X ZR 92/22
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES X ZR 92/22 URTEIL in der Patentnichtigkeitssache Verkündet am: 24. September 2024 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Nachschlagewerk: BGHZ: BGHR: JNEU:
ja nein ja ja Planungseinrichtung PatG § 117; ZPO §§ 531, 530, 296 Ein in erster Instanz gestellter Hilfsantrag, über den das Patentgericht nicht entschieden hat, weil es das Streitpatent in einer anderen Fassung für rechtsbeständig erachtet hat, kann in der Berufungsinstanz nicht nach § 117 PatG i.V.m. § 531 ZPO oder §§ 530, 296 ZPO als verspätet zurückgewiesen werden. BGH, Urteil vom 24. September 2024 - X ZR 92/22 - Bundespatentgericht ECLI:DE:BGH:2024:240924UXZR92.22.0 Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2024 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bacher, den Richter Dr. Deichfuß und die Richterinnen Dr. Kober-Dehm, Dr. Marx und Dr. von Pückler für Recht erkannt:
Das europäische Patent 2 298 255 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland dadurch für teilweise nichtig erklärt, dass die Patentansprüche die nachfolgende Fassung erhalten:
1. Planungseinrichtung zum Bestimmen von Steuerdaten für eine Behandlungsvorrichtung (1) zur operativen Fehlsichtigkeitskorrektur eines eine Hornhaut (5) aufweisenden Auges (3) eines Patienten (4), wobei - die Planungseinrichtung (P) die Steuerdaten erzeugt für eine Behandlungsvorrichtung (1), die aufweist eine Lasereinrichtung (L), welche durch Einstrahlen gepulster Laserstrahlung (2) Hornhaut-Gewebe trennt, wobei die Laserstrahlung (2) auf in einem Muster in der Hornhaut (5) liegende Zielpunkte (28) fokussiert ist, - die Planungseinrichtung (P) eine Schnittstelle (S) zum Zuführen von Messdaten über Parameter des Auges (3) und Fehlsichtigkeitsdaten über die zu korrigierende Fehlsichtigkeit des Auges (3) aufweist, wobei die Fehlsichtigkeitsdaten die Brechkraft BBR einer für die Fehlsichtigkeitskorrektur tauglichen Brille (17), sowie den Abstand dHS umfassen, in dem die Brille (17) mit der Brechkraft BBR vor dem Hornhautscheitel liegen muss, um die gewünschte Fehlsichtigkeitskorrektur mittels der Brille (17) zu erreichen,
- die Planungseinrichtung (P) aus zugeführten Messund Fehlsichtigkeitsdaten ein Volumen (18) definiert, das innerhalb der Hornhaut (5) liegt und dessen Entfernung aus der Hornhaut (5) die gewünschte Fehlsichtigkeitskorrektur bewirkt,
- die Planungseinrichtung (P) eine Grenzfläche (19, 20) festlegt, die das definierte Volumen (18) innerhalb der Hornhaut (5) begrenzt, und
- die Planungseinrichtung (P) für die Grenzfläche (19, 20) einen Steuerdatensatz zur Ansteuerung der Lasereinrichtung (L) erzeugt, der in der Hornhaut (5) ein dreidimensionales Muster der Zielpunkte (28) festlegt, die in der Grenzfläche (19, 20) liegen und so angeordnet sind, dass die Grenzfläche (19, 20) nach Einstrahlung der gepulsten Laserstrahlung (2) gemäß dem Steuerdatensatz als Schnittfläche ausgebildet ist, die das definierte Volumen (18) in der Hornhaut (5) begrenzt und so entfernbar macht,
dadurch gekennzeichnet, dass - die Planungseinrichtung (P) eine zur Fehlsichtigkeitskorrektur nötige, neue Krümmung (RCV*) der Hornhaut (5) ermittelt und dabei folgende Gleichung verwendet: RCV* = 1 / ((1/RCV) + BBR / ((nc-1) (1 - dHS • BBR))) + F, wobei RCV der Krümmungsradius der Hornhaut (5) vor Entfernung des Volumens (18), nc die Brechkraft des Materials der Hornhaut (5) und F ein Faktor ist, - die Planungseinrichtung (P) die Grenzfläche aus einer anterioren Teilfläche (19) und einer posterioren Teilfläche (20) zusammensetzt, wobei die anteriore Teilfläche (19) in einem konstanten Abstand (dF) zu einer Vorderfläche (15) der Hornhaut (5) liegt und die posteriore Teilfläche (20) keinen konstanten Abstand zur Vorderfläche (15) hat und die posteriore Teilfläche (20) der ermittelten neuen Krümmung (RCV*) im konstanten Abstand (dF) folgt.
2. Planungseinrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Planungseinrichtung (P) zusätzlich zur anterioren Teilfläche (19) und der posterioren Teilfläche (20) eine Randfläche vorsieht, welche die anteriore Teilfläche (19) und die posteriore Teilfläche (20) verbindet.
3. Einrichtung nach einem der obigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine Datenverbindung oder ein Datenträger zum Übertragen des Steuerdatensatzes von der Planungseinrichtung (P) an die Lasereinrichtung (L) vorgesehen ist.
4. Einrichtung nach einem der obigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine Anzeigeeinrichtung zur visuellen Darstellung von Steuerdaten des Steuerdatensatzes und eine Eingabeeinrichtung zum nachträglichen Verändern des Steuerdatensatzes vorgesehen ist.
5. Einrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Planungseinrichtung (P) das Volumen (18) so definiert, dass die Hornhautvorderfläche (15*) des Auges (3) nach Entfernung des Volumens (18) den Krümmungsradius RCV* annimmt, und F = (1 - 1/nc) • (dC* - dC) gilt, wobei dC bzw. dC* die Dicke der Hornhaut (5, 5*) vor bzw. nach Entfernung des Volumens (18) bezeichnet und das Planungsmodul (P) den Radius RCV* iterativ berechnet, indem bei jedem Iterationsschritt aus der Differenz (RCV* - RCV) auf die Größe (dC* - dC) geschlossen wird und das entsprechende daraus erhaltene Ergebnis für die Dickenänderung bei der Berechnung von RCV* im nächsten Iterationsschritt angewendet wird.
6. Behandlungsvorrichtung zur operativen Fehlsichtigkeitskorrektur eines Auges (3) eines Patienten (4), die - eine Schnittstelle (S) zum Zuführen von Messdaten über Parameter des Auges (3) und Fehlsichtigkeitsdaten über die zu korrigierende Fehlsichtigkeit des Auges (3), - eine Lasereinrichtung (L), welche durch Einstrahlen gepulster Laserstrahlung (2) Hornhaut-Gewebe trennt, wobei die Laserstrahlung (2) auf in einem Muster in der Hornhaut (5) liegende Zielpunkte (28) fokussiert ist, und - eine Planungseinrichtung nach einem der obigen Ansprüche aufweist.
7. Vorrichtung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Lasereinrichtung (L) die fokussierte Laserstrahlung (2) entlang einer Bahn (24) über das Muster der Zielpunkte (28) verstellt und Pulse der gepulsten Laserstrahlung (2) in die Hornhaut (5) auch auf Punkte (6) abgibt, die auf der Bahn (24) zwischen den Zielpunkten (28) liegen.
8. Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Lasereinrichtung die Pulse der gepulsten Laserstrahlung (2) in die Hornhaut (5) mit einer Frequenz fP abgibt und dass der Steuerdatensatz das Muster der Zielpunkte (28) derart enthält, dass die Zielpunkte (28) mit einer Frequenz fS vorgegeben werden, die kleiner als die Frequenz fP ist.
