4 Ni 7/16 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 7/16 (EP) (Aktenzeichen)
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL An Verkündungs Statt zugestellt am
9. März 2017 …
In der Patentnichtigkeitssache …
BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 1 584 551 (DE 60 2005 001 339)
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. November 2016 durch den Vorsitzenden Engels sowie den Richter Dipl.- Ing. Sandkämper, die Richterin Kopacek und die Richter Dr.-Ing. Baumgart und Dipl.- Phys. Univ. Dr.-Ing. Geier für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 584 551 wird für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagte ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 584 551, deutsches Aktenzeichen DE 60 2005 001 339 (Streitpatent), das am 5. April 2005 unter Beanspruchung der Priorität JP 2004113917 vom 8. April 2004 angemeldet worden ist. Das Streitpatent mit der in die deutsche Sprache übersetzten Bezeichnung „Steuereinrichtung für einen Fahrradkettenumwerfer und Verfahren zur Steuerung des Vorderradkettenumwerfers“ betrifft nach den Angaben in der Streitpatentschrift insbesondere eine Vorrichtung zum Einstellen der Position eines Kettenumwerfers (Abs. 1) einer Fahrradkettenschaltvorrichtung und umfasst 14 Patentansprüche, die sämtlich angegriffen sind.
Patentansprüche 1 und 14 lauten in der Verfahrenssprache Englisch nach der Streitpatentschrift wie folgt:
1. A bicycle transmission control apparatus for controlling the operation of a first derailleur (97r) and a second derailleur (97f), wherein the apparatus comprises: a control unit (130) that provides a first signal to operate the first derailleur a gear shift distance from a first origin sprocket to a first destination sprocket; wherein the control unit receives a condition signal that indicates a condition resulting from at least one of the first derailleur and the second derailleur; and an adjustment controller (130b) that moves the first derailleur an adjustment distance less than the gear shift distance in response to the condition signal.
14. A method for controlling the operation of a first derailleur (97r) and a second derailleur (97f), wherein the method comprises the steps of: providing a first signal to operate the first derailleur a first gear shift distance from a first origin sprocket to a first destination sprocket; receiving a condition signal that indicates a condition resulting from at least one of the first derailleur and the second derailleur; and moving the first derailleur an adjustment distance less than the first gear shift distance in response to the condition signal.
In der deutschen Übersetzung nach der Streitpatentschrift lauten Patentansprüche 1 und 14 wie folgt:
1. Fahrradübertragungssteuervorrichtung zum Steuern der Betätigung eines ersten Umwerfers (97r) und eines zweiten Umwerfers (97f), wobei die Vorrichtung folgendes umfasst: eine Steuereinheit (130), die ein erstes Signal bereitstellt, um den ersten Umwerfer eine Gangschaltdistanz von einem ersten Ausgangszahnkranz zu einem ersten Zielzahnkranz zu betätigen; wobei die Steuereinheit ein Zustandssignal empfängt, das einen Zustand anzeigt, resultierend von dem ersten Umwerfer und/oder dem zweiten Umwerfer; und eine Einstellsteuereinrichtung (130b), die den ersten Umwerfer eine Einstelldistanz, die kleiner als die Gangschaltdistanz ist, im Ansprechen auf das Zustandssignal bewegt.
14. Verfahren zum Steuern der Betätigung eines ersten Umwerfers (97r) und eines zweiten Umwerfers (97f), wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst: Bereitstellen eines ersten Signals, um den ersten Umwerfer eine erste Gangschaltdistanz von einem ersten Ausgangszahnkranz zu einem ersten Zielzahnkranz zu betätigen; Empfangen eines Zustandssignals, das einen Zustand anzeigt, resultierend von dem ersten Umwerfer und/oder dem zweiten Umwerfer; und Bewegen des ersten Umwerfers eine Einstelldistanz, die kleiner als die erste Gangschaltdistanz ist, im Ansprechen auf das Zustandssignal.
Wegen des Wortlauts der weiteren erteilten abhängigen Ansprüche wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Auf die Nichtigkeitsklage mit Schriftsatz vom 27. Januar 2014 der Klägerin und den Widerspruch der Beklagten hat der Senat den Parteien einen qualifizierten Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG zugeleitet.
Auf die Klage verteidigt die Beklagte das Streitpatent nicht mehr in der erteilten Fassung, sondern in der mündlichen Verhandlung zuletzt gemäß neuem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 5 (vgl. Anlagen zum Protokoll der mündlichen Verhandlung, Bl. 602 ff. d. A.).
Die Klägerin macht insoweit unverändert den mit der Klageerhebung eingeführten Nichtigkeitsgrund geltend, dass bereits die Gegenstände der Hauptansprüche nach dem Haupt- und den Hilfsanträgen 1 bis 5 jeweils nicht patentfähig seien, da diese jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten, und ergänzend - mit Verweis auf den qualifizierten Hinweis des Senats - den Nichtigkeitsgrund unzulässiger Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. c EPÜ; Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ) erfüllten.
Sie hat dem Streitpatent im Rahmen ihres schriftsätzlichen Klagevortrags folgende Patentdokumente zur Dokumentation des Standes der Technik entgegen gehalten:
K5 K6 K7 K8 K9 K10 K11 K11a K12 K13 K13a K14 K15 EP 1 475 302 A1 DE 603 14 986 T2 EP 1 359 088 A2 DE 44 22 845 A1 EP 0 527 864 B1 DE 691 29 656 T2 EP 1 426 284 B1 EP 1 426 284 A1 DE 602 18 186 T2 EP 1 426 285 B1 EP 1 426 285 A1 DE 40 22 473 A1 US 5 266 065 In der mündlichen Verhandlung hat sich die Klägerin bei ihrem Vortrag zur fehlenden Patentfähigkeit auf die Druckschriften K7, K8 und K9 gestützt. So werde in K8 wie auch in K9 eine sequentielle Abfolge des Schaltvorgangs mit anschließendem Korrekturvorgang gelehrt. Aus beiden Schriften werde zudem dem Fachmann implizit eine Reaktionszeit offenbart; ein entsprechender Hinweis sei auch in K7 zu finden. Der Stand der Technik stelle somit bereits Steuerungen für eine FahrradKettenschaltvorrichtung bereit, welche Fehleinstellungen vermeiden helfen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das europäische Patent EP 1 584 551 in vollem Umfang mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit dem in der mündlichen Verhandlung am 8. November 2016 eingereichten Hauptantrag und mit den in der mündlichen Verhandlung am 8. November 2016 eingereichten Hilfsanträgen 1 bis 5 verteidigt wird.
Zum Wortlaut der Hilfsanträge 1 bis 5 wird auf den Akteninhalt verwiesen (Bl. 602 ff. d. A.).
Die Beklagte vertritt die Auffassung, die jeweiligen Anspruchsfassungen nach Hauptantrag sowie nach den Hilfsanträgen 1 bis 5 seien nicht unzulässig erweitert, vielmehr sei deren Gegenstand in der jeweils beschränkten Anspruchsfassung zudem patentfähig, insbesondere auch erfinderisch gegenüber dem geltend gemachten Stand der Technik.
So sei nach der Beschreibung der K9 das Problem der Feineinstellung zum Ausgleich der Kettenschrägstellung durch eine anders funktionierende Lösung, nämlich durch Kalibrieren der Verstellweglänge bzw. eine schrittweise Justierung beim Schalten, nicht aber eine Nachjustierung nach dem Schaltvorgang gelöst. Und bei der K8 werde nur der Wechsel von einer Extremposition in eine andere berücksichtigt, eine Verallgemeinerung der Lehre sei nicht zulässig. Auch lehre der Stand der Technik weder eine Zeitverzögerung nach einem Schalteingriff noch eine selektive Ausführung der Nachkorrektur bzw. deren Aufhebung.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2016 und auf den Akteninhalt verwiesen.
Der im Nachgang zur mündlichen Verhandlung lediglich zur Information des Senats von der Klägerin eingereichte Schriftsatz vom 7. Dezember 2016 war auch insoweit nicht mehr zu berücksichtigen.
Auf den qualifizierten Hinweis des Senats vom 16. August 2016 (Bl. 333 ff. der Akten) wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe Die zulässige Klage hat Erfolg, da der Gegenstand des Streitpatents sich weder in der Fassung des Hauptantrags noch in der Fassung der Hilfsanträge 1 bis 5 als bestandskräftig erweist, weil die jeweils beanspruchte Lehre gegenüber dem Stand der Technik jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, § 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ, Art. 52 bis Art. 57 EPÜ).
Soweit das Streitpatent in der erteilten Fassung im Wege der zulässigen Selbstbeschränkung nicht mehr verteidigt wird, war es mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (zur st. Rspr. im Nichtigkeitsverfahren vgl. z. B. BGH GRUR 2007, 404, 405 – Carvedilol II; Busse/
Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., § 82 Rdn. 119 m. w. Nachw.; Schulte/Voit, PatG, 9. Aufl., § 81 Rdn. 127).
I.
1. Das in der Veröffentlichungssprache die Bezeichnung „Bicycle derailleur control device and method for controlling a front derailleur” tragende Streitpatent - der Titel „Steuereinrichtung für einen Fahrradkettenumwerfer und Verfahren zur Steuerung des Vorderradkettenumwerfers“ ist als deutsche Übersetzung eingetragen - betrifft nach den Angaben in der Streitpatentschrift ein Verfahren zur Steuerung einer maschinisierten, d. h. mit Hilfskraft betätigten Fahrrad-Kettenschalteinrichtung, sowie eine hierfür hergerichtete Steuerungsvorrichtung.
