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V ZB 144/12

BUNDESGERICHTSHOF V ZB 144/12 BESCHLUSS vom 25. September 2014 in der Abschiebungshaftsache Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. September 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richter Dr. Czub, Dr. Roth und Dr. Kazele beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 25. Juni 2012 und der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth - 18. Zivilkammer - vom 5. Juli 2012 die Betroffene in ihren Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Betroffenen in allen Instanzen werden der Stadt Schweinfurt auferlegt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:

I.

Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht am 25. Juni 2012 die Verlängerung der zuvor gegen die Betroffene verhängten Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum 10. Juli 2012 angeordnet. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht am 5. Juli 2012 zurückgewiesen. Nachdem die Betroffene am 10. Juli 2012 nach Vietnam abgeschoben worden ist, will sie mit der Rechtsbeschwerde die Feststellung erreichen, dass die Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts sie in ihren Rechten verletzt haben. Der Senat hat mit Beschluss vom 11. Juli 2013 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob es mit Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 S. 98) vereinbar ist, einen Abschiebungshäftling gemeinsam mit Strafgefangenen unterzubringen, wenn er in diese gemeinsame Unterbringung einwilligt.

II.

Das Beschwerdegericht meint, Art. 16 der Richtlinie 2008/115/EG habe der Haftverlängerung nicht entgegengestanden, denn die Betroffene habe zum Ausdruck gebracht, dass sie auf eine Unterbringung getrennt von Strafgefangenen verzichte.

III.

Das zulässige Rechtsmittel hat Erfolg. Der Vollzug der Haft war rechtswidrig, weil die Betroffene nicht getrennt von Strafgefangenen untergebracht war.

1. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist die Unterbringung von Abschiebungshäftlingen in einer Justizvollzugsanstalt nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG in Deutschland unzulässig. Die in Art. 16 Abs. 1 Satz 2 dieser Richtlinie enthaltene Ausnahme ist nicht einschlägig, weil in mehreren deutschen Bundesländern spezielle Hafteinrichtungen für Abschiebungshäftlinge vorhanden sind (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - C-473/13 und C-514/13, InfAuslR 2014, 347). Im Hinblick auf das Gebot einer möglichst wirksamen Anwendung des Rechts der Europäischen Union muss der Haftrichter die Anordnung von Sicherungshaft ablehnen, wenn absehbar ist, dass der Betroffene rechtswidrig untergebracht werden wird (Senat, Vorlagebeschluss vom 11. Juli 2013 - V ZB 40/11, NVwZ 2014, 166 Rn. 11 und 20).

2. So lag es hier. Im Zeitpunkt des Erlasses des erst- und des zweitinstanzlichen Beschlusses war die Betroffene aufgrund der zuvor angeordneten Sicherungshaft in der Justizvollzugsanstalt Nürnberg zusammen mit Strafgefangenen untergebracht. Sowohl dem Amtsgericht als auch dem Landgericht musste bekannt sein, dass es seinerzeit im Freistaat Bayern keine gesonderte Einrichtung für Abschiebungshäftlinge gab. Aus diesem Grund hätte die Haft nur verlängert werden dürfen, wenn sichergestellt war, dass die Haft in einer speziellen Hafteinrichtung außerhalb Bayerns vollzogen werden würde.

3. Die Einwilligung der Betroffenen in die gemeinsame Unterbringung mit Strafgefangenen war unerheblich. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat auf den Vorlagebeschluss des Senats in dieser Sache entschieden, dass Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedsstaat auch dann nicht erlaubt, einen Drittstaatsangehörigen für die Zwecke der Abschiebung in einer gewöhnlichen Haftanstalt gemeinsam mit gewöhnlichen Strafgefangenen unterzubringen, wenn der Drittstaatsangehörige in diese Unterbringung einwilligt (Urteil vom 17. Juli 2014 - C-474/13, InfAuslR 2014, 348).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 Abs. 2, Art. 5 Abs. 2 EMRK analog. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.

Stresemann Roth Schmidt-Räntsch Kazele Czub Vorinstanzen: AG Nürnberg, Entscheidung vom 25.06.2012 - 58 XIV 22/12 LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 05.07.2012 - 18 T 4996/12 -

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