19 W (pat) 33/18
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 33/18 Verkündet am 3. April 2019
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2014 212 553 …
ECLI:DE:BPatG:2019:030419B19Wpat33.18.0 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. April 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Ing. J. Müller und Dipl.-Phys. Dr. Haupt beschlossen:
Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 1.23 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. April 2018 aufgehoben und das Patent 10 2014 212 553 widerrufen.
Gründe I.
Auf die am 30. Juni 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents mit der Nummer 10 2014 212 553 am 9. Juli 2015 veröffentlicht worden.
Es trägt die Bezeichnung
„Modulares Türantriebssteuerungssystem sowie modulares Türantriebssystem“.
Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 8. April 2016, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am gleichen Tag, Einspruch erhoben und beantragt, das Patent vollständig zu widerrufen. Sie hat sinngemäß geltend gemacht, dass das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG) und der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig sei (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).
Zum Stand der Technik hat die Einsprechende unter anderem auf die folgende Druckschrift Bezug genommen:
E1 SEW-EURODRIVE: Praxis der Antriebstechnik − Servotechnik, Ausgabe 09/2006, 11322802 / DE, September 2006.
Mit am Ende einer Anhörung am 26. April 2018 verkündetem Beschluss hat das Deutsche Patent- und Markenamt – Patentabteilung 1.23 – das Patent aufrechterhalten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden vom 17. Juli 2018.
Die Einsprechende beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 1.23 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. April 2018 aufzuheben und das Patent 10 2014 212 553 zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt,
die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen,
hilfsweise, unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde, das angegriffene Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: Patentansprüche 1 bis 17 gemäß Hilfsantrag 1 vom 2. März 2019,
weiter hilfsweise, Patentansprüche 1 bis 16 gemäß Hilfsantrag 2 vom 2. März 2019,
weiter hilfsweise, Patentansprüche 1 bis 15 gemäß Hilfsantrag 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 3. April 2019,
Beschreibung und Zeichnungen zu den Hilfsanträgen jeweils wie erteilt.
Der erteilte Patentanspruch 1 (Hauptantrag) lautet:
Modulares Türantriebssteuerungssystem (1) zur Steuerung und/oder Regelung von elektrischen Antriebsmotoren (5) zum Öffnen bzw. Schließen von Türen oder Türflügeln (84, 85) in unterschiedlichen Applikationen wie z.B. in einem Aufzug, an einem Bahnsteig oder an einer Werkzeugmaschine, mit – zumindest einer applikationsunabhängig ausgebildeten Motorsteuereinheit (3a, 3b) zur Erzeugung einer Ausgangsspannung zur Speisung eines daran angeschlossenen elektrischen Antriebsmotors (5), wobei die Motorsteuereinheit (3a, 3b) eine Einrichtung (56) zur Steuerung und/oder Regelung der Ausgangsspannung in Abhängigkeit von über eine Kommunikationsverbindung (72) erhaltenen Ansteuerbefehlen aufweist, – mehrere jeweils applikationsabhängig unterschiedlich ausgebildete Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) zur Anpassung der Motorsteuereinheit (3a, 3b) oder mehrerer der Motorsteuereinheiten an eine der unterschiedlichen Applikationen, – wobei die Motorsteuereinheit (3a, 3b) oder mehrere der Motorsteuereinheiten zur Übertragung elektrischer Leistung für den jeweils daran angeschlossenen Antriebsmotor (5) über einen gemeinsamen Zwischenkreis (71), vorzugsweise einen Gleichspannungszwischenkreis, wahlweise mit jeder der Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) verbindbar ist bzw. sind.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 vom 2. März 2019 lautet:
Modulares Türantriebssteuerungssystem (1) zur Steuerung und/oder Regelung von elektrischen Antriebsmotoren (5) zum Öffnen bzw. Schließen von Türen oder Türflügeln (84, 85) in unterschiedlichen Applikationen wie z.B. in einem Aufzug, an einem Bahnsteig oder an einer Werkzeugmaschine, mit – zumindest einer applikationsunabhängig ausgebildeten Motorsteuereinheit (3a, 3b) zur Erzeugung einer Ausgangsspannung zur Speisung eines daran angeschlossenen elektrischen Antriebsmotors (5), wobei die Motorsteuereinheit (3a, 3b) eine Einrichtung (56) zur Steuerung und/oder Regelung der Ausgangsspannung in Abhängigkeit von über eine Kommunikationsverbindung (72) erhaltenen Ansteuerbefehlen aufweist, – mehrere jeweils applikationsabhängig unterschiedlich ausgebildete Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) zur Anpassung der Motorsteuereinheit (3a, 3b) oder mehrerer der Motorsteuereinheiten an eine der unterschiedlichen Applikationen, – wobei die Motorsteuereinheit (3a, 3b) oder mehrere der Motorsteuereinheiten zur Übertragung elektrischer Leistung für den jeweils daran angeschlossenen Antriebsmotor (5) über einen gemeinsamen Zwischenkreis (71), vorzugsweise einen Gleichspannungszwischenkreis, wahlweise mit jeder der Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) verbindbar ist bzw. sind, – wobei die Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) applikationsabhängige Eingangs-Schnittstellen (21, 35, 37, 38) für Steuersignale und/oder für eine Kommunikation mit einer übergeordneten Steuerung aufweisen.