Bei Fahrrad-Kettenschalteinrichtungen sind zur Realisierung von Gangstufen mehrere Kettenräder bzw. Kettenritzel mit unterschiedlichen Zähnezahlen in Sätzen zusammengefasst seitlich nebeneinander angeordnet. Das Übersetzungsverhältnis bestimmt sich aus dem Zähnezahlverhältnis der jeweils beteiligten, über die aufliegende Kette gekuppelten Räder.
Die Erfindung ist zur Realisierung bei Kettenschalteinrichtungen vorgeschlagen, bei denen jedenfalls der vordere Umwerfer – mit dem die Kette auf die einzelnen von den Pedalen mitgedrehten Zahnkränze im Bereich des Tretlagers umgelegt werden – und ggf. auch das hintere, am Hinterrad angeordnete Kettenschaltwerk – mit dem die Kette selektiv auf die einzelnen Kettenritzel des hinteren Kettenradkranzes umgelegt werden kann – mittels Elektromotoren in die hierfür notwendigen Positionen verstellt werden, vgl. Abs. 0002 und 0007 i. V. m. Abs. 0051.
Hierbei nimmt die Kette je nach gewählter Kombination eines der vorderen Zahnkränze und eines der hinteren Kettenritzel zur Realisierung einer Gangstufe zwangsläufig eine Schrägstellung ein, vgl. hierzu Figur 5 des Streitpatents. Bei extremen Winkelstellungen der Kette kann dies zum Schleifen der Kette am Käfig des (vorderen) Umwerfers führen, vgl. Absatz 0003, beispielsweise bei Kombination des äußeren vorderen Zahnkranzes F2 mit dem äußerst innen – zum Rahmen hin – liegenden Ritzel R1 des hinteren Kettenritzelsatzes – vgl. hierzu Absatz 0014, Zeilen 23 bis 29 sowie die nachfolgend abgebildete, erläuternde Skizze beruhend auf der Figur 5 des Streitpatents:
Die mögliche Schrägstellung der Kette hängt hierbei von der Anzahl der vorderen Zahnkränze ab – das Streitpatent spricht auch Kettenschaltvorrichtungen mit 3 nebeneinanderliegenden (vorderen) Zahnkränzen an, vgl. Abs. [0049] – und der Anzahl der in der hinteren Kassette zusammengefassten Ritzel. Allgemein wird zur Lösung dieses Problem erfindungsgemäß ein Verfahren – bzw. eine entsprechend hergerichtete Vorrichtung – zum Steuern der Betätigung des (vorderen) Umwerfers und des hinteren Schaltwerks vorgeschlagen, das eine weitere Verstellung des (vorderen) Umwerfers aus einer zuvor eingesteuerten Gangschaltposition heraus zur Justierung der Relativstellung des (vorderen) Umwerfers aus Anlass der Auslösung eines Schaltbefehls vorsieht. Eine ausdrücklich als solche definierte Aufgabenstellung ist in der Streitpatentschrift nicht angegeben. Ausführungsbeispiele präzisieren die Lehre. Insoweit wird im Streitpatent unter Bezug auf die Fig. 2 und 6 ausgeführt, dass die Steuereinheit 130 einen pro- grammierten Mikroprozessor, ein Gangschaltsteuermittel 130a, ein Einstellsteuermittel bzw. eine Einstellsteuereinrichtung 130b und ein Rückstellsteuer-mittel bzw. eine Rückstellsteuereinheit 130c umfasst. Das Gangschaltsteuermittel 130a stellt dabei Signale zur Steuerung des Betriebs bzw. der Betätigung des vorderen Umwerfers 97f und des hinteren Umwerfers 97r zur Verfügung, um die Kette 95 die Distanz von einem Ausgangszahnkranz zu einem Bestimmungszahnkranz gemäß Signalen zu schalten, die von vorderen und hinteren Hochschaltschaltern 131f und 131r oder vorderen und hinteren Runterschaltschaltern 132f und 132r und von vorderen und hinteren Gangpositionssensoren 133f und 133r empfangen werden (Abs. [0012]).
Figur 6 der Streitpatentschrift Figur 7 der Streitpatentschrift Hierzu werden – wie im Streitpatent u. a. zu dem beschriebenen Ausführungsbeispiel nach dem Flussdiagramm Fig. 7 erläutert –, die Positionssignale des (vorderen) Umwerfers und des (hinteren) Kettenschaltwerks (siehe auch Unteransprüche 7 und 8) nach Auslösung eines Schaltbefehls bzw. nach Einleitung eines Umschaltvorgangs bereits zwischen den vorderen Kettenrädern , bei dem der (vordere) Umwerfer die Kette von einem ersten Zahnkranz auf einen anderen Zahnkranz umlegt und hierfür um eine entsprechende „Gangschaltdistanz“ bewegt wird, dahingehend auf das Vorliegen eines „Zustands“ ausgewertet, der aufgrund der Gangstufe durch eine Schrägstellung der Kette charakterisiert ist (vgl. auch Anspruch 1 i. V. m. Unteransprüchen 9 und 10 gemäß Patentschrift) und hierdurch ggf. ein andauerndes Schleifen der Kette zur Folge haben kann.
Soweit hierbei ein sich durch die Verstellung des (vorderen) Umwerfers oder (hinteren) Schaltwerks in eine neue Gangposition ergebender, entsprechend kritischer „Zustand“ unterstellt werden kann – beim Ausführungsbeispiel für eine Kassette mit 10 Kettenritzeln für den Fall des Aufliegens der Kette auf den jeweils 3 äußersten Ritzeln, vgl. Abs. 0014, Sätze 1 und 2 bzw. Abs. 16, Sätze 1 und 2 –, soll die Berücksichtigung eines hierfür charakteristischen „Zustandssignals“ die Ansteuerung des (vorderen) Umwerfers um eine Einstelldistanz im Sinne einer Feineinstellung aus der bestehenden Stellung heraus auslösen („fine tuning“, vgl. Abs. 0014, Z. 29 bis 36).
Zu diesen und weiteren Ausführungsbeispielen hebt die Streitpatentschrift hervor, dass im Sinne des Erfindungsgedankens bereits die Auslösung eines Gangschaltbefehls – also auch bspw. eines vom vorderen Umwerfer nicht ausführbaren Hochschaltbefehls, wenn die Kette bereits auf dem größten Kettenrad aufliegt, vgl. Abs. 13, Zeilen 10 bis 12 – zu einer Überprüfung auf das Vorliegen des eine solche Nachjustierung bedingenden „Zustands“ und hierbei ggf. auch zu einer Rückführung des Umwerfers um die zuvor zur Feineinstellung eingesteuerte Einstelldistanz führen kann (Abs. 0012 bis 0014 i. V. m. Figur 10 bzw. Ansprüchen 12 oder 13).
Zudem schlägt das Patent neben weiteren Maßnahmen vor, diese Nachjustierung zur Vermeidung des Schleifens einer schrägstehenden Kette am vorderen Umwerfer erst verzögert – nach Zeitablauf oder einer vorgegebenen Tretkurbeldrehung – nach der Detektion einer hierfür hinreichenden Kettenritzel-Kettenradkombination auszulösen, wenn der tatsächliche Vollzug der Umschaltung auch unterstellt werden kann, vgl. Absatz 0048.
2. Als Fachmann beschäftigte sich auf dem Gebiet des Streitpatents zum Anmeldezeitpunkt ein mit der Entwicklung und Konstruktion maschinisiert betätigter, elektrisch gesteuerter Fahrrad-Kettenschalteinrichtungen befasster Maschinenbauingenieur oder Mechatroniker, insoweit über in mehrjähriger Berufstätigkeit erworbene praktische Kenntnisse zu den betriebstechnischen Eigenheiten von Kettenschalteinrichtungen verfügend.
3. Mit dem Patentanspruch 1 in der gemäß dem geltenden Hauptantrag geltenden Fassung wird das Patent im Umfang einer Fahrrad-Kettenschalteinrichtung mit folgenden Merkmalen – in einer dem Anspruchswortlaut folgenden Gliederung – verteidigt (Abweichungen von der erteilten Fassung gemäß der Streitpatentschrift durch hinzugefügte Streichung oder Unterstreichung kenntlich gemacht, sinnfällige deutschsprachige Begriffsfestlegungen wie vorliegend im Weiteren verwendet in kursiv hinzugefügt):
M1.1 M1.2 M1.2a M1.3 M1.4 A bicycle transmission control apparatus for controlling the operation of a first derailleur (97r) an electrically controlled front derailleur and a second derailleur (97f) an electrically controlled rear derailleur (Fahrrad-Kettenschaltsteuereinrichtung), wherein the apparatus comprises:
a control unit (130, Steuereinheit) that selectively provides a first signal to operate the electrically controlled front first derailleur (vorderen Umwerfer) by a gear shift distance from an first origin sprocket to a first destination sprocket and a signal to operate the electrically controlled rear derailleur (hinteres Schaltwerk) by a gear shift distance from an origin sprocket to a destination sprocket; wherein the control unit receives a condition signal that indicates a condition resulting from gear shift operation of at least one of the first electrically controlled front derailleur and the second electrically controlled rear derailleur; and an adjustment controller (130b Einstellsteuereinrichtung) that moves the first electrically controlled front derailleur by an adjustment distance less than the gear shift distance in response to the condition signal M1.4.1 M1.4.2 M1.4.3 comprising a first position signal indicating a position of the electrically controlled front derailleur and a second position signal indicating a position of the electrically controlled rear derailleur,
wherein the adjustment controller moves the electrically controlled front derailleur by the adjustment distance in response to a combination of the first position signal and the second position signal.
An diesen Hauptanspruch schließen sich 9 mittelbar oder unmittelbar rückbezogene Unteransprüche an; der Anspruchssatz gemäß Hauptantrag umfasst zudem mit dem Anspruch 11 einen von der Patentkategorie her nebengeordneten Anspruch.