9. Verfahren zur Vorbereitung von Steuerdaten für eine Behandlungsvorrichtung (1) zur operativen Fehlsichtigkeitskorrektur eines eine Hornhaut (5) mit einer Hornhautvorderfläche (15*) aufweisendes Auges eines Patienten, wobei die eine Behandlungsvorrichtung (1) eine Lasereinrichtung (L) aufweist, welche durch Einstrahlen gepulster Laserstrahlung (2) Hornhaut-Gewebe trennt, wobei die Lasereinrichtung (L) im Betrieb die Laserstrahlung (2) gemäß den Steuerdaten auf in einem Muster in der Hornhaut (5) liegende Zielpunkte (28) fokussiert, wobei folgende Schritte ausgeführt werden: - Ermitteln von Messdaten über Parameter des Auges (3) und Fehlsichtigkeitsdaten über die zu korrigierende Fehlsichtigkeit des Auges (3), wobei die Fehlsichtigkeitsdaten die Brechkraft BBR einer für die Fehlsichtigkeitskorrektur tauglichen Brille (17), sowie den Abstand dHS umfassen, in dem die Brille (17) mit der Brechkraft BBR vor dem Hornhautscheitel liegen muss, um die gewünschte Fehlsichtigkeitskorrektur mittels der Brille (17) zu erreichen, - Definieren eines Volumens (18) aus den Messdaten und den Fehlsichtigkeitsdaten, wobei das Volumen (18) innerhalb der Hornhaut (5) liegt und wobei die nach Betrieb der Behandlungsvorrichtung (1) vorgesehene Entfernung des Volumens (18) aus der Hornhaut (5) die gewünschte Fehlsichtigkeitskorrektur zur Folge hat, und - Festlegen einer Grenzfläche (19, 20), die das definierte Volumen (18) innerhalb der Hornhaut (5) begrenzt, wobei das Verfahren durch folgende Schritte gekennzeichnet ist:
- Festlegen eines dreidimensionalen Musters von Zielpunkten (28) in der Hornhaut (5), wobei die Zielpunkte (28) in der Grenzfläche (19, 20) liegen und so angeordnet sind, dass die Grenzfläche (19, 20) bei Einstrahlung der gepulsten Laserstrahlung (2) gemäß der Steuerdaten als Schnittfläche ausgebildet wird, die das definierte Volumen (18) in der Hornhaut (5) begrenzt und so entfernbar macht,
- Erzeugen eines Steuerdatensatzes enthaltend das dreidimensionale Muster zur Ansteuerung der Lasereinrichtung (2), wobei eine zur Fehlsichtigkeitskorrektur nötige, neue Krümmung (RCV*) der Hornhaut (5) ermittelt wird und dabei folgende Gleichung verwendet: RCV* = 1 / ((1/RCV) + BBR / ((nc-1) (1 - dHS • BBR))) + F, wobei RCV der Krümmungsradius der Hornhaut (5) vor Entfernung des Volumens (18), nc die Brechkraft des Materials der Hornhaut (5) und F ein Faktor ist und die Grenzfläche aus einer anterioren Teilfläche (19) und einer posterioren Teilfläche (20) zusammengesetzt wird, wobei die anteriore Teilfläche (19) in einem konstanten Abstand (dF) zu einer Vorderfläche der Hornhaut (5) liegt und die posteriore Teilfläche (20) keinen konstanten Abstand zur Vorderfläche (15) hat und die posteriore Teilfläche (20) der ermittelten neuen Krümmung (RCV*) im konstanten Abstand (dF) folgt.
10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Steuerdatensatz zur Behandlungsvorrichtung (1) übertragen wird und ein Betrieb der Lasereinrichtung (L) gesperrt wird, bis an der Lasereinrichtung (L) ein gültiger Steuerdatensatz vorliegt.
11. Verfahren nach einem der obigen Verfahrensansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Fehlsichtigkeitsdaten die Brechkraft BBR einer für die Fehlsichtigkeitskorrektur tauglichen Brille (17), sowie den Abstand dHS umfassen, in dem die Brille (17) mit der Brechkraft BBR vor dem Hornhautscheitel liegen muss, um die gewünschte Fehlsichtigkeitskorrektur mittels der Brille (17) zu erreichen.
12. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass das Volumen (18) so definiert wird, dass die Hornhautvorderfläche (15*) des Auges (3) nach Entfernung des Volumens (18) den Krümmungsradius RCV* annimmt, und F ein Faktor ist, wobei F = (1 - 1/nc) • (dC* - dC) gilt, wobei dC bzw. dC* die Dicke der Hornhaut (5, 5*) vor bzw. nach Entfernung des Volumens (18) bezeichnet und der Radius RCV* iterativ berechnet wird, indem bei jedem Iterationsschritt aus der Differenz (RCV* - RCV) auf die Größe (dC* - dC) geschlossen wird und das entsprechende daraus erhaltene Ergebnis für die Dickenänderung bei der Berechnung von RCV* im nächsten Iterationsschritt angewendet wird.
Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte drei Viertel und die Klägerin ein Viertel.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 2 298 255 (Streitpatents), das durch Teilung aus einer Stammanmeldung vom 12. November 2007 hervorgegangen ist, eine deutsche und eine US-amerikanische Priorität vom 10. November 2006 beansprucht und das Vorbereiten von Steuerdaten für eine operative Fehlsichtigkeitskorrektur betrifft.
Patentanspruch 1, auf den sechs Ansprüche zurückbezogen sind, lautet:
Planungseinrichtung zum Bestimmen von Steuerdaten für eine Behandlungsvorrichtung (1) zur operativen Fehlsichtigkeitskorrektur eines eine Hornhaut (5) aufweisenden Auges (3) eines Patienten (4), wobei - die Planungseinrichtung (P) die Steuerdaten erzeugt für eine Behandlungsvorrichtung (1), die aufweist eine Lasereinrichtung (L), welche durch Einstrahlen gepulster Laserstrahlung (2) Hornhaut-Gewebe trennt, wobei die Laserstrahlung (2) auf in einem Muster in der Hornhaut (5) liegende Zielpunkte (28) fokussiert ist, - die Planungseinrichtung (P) eine Schnittstelle (S) zum Zuführen von Messdaten über Parameter des Auges (3) und Fehlsichtigkeitsdaten über die zu korrigierenden (sic!) Fehlsichtigkeit des Auges (3) aufweist, - die Planungseinrichtung (P) aus zugeführten Mess- und Fehlsichtigkeitsdaten ein Volumen (18) definiert, das innerhalb der Hornhaut (5) liegt und dessen Entfernung aus der Hornhaut (5) die gewünschte Fehlsichtigkeitskorrektur bewirkt, - die Planungseinrichtung (P) eine Grenzfläche (19, 20) festlegt, die das definierte Volumen (18) innerhalb der Hornhaut (5) begrenzt, und - die Planungseinrichtung (P) für die Grenzfläche (19, 20) einen Steuerdatensatz zur Ansteuerung der Lasereinrichtung (L) erzeugt, der in der Hornhaut (5) ein dreidimensionales Muster der Zielpunkte (28) festlegt, die in der Grenzfläche (19, 20) liegen und so angeordnet sind, dass die Grenzfläche (19, 20) nach Einstrahlung der gepulsten Laserstrahlung (2) gemäß dem Steuerdatensatz als Schnittfläche ausgebildet ist, die das definierte Volumen (18) in der Hornhaut (5) begrenzt und so entfernbar macht, dadurch gekennzeichnet, dass - die Planungseinrichtung (P) die Grenzfläche aus einer anterioren Teilfläche (19) und einer posterioren Teilfläche (20) zusammensetzt, wobei eine der Teilflächen (19) in einem konstanten Abstand (dF) zu einer Vorderfläche (15) der Hornhaut (5) liegt und die andere der Teilflächen (20) keinen konstanten Abstand zur Vorderfläche (15) hat.
Patentanspruch 8, auf den zwei Ansprüche zurückbezogen sind, schützt sinngemäß eine Behandlungsvorrichtung, die eine solche Planungseinrichtung aufweist.
Patentanspruch 11, auf den drei Ansprüche zurückbezogen sind, schützt ein Verfahren zur Vorbereitung von Steuerdaten mit entsprechenden Merkmalen wie Patentanspruch 1.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Erfindung sei nicht so offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne, und der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und mit vier Hilfsanträgen in geänderter Fassung verteidigt.