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 vom 2. März 2019 lautet:
Modulares Türantriebssteuerungssystem (1) zur Steuerung und/oder Regelung von elektrischen Antriebsmotoren (5) zum Öffnen bzw. Schließen von Türen oder Türflügeln (84, 85) in unterschiedlichen Applikationen wie z.B. in einem Aufzug, an einem Bahnsteig oder an einer Werkzeugmaschine, mit – zumindest einer applikationsunabhängig ausgebildeten Motorsteuereinheit (3a, 3b) zur Erzeugung einer Ausgangsspannung zur Speisung eines daran angeschlossenen elektrischen Antriebsmotors (5), wobei die Motorsteuereinheit (3a, 3b) eine Einrichtung (56) zur Steuerung und/oder Regelung der Ausgangsspannung in Abhängigkeit von über eine Kommunikationsverbindung (72) erhaltenen Ansteuerbefehlen aufweist, – mehrere jeweils applikationsabhängig unterschiedlich ausgebildete Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) zur Anpassung der Motorsteuereinheit (3a, 3b) oder mehrerer der Motorsteuereinheiten an eine der unterschiedlichen Applikationen, – wobei die Motorsteuereinheit (3a, 3b) oder mehrere der Motorsteuereinheiten zur Übertragung elektrischer Leistung für den jeweils daran angeschlossenen Antriebsmotor (5) über einen gemeinsamen Zwischenkreis (71), vorzugsweise einen Gleichspannungszwischenkreis, wahlweise mit jeder der Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) verbindbar ist bzw. sind, – wobei die Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) applikationsabhängige Eingangs-Schnittstellen (21, 35, 37, 38) für Steuersignale und/oder für eine Kommunikation mit einer übergeordneten Steuerung und applikationsunabhängige Ausgangs-Schnittstellen (22, 23) für den Anschluss an den Zwischenkreis (71) und für Kommunikationsverbindungen (72) zu der (den) Motoreinheit(en) (3a, 3b) aufweisen.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 vom 3. April 2019 lautet:
Modulares Türantriebssteuerungssystem (1) zur Steuerung und/oder Regelung von elektrischen Antriebsmotoren (5) zum Öffnen bzw. Schließen von Türen oder Türflügeln (84, 85) in unterschiedlichen Applikationen wie z.B. in einem Aufzug, an einem Bahnsteig oder an einer Werkzeugmaschine, mit – zumindest einer applikationsunabhängig ausgebildeten Motorsteuereinheit (3a, 3b) zur Erzeugung einer Ausgangsspannung zur Speisung eines daran angeschlossenen elektrischen Antriebsmotors (5), wobei die Motorsteuereinheit (3a, 3b) eine Einrichtung (56) zur Steuerung und/oder Regelung der Ausgangsspannung in Abhängigkeit von über eine Kommunikationsverbindung (72) erhaltenen Ansteuerbefehlen aufweist, – mehrere jeweils applikationsabhängig unterschiedlich ausgebildete Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) zur Anpassung der Motorsteuereinheit (3a, 3b) oder mehrerer der Motorsteuereinheiten an eine der unterschiedlichen Applikationen, – wobei die Motorsteuereinheit (3a, 3b) oder mehrere der Motorsteuereinheiten zur Übertragung elektrischer Leistung für den jeweils daran angeschlossenen Antriebsmotor (5) über einen gemeinsamen Zwischenkreis (71), vorzugsweise einen Gleichspannungszwischenkreis, wahlweise mit jeder der Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) verbindbar ist bzw. sind, – wobei die Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) applikationsabhängige Eingangs-Schnittstellen (21, 35, 37, 38) für Steuersignale und/oder für eine Kommunikation mit einer übergeordneten Steuerung und applikationsunabhängige Ausgangs-Schnittstellen (22, 23) für den Anschluss an den Zwischenkreis (71) und für Kommunikationsverbindungen (72) zu der (den) Motoreinheit(en) (3a, 3b) aufweisen, wobei
– die Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) eine Einrichtung (21), vorzugsweise einen Mikrocontroller, zur Steuerung der Peripherieanpassungseinheit (2a, 2b, 2c) und zur applikationsabhängigen Erzeugung von Ansteuerbefehlen für die Motoreinheit(en) (3a, 3b) aufweisen und wobei die Motoreinheit(en) (3a, 3b) über die Kommunikationsverbindung (72) wahlweise mit jeder der Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) verbindbar ist (sind), um die Ansteuerbefehle an die Motoreinheit(en) (3a, 3b) zu übertragen.