In einer Gliederung nach Merkmalen stellt sich die Fassung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 wie folgt dar (ergänzte Merkmale gegenüber der Fassung gemäß Hauptantrag durch Hochzeichen H1 und durch Unterstreichung kenntlich gemacht):
M1.1 M1.2 M1.2a M1.3 M1.4 M1.4.1 M1.4.2 M1.4.3 A bicycle transmission control apparatus for controlling the operation of an electrically controlled front derailleur and an electrically controlled rear derailleur, wherein the apparatus comprises:
a control unit that selectively provides a signal to operate the electrically controlled front derailleur by a gear shift distance from an origin sprocket to a destination sprocket and a signal to operate the electrically controlled rear derailleur by a gear shift distance from an origin sprocket to a destination sprocket; wherein the control unit receives a condition signal that indicates a condition resulting from gear shift operation of at least one of the electrically controlled front derailleur and the electrically controlled rear derailleur; and an adjustment controller that moves the electrically controlled front derailleur by an adjustment distance less than the gear shift distance in response to the condition signal,
comprising a first position signal indicating a position of the electrically controlled front derailleur and a second position signal indicating a position of the electrically controlled rear derailleur,
wherein the adjustment controller moves the electrically controlled front derailleur by the adjustment distance in M1.5H1 M1.6H1 response to a combination of the first position signal and the second position signal; wherein the adjustment controller moves the electrically controlled front derailleur by the adjustment distance after a predetermined time interval from receipt of the condition signal and/or after a predetermined crank rotation interval from receipt of the condition signal,
wherein the adjustment controller moves the electrically controlled front derailleur by the adjustment distance - when the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally innermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at one of the M outermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, wherein M is an integer, - or when the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally outermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at one of the M innermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, wherein M is an integer.
An diesen Hauptanspruch schließen sich 7 mittelbar oder unmittelbar rückbezogene Unteransprüche an; der Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag 1 umfasst zudem mit dem Anspruch 9 einen von der Patentkategorie her nebengeordneten Anspruch.
In einer Gliederung nach Merkmalen stellt sich die Fassung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 wie folgt dar (ergänzte oder entfallene Merkmale gegenüber der Fassung gemäß Hilfsantrag 1 durch Unterstreichung bzw. noch durch Hochzeichen H2 kenntlich gemacht):
M1.1 M1.2 A bicycle transmission control apparatus for controlling the operation of an electrically controlled front derailleur and an electrically controlled rear derailleur, wherein the apparatus comprises:
a control unit that selectively provides a signal to operate the electrically controlled front derailleur by a gear shift distance from an origin sprocket to a destination sprocket M1.2a and a signal to operate the electrically controlled rear derailleur by a gear shift distance from an origin sprocket to a destination sprocket; M1.3 wherein the control unit receives a condition signal that indicates a condition resulting from gear shift operation of at least one of the electrically controlled front derailleur and the electrically controlled rear derailleur,
M1.4 and an adjustment controller that moves the electrically controlled front derailleur by an adjustment distance less than the gear shift distance in response to the condition signal,
M1.4.1 comprising a first position signal indicating a position of the electrically controlled front derailleur M1.4.2 and a second position signal indicating a position of the electrically controlled rear derailleur,
M1.4.3 wherein the adjustment controller moves the electrically controlled front derailleur by the adjustment distance in response to a combination of the first position signal and the second position signal; M1.5H1 M1.6H1 wherein the adjustment controller moves the electrically controlled front derailleur by the adjustment distance - when the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally innermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at one of the M outermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, wherein M is an integer, - or when the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally outermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at one of the M innermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, wherein M is an integer M1.6.1H2 and M less than or equal to three, M1.7H2 and a return controller that selectively returns the electrically controlled front derailleur after shift operation of the electrically controlled rear derailleur to a position it had prior to movement by the adjustment controller, M1.7.1H2 and wherein the return controller only returns the electrically controlled front derailleur following shift operation of the electrically controlled rear derailleur to the position it had prior to movement by the adjustment controller7
- either after an upshift operation of the electrically controlled rear derailleur when the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally innermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur, and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at the (M+1)th outermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, - or when after an downshift operation of the electrically controlled rear derailleur the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally outermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at the (M+1)th innermost sprocket associated with the electrically controlled rear derailleur.
An diesen Hauptanspruch schließen sich 5 mittelbar oder unmittelbar rückbezogene Unteransprüche an; der Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag 2 umfasst zudem mit dem Anspruch 7 einen von der Patentkategorie her nebengeordneten Anspruch.
In einer Gliederung nach Merkmalen stellt sich die Fassung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 wie folgt dar (ergänzte oder entfallene Merkmale gegenüber der Fassung gemäß Hilfsantrag 2 durch Unterstreichung bzw. noch durch Hochzeichen H3 kenntlich gemacht):
M1.1 M1.2 M1.2a M1.3 A bicycle transmission control apparatus for controlling the operation of an electrically controlled front derailleur and an electrically controlled rear derailleur, wherein the apparatus comprises:
a control unit (130) that selectively provides a signal to operate the electrically controlled front derailleur by a gear shift distance from an origin sprocket to a destination sprocket and a signal to operate the electrically controlled rear derailleur by a gear shift distance from an origin sprocket to a destination sprocket; wherein the control unit receives a condition signal that indicates a condition resulting from gear shift operation of at least one of the electrically controlled front derailleur and the electrically controlled rear derailleur,
M1.4 and an adjustment controller (130b) that moves the electrically controlled front derailleur by an adjustment distance less than the gear shift distance in response to the condition signal,
M1.4.1 comprising a first position signal indicating a position of the electrically controlled front derailleur M1.4.2 and a second position signal indicating a position of the electrically controlled rear derailleur,
M1.4.3 wherein the adjustment controller moves the electrically controlled front derailleur by the adjustment distance in response to a combination of the first position signal and the second position signal; M1.6H1 M1.6.1H2 M1.7H2 M1.7.1H2 M1.8H3 wherein the adjustment controller moves the electrically controlled front derailleur by the adjustment distance only M1.8aH3 M1.8bH3 when one of the following conditions a) to d) is met:
a) when following an upshift operation of the electrically controlled front derailleur the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally outermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at one of the M innermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, wherein M is an integer b) when following an downshift operation of the electrically controlled front derailleur the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally innermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at one of the M outermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, wherein M is an integer,
M1.8cH3 c) when following an upshift operation of the electrically controlled rear derailleur the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally innermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at one of the M outermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, wherein M is an integer, M1.8dH3 d) when following an downshift operation of the electrically controlled rear derailleur the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally outermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at one of the M innermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, M1.8.1H3 and M is less than or equal to three.
An diesen Hauptanspruch schließen sich 8 mittelbar oder unmittelbar rückbezogene Unteransprüche an; der Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag 3 umfasst zudem mit dem Anspruch 9 einen von der Patentkategorie her nebengeordneten Anspruch.
In einer Gliederung nach Merkmalen stellt sich die Fassung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 wie folgt dar (ergänzte oder entfallene Merkmale gegenüber der Fassung gemäß Hilfsantrag 3 durch Unterstreichung bzw. noch durch Hochzeichen H3 kenntlich gemacht):
M1.1 M1.2 M1.2a M1.3 M1.4 M1.4.1 A bicycle transmission control apparatus for controlling the operation of an electrically controlled front derailleur and an electrically controlled rear derailleur, wherein the apparatus comprises:
a control unit that selectively provides a signal to operate the electrically controlled front derailleur by a gear shift distance from an origin sprocket to a destination sprocket and a signal to operate the electrically controlled rear derailleur by a gear shift distance from an origin sprocket to a destination sprocket; wherein the control unit receives a condition signal that indicates a condition resulting from gear shift operation of at least one of the electrically controlled front derailleur and the electrically controlled rear derailleur,
and an adjustment controller that moves the electrically controlled front derailleur by an adjustment distance less than the gear shift distance in response to the condition signal,
comprising a first position signal indicating a position of the electrically controlled front derailleur M1.4.2 and a second position signal indicating a position of the electrically controlled rear derailleur,
M1.4.3 M1.7H2 wherein the adjustment controller moves the electrically controlled front derailleur by the adjustment distance in response to a combination of the first position signal and the second position signal; and a return controller that selectively returns the electrically controlled front derailleur after shift operation of the electrically controlled rear derailleur to a position it had prior to movement by the adjustment controller,
Mi M1.8H3 M1.8aH3 M1.8bH3 M1.8cH3 M1.8dH3 wherein following shift operation either (i)
the adjustment controller moves the electrically controlled front derailleur by the adjustment distance only when one of the following conditions a) to d) is met:
a) when following an upshift operation of the electrically controlled front derailleur the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally outermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at one of the M innermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, wherein M is an integer b) when following an downshift operation of the electrically controlled front derailleur the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally innermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at one of the M outermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, wherein M is an integer c) when following an upshift operation of the electrically controlled rear derailleur the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally innermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at one of the M outermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, wherein M is an integer d) when following an downshift operation of the electrically controlled rear derailleur the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally outermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at one of the M innermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur,
M1.8.1H3 wherein M is an integer and less than or equal to three; Mii (either) ii M1.7.1H2 the return controller only returns the electrically controlled front derailleur following shift operation of the electrically controlled rear derailleur to the position it had prior to movement by the adjustment controller - either after an upshift operation of the electrically controlled rear derailleur when the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally innermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur, and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at the (M+1)th outermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, - or when after an downshift operation of the electrically controlled rear derailleur the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally outermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at the (M+1)th innermost sprocket associated with the electrically controlled rear derailleur,
An diesen Hauptanspruch schließen sich 7 mittelbar oder unmittelbar rückbezogene Unteransprüche an; der Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag 4 umfasst zudem mit dem Anspruch 9 einen von der Patentkategorie her nebengeordneten Anspruch.
In einer Gliederung nach Merkmalen stellt sich die Fassung des (einzigen) Anspruchs nach Hilfsantrag 5 wie folgt dar V1.1 V1.2 V1.2a A method for controlling the operation of an electrically controlled front derailleur and an electrically controlled rear derailleur, wherein the method comprises the steps of: providing a signal to operate the electrically controlled front derailleur by a gear shift distance from an origin sprocket to a destination sprocket or a signal to operate the electrically controlled rear derailleur by a gear shift distance from an origin sprocket to a destination sprocket; V1.3 V1.4 V1.5 V1.8 receiving a condition signal that indicates a condition resulting from gear shift operation of at least one of the electrically controlled front derailleur and the electrically controlled rear derailleur the condition signal comprising a combination of the first position signal indicating a position of the electrically controlled front derailleur and a second position signal indicating a position of the electrically controlled rear derailleur, and moving the electrically controlled front derailleur by an adjustment distance less than the gear shift distance in response to the condition signal resulting from gear shift operation of the electrically controlled front derailleur or resulting from gear shift operation of the electrically controlled rear derailleur after a predetermined time interval from receipt of the condition signal and/or after a predetermined crank rotation interval from receipt of the condition signal provided that either the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally innermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at one of the M outermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, wherein M is 2 or 3, or that the first position signal indicates the electrically controlled front derailleur is located at a laterally outermost sprocket associated with the electrically controlled front derailleur and the second position signal indicates the electrically controlled rear derailleur is located at one of the M innermost sprockets associated with the electrically controlled rear derailleur, where M is 2 or 3.
II.
1. Zur Ermittlung der technischen Lehre, die sich aus Sicht dieses hier maßgeblichen Fachmanns ergibt, ist der Sinngehalt des Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, unter Heranziehung der den Patentanspruch erläuternden Beschreibung und Zeichnungen durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH GRUR 2007, 410 – Kettenradanordnung). Dies darf allerdings weder zu einer inhaltlichen Erweiterung noch zu einer sachlichen Einengung des durch den Wortlaut des Patentanspruchs festgelegten Gegenstands führen (BGH Z 160, 204, 209; GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).
Begriffe in den Patentansprüchen sind deshalb so zu deuten, wie sie der angesprochene Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift und Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung bei unbefangener Erfassung der im Anspruch umschriebenen Lehre zum technischen Handeln versteht (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2006, 311 – Baumscheibenabdeckung; GRUR 2004, 845 – Drehzahlermittlung). Das Verständnis des Fachmanns wird sich dabei entscheidend an dem in der Patentschrift zum Ausdruck gekommenen Zweck dieses Merkmals orientieren (vgl. BGH GRUR 2001, 232 – Brieflocher, m. w. N.); es ist deshalb maßgeblich, was der angesprochene Fachmann – auch unter Einbeziehung seines Vorverständnisses (BGH GRUR 2008, 878 – Momentanpol II) – danach bei unbefangener Betrachtung den Patentansprüchen als Erfindungsgegenstand entnimmt.
Zwar ist eine einschränkende Auslegung des Patentanspruchs unterhalb des Wortlauts (im Sinne einer Auslegung unterhalb des Sinngehalts) nach ständiger Rechtsprechung dann nicht zulässig, wenn der Fachmann aus der Anspruchsfassung bereits einen klar und eindeutig definierten Gegenstand entnehmen kann (BPatG 42, 204, GRUR 2000, 794 – veränderbare Daten; BGH Z 160, 204, 209; GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Denn die Frage, ob eine bestimmte Anweisung zum Gegenstand eines Anspruchs eines Patents gehört, entscheidet sich danach, ob sie in dem betreffenden Anspruch Ausdruck gefunden hat (st. Rechtsprechung vgl. z. B. BGH GRUR 2007, 959 – Pumpeinrichtung). Allein aus Ausführungsbeispielen darf daher nicht auf ein engeres Verständnis des Patentanspruchs geschlossen werden, als es dessen Wortlaut für sich genommen nahelegt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Auslegung des Patentanspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen ergibt, dass nur bei Befolgung einer solchen engeren technischen Lehre derjenige tech- nische Erfolg erzielt wird, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mitteln erreicht werden soll (BGH, Urteil vom 12. Februar 2008 - X ZR 153/05; GRUR 2008, 779, 782 - Mehrgangnabe).
Insoweit ist für das richtige Verständnis wesentlich, dass sich die Auslegung des Anspruchs am technischen Sinngehalt der Merkmale des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit (st. Rspr., BGH GRUR 2011, 129 – FentanylTTS; GRUR 2002, 515 Schneidmesser I, m. w. N.) zu orientieren hat, wobei der Sinngehalt eines einzelnen Merkmals im Kontext der Patentschrift und der Funktion zu sehen ist, die es für sich und im Zusammenwirken mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs bei der Herbeiführung des erfindungsgemäßen Erfolgs hat. Mithin ist (auch) das Verständnis eines (einzelnen) Merkmals also im Lichte der Gesamtoffenbarung der Patentschrift zu bestimmen (BGH GRUR 2012, 1124 – Polymerschaum I; GRUR 2015, 868 – Polymerschaum II).
2. Danach betrifft der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag eine durch ihre Arbeitsweise näher definierte Fahrrad-Kettenschaltsteuereinrichtung, bei der eine von dieser umfasste Steuereinheit („control unit“) mitsamt einem „adjustment controller“ über die Ansteuerung zum Umlegen der Kette auf benachbarte Kettenräder oder Ritzel auch der justierenden Nachverstellung des vorderen Umwerfers in Abhängigkeit von dem durch die Steuereinrichtung erfassten Zustand des vorderen und/oder hinteren Umwerfers dient.
Aus Merkmal M1.1 folgt, dass die beanspruchte Fahrrad-Kettenschalteinrichtung allein durch die von ihr umfassten – insoweit aus dem Zusammenhang der Ausführungsbeispiele herausgegriffenen – Bestandteile „Steuereinheit“ („control unit 130“) und „Einstellsteuereinrichtung“ („adjustment controller 130b) mit den jeweils nach den weiteren Angaben im Merkmal M1.1 sowie in den übrigen Merkmalen M1.2 bis M1.4.3 charakterisierten Funktionalitäten definiert ist.
Gemäß Merkmal M1.2 ist die „Steuereinheit“ hierbei dafür hergerichtet, ein Signal zu generieren, um den – den Kettenrädern des mit der Tretkurbel verbundenen Kettenradsatzes zugeordneten – „vorderen“ Umwerfer zur Ausführung einer Bewegung vom Ausgangs-Zahnkranz zum Ziel-Zahnkranz anzusteuern, die somit ein Umlegen der Kette von einem Zahnkranz auf einen benachbarten Zahnkranz um eine Gangschaltdistanz zur Folge haben soll. Die Auslösung der Signalgenerierung – selbst kein Merkmal des Anspruchs – kann gemäß der Beschreibung des Patents Abs. 0012, Zeilen 39 bis 48 i. V. m. Abs. 0010, Zeilen 56 bis 58 aus der manuellen Betätigung entsprechender Schalter resultieren.
Ein ähnlicher Sinngehalt ist dem Merkmal M1.2a zu unterlegen: Durch die Bereitstellung eines entsprechenden weiteren Signals kann das hintere Schaltwerk zur Ausführung einer Bewegung von dem Kettenritzel mit noch aufliegender Kette hin zu dem Kettenritzel um die hierfür notwendige Gangschaltdistanz angesteuert werden. Auslöser hierfür kann gemäß der Beschreibung des Patents die manuelle Betätigung entsprechender Schalter sein, vgl. Abs. 0009, Zeilen 41 bis 46 i. V. m. Absatz 0012 a. a. O. („Hochschaltschalter“ bzw. „Runterschaltschalter“).
Das Merkmal M1.3 schreibt der Steuereinheit dem Wortlaut nach eine Funktionalität zu, die das „Empfangen“ („receives“) eines „Zustandssignals“ („condition signal“) vorsieht, das einen „aus der Schaltoperation des vorderen und/oder hinteren Umwerfers resultierenden Zustand anzeigen“ soll.
Der „Zustand“ ist hierbei durch die Merkmale der Gruppe M1.4 dahingehend näher definiert, als dieser seinen Ausdruck in der Kombination von Positionssignalen findet und dessen Berücksichtigung im Rahmen der durch die Fahrrad-Kettenschalteinrichtung zu realisierenden Steuerung jedenfalls zur bedingten Auslösung einer Nachstellbewegung des vorderen Umwerfers durch die Einstellsteuereinrichtung führen soll. Der Fachmann unterstellt dem Merkmal M1.3 hierbei beiläufig, dass die Steuereinheit selbst die entsprechenden Positionssignale des vorderen und hinteren Umwerfers (Merkmale M1.4.1 und M1.4.2) auf das Vorliegen eines bestimmten Zustands hin auswertet, d. h. hierfür programmtechnisch ausgebildet ist.
Danach ist das Zustandssignal nicht identisch mit einem Positionssignal und es besteht auch keine „doppelte“ Abhängigkeit von einem Zustandssignal und Positionssignalen, wie von der Klägerin unterstellt; vielmehr folgt das Zustandssignal aus einer Betrachtung des durch die Positionssignale repräsentierten Schaltzustands. Der Offenbarung folgend resultiert ein – eine Nachverstellung des Umwerfers bedingender geänderter und insoweit in einem entsprechenden Zustandssignal Niederschlag findender – Zustand aus einer Schaltoperation des vorderen Umwerfers oder des hinteren Schaltwerks mit einhergehender Änderung eines Positionssignals, wobei die Kombination der Positionssignale insoweit den Rückschluss auf eine bestimmte Schrägstellung der Kette ermöglicht.
Dieses Verständnis wird bestätigt durch den Inhalt der erteilten Ansprüche 7, 8 und 9, die vorliegend in der Fassung der Merkmale M1.4.1, M1.4.2 und M1.4.3 aufgegangen sind. Denn gemäß dieser Merkmale soll das „Zustandssignal“ u. a. das Positionssignal des vorderen wie hinteren Umwerfers „enthalten“ können, bei entsprechender Kombination beider Signale würde dann der vordere Umwerfer im Sinne eines Nachverstellens aus der zuvor eingenommenen Stellung angesteuert.
Die der Einstellsteuereinrichtung (M1.4) zugewiesene Funktionalität und das bei der Steuereinheit (M1.3) vorgesehene „Empfangen“ des Zustandssignals wird der Fachmann daher im Kontext mit den übrigen Merkmalen in dem Sinne verstehen, dass das Zustandssignal des Merkmals M1.3 aus einer programmtechnischen Verarbeitung der vom vorderen und hinteren Umwerfer herrührenden Positionssignale innerhalb der Steuereinheit – die notwendige Zuführung der Signale hierfür unterstellt der Fachmann beiläufig – gemäß den Merkmalen M1.4.1 und M1.4.2 folgt und insoweit für eine weitere programmtechnische Berücksichtigung rechnerintern, d.h. innerhalb der Steuereinheit („gear shift controllers“), zur Verfügung steht; vorliegend zur Verarbeitung durch die Einstellsteuereinrichtung („adjustment controller“) gemäß Merkmal M1.4. Die Einstellsteuereinrichtung selbst ist hierbei zur bedingten Einleitung einer ggf. abfolgenden Auslösung einer Verstellbewegung zum Nachjustieren des vorderen Umwerfers – insoweit aus einer zuvor eingenommen Stellung, die aus der Einleitung einer Umverstellung (M1.2) und einem hieraus resultierenden Zustand in Abfolge (M1.3) resultiert – als Antwort auf den durch das Zustandssignal (M1.3) repräsentierten Zustand hergerichtet.
Hierbei handelt es sich deshalb um die Einsteuerung einer nachträglich vorgenommenen Feineinstellung des (vorderen) Umwerfers, weil der entsprechende Verstellweg gemäß Merkmal M1.4 kleiner als die zum Umlegen der Kette zwischen benachbarten Kettenrädern oder –ritzeln von einem auf notwendige, mit dem Merkmal M1.2 definierte Gangschaltdistanz ist und die Nachverstellung auch erst nach Auslösung eines Gangschaltbefehls oder dem Vollzug der Verstellung eines Umwerfers erfolgt, weil erst im Anschluss daran ggf. geänderte Positionssignale in einer Kombination vorliegen können – d. h. ein Zustand ermittelt wird –, der zu einer Nachjustierung des vorderen Umwerfers führen soll. Der Feinstellweg („adjustment distance“) ist nach Betrag und auch Richtung darüber hinaus nicht näher definiert; entsprechend zweckmäßige, von der konstruktiven Auslegung bzw. Anordnung der mechanischen Komponenten abhängige Festlegungen, die sich offensichtlich nach den praktischen Erfordernissen des Einzelfalls richten, überlässt das Patent dem Fachmann, vgl. Absatz [0014], Zeilen 32 bis 37.
So wird für den im Patent anhand des Flussdiagramms (Figur 7) beschriebenen Ablauf – insoweit ohne Einschränkung des Verständnisses des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag hierauf – programmtechnisch auch auf die Richtung der notwendigen Nachverstellung im Sinne des Merkmals M1.4.3 (Schritte S13/“adjust down oder S16/“adjust up“) je nach Ausrichtung der Kette zur Aufhebung einer schleifenden Anlage der Kette am vorderen Umwerfer geschlossen, die davon abhängt, ob beim eingestellten Gang das – gegenüber dem Rahmen – außenliegende Kettenrad mit einem der innenliegenden Kettenritzel über die Kette zusammenwirkt oder das innen zum Rahmen hin liegende Kettenrad mit einem der dem Rahmen abgewandten, außenliegenden Kettenritzel kombiniert ist.
Da sich je nach Gangstellung nach einer Umschaltung zwischen den Kettenrädern oder den Kettenritzeln die Schrägstellung der Kette – wegen der bei extremer Ausrichtung zuvor eine Nachverstellung des Umwerfers einzusteuern war – auch ver- ringern kann, schließt Merkmal M1.4.3 bei einer nach den Merkmalen des geltenden Anspruchs 1 im Übrigen programmtechnisch hergerichteten Fahrrad-Kettenschaltsteuereinrichtung auch eine Nachverstellung zurück in die – der Umschaltstellung entsprechende – Ausgangsposition des vorderen Umwerfers aus einer zuvor eingesteuerten Position heraus ein, den zuvor notwendigen und der neuen Kettenausrichtung dann nicht mehr angepassten Feinverstellungsweg zurücknehmend.
Die beanspruchte – lt. der Beschreibung Abs. 0012 Satz 1 mittels eines entsprechend programmierten Mikrorechners realisierbare – Fahrrad-Kettenschaltsteuereinrichtung ist von daher durch eine programmtechnisch vorgegebene Arbeitsweise definiert, bei der das Merkmal M1.4 ein für eine Ansteuerung des vorderen Umwerfers vorgesehenes Programmmodul bezeichnet, das die Fahrrad-Kettenschaltsteuereinrichtung (M1.1) insoweit wie auch die der Datenverarbeitung im Übrigen dienende Steuereinheit gemäß Merkmal M1.3 in vorrichtungstechnischer Hinsicht näher definiert.
III.
1. Der Gegenstand nach dem geltenden Anspruch 1 gemäß Hauptantrag mag neu im Sinne des § 3 PatG bzw. Art. 54 EPÜ gegenüber dem Inhalt der in der mündlichen Verhandlung betrachteten – und bereits im gerichtlichen Hinweis angesprochenen – Dokumente K7, K8 oder K9 sein, weil bei den daraus jeweils hervorgehenden Steuereinrichtungen für gleichsam Hilfskraft-betätigte Fahrrad-Kettenschaltvorrichtungen eine programmtechnische Herrichtung für eine Nachverstellung des vorderen Umwerfers um eine Feineinstelldistanz auch aus Anlass einer ausgelösten und von diesem selbst ausgeführten bzw. auszuführenden Gangschaltung entsprechend diesem Teil des Merkmals M1.3 nicht ausdrücklich vorgesehen ist und für die dort notwendigen programmtechnischen Maßnahmen die rechnerinterne Verwendung eines – lt. Merkmal M1.3 vorgesehenen – Zustandssignals ebenfalls nicht ausdrücklich angesprochen ist.
Jedoch ergibt sich die vorliegend beanspruchte Fahrrad-Kettenschaltsteuereinrichtung für den Fachmann jedenfalls in naheliegender Weise aus der Druckschrift K9 – auf deren Relevanz bzw. deren sich dem Fachmann unmittelbar und eindeutig erschließenden Offenbarungsgehalt bereits im gerichtlichen Hinweis abgestellt wurde – in Verbindung mit Fachwissen.
Die K9 beschreibt ein „elektronisches Steuersystem“ (vgl. Bezeichnung) für eine maschinisierte Fahrrad-Kettenschaltvorrichtung entsprechend dem gebotenen Verständnis der Merkmale M1.1, M1.2 und M1.2a, bei der die Positionen der vorderen Umwerfer entsprechend der Merkmale M1.4.1 und M1.4.2 erfasst werden. Denn der Verstellung der Umwerfer zum Umlegen der Kette zwischen benachbarten Zahnkränzen bzw. -ritzeln dienen dort elektromotorische Aktuatoren, wobei die Schaltstellungen mittels Sensoren erfasst werden, vgl. Spalte 5, Zeile 36 bis Spalte 6, Zeile 6 i. V. m. Spalte 6, Zeilen 26 bis 35 und Spalte 7, Zeilen 19 und 20.
Der notwendigen Ansteuerung der Aktuatoren zum Einstellen der gewählten Gangstufe dient dort eine entsprechend programmierte Datenverarbeitungseinheit („data processing unit“), vgl. Spalte 9, Zeilen 25 bis 36; in einem „manuellen“ Betriebsmodus werden die Umwerfer nach Einleitung eines Umschaltvorgangs durch Betätigung entsprechender Tasten automatisch in hierfür vorbestimmte Stellungen bewegt, vgl. Spalte 15, Zeilen 15 bis 21. In der K9 ist für die Ansteuerung des Aktuators beim Gangwechsel der Kette bzw. den Verlauf der Umschaltverstellung zwar noch eine kurzzeitige Bewegung des Umwerfers über das der gewünschten Gangstellung hinausgehende Maß („overtravel“) – i. S. einer Verstellung über die Mitte des Zielzahnkranzes bzw. –ritzels hinaus – zur Sicherstellung des Ketteneingriffs vorgeschlagen. Zum Abschluss des Umlegevorgangs ist jedoch unmittelbar abfolgend eine Verstellung um das gleiche Maß zurück vorgesehen, vgl. Spalte 18, Zeile 36ff. Zu genau diesem Ende, d. h. mit dem Abschluss einer dort somit entsprechend den Merkmalen M1.2 bzw. M1.2a eingesteuerten Gangschaltung – nach Ausführung der hierfür vorgesehenen Bewegungen – soll der Umwerfer jedenfalls auf die Mitte des gewählten Kettenrades ausgerichtet sein, vgl. Spalte 19, Zeilen 1 bis 4.
In der K9 ist bereits vorgeschlagen, die Stellung des vorderen Umwerfers automatisch zum Ausgleich der Änderung des Kettenwinkels einzustellen, „jedesmal wenn der hintere Umwerfer bewegt wird“, vgl. Spalte 15, Zeilen 21 bis 29. Demnach löst auch diese bekannte Steuereinrichtung Einstellungen zum Ausgleich „steiler Kettenwinkel zwischen den vorderen Kettenkränzen und den hinteren Kettenrädern automatisch“ aus, „die bei konventionellen manuellen Schaltsystemen vom Fahrer von Hand vorgenommen werden müssen“ (vgl. a. a. O.) – dies ebenfalls im Anschluss an einen Umschaltvorgang (des hinteren Kettenschaltwerks), weil erst hieraus die maßgebliche Änderung der Schrägstellung folgt. Somit lehrt die K9 die bei einer maschinisierten Fahrrad-Kettenschaltung durch bloße Programmierung einfach mögliche Automatisierung eines Nachverstellvorgangs, der bei handgeschalteten Kettenschaltungen vom Fahrer manuell durchgeführt wird: „Bei Vielgangfahrrädern muss der Fahrer außerdem bei jeder Stellungsänderung des hinteren Umwerfers eine kleine Einstellung an der Stellung des vorderen Umwerfers vornehmen, um den sich ändernden Kettenwinkel zwischen den hinteren Kettenrädern und den vorderen Kettenrädern auszugleichen, wenn verschiedene Gänge ausgewählt werden“, vgl. Spalte 1, Zeilen 49 bis 54.
Mithin ist mit der in K9 beschriebenen Funktionalität einer Feinjustierung der Umwerferstellung nach vollzogener Umschaltung dem Problem eines etwaigen Schleifens der Kette aufgrund einer Schrägstellung der Kette – also eines aus einem Schaltvorgang resultierenden „Zustands“ entsprechend Merkmal M1.3, auf den auch dort aus der Kombination der hierfür repräsentativen Positionssignale nach einem Schaltvorgang entsprechend Merkmal M1.4.3 geschlossen wird – insoweit jedenfalls für den Fall begegnet, dass diese Schrägstellung aus einer Verstellung des hinteren Umwerfers resultiert. Die Nachjustierung erfolgt daher auch bei dieser bekannten Steuereinrichtung selektiv. Dieser eindeutigen Offenbarung der K9 eines gleichsam „höchst reaktionsfreudigen Schaltsystems“, wie der Beklagtenvertreter die vorliegend beanspruchte Fahrrad-Kettenschaltsteuereinrichtung selbst beschrieben hat, steht nicht entgegen, dass diese auch die Implementierung von notwendigen Funktionalitäten beschreibt, wie die Kalibrierung von Sensoren und das Einlernen der für eine mittige Ausrichtung der Kette gegenüber dem jeweiligen Kettenrad bzw. –ritzel vom Umwerfer einzunehmenden Stellung. Eine Kalibrierung, d.h. die Bezugsetzung von Signalen der Positionssonsoren zu den Stellungen der Umwerfer ist auch für die streitpatentgemäße Steuereinheit beschrieben, vgl. Abs. [0011], Zeilen 26 bis 33, ebenso das Einlernen der für eine mittige Ausrichtung der Kette gegenüber dem jeweiligen Kettenrad bzw. –ritzel vom Umwerfer einzunehmenden Stellung – d. h. die Abspeicherung des hierfür jeweils repräsentativen Sensorsignals (vgl. u. a. Spalte 6, Zeilen 31 bis 35). Die Beklagte meint hierin – insoweit technisch unzutreffend – offenbar alternative Maßnahmen zur Vermeidung eines Schleifens der Kette bei schrägstehender Kette nach einer Umschaltung zu erkennen. Richtig ist vielmehr, dass die in K9 (ergänzend) angesprochene Nachjustierung somit der auch in der ebenfalls eine Fahrrad-Kettenschaltsteuerung beschreibenden Druckschrift K8 vorgeschlagenen Maßnahme entspricht, „korrigierende Verschiebungen des vorderen Kettenumwerfers 15 automatisch“ auszuführen, „wenn“ – d.h. nachdem – die Kette in eine „relative Extremstellung“ geschaltet worden ist, vgl. Spalte 6, Zeile 58 bis Spalte 7, Zeile 14 in der K8.
Das vom Fachmann so auch erwartete Problem einer Fehlstellung des vorderen Umwerfers in Bezug auf die Schrägstellung der Kette nach einer Gangschaltung stellt sich indes auch bei einer Umschaltung zwischen den vorderen Kettenrädern bei unveränderter Stellung des hinteren Umwerfers. Denn auch in diesem Fall kann die geschaltete Kettenrad-Ritzelkombination zu einer Schrägstellung der Kette führen, die bei unveränderter Stellung des vorderen Umwerfers ein andauerndes Schleifen der Kette daran zur Folge hätte; so unterstellt der Fachmann beiläufig bei einer auf 3 (vordere) Kettenräder und 12 (hintere) Kettenritzel ausgelegten Kettenschaltvorrichtung größere maximal mögliche Fehlstellungen als bei einer Kettenschaltvorrichtung, bei denen nur 2 (vordere) Kettenräder mit dementsprechend geringeren Querversatz schaltbar sind, wie bei der in K9 in Spalte 19, Zeilen 47 bis 50 angesprochenen Ausführung einer Kettenschaltung mit 24 Gangstufen. Dem bekannten Problem wird bereits der Fahrradfahrer bei der Bedienung einer hand-geschalteten Kettenschaltvorrichtung begegnen – wie auch in K9 a. a. O. angesprochen; so nämlich wenn gleichsam der Umwerfer zunächst in die für das Umlegen der Kette notwendige Stellung bewegt werden muss und auch nach vollzogenem Umschaltvorgang anschließend der vordere Umwerfers in eine Position ohne Schleifkontakt der Kette verstellt werden muss.
Spätestens beim Aufbau, d. h. bereits bei der Programmierung einer Steuerung mit der in K9 angesprochenen Funktionalität einer Nachverstellung in Abhängigkeit von der Schrägstellung der Kette – programmtechnisch gefolgert aus der Kombination der hierfür repräsentativen Positionssignale nach einem Schaltvorgang –, wird der Fachmann daher als ergänzende Maßnahme zur Ausbildung einer reaktiven, d. h. selbsttätig Ausgleichsbewegungen des vorderen Umwerfers einsteuernden Schaltsteuervorrichtung die bei einer manuellen Schaltvorrichtung vom Bediener vorzunehmenden Nachverstellungen in analoger Weise programmtechnisch durch eine diesen Vorgang nachahmende Steuerungseinrichtung auszulösen versuchen.
Dem Fachmann kann daher nicht nur diese Erkenntnis der Ursache eines offensichtlichen Nachteils im Stand der Technik maschinisierter Fahrradkettenschalteinrichtungen unterstellt werden, wenn im Anschluss an eine für das Umlegen der Kette notwendige Verstellung der vordere Umwerfer in einer der Schrägstellung der Kette nicht angepassten Endposition mit daran schleifender Kette Position verbliebe. Diesen Nachteil mit der ihm geläufigen Maßnahme abzustellen, nämlich der Nachverstellung des Umwerfers um einen Feinstellweg, in der kein Schleifen der Kette mehr auftritt, lag aufgrund der Erfolgserwartung auch nahe: Hierbei bietet sich zusätzlich die aus K9 bekannte maschinisierte Fahrrad-Kettenschaltvorrichtung an, die aufgrund der vorrichtungstechnischen und steuerungstechnischen Vorrüstung für eine Berücksichtigung auch des sich aus der Verstellung des vorderen Umwerfers ergebenden „Zustands“ bereits die Funktionalität einer automatischen Nachjustierung lehrt.
Daher ergänzt Merkmal M1.3 in der beanspruchten Merkmalskombination die vom Fachmann der K9 unmittelbar entnehmbare Fahrrad-Kettenschaltsteuereinrichtung lediglich um eine konsequente Umsetzung einer manuellen Vorgehensweise durch entsprechende Automatisierung eines Geschehensablaufs in analoger Weise.
Die rechnerinterne Verwendung eines Zustandssignals gemäß Merkmal M1.3 zur weiteren Verarbeitung durch eine Einstellsteuereinrichtung gemäß Merkmal M1.4 – auf vorstehende Ausführung zum Verständnis dieser Merkmale wird verwiesen – betrifft rein programmtechnische Maßnahmen; der Beschreibung des Streitpatents folgend sind diese durch Programmodule eines Steuerprogramms der Steuereinheit gemäß Merkmal M1.2 realisiert. Eine entsprechend strukturierte Programmierung liegt im Fachkönnen, das notwendige Wissen hierfür unterstellt bereits die Druckschrift D9 dem Fachmann.
Mithin hat das Streitpatent im Umfang des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag keinen Bestand und war für nichtig zu erklären.
2. Die im Umfang des Hilfsantrags 1 beanspruchte FahrradKettenschaltsteuereinrichtungen gemäß dem hierfür geltenden Anspruch 1 ergibt sich in naheliegender Weise aus der Druckschrift K9 in Verbindung mit Fachkönnen, ergänzt um mit der Druckschrift K7 vermittelte Maßnahmen.
Das gegenüber der Fassung des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ergänzte Merkmal M1.5H1 betrifft eine programmtechnische Herrichtung der Steuereinrichtung, die eine Verzögerung der Ausführung der nachjustierenden Feineinstellbewegung im Anschluss an die Erfassung eines „Zustands“ der Kettenschaltvorrichtung (Merkmal M1.4) anhand der hierfür repräsentativen Positionssignale bzw. der Kombination vorsieht (Merkmal M1.4.3). Insoweit wird hinsichtlich der übrigen Merkmale auf vorstehende Ausführungen zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag verwiesen.
Im Lichte der Beschreibung Abs. 0048 zielt die Maßnahme gemäß Merkmal M1.5H1 darauf ab, dass eine Nachjustierung erst nach dem Vollzug der Umschaltung eingesteuert werden soll. Somit verbleibt der Umwerfer zunächst hinrei- chend lange, d. h. einen ausreichenden Umlaufwinkel des übernehmenden Zahnkranzes, in der zum Schalten notwendigen Stellung, in der der Umwerfer vorliegend bei unkritischem „Zustand“ auch verbleiben könnte. Tatsächlich kann das hierfür notwendige vollständige Aufliegen, d. h. Eingreifen der Kette über einen hinreichenden Umschlingungswinkel, insbesondere an den (großen) Zahnkränzen nach der Bewegung des vorderen Umwerfers in die Umschaltposition nach Zeitablauf – bei angenommener Weiterbewegung der Tretkurbel – oder eben nach einer vorbestimmten Weiterdrehung des Zahnkranzes – die hierfür zu messtechnisch zu erfassen wäre – nur mit ausreichender Wahrscheinlichkeit unterstellt werden.
Für den Fachmann ist jedenfalls die – bereits bei der Bedienung manuell verstellter Kettenschaltvorrichtungen bestehende – Gefahr offensichtlich, dass eine zu früh eingeleitete Nachjustierung, soweit diese eine Rückverstellung des Umwerfer in Richtung der Ausgangsposition bedingt, das Abfallen einer noch nicht vollständig eingreifenden Kette zur Folgen haben könnte.
Ein Vorbild für die programmtechnische Implementierung einer solchen – die hierfür hergerichtete Vorrichtung näher bestimmende – Maßnahme bietet die Druckschrift K7, die wie die Entgegenhaltung K9 ein im Einzelnen die Betriebsweise einer maschinisierten Fahrrad-Kettenschaltvorrichtung beschreibt, vgl. dort Spalte 3, Zeilen 9 bis 17 i. V. m. Spalte 5, Zeilen 16 bis 23 u. a. Anspruch 1.
Für den Ablauf der Folgesteuerung der Umwerfer, die dort auch ein Nachjustieren – wenn auch nicht zur Einstellung des Umwerfers zum Zwecke des Ausgleichs einer Kettenschrägstellung – vorsieht (vgl. Spalte 6, Zeilen 21 bis 25), ist in Druckschrift K7 ebenfalls eine programmtechnische Realisierung einer Verzögerung der Abfolge von einzusteuernden Bewegungen der Umwerfer vorgeschlagen, da auch dort das vollständige Eingreifen der Kette in das korrespondierende Kettenradoder -ritzel nur unterstellt werden, weil nur die Positionssignale der Umwerfer messtechnisch erfasst werden, vgl. Spalte 6, Zeilen 50 bis 55 („the various signals may be generated […] after a certain delay“ / „delayed for a period of 2.5 revoluti- ons of crank arms“) i. V. m. Spalte 6, Zeilen 28 bis 35. Zwanglos – im Übrigen gemäß Anspruch 1 der K7 – wird der Fachmann die Beschreibung des Ausführungsbeispiels dort auch auf die Steuerung des vorderen Umwerfers beziehen.
Zur Erzielung einer funktionssicheren Schaltung – weil ein Umlegen der Kette sich nur über eine Mindestdrehung des Kettenrades oder -ritzels vollziehen kann – wird der Fachmann eine entsprechend den Merkmalen M1.1 bis M1.4.3 hergerichtete, insoweit bereits durch den Stand der Technik nahegelegte Fahrradkettenschaltvorrichtung zwangsläufig um die aus K7 hervorgehende, das Merkmal M1.5H1 im Stand der Technik belegende Maßnahme ergänzen; auf vorstehende Ausführungen zum Anspruch 1 gemäß Hauptantrag wird verwiesen.
Das weitere gegenüber der Fassung des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ergänzte Merkmal M1.6H1 definiert die im Merkmal M1.4.3 angesprochene Kombination von Positionssignalen – aus der sich das Zustandssignal (Merkmal M1.3) ableitet –, bei deren Vorliegen von der Steuereinheit eine Nachjustierung um den Feineinstellweg – insoweit selektiv – unter Vermittlung der Einstellsteuereinrichtung ausgelöst werden soll.
Wenn nämlich nach einem Umschaltvorgang egal welchen Umwerfers die Kette vorne auf dem innersten, d. h. zum Tretlager im Rahmen hin ausgerichteten Zahnkranz aufliegt (Pos. F1 in Figur 5) und dazu auf einem der äußeren, d. h. dem Hinterrad-Rahmausleger abgewandten Ritzel der hinteren Kassette aufliegt (Pos. R10 in Figur 5) – die eine (eben) ganzzahlige Anzahl M von Kettenritzeln zusammenfasst –, indizieren die entsprechenden Positionssignale der Umwerfer eine Schrägstellung der Kette, die ein Schleifen der Kette am vorderen Umwerfer nach vollzogener Umschaltung bedingen kann. Nur in diesem bzw. dem konträren Fall, wenn die Kette auf dem äußersten Kettenrad vorne und einem der inneren Ritzel hinten aufliegt, kann bzw. soll mit der Einsteuerung einer korrigierenden Feineinstellbewegung der Umwerfer in eine der Schrägstellung korrespondierenden Position verstellt werden.
Mag nun in der Druckschrift K9 Spalte 15, Zeilen 21 bis 29 vorgeschlagen sein, korrigierende Verschiebungen des vorderen Umwerfers immer („whenever“) vorzunehmen, wenn eine Umschaltung vollzogen wurde, wird der Fachmann in Anpassung an den praktischen Bedarfsfall Nachjustierungen nur für die Zustände programmtechnisch berücksichtigen bzw. den notwendigen Feineinstellweg entsprechend vorfestlegen, die auch tatsächlich ein Schleifen der Kette zur Folge haben könnten – genauso, wie der Bediener einer manuell verstellbaren Kettenschaltvorrichtung Nachjustierungen nur bei Bedarf vornehmen wird. Offensichtlich hängt die Notwendigkeit hierfür auch von der Ausbildung, z. B. der lichten Weite der die Kette führenden Gabel des vorderen Umwerfers ab. Andererseits kostet das elektromechanische Bewegen des Umwerfers bei maschinisierten Kettenschaltvorrichtungen Energie, die an Fahrrädern nur begrenzt zur Verfügung steht. Soweit bei einem unkritischen „Zustand“ ohne Schrägstellung der Kette die gemäß der Aussage in K9 a. a. O. nach jeder Gangschaltung automatisch zu kompensierende Fehlstellung insoweit programmtechnisch die Vorgabe eines Feineinstellwerts von „Null“ erfordert, unterscheidet sich die Steuereinheit dort in ihrer Wirkung nicht von den durch das Merkmal M1.6H1 über die benannten Kombinationen von Positionssignalen definierten Zuständen.
Soweit das Streitpatent zur Erzielung der gleichen Wirkung eine andere programmtechnische Lösung vorschreibt, hat diese – ungeachtet der Frage nach einem Beitrag zur näheren Ausgestaltung der beanspruchten Vorrichtung – im geltenden Anspruch keinen Niederschlag gefunden. Vor diesem Hintergrund betrifft das Merkmal M1.6H1 ebenfalls eine Maßnahme, die der Fachmann bei der konsequenten programmtechnischen Umsetzung einer manuellen Vorgehensweise nach dem Vorbild der K9 im Rahmen seines Fachkönnens in Erwartung des vorhersehbaren Ergebnisses vorsehen wird.
Die Auffindung des Gegenstands nach dem geltenden Anspruch 1 lag daher nahe; der Hilfsantrag 1 konnte somit keinen Erfolg haben.
3. Auch die im Umfang des Hilfsantrags 2 beanspruchte Fahrrad-Kettenschaltsteuereinrichtungen gemäß dem hierfür geltenden Anspruch 1 ergibt sich in naheliegender Weise aus der Druckschrift K9 in Verbindung mit Fachkönnen, ergänzt um mit der Druckschrift K7 vermittelte Maßnahmen.
Das gegenüber der Fassung des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ergänzte Merkmal M1.6.1H2 weist der relativen Bereichsangabe im Merkmal M1.6H1 betreffend die mögliche Kombination von Positionsignalen, die repräsentativ für eine signifikante Schrägstellung sein können, den absoluten Bereich von 1 bis 3 Ritzeln zu. Nach dem Verständnis des Fachmanns würde daher bei einer Kassette mit einer Anzahl M von 10 Ritzeln (R1 bis R10 beim Ausführungsbeispiel gemäß Figur 5) beim Aufliegen der Kette auf den 4 benachbart im mittigen Bereich der Kassette aufliegenden Kette gerade keine Nachverstellung des vorderen Umwerfers um den Feineinstellweg erfolgen. Denn in diesem Fall dürfte der Kette unabhängig von der Auflage der Kette auf einem der vorderen Zahnkränze nur eine derart geringe Schrägstellung aufgeprägt sein, die im konkreten Anwendungsfall auch keine fortdauernde, schleifende Anlage der Kette am Umwerfer bedingt.
Insoweit gelten vorstehende Aussagen zum Merkmal M1.6H1 des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 sinngemäß, demnach die programmtechnische Vorfestlegung der „Zustände“, bei denen die Notwendigkeit einer Nachjustierung besteht bzw. die Einstellsteuereinrichtung eine entsprechende Bewegung einsteuert, in das Belieben des Fachmanns gestellt ist, dem Vorbild der K9 folgend.
Im ergänzten Merkmal M1.7H2 ist eine Rückführ-Steuereinheit („return controller“) bezeichnet, mit einer Funktionalität, demnach bei einer mit dem Merkmal M1.7.1H2 definierten Kombination von Positionssignalen nach einem Umschaltvorgang eine zuvor eingesteuerte Nachjustierung des vorderen Umwerfers wieder zurückgenommen wird, indem eine Rückführung des Umwerfers in die ursprüngliche, nicht nachverstellte Ausgangsposition ausgelöst wird.