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit es über die Fassung nach dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 3 hinausgeht, und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung strebt die Klägerin weiterhin die vollständige Nichtigerklärung des Streitpatents an. Die Beklagte begehrt im Wege der Anschlussberufung die vollständige Abweisung der Klage. Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent in der Fassung des angefochtenen Urteils und mit ihren erstinstanzlichen Hilfsanträgen 1, 2 und 4.
Entscheidungsgründe:
Beide Rechtsbehelfe sind zulässig. Das Rechtsmittel der Klägerin ist teilweise begründet und führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents, soweit dieses über die mit Hilfsantrag 4 verteidigte Fassung hinausgeht.
I. Das Streitpatent betrifft die Bestimmung von Steuerdaten für eine operative Fehlsichtigkeitskorrektur.
1. Nach der Beschreibung des Streitpatents erfuhr die refraktive Chirurgie im Stand der Technik zunehmend Verbreitung als Alternative zur Brille.
Am weitesten verbreitet sei die Laser-Insitu-Keratomileusis (LASIK). Dabei werde eine Hornhautlamelle einseitig gelöst und zur Seite geklappt. Das Lösen der Lamelle könne mittels eines mechanischen Mikrokeratoms oder mittels eines Laserkeratoms erfolgen (Abs. 4). Von dem freigelegten Hornhautgewebe werde mit einem Ablationslaser ein gewünschtes Volumen abgetragen.
Der Materialabtrag werde durch ein sogenanntes shot file eingestellt, das die Anzahl der Laserstrahlungspulse und deren Koordinaten festlege. Das shot file werde in den Geräten nach vorheriger Vermessung des Auges erzeugt. Für Geräte und Verfahren, bei denen ein Volumen in der Hornhaut isoliert werde, sei ein solches shot file wegen des abweichenden Arbeitsprinzips nicht brauchbar (Abs. 10).
2. Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, ein Verfahren zur Festlegung von Steuerdaten bereitzustellen, das auch für die Isolation eines Volumens in der Hornhaut geeignet ist.
3. Zur Lösung schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 eine Planungseinrichtung vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:
Die Planungseinrichtung dient der Bestimmung von Steuerdaten für eine Behandlungsvorrichtung (1) zur operativen Fehlsichtigkeitskorrektur eines eine Hornhaut (5) aufweisenden Auges (3) eines Patienten (4); erzeugt Steuerdaten für eine Behandlungsvorrichtung (1), die eine Lasereinrichtung (L) aufweist, welche durch Einstrahlen gepulster Laserstrahlung (2) Hornhaut-Gewebe trennt, wobei die Laserstrahlung (2) auf in einem Muster in der Hornhaut (5) liegende Zielpunkte (28) fokussiert ist; weist eine Schnittstelle (S) zum Zuführen von Messdaten über Parameter des Auges (3) und Fehlsichtigkeitsdaten über die zu korrigierende Fehlsichtigkeit des Auges (3) auf; definiert aus zugeführten Mess- und Fehlsichtigkeitsdaten ein Volumen (18), das innerhalb der Hornhaut (5) liegt und dessen Entfernung aus der Hornhaut (5) die gewünschte Fehlsichtigkeitskorrektur bewirkt; legt eine Grenzfläche (19, 20) fest, die das definierte Volumen (18) innerhalb der Hornhaut (5) begrenzt; erzeugt für die Grenzfläche (19, 20) einen Steuerdatensatz zur Ansteuerung der Lasereinrichtung (L), der in der Hornhaut (5) ein dreidimensionales Muster der Zielpunkte (28) festlegt, die in der Grenzfläche (19, 20) liegen und so angeordnet sind, dass die Grenzfläche (19, 20) nach Einstrahlung der gepulsten Laserstrahlung (2) gemäß dem Steuerdatensatz als Schnittfläche ausgebildet ist, die das definierte Volumen (18) in der Hornhaut (5) begrenzt und so entfernbar macht; setzt die Grenzfläche aus einer anterioren Teilfläche (19) und einer posterioren Teilfläche (20) zusammen, wobei eine der Teilflächen (19) in einem konstanten Abstand (dF) zu einer Vorderfläche (15) der Hornhaut (5) liegt und die andere der Teilflächen (20) keinen konstanten Abstand zur Vorderfläche (15) hat.
4. Die Patentansprüche 8 und 11 werden durch korrespondierende Merkmale geprägt und unterliegen deshalb - wie hinsichtlich einzelner Gesichtspunkte nachfolgend noch näher auszuführen sein wird - derselben Beurteilung wie Patentanspruch 1.
5. Einige Merkmale bedürfen der näheren Erläuterung.
a) Eine Planungseinrichtung im Sinne von Patentanspruch 1 kann nach der Beschreibung des Streitpatents zum Beispiel aus einem Computer bestehen (Abs. 18).
Die Planungseinrichtung erstellt nach Maßgabe der Merkmale 4 bis 7 Steuerdaten, mit deren Hilfe eine Behandlungsvorrichtung der in Merkmal 2 spezifizierten Art die angestrebten Änderungen an der Hornhaut vornehmen kann. Gemäß Merkmal 3 kann sie hierzu über eine Schnittstelle Messdaten über Parameter des Auges und Daten über die zu korrigierende Fehlsichtigkeit entgegennehmen.
b) Um die angestrebte Korrektur zu bewirken, wird ein innerhalb der Hornhaut liegendes Volumen festgelegt, das es zu entfernen gilt.
Gemäß Merkmal 4 definiert die Planungseinrichtung dieses Volumen anhand der zugeführten Daten.
Gemäß Merkmal 5 legt sie hierzu eine Grenzfläche fest, die das Volumen begrenzt.
Für diese Grenzfläche erzeugt die Planungseinrichtung gemäß Merkmal 6 einen Datensatz zum Ansteuern der Lasereinrichtung. Dieser Datensatz legt ein dreidimensionales Muster von Zielpunkten fest, die in der Grenzfläche liegen und so angeordnet sind, dass die Grenzfläche nach Einstrahlung der gepulsten Laserstrahlung als Schnittfläche ausgebildet ist, so dass das definierte Volumen entfernt werden kann.
c) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist damit nicht festgelegt, dass die gesamte Grenzfläche mittels gepulster Laserstrahlung innerhalb der Hornhaut ausgebildet werden muss und dass das isolierte Volumen über eine Öffnung der Hornhaut entfernt wird.
Diese Vorgehensweise wird in der Beschreibung des Streitpatents zwar als bevorzugt bezeichnet (Abs. 83). Als alternative und vereinfachte Ausführungsform wird aber aufgezeigt, mittels gepulster Laserstrahlung lediglich eine als Flap-Fläche bezeichnete gekrümmte Schnittfläche mit konstantem Abstand zur Vorderfläche der Hornhaut zu bilden und das Volumen durch Laserablation zu entfernen (Abs. 84). Auch diese vereinfachte Ausführungsform verwirklicht alle Merkmale von Patentanspruch 1.
aa) Merkmal 6 bezieht sich zwar darauf, dass die gesamte Grenzfläche mittels der gepulsten Laserstrahlung als Schnittfläche ausgebildet ist. Diese Anforderung betrifft aber nicht das Verfahren, das zur Begrenzung und Entfernung des Volumens eingesetzt wird, sondern nur den Datensatz zur Ansteuerung der Lasereinrichtung.
Aus Merkmal 6 ergibt sich deshalb nur, dass der von der Planungseinrichtung erzeugte Datensatz geeignet sein muss, die Lasereinrichtung so anzusteuern, dass das festgelegte Volumen in der als bevorzugt bezeichneten Art und Weise isoliert und entfernt werden kann.
Merkmal 6 legt hingegen nicht fest, dass der Datensatz zu diesem Zweck eingesetzt wird. Damit bleibt die Möglichkeit offen, einen dieser Anforderung entsprechenden Datensatz für die als vereinfacht bezeichnete Vorgehensweise (vgl. Abs. 84) heranzuziehen.
bb) Patentanspruch 11 sieht Verfahrensschritte vor, die den Merkmalen 4 bis 6 entsprechen, gibt aber ebenfalls nicht zwingend vor, dass die so erstellten Steuerdaten dazu genutzt werden, das Volumen in der als bevorzugt bezeichneten Art zu isolieren und zu entfernen.
cc) In Einklang damit sieht Patentanspruch 8 lediglich vor, dass die Lasereinrichtung Hornhautgewebe trennt, indem sie gepulste Laserstrahlung einstrahlt und auf in einem Muster liegende Zielpunkte fokussiert, nicht aber, dass auf diese Weise die gesamte Grenzfläche ausgebildet wird.
d) Merkmal 7 definiert nähere Anforderungen an den anterioren (d. h. der Vorderseite des Auges zugewandten) und den posterioren (d. h. der Rückseite des Auges zugewandten) Teil der Grenzfläche.
Danach muss eine dieser Teilflächen einen konstanten Abstand zu einer Vorderfläche der Hornhaut haben, während die andere Teilfläche diese Eigenschaft nicht aufweisen darf.
Nach der Beschreibung wird die Erzeugung des Steuerdatensatzes durch die Aufteilung in zwei Teilflächen vereinfacht (Abs. 30 Z. 24-26).
Eine Ausgestaltung der beiden Teilflächen gemäß Merkmal 7 ist beispielhaft in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 5, 6 und 7 dargestellt.
Die anteriore Schnittfläche (19) verläuft mit dem konstanten Abstand dF parallel zur Hornhautvorderfläche (15). Letztere weist den Krümmungsradius RCV auf. Die posteriore Schnittfläche (20) verläuft ebenfalls gekrümmt, weist aber keinen konstanten Abstand zur Hornhautvorderfläche (15) auf (Abs. 72-74).
Nach Entfernung des Volumens (18) weist die Hornhautvorderfläche (15*) den Radius RCV* auf. Dieser wird bestimmt durch den ursprünglichen Radius RCV und die Dicke dL des entnommenen Volumens (18) (Abs. 75).
e) Patentanspruch 1 legt nicht fest, nach welchen Kriterien das zu entfernende Volumen in Abhängigkeit von einem festgestellten Korrekturbedarf bestimmt wird und auf welche Weise Steuerdaten zur Entfernung eines Volumens mit den in den Merkmalen 4 bis 7 spezifizierten Eigenschaften berechnet werden.
Die Beschreibung gibt für einzelne Rechenschritte Formeln an (z. B. Abs. 32 f., Abs. 64 ff.). Damit sind jedoch nur Ausführungsbeispiele aufgezeigt. In Patentanspruch 1 haben diese Ausgestaltungen keinen Niederschlag gefunden.
f) Patentanspruch 1 legt auch nicht fest, wie die von der Planungseinrichtung festgelegten Steuerdaten eingesetzt werden.
Insbesondere ist nicht festgelegt, ob die Steuerdaten von der Planungseinrichtung selbst oder von einem anderen Gerät verwendet werden, um die Behandlung zu steuern, und wie die Daten gegebenenfalls auf ein anderes Gerät übertragen werden.
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Gegenstand des Streitpatents beruhe ausgehend von der US-amerikanischen Patentanmeldung 2004/0243112 (D4) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der in D4 enthaltenen Figur 10 entnehme der Fachmann, ein Physiker oder Ingenieur mit Hochschulabschluss und mehrjähriger Erfahrung in der computergestützten Steuerung von Lasern und der Entwicklung lasergestützter augenchirurgischer Behandlungssysteme, der bezüglich medizinischer Fragestellungen mit einem Arzt zusammenarbeite, dass die posteriore Teilfläche keinen konstanten Abstand zur Vorderfläche habe. Der Abstand der anterioren Teilfläche zur Vorderfläche der Hornhaut sei zwar nur schematisch angedeutet. Die zugehörige Beschreibung weise jedoch darauf hin, dass die anteriore Teilfläche möglichst parallel zu der Oberfläche der Hornhaut zu formen bzw. zu schneiden sei. Davon ausgehend liege es nahe, dass die Planungseinrichtung die Grenzfläche so gestalte, dass die anteriore Fläche einen konstanten Abstand zur Vorderfläche der Hornhaut habe, während die andere Teilfläche keinen solchen konstanten Abstand einhalte.
Die mit den erstinstanzlichen Hilfsanträgen 1 und 2 verteidigten Gegenstände seien ebenfalls durch D4 nahegelegt.
Der mit dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 3 verteidigte Gegenstand sei hingegen rechtsbeständig. D4 sei nicht zu entnehmen, dass die Planungseinrichtung eine zur Fehlsichtigkeitskorrektur nötige neue Krümmung der Hornhaut ermittle, der die posteriore Teilfläche in konstantem Abstand folge. Diese Lehre werde auch nicht in der nur hinsichtlich der Neuheit relevanten internationalen Anmeldung 2007/109399 (D1), in dem US-amerikanischen Patent 5 984 916 (D2) oder in der internationalen Anmeldung 2004/026198 (D3) offenbart. Sie sei auch nicht ausgehend von D4 in Verbindung mit einer der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen nahegelegt.
III. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Anschlussberufung stand.
Das Patentgericht hat zu Recht entschieden, dass der Gegenstand der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 ausgehend von D4 nahelag.
1. D4 offenbart die Merkmale 1 bis 6.
a) D4 betrifft eine Vorrichtung für ophthalmologische chirurgische Verfahren unter Verwendung eines Femtosekunden-Faserlasers (Abs. 2).
aa) In der Beschreibung von D4 wird ausgeführt, bei herkömmlichen LASIK-Verfahren werde ein mechanisches Messer, ein sogenanntes Keratom, verwendet, um einen Flap zu erzeugen. Dieses Verfahren könne die Hornhaut und das Stromagewebe beschädigen (Abs. 4).
Nach dem Zurückklappen des Flap werde das Stroma in der Regel durch Photoablation mittels eines Hochleistungs-Ultraviolett-Excimerlasers neu geformt und gestaltet. Ein solches Verfahren sei aufgrund der Größe der erzeugten Spots, möglicher Erhitzung und akustischer Stoßwellen relativ grob (Abs. 5).
Herkömmliche Femtosekunden-Lasergeräte für die Augenchirurgie benötigten relativ viel Zeit, um die Schnitte zu formen. Während dieser Zeiträume müsse das Auge in einer festen Position gehalten werden, damit die Schnitte zusammenhängend seien und die vordefinierte Form erhielten. Vor diesem Hintergrund bestehe ein Bedürfnis nach einer verbesserten Apparatur (Abs. 8, 9).
bb) Zur Verbesserung schlägt D4 einen Femtosekunden-Laser mit hoher Wiederholungsrate vor, der mit einem Hochgeschwindigkeitsscanner gekoppelt ist. Dies führe zu einer feineren Granularität bei der Bildung von Schnitten im Stroma des Auges und einer wesentlich kürzeren Dauer des chirurgischen Eingriffs. Dadurch werde die Gefahr verringert, dass sich das Auge während der Operation bewegt (Abs. 10).
Die Komponenten eines Ausführungsbeispiels sind in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 1 schematisch dargestellt.
Die Vorrichtung (100) umfasst ein Lasersystem (110) und ein Scannersystem (130). Das Lasersystem (110) erzeugt Laserimpulse mit einer hohen Wiederholungsrate (Abs. 34 Z. 1-8). Ein abtastender gepulster Laserstrahl (129) wird auf ein Auge (99) eines Patienten gerichtet (Abs. 35 Z. 1-3).
(1) Die eingesetzten Femtosekunden-Laserpulse ermöglichen eine drastische Verkleinerung des LIOB-Spots (laser-induced optical breakdown), wodurch eine glattere Form erzielt werden kann. Dadurch wird Gewebe im Fokusvolumen zerstört, wodurch eine sehr kleine Kavitationsblase entsteht. Eine große Anzahl solcher Punkte nebeneinander kann eine recht präzise ebene oder gekrümmte Oberfläche bilden. Durch eng beieinander liegende LIOB-Spots kann das herkömmliche Keratom-Messer ersetzt werden, um einen Schnitt zu erzeugen (Abs. 30).
Das Scannersystem (130) kann einen optischen Eingangspfad (131) (z. B. eine optische Faser) und einen zwei- oder dimensionalen Scanner (132) umfassen, der von einem Computer (135) gesteuert wird, um ein 3D-Scanmuster (128) zu erzeugen, das das gewünschte Muster von Spots erzeugt (Abs. 51 Fig. 1).
Das Scannersystem (130) kann auch ein System zur Messung von Betrag, Art und räumlicher Verteilung der erforderlichen Brechungskorrektur umfassen. Der Computer (135) steuert dann den Scanner (132), um die Schnitte zu erstellen, mit denen die aus der Messung abgeleitete erforderliche Korrektur erreicht wird (Abs. 53).
(2) Die Korrektur von Myopie, Hyperopie oder Astigmatismus kann durch die Entfernung eines vorbestimmten Volumens von Stromagewebe erfolgen.
Zur Korrektur der Myopie wird ein linsenförmiges (lentoid) Volumen entfernt. Ein solches Volumen (80) ist in der Figur 1 und in der nachfolgend wiedergegebenen Figur (10) im Querschnitt dargestellt.
Das linsenförmige Volumen (80) wird durch eine anteriore Fläche (88) und eine posteriore Fläche (87) definiert. Zusammen umschließen beide Flächen das linsenförmige Volumen (80) des zu entfernenden Stromagewebes vollständig und trennen es vom übrigen Stroma. Um die Linsenform des Volumens (80) für die Myopiekorrektur zu erhalten, kann die anteriore Fläche (88) konvex und die posteriore Fläche (87) plan, konvex oder konkav geformt sein (Abs. 37).
Figur 10 zeigt darüber hinaus eine Vorrichtung (1000), die der Augenstabilisierung und zugleich als optische Schnittstelle dient. Hierzu wird ein Saugring (1016) am Ende einer Halterung (1014) auf die Sklera (92, weiße Augenhaut) aufgesetzt. Durch eine Schlauchleitung (1015) wird ein geringer Unterdruck in einer Kammer (1017) erzeugt, um das Auge (99) in einer festen Position zu halten. Ein Aktuator (1012) bewegt eine Einweg-Kontaktlinse (1010) in Kontakt mit der vorderen Oberfläche der Hornhaut (98).
Der Brechungsindex der Kontaktlinse (1010) kann an den Brechungsindex der Hornhaut (98) angepasst werden, so dass nur die vordere Oberfläche (1011) der Linse (1010) die Richtung oder den Fokus des Strahls (129) ändert. Auf diese Weise kann der Computer (135) den Scanner (132) in einer Weise steuern, die leichter zu berechnen ist, da nur die Form der vorderen Oberfläche (1011) der Kontaktlinse (1010) die Lichtrichtung ändert.
In einigen Ausführungsformen wird die Refraktion des Auges sowohl vor als auch nach dem Einsetzen der Kontaktlinse (1010) überprüft. Hierzu wird das Licht auf verschiedene Stellen der gesamten Netzhaut fokussiert, um den Umfang und die Art der erforderlichen Korrektur zu ermitteln und somit die Größe und Form des auszuschneidenden Lentikels (80) zu berechnen.
Nach Abschluss der Schnitte kann das Lentikel (80) mechanisch durch einen Zugangsschlitz (89) entfernt werden (Abs. 66).
(3) Bei einigen Ausführungsformen kann eine Hornhaut-Applanationsvorrichtung eingesetzt werden, wie sie in dem US-Patent 6 254 595 dargestellt ist.
Dabei wird die vordere Oberfläche der Hornhaut zumindest für einen Teil des chirurgischen Eingriffs applaniert (abgeflacht), um Abbildungsfehler des fokussierten Laserspots zu reduzieren. Zudem kann so die anteriore Fläche (88) parallel zur flachen Kontaktfläche der Abflachungslinse (aplanation lense) geschnitten werden. Die Hornhaut und die anteriore Fläche (88) nehmen wieder eine gekrümmte Form an, wenn die Abflachungslinse entfernt wird.
Dies ist nützlich, um einen Flap für LASIK-Verfahren zu erstellen, erfordert aber eine maßgefertigte gekrümmte Kontaktlinse (Abs. 38).
In der in Figur 10 dargestellten Ausführungsform wird eine gekrümmte Kontaktlinse (1010) verwendet, um den Druck auf die Hornhaut zu verringern. Die Scanneroptik korrigiert die kombinierten optischen Effekte von Kontaktlinse
(1010) und Hornhaut (98), um Abbildungsfehler zu verringern oder zu beseitigen. Außerdem können dreidimensionale Formen geschnitten werden, was eine wesentlich bessere Korrektur des Astigmatismus und eine bessere Form der Hornhautoberfläche des Endergebnisses ermöglicht (Abs. 39).
b) Damit offenbart D4 die Merkmale 1, 2, 4, 5 und 6.
aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten offenbart D4 nicht nur eine Vorrichtung zur Steuerung des Lasers, sondern auch eine Einrichtung zur Bestimmung von Steuerdaten.
Wie auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht, erfordert die Steuerung des Lasers mittels eines Computers den Einsatz von zuvor erstellten Steuerdaten. Angesichts dessen hat das Patentgericht zu Recht entschieden, dass D4 eine Einrichtung zur Bestimmung solcher Daten zumindest konkludent mit offenbart.
In diesem Zusammenhang bedarf es keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob der in D4 zur Steuerung eingesetzte Computer die von ihm eingesetzten Steuerdaten selbst erstellt. Wie bereits oben dargelegt wurde, gibt Patentanspruch 1 nicht vor, dass die Erstellung und die Anwendung der Steuerdaten durch dieselbe Einrichtung erfolgen. Die eingangs genannten Merkmale sind mithin auch dann in D4 offenbart, wenn die Steuerdaten durch eine andere Einrichtung erzeugt und an den zur Steuerung des Lasers eingesetzten Computer übertragen werden.
bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten offenbart D4 die Definition des zu entfernenden Volumens und die Festlegung von Grenzflächen, die dieses Volumen begrenzen, wie dies in den Merkmalen 4 bis 6 vorgesehen ist.
Wie bereits oben dargelegt wurde, offenbart D4, dass ein linsenförmiges Volumen (80) durch eine anteriore Fläche (88) und eine posteriore Fläche (87) definiert wird (Abs. 37). Dies entspricht den Vorgaben der Merkmale 4 und 5.
Dass die so erzeugten Steuerdaten geeignet sind, das zu entfernende Volumen innerhalb der Hornhaut durch gepulste Laserstrahlung zu isolieren, ergibt sich aus den ebenfalls bereits erwähnten Ausführungen in D4, wonach das Lentikel (80) nach Abschluss der Schnitte mechanisch durch einen Zugangsschlitz (89) entfernt werden kann (Abs. 66). Dass D4 - ebenso wie das Streitpatent - als Alternative eine Laserablation aufzeigt, ist vor diesem Hintergrund unerheblich. Ausschlaggebend ist, dass die in D4 offenbarte Vorrichtung - und damit die darin eingesetzten Steuerdaten - auch zur Entfernung in der zuerst genannten Art und Weise geeignet sind.
c) Ebenfalls zu Recht hat das Patentgericht angenommen, dass Merkmal 3 offenbart ist.
aa) Wie auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht, ist zur Erstellung von Steuerdaten anhand des erforderlichen Korrekturbedarfs zwingend eine Schnittstelle erforderlich, mit der die erhobenen Daten der für die Festlegung der Steuerdaten eingesetzten Einrichtung zugeführt werden können.
bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten offenbart D4 nicht nur das Einlesen von Fehlsichtigkeitsdaten, sondern auch das Einlesen von Messdaten zu Parametern des Auges.
Wie die Klägerin zu Recht geltend macht, offenbart D4, dass der Brechungsindex der als Hilfsmittel eingesetzten Kontaktlinse dem Brechungsindex der Hornhaut angepasst ist und dass dies die Steuerung erleichtert (Abs. 66). Daraus ergibt sich, dass der Brechungsindex des Auges ermittelt wird und der ermittelte Wert auch zur Festlegung der Steuerdaten eingesetzt wird.
2. Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Ausgestaltung der anterioren und der posterioren Teilfläche entsprechend den Vorgaben von Merkmal 7 ausgehend von D4 jedenfalls nahegelegt.
a) Wie das Patentgericht zu Recht ausgeführt hat, lässt Figur 10 eindeutig und unmittelbar erkennen, dass die posteriore Grenzfläche nicht parallel zur Vorderfläche der Hornhaut verläuft.
Dieses Verständnis wird bestätigt durch die bereits erwähnten Ausführungen in der Beschreibung, wonach die posteriore Fläche (87) plan, konvex oder konkav geformt sein kann (Abs. 37).
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist in diesem Zusammenhang unerheblich, dass D4 keine bestimmte Form für die posteriore Grenzfläche vorgibt. Ausreichend ist, dass diese Fläche in Figur 10 nicht parallel zur Vorderfläche der Hornhaut verläuft. Weitergehende Anforderungen ergeben sich aus Merkmal 7 insoweit nicht.
b) Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass ein zur Vorderfläche der Hornhaut paralleler Verlauf der anterioren Grenzfläche durch die Beschreibung von D4 und die damit in Einklang stehende Darstellung in Figur 10 jedenfalls nahegelegt ist.
Wie das Patentgericht zutreffend dargelegt hat, spricht schon die Darstellung in Figur 10 dafür, die anteriore Grenzfläche parallel zur Vorderfläche der Hornhaut auszurichten.
Wie die Beklagte im Ansatz zu Recht geltend macht, enthält Figur 10 allerdings erkennbar keine maßstabsgerechte Zeichnung. Deshalb lässt sich die Frage, ob bestimmte Linien parallel verlaufen, allein anhand der Zeichnung nicht eindeutig beantworten.
Zu Recht hat das Patentgericht aus den Ausführungen zum Einsatz einer Abflachungslinse jedoch die Schlussfolgerung gezogen, dass D4 einen parallelen Verlauf der anterioren Grenzfläche und der Vorderseite der Hornhaut zumindest nahelegt.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es bei einem parallelen Schnitt unter Einsatz einer Abflachungslinse auch nach deren Entfernen zu einem parallelen Verlauf der beiden Flächen kommt oder ob die in dem Artikel von Mehta et al. (New Lenticule Extraction Platforms, in: Cataract and Refractive Surgery Today Europe, February 2021, S. 40 f.; BB2) beschriebenen Effekte zu einer nicht parallelen Ausrichtung führen. Selbst wenn letzteres zu bejahen wäre, ist den in D4 enthaltenen Erläuterungen zu dieser Ausführungsform zu entnehmen, dass ein paralleler Schnitt als vorzugswürdig eingeschätzt wird.
Als besonderen Vorteil einer Abflachungslinse hebt D4 nicht die Möglichkeit eines zur Vorderfläche der Hornhaut parallelen Schnitts hervor, sondern den Umstand, dass aufgrund der Abflachung ein gerade verlaufender Schnitt möglich ist. Vor dem Hintergrund der Darstellung in Figur 10 impliziert dies, dass ein parallel verlaufender Schnitt auch dann von Vorteil ist, wenn eine gekrümmte Kontaktlinse eingesetzt wird.
3. Hinsichtlich des Gegenstands von Patenanspruch 11 gilt insoweit nichts anderes.
Wie die Beklagte im Ansatz zu Recht geltend macht, offenbart D4 zwar nicht ausdrücklich ein Verfahren zur Festlegung von Steuerdaten. Aus dem bereits erwähnten Umstand, dass solche Steuerdaten erforderlich sind, ergibt sich aber nicht nur, dass sie festgelegt werden müssen, sondern auch, dass hierzu ein Verfahren erforderlich ist.
Die Verfahrensschritte, die Patentanspruch 11 vorsieht, werden durch die Eigenschaften des Volumens (8) und der Grenzflächen (19, 20) definiert. Diese Vorgaben sind aus den oben dargelegten Gründen in D4 offenbart. Folglich offenbart D4 implizit auch ein Verfahren zum Festlegen von Steuerdaten, die diesen Vorgaben Rechnung tragen.
Dass Einzelheiten dieses Verfahrens in D4 nicht beschrieben sind, ist unerheblich, weil Patentanspruch 1 insoweit keine Vorgaben enthält.
IV. Den Angriffen der Berufung hält die angefochtene Entscheidung hingegen in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
1. In der Fassung, die Patentanspruch 1 nach dem angefochtenen Urteil erhalten soll, soll Merkmal 7 wie folgt modifiziert werden:
[Die Planungseinrichtung] 7a ermittelt eine zur Fehlsichtigkeitskorrektur nötige, neue Krümmung (RCV*) der Hornhaut (5) und 7b setzt die Grenzfläche aus einer anterioren Teilfläche (19) und einer posterioren Teilfläche (20) zusammen, wobei eine der die anteriore Teilflächen (19) in einem konstanten Abstand (dF) zu einer Vorderfläche (15) der Hornhaut (5) liegt und die andere der posteriore Teilflächen (20) keinen konstanten Abstand zur Vorderfläche (15) hat und die posteriore Teilfläche (20) der ermittelten neuen Krümmung (RCV*) im konstanten Abstand (dF) folgt.
2. Gegenüber dem in der erteilten Fassung vorgesehenen Merkmal 7 ergeben sich dadurch folgende Änderungen:
a) Anders als die erteilte Fassung gibt Merkmal 7b zwingend vor, dass es die anteriore Teilfläche ist, die parallel zur Vorderfläche der Hornhaut verläuft.
b) Für die posteriore Teilfläche, die aufgrund dieser Festlegung im Ausgangszustand nicht parallel zur Vorderfläche der Hornhaut verlaufen darf, sieht Merkmal 7b ergänzend vor, dass sie der neuen Krümmung der Hornhaut in konstantem Abstand folgt.
Eine solche Ausgestaltung ist in den bereits oben wiedergegebenen Figuren 5 und 6 dargestellt. In dem in Figur 5 dargestellten Ausgangszustand verläuft nur die anteriore Teilfläche (19) parallel zur Vorderseite der Hornhaut. Nach Entfernung des Volumens (20) liegt die anteriore Teilfläche (19) an der posterioren Teilfläche (20) an. Da die anteriore Teilfläche in konstantem Abstand zur Vorderseite (15) der Hornhaut verläuft, trifft dies nunmehr auch auf die posteriore Teilfläche zu.
c) Das ausschlaggebende Kriterium für die Bestimmung des zu entfernenden Volumens (18) bildet gemäß Merkmal 7a die neue Krümmung RCV*, die die Hornhaut (5) nach der Entfernung des Volumens aufweisen soll.
Wie die oben wiedergegebene Figur 6 verdeutlicht, setzt sich der Radius dieser Krümmung zusammen aus dem mit RL bezeichneten Radius der posterioren Teilfläche (20) und dem mit dF bezeichneten Abstand zwischen der anterioren Teilfläche (19) und der Vorderseite (15) der Hornhaut.
d) Auf welche Weise die angestrebte Krümmung RCV* bestimmt wird, lässt Patentanspruch 1 auch in der Fassung nach dem angefochtenen Urteil offen.
Eine Bestimmung des angestrebten Krümmungsradius RCV* mittels der in der Beschreibung (Abs. 32 und 65) angegebenen Formel, in die der vorhandene Krümmungsradius RCV, die Brechkraft BBR einer zur Korrektur der Fehlsichtigkeit geeigneten Brille, die Brechkraft nc des Materials der Hornhaut, der Abstand dHS zwischen Brille und Hornhautscheitel und optional ein "Faktor" F einfließen, ist in Patentanspruch 1 nicht zwingend vorgegeben.
e) Zur Verwirklichung von Merkmal 7a ist nicht zwingend erforderlich, dass eine angestrebte Krümmung RCV* als Ausgangspunkt der Berechnung herangezogen wird und daraus Größe und Form des zu entfernenden Volumens abgeleitet werden.
Vielmehr kann die Krümmung RCV* auch dadurch festgelegt werden, dass das zu entfernende Volumen auf anderem Wege bestimmt wird und zusätzlich die in Merkmal 7b vorgesehenen Vorgaben eingehalten werden, so dass sich der neue Krümmungsradius RCV* in der oben beschriebenen Weise als Summe des Radius RL und des Abstands dF ergibt.
Merkmal 7a sieht zwar vor, dass die neue Krümmung RCV* "ermittelt" wird. Diese Ermittlung muss aber nicht mittels der in der Beschreibung angegebenen Formel erfolgen. Auf welche Weise die neue Krümmung ermittelt wird, bleibt mithin dem Fachmann überlassen. Angesichts dessen kann Merkmal 7a nicht entnommen werden, dass der Krümmungsradius RCV* zwingend den Ausgangspunkt der Ermittlung bilden muss, wie dies bei dem Ausführungsbeispiel der Fall ist.
3. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ist der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 3 und damit des angefochtenen Urteils ausgehend von D4 nahegelegt.
a) Wie das Patentgericht zu Recht angenommen hat, offenbart D4 allerdings nicht, Größe und Form des zu entfernenden Volumens ausgehend von einem angestrebten und vorab festgelegten Krümmungsradius RCV* zu bestimmen.
b) Wie oben dargelegt wurde, ist eine solche Vorgehensweise zur Verwirklichung der Merkmale 7a und 7b indes nicht zwingend erforderlich. Vielmehr genügt es, das zu entfernende Volumen (18) und dessen Grenzflächen (19, 20) so zu bestimmen, dass die erforderliche Krümmung RCV* sich aus diesen Festlegungen ergibt.
Letzteres ist der Fall, wenn - wie ebenfalls bereits ausgeführt wurde - die Grenzflächen (19, 20) entsprechend den Vorgaben in Merkmal 7a und 7b festgelegt werden.
Diese Vorgehensweise ist aus den im Zusammenhang mit der erteilten Fassung dargelegten Gründen durch D4 nahegelegt. Dies gilt auch für die ergänzende Festlegung in Merkmal 7b, wonach es die anteriore Teilfläche ist, die parallel zur Vorderfläche der Hornhaut verläuft.
c) Vor diesem Hintergrund kann eine erfinderische Tätigkeit auch nicht deshalb bejaht werden, weil der mit dieser Vorgehensweise verbundene Vorteil - nämlich die Möglichkeit, die neue Krümmung RCV* auf die in der Beschreibung des Streitpatents geschilderte einfache Weise zu ermitteln - in D4 nicht offenbart ist.
Die Möglichkeit zu dieser einfachen Vorgehensweise ergibt sich schon dann, wenn die anteriore Teilfläche parallel zur Vorderfläche der Hornhaut verläuft. Dies ist aus den dargelegten Gründen durch D4 nahegelegt.
V. Das Streitpatent erweist sich auch in den Fassungen der erstinstanzlichen Hilfsanträge 1 und 2 nicht als rechtsbeständig.
1. Der mit dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 1 verteidigte Gegenstand ist ebenfalls durch D4 nahegelegt.
a) Nach Hilfsantrag 1 soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 wie folgt geändert werden:
[Die Planungseinrichtung] 4' definiert aus zugeführten Mess- und Fehlsichtigkeitsdaten für das unverformte Auge (2) ein Volumen (18), das innerhalb der Hornhaut (5) liegt und dessen Entfernung aus der Hornhaut (5) die gewünschte Fehlsichtigkeitskorrektur bewirkt; [M4*] 5' legt für das unverformte Auge (2) eine Grenzfläche (19, 20) fest, die das definierte Volumen (18) innerhalb der unverformten Hornhaut (5) begrenzt umgrenzt; [M5*] …
7' setzt die Grenzfläche aus einer anterioren Teilfläche (19) und einer posterioren Teilfläche (20) zusammen, wobei eine der Teilflächen (19) in einem konstanten Abstand (dF) zu einer Vorderfläche (15) der Hornhaut (5) liegt und die andere der Teilflächen (20) keinen konstanten Abstand zur Vorderfläche (15) hat, wobei die Teilflächen (19, 20) das unverformte Auge (2) betreffen b) Entgegen der Auffassung der Klägerin führen diese Änderungen nicht zu widersprüchlichen Vorgaben.
Die auch auf diese Ausgestaltung bezogenen Ausführungen in der Beschreibung, wonach der in Merkmal 6 vorgesehene Steuerdatensatz gegebenenfalls eine mögliche Verformung des Auges durch ein Kontaktglas zu berücksichtigen hat (Abs. 95), schließen nicht aus, das Volumen und die Grenzflächen zunächst für das unverformte Auge festzulegen, wie dies Merkmal 5' vorsieht, und die Steuerdaten in einem zweiten Schritt an die Verformung durch ein Kontaktglas anzupassen.
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die geänderten Merkmale ursprünglich offenbart.
Die Ausführungen in der Beschreibung des Streitpatents, in denen diese Merkmale geschildert werden (Abs. 94 Z. 39-48, Abs. 95, Abs. 97-100), sind bereits in der Stammanmeldung und der Teilanmeldung enthalten (K18 und K19 S. 24 Z. 34 bis S. 25, Z. 21, S. 26 Z. 1-38).
d) Im Ergebnis zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass der mit dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 1 verteidigte Gegenstand von Patentanspruch 1 ausgehend von D4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
aa) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ist allerdings den Ausführungen in der Beschreibung von D4, wonach das Aufsetzen eines Kontaktglases einen zu großen Druck auf das Auge vermeiden kann, nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, dass das Kontaktglas keinerlei Druck auf das Auge ausübt und sich deshalb alle in D4 geschilderten Schnitte auf die unverformte Hornhaut beziehen.
bb) D4 weist jedoch darauf hin, dass die Scanneroptik die kombinierten optischen Effekte von Kontaktlinse und Hornhaut kompensiere, um Koma (Asymmetriefehler) und sphärische Aberration (Öffnungsfehler bzw. Kugelgestaltfehler) zu verringern oder zu beseitigen (Abs. 39).
Daraus ergibt sich ein ausreichender Hinweis auf den Umstand, dass die Erhebung von Messwerten und die Festlegung von Steuerdaten anhand des unverformten Auges erfolgen kann und dass die Steuerdaten dann gegebenenfalls eine Verformung durch ein Kontaktglas berücksichtigen müssen, damit die angestrebte Korrektur erreicht werden kann.
Ob es sich hierbei, wie die Klägerin meint, um eine Selbstverständlichkeit handelt, kann angesichts dessen dahingestellt bleiben.
2. Der mit dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 2 verteidigte Gegenstand ist ebenfalls durch D4 nahegelegt.
a) Nach Hilfsantrag 2 soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 wie folgt geändert werden:
[Die Planungseinrichtung] 6a berücksichtigt eine durch ein Kontaktglas (25) bewirkte Verformung der Hornhaut (5) im Steuerdatensatz; b) Dieser Gegenstand unterliegt derselben Beurteilung wie der mit Hilfsantrag 1 verteidigte Gegenstand.
Wie bereits oben dargelegt wurde, ergab sich aus D4 die Anregung, Verformungen durch ein Kontaktglas bei der Festlegung der Steuerdaten zu berücksichtigen.
VI. Die Verteidigung des Streitpatents mit dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 4 erweist sich hingegen als erfolgreich.
1. Nach Hilfsantrag 4 soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 wie folgt geändert werden:
[Die Planungseinrichtung]
weist eine Schnittstelle (S) zum Zuführen von Messdaten über Parameter des Auges (3) und Fehlsichtigkeitsdaten über die zu korrigierende Fehlsichtigkeit des Auges (3) auf,
3.1 wobei die Fehlsichtigkeitsdaten die Brechkraft BBR einer für die Fehlsichtigkeitskorrektur tauglichen Brille (17) sowie den Abstand dHS umfassen, in dem die Brille (17) mit der Brechkraft BBR vor dem Hornhautscheitel liegen muss, um die gewünschte Fehlsichtigkeitskorrektur mittels der Brille (17) zu erreichen;
… 7a ermittelt eine zur Fehlsichtigkeitskorrektur nötige, neue Krümmung (RCV*) der Hornhaut (5)
7a.1 und verwendet dabei folgende Gleichung: RCV* = 1 / ((1/RCV) + BBR / ((nc-1) (1 - dHS • BBR))) + F, wobei RCV der Krümmungsradius der Hornhaut (5) vor Entfernung des Volumens (18), nc die Brechkraft des Materials der Hornhaut (5) und F ein Faktor sind;
7b setzt die Grenzfläche aus einer anterioren Teilfläche (19) und einer posterioren Teilfläche (20) zusammen, wobei eine der die anteriore Teilflächen (19) in einem konstanten Abstand (dF) zu einer Vorderfläche (15) der Hornhaut (5) liegt und die andere der posteriore Teilflächen (20) keinen konstanten Abstand zur Vorderfläche (15) hat und die posteriore Teilfläche (20) der ermittelten neuen Krümmung (RCV*) im konstanten Abstand (dF) folgt.
2. Damit werden die im erstinstanzlichen Hilfsantrag 3 vorgesehenen Merkmale 7a und 7b kombiniert mit besonderen Vorgaben zur Ermittlung der neuen Krümmung RCV*.
Aus der diesbezüglichen Vorgabe in Merkmal 7a.1 ergibt sich zugleich, dass - anders als nach der Fassung gemäß dem angefochtenen Urteil - die angestrebte Krümmung RCV* zum Ausgangspunkt der Berechnungen zur Festlegung von Größe und Form des zu entfernenden Volumens gemacht werden muss.
3. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beklagte mit diesem Hilfsantrag nicht präkludiert.
a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Patentgericht den erst in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag nach § 83 Abs. 4 PatG hätte zurückweisen dürfen.
Vom Ausgangspunkt des Patentgerichts aus stellte sich diese Frage nicht, weil das Patentgericht das Streitpatent in der Fassung des vorrangig gestellten erstinstanzlichen Hilfsantrags 3 als rechtsbeständig angesehen hat.
b) Eine Zurückweisung nach § 117 PatG und § 531 Abs. 1 ZPO ist ausgeschlossen, weil das Patentgericht den Antrag nicht als verspätet zurückgewiesen hat.
c) Eine Zurückweisung nach § 117 PatG und § 531 Abs. 2 ZPO ist ausgeschlossen, weil die Beklagte den Antrag bereits in erster Instanz gestellt hat.
Dass das Patentgericht über den Antrag nicht entschieden hat, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Der Antrag ist in erster Instanz anhängig geworden, weil ihn die Beklagte vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt hat.
d) Eine Zurückweisung nach § 117 PatG und § 530 sowie § 296 Abs. 1 ZPO kommt nicht in Betracht, weil der Antrag in zweiter Instanz innerhalb der in § 530 ZPO aufgeführten Fristen gestellt worden ist.
e) Ob ein Antrag in zweiter Instanz auf der Grundlage von § 83 Abs. 4 PatG zurückgewiesen werden kann, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Der Tatbestand dieser Vorschrift ist im Streitfall in zweiter Instanz nicht erfüllt.
Auch in diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte Anlass hatte, den Antrag innerhalb der vom Patentgericht gemäß § 83 Abs. 2 PatG gesetzten Frist zu stellen. Eine Zurückweisung kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil die Berücksichtigung des Antrags eine Vertagung des zweitinstanzlichen Verhandlungstermins nicht erfordert.
Zwischen der Einlegung der Anschlussberufung und der mündlichen Verhandlung vor dem Senat liegt ein Zeitraum von mehr als 19 Monaten. Dies gab der Klägerin ausreichend Gelegenheit, zu dem Antrag inhaltlich Stellung zu nehmen. Die Klägerin hat von dieser Gelegenheit - wenn auch mit eher kurzen Ausführungen - Gebrauch gemacht. Deshalb kann der Senat über den Antrag inhaltlich entscheiden.
4. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die nach Hilfsantrag 4 zusätzlich vorgesehenen Merkmale ursprünglich offenbart.
a) Die Stammanmeldung (K18) und die insoweit wortgleiche Teilanmeldung (K19) enthalten sowohl die Figuren 5 und 6 als auch die darauf bezogenen Ausführungen in der Beschreibung, aus denen sich der in Merkmal 7b spezifizierte Verlauf der Teilflächen ergibt (Streitpatent Abs. 30, 34, 72, 74, 75; K18 und K19 S. 8 Z. 24-28, S. 9 Z. 35 bis S. 10 Z. 4, S. 20 Z. 1-3, S. 20, Z. 2027, S. 20 Z. 29-35, S. 20 Z. 37 bis S. 21 Z. 1).
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ergeben sich aus der Anmeldung keine Hinweise darauf, dass die im Zusammenhang mit Figur 19 geschilderte Ansaugtransformation bei Verwendung eines Kontaktglases (Streitpatent Abs. 135; K18 und K19 S. 33 Z. 27-38) mit einer Ausgestaltung nach den Merkmalen 7a und 7b zwingend einhergehen muss.
5. Der Gegenstand des geänderten Anspruchs ist auch ausführbar offenbart.
a) Der von der Klägerin geltend gemachte Umstand, dass der Ort der anterioren Fläche nach Entnahme des Lentikels immer mit dem Ort der posterioren Fläche zusammenfällt, mag dazu führen, dass Merkmal 7b insoweit eine redundante Festlegung enthält. Dies steht einer Ausführung der so umschriebenen Erfindung aber nicht entgegen.
b) Dass im Zusammenhang mit einer in der Beschreibung aufgeführten Gleichung ein mit F gekennzeichneter Term als Faktor bezeichnet wird (Abs. 65), obwohl der vorangehende Term damit nicht multipliziert, sondern addiert wird, ist unerheblich, weil sich aus dem Zusammenhang hinreichend deutlich ergibt, was mit dem Begriff "Faktor" gemeint ist.
6. Der mit Hilfsantrag 4 verteidigte Gegenstand ist durch den Stand der Technik weder vorweggenommen noch nahegelegt.
a) Wie bereits oben im Zusammenhang mit der Fassung nach dem angefochtenen Urteil ausgeführt wurde, sind allerdings die Merkmale 7a und 7b durch D4 nahegelegt.
b) Wie die Klägerin zu Recht geltend macht, lag es auch ohne ausdrückliche Anregung nahe, den erforderlichen Korrekturbedarf anhand der Daten einer Brille zu bestimmen, die zur Korrektur des in Rede stehenden Fehlers geeignet ist.
c) Die Berechnung der neuen Krümmung RCV* gemäß der in Merkmal 7a.1 angegeben Gleichung ist in keiner der vorgelegten Entgegenhaltungen offenbart.
Umstände, die Anlass geben könnten, diese Gleichung heranzuziehen, sind weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich.
VII. Die Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 119 Abs. 5 Satz 2 PatG).
Das Streitpatent erweist sich aus den oben aufgezeigten Gründen (nur) in der Fassung des erstinstanzlichen Hilfsantrags 4 als rechtsbeständig.
VIII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG sowie § 92 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO.
Bacher Deichfuß Kober-Dehm Marx von Pückler Vorinstanz: Bundespatentgericht, Entscheidung vom 25.05.2022 - 6 Ni 51/20 (EP) -