Zum Wortlaut der sonstigen Ansprüche und wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde der Einsprechenden ist statthaft und auch sonst zulässig (§ 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 PatG, § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG). Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zum Widerruf des Patents.
2. Der Einspruch ist zulässig (§ 59 Abs. 1 PatG), insbesondere ist er fristgerecht eingegangen sowie ausreichend substantiiert.
3. Das Patent betrifft ein modulares Türantriebssteuerungssystem zur Steuerung und/oder Regelung von elektrischen Antriebsmotoren zum Öffnen bzw. Schließen von Türen oder Türflügeln in unterschiedlichen Applikationen wie z. B. in einem Aufzug, an einem Bahnsteig oder an einer Werkzeugmaschine. Die Erfindung betrifft ferner ein modulares Türantriebssystem mit einem derartigen Türantriebssteuerungssystem (Absatz 0001 der Streitpatentschrift).
Zum Hintergrund wird in der Beschreibungseinleitung der Patentschrift erläutert, dass Türantriebssteuerungen in einer Vielzahl unterschiedlicher Applikationen zur Anwendung kämen und hierbei unterschiedliche Antriebsaufgaben zu realisieren hätten. Es müssten dabei Türen mit nur einem einzigen Türflügel oder Türen mit zwei Türflügeln bewegt werden. Bei geringem Gewicht der Tür bzw. der Türflügel sei dabei üblicherweise nur ein einziger Antriebsmotor vorhanden. Schwere Türen besäßen wiederum für jeden der Türflügel einen oder sogar mehrere Antriebsmotoren. In manchen Anwendungen seien deshalb mehrere unterschiedliche Türen bzw. deren Türflügel zeitlich miteinander synchronisiert zu bewegen. Der Einsatz der Türantriebssteuerung könne dabei in unterschiedlichen Ländern mit Spannungsversorgungsnetzen mit unterschiedlichen Nennspannungen und Spannungsqualitäten erfolgen und auch die Einbausituation für die Türantriebssteuerung und den Antriebsmotor könne von Fall zu Fall unterschiedlich sein (Absätze 0002 und 0005 bis 0007).
Nachteilig bei den aus dem Stand der Technik bekannten Türantriebssteuerungssystemen sei, dass bisher somit oftmals für jede Applikation bzw. Antriebsaufgabe eine jeweils gesonderte Türantriebssteuerung entworfen werden musste, was mit Aufwand und somit Kosten verbunden gewesen sei (Absatz 0008).
Vor diesem Hintergrund sei es Aufgabe der Erfindung, den Aufwand für die Anpassung der Türantriebssteuerung an unterschiedliche Applikationen zu reduzieren (Absatz 0009).
3.1 Diese Aufgabe werde durch den Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 (Hauptantrag) gelöst, der sich wie folgt gliedern lässt:
M1 Modulares Türantriebssteuerungssystem (1) zur Steuerung und/oder Regelung von elektrischen Antriebsmotoren (5) zum Öffnen bzw. Schließen von Türen oder Türflügeln (84, 85) in unterschiedlichen Applikationen wie z. B. in einem Aufzug, an einem Bahnsteig oder an einer Werkzeugmaschine, mit M2 ‒ zumindest einer applikