Silane sind in der D1 dagegen nur als ein konkretes Beispiel und dessen generische Formel aufgeführt (D1: [0016]).

Schließlich kann auch der Auffassung der Anmelderin nicht beigetreten werden, dass die D1 den Fachmann bei der Anwendung geschützter Mercaptane in die Richtung chlorhaltiger Kautschuke und damit weg von der Erfindung führe, weil solche Kautschuke dort mehrfach erwähnt seien. Die D1 lehrt vielmehr explizit die Eignung der dort genannten geschützten Mercaptane auch für Kautschuke auf Dienbasis (D1: [0084]).

Soweit die Anmelderin eine insgesamt rückschauende Betrachtung geltend macht, weil die D1 einzig die Vorteile geschützter Mercaptane vor dem Mischvorgang of- fenbare, ist dieser Druckschrift im Gegenteil die Lehre exzellenter Eigenschaften des gehärteten Materials zu entnehmen (D1: Abstract und [0087], jew. le. Satz).

Nach alledem beruht die Zusammensetzung des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag im Hinblick auf die Addukte mit den Formeln (1) und (4) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Dies gilt sinngemäß auch für den durch die geschützten Mercaptane gekennzeichneten Luftreifen nach Patentanspruch 5, denn ein Luftreifen bildet bereits den Gegenstand der D2a.

8. Auf die echten Unteransprüche brauchte bei dieser Sachlage nicht gesondert eingegangen zu werden; sie teilen das Schicksal des Patentanspruchs 1, auf den sie rückbezogen sind, da die Anmelderin die Erteilung eines Patents erkennbar nur im Umfang der vorliegenden Patentanspruchsätze begehrt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007, X ZB 6/05, BPatGE 49, 294 – Informationsübermittlungsverfahren II; Fortführung von BGH, Beschluss vom 26. September 1996, X ZB 18/95, BPatGE 37, 282 – Elektrisches Speicherheizgerät).

III.

1. Die Zulässigkeit der Anspruchsfassung nach 1. Hilfsantrag ist ebenso gegeben wie die nach obigen Ausführungen gegebene Zulässigkeit des Hauptantrags. Der Patentanspruch 1 nach 1. Hilfsantrag unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag einzig durch die Streichung der Mercaptosilan-Kupplungsmittel (1) und (4) und die Anpassung der mit den Patentansprüchen 2 und 3 getroffenen Auswahl.

2. In der Sache selbst hat der Senat von einer Entscheidung abgesehen, nachdem die Prüfungsstelle noch nicht über die Patentfähigkeit der mit 1. Hilfsantrag beanspruchten Erfindung entscheiden konnte. Eine sachgerechte Beurteilung kann nur auf Basis einer Recherche des relevanten Standes der Technik auf dem betreffenden technischen Fachgebiet erfolgen, zu dessen Ermittlung in erster Linie die Prüfungsstellen des Deutschen Patent- und Markenamts berufen sind. Ob die nicht unter die Patentansprüche der Stammanmeldung fallenden geblockten Mercaptosilane mit den Strukturen (2) bis (3) und (5) bis (6) detailliert recherchiert wurden, ist offen, denn dem nicht öffentlichen Recherchebericht (Zitierung von Druckschriften P 2400) ist nicht zu entnehmen, inwieweit in der als Recherchemittel angegebenen Datenbank CAS (registry) eine Strukturrecherche durchgeführt wurde.

Da vom Senat nicht ausgeschlossen werden kann, dass möglicherweise ein der Patenterteilung entgegenstehender Stand der Technik existiert, hat der Senat sein Ermessen dahingehend ausgeübt, dass die Teilanmeldung zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen wird (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG). Der Prüfungsstelle obliegt bei der erneuten Prüfung ebenso die Entscheidung darüber, ob die Teilanmeldung die sonstigen Erfordernisse des § 49 Abs. 1 PatG erfüllt.

IV.

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten – vorbehaltlich des Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Beschwer – das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen.

Feuerlein Egerer Paetzold Freudenreich prö

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