Nach dem Verständnis des Fachmanns kommt diesen Merkmalen die Bedeutung zu, dass eine einmal aufgrund eines hinreichenden „Zustands“ vorgenommene (vgl. vorstehende Aussagen zum Merkmal M1.6H1 / Hilfsantrag 1) und aufgrund einer Abfolge geänderten Stellung des hinteren Umwerfers hinfällig gewordene, weil nicht mehr notwendige oder gar schädliche – weil u. U. ein Schleifen der Ketten an der gegenüberliegenden Innenseite der Umwerfergabel nach der Umschaltung bedingende – Nachverstellung des vorderen Umwerfers zurückgenommen wird.
Diese Vorgehensweise schreibt indes bereits die Druckschrift K9 für die programmtechnische Realisierung der Einsteuerung einer Nachstellbewegung vor; dem dort beschriebenen Ausgleich von Schrägstellungen der Kette aus Anlass einer Gangumschaltung (vgl. Spalte 15, Zeilen 21 bis 29) unterstellt der Fachmann nämlich beiläufig, dass diese auch zu einer Rücknahme der Nachverstellung führen kann, weil eine Überprüfung auf das Erfordernis hierfür bzw. eine die jeweilige Schrägstellung kompensierende Nachverstellung dort bei jeder Umschaltung stattfindet. Von daher ergänzen auch die Merkmale M1.7H2 und M1.7.1H2 in der beanspruchten Merkmalskombination die vom Fachmann der K9 unmittelbar entnehmbare Fahrrad-Kettenschaltsteuereinrichtung lediglich um eine konsequente Umsetzung einer manuellen Vorgehensweise durch entsprechende Automatisierung eines Geschehensablaufs in analoger Weise.
Der Beschreibung des Streitpatents folgend ist die im Merkmal M1.7H2 bezeichnete Rückführ-Steuereinheit durch ein Programmodul eines Steuerprogramms der Steuereinheit gemäß Merkmal M1.2 realisiert. Eine entsprechend strukturierte Programmierung – unbeachtlich der Berücksichtigungsfähigkeit rechnerinterner Datenverarbeitungsvorgänge – liegt im Fachkönnen, das notwendige Wissen hierfür unterstellt bereits die Druckschrift D9 dem Fachmann.
Die Auffindung des Gegenstands nach dem geltenden Anspruch 1 lag daher nahe; der Hilfsantrag 2 konnte somit keinen Erfolg haben.
4. Auch die im Umfang des Hilfsantrags 3 beanspruchte Fahrrad-Kettenschaltsteuereinrichtungen gemäß dem hierfür geltenden Anspruch 1 ergibt sich in naheliegender Weise aus der Druckschrift K9 in Verbindung mit Fachkönnen, ergänzt um mit der Druckschrift K7 vermittelte Maßnahmen.
Mit der gegenüber der Fassung des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ergänzten Merkmalsgruppe M1.8H3 wird gegenüber der Definition durch die Merkmale M1.6H1 und M1.6.1H2 gemäß Hilfsantrag 1 bzw. Hilfsantrag 2 eine ausdrückliche Fallunterscheidung hinsichtlich einer Hochschaltung („upshift operation“) oder einer Runterschaltung („downshift operation“) für die „Zustände“ getroffen, bei denen eine Nachverstellung des vorderen Umwerfers aufgrund einer zu unterstellenden, hinreichenden Schrägstellung eingesteuert werden soll.
Nach dem Verständnis des Fachmanns resultiert eine Hochschaltung entweder aus dem Umlegen der Kette durch den vorderen Umwerfer auf einen größeren Zahnkranz und/oder aus dem Umlegen Kette durch den hinteren Umwerfer auf ein kleineres Ritzel – mit jeweils einhergehender Vergrößerung der Übersetzung.
Umgekehrt ist eine Runterschaltung durch einer Verringerung der Übersetzung gekennzeichnet, die aus einem Umlegen der Kette durch den vorderen Umwerfer auf einen kleineren Zahnkranz und/oder aus dem Umlegen der Kette durch den hinteren Umwerfer auf ein größeres Ritzel folgt.
Da die Ermittlung des „Zustands“ für die Auslösung einer Nachverstellung (Merkmal M1.4) jedoch nicht von der technischen Auswirkung einer bestimmten Kettenrad/-ritzelkombination für das Übersetzungsverhältnis, sondern gemäß Merkmal M1.4.3 allein von der Kombination von Positionssignalen abhängt, die einen Rückschluss auf die Schrägstellung der Kette zulässt, kommt der vorliegend ergänzten Merkmalsgruppe M1.8H3 auch keine andere Bedeutung als den Merkmalen M1.6H1 und M1.6.1H2 in ihrer Kombination zu, insoweit wird auf vorstehende Ausführungen zum Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 bzw. 2 verwiesen. Mithin können die vorgenommenen Ergänzungen auch nicht zu einer anderen Beurtei- lung der Patentfähigkeit des beanspruchten Gegenstands in seiner Gesamtheit führen.
Soweit die Beklagte eine Besonderheit darin zu erkennen meint, dass die Steuereinrichtung zur Unterscheidung genau der vier definierten Fälle gemäß den Merkmalen M1.8aH3, M1.8bH3, M1.8cH3 und M1.8dH3 hergerichtet ist, verkennt diese, dass diese „Fälle“ eben Folge von Umschaltungen sind, nach deren Vollzug jeweils bereits bei manuell betätigten Kettenschaltvorrichtungen die Bedienperson bedarfsweise eine Nachjustierung vornehmen würde bzw. der Stand der Technik dies auch für eine entsprechende Automatisierung eines Geschehensablaufs in analoger Weise nahelegt.
Dass eine etwaige programmtechnisch realisierte Fallunterscheidung im Rahmen einer strukturierten Programmierung zu einer anderen Beurteilung der Patentfähigkeit des beanspruchten Gegenstands in seiner Gesamtheit führen könnte, ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich, da diese im Rahmen der zuerkannten Fähigkeiten des Fachmanns erfolgt.
Die Auffindung des Gegenstands nach dem geltenden Anspruch 1 lag daher nahe; der Hilfsantrag 3 konnte somit keinen Erfolg haben.
5. Die im Umfang des Hilfsantrags 4 beanspruchte FahrradKettenschaltsteuereinrichtungen fasst mit dem hierfür geltenden Anspruch 1 die in den Patentansprüchen 1 gemäß Hauptantrag, Hilfsantrag 2 und Hilfsantrag 3 vorgenommenen Ergänzungen zusammen, ohne dass dies zu einer anderen Beurteilung der Patentfähigkeit des Gegenstands nach dem geltenden Anspruch 1 führt; dies ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
Mithin hat das Patent auch im Umfang des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 aus vorstehenden Erwägungen zur Patentfähigkeit der Gegenstände nach Haupt- bzw. Hilfsanträge 2 und 3 keinen Bestand.
6. Während die Hauptansprüche gemäß dem Haupt- und den Hilfsanträgen in Vorrichtungen gekleidete (Arbeits-) Verfahren betreffen, ist der (einzige) Anspruch gemäß Hilfsantrag 5 auf die Erscheinungsform einer Fahrrad-Kettenschaltsteuereinrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 in der Patentkategorie „Verfahren“ gerichtet; hierbei ist die beanspruchte Arbeitsweise der Fahrrad-Kettenschaltsteuereinrichtung hinsichtlich der „Zustände“ näher definiert, bei denen eine Nachverstellung eingesteuert werden soll, vorliegend durch Zuweisung einer absoluten Bereichsangabe ähnlich dem Merkmal M1.6.1H2 des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag betreffend die mögliche Kombination von Positionsignalen, die repräsentativ für eine signifikante Schrägstellung sein können.
Mithin gelten vorstehende Ausführungen zum Hauptantrag bzw. den Hilfsanträgen 1 und 2 – auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird – betreffend die Merkmale M1.1 bis M1.4.3 sowie M1.5H1, M1.6H1 und M1.6H2 sinngemäß, die in der Patentkategorie transponiert ihre Entsprechung in den Merkmalen V1.1H5 bis V1.8H5 des geltenden Anspruchs 1 finden.
Demnach ergibt sich das im Umfang des Hilfsantrags 5 beanspruchte Steuerverfahren, das die Arbeitsweise einer hierfür programmtechnisch herzurichtenden Fahrrad-Kettenschaltvorrichtung betrifft, in naheliegender Weise aus der Druckschrift K9 in Verbindung mit Fachkönnen, ergänzt um mit der Druckschrift K7 vermittelte Maßnahmen. Somit konnte auch der Hilfsantrag 5 keinen Erfolg haben.
7. Mit den vorliegenden Anträgen bestand keine Veranlassung zu Ausführungen über die Gegenstände der teilweise von den Anspruchssätzen mitumfassten abhängigen bzw. von der Patentkategorie her nebengeordneten Ansprüche im Einzelnen, da der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Vorsitzenden ausdrücklich von einer weiteren isolieren Verteidigung einzelner Patentansprüche im Hinblick auf den insoweit gestellten Hilfsantrag 14 abgesehen hat.
8. Da sich der Gegenstand der streitgegenständlichen Patentansprüche somit als nicht patentfähig erweist, bedurfte es letztlich auch keiner Entscheidung, ob die weiteren verfahrensgegenständlichen Nichtigkeitsgründe gleichfalls begründet sind, und ob die hilfsweise verteidigten Fassungen des Streitpatents auf zulässigen Änderungen beruhen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. §§ 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht verlängert werden.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Engels Sandkämper Kopacek Dr. Baumgardt Dr. Geier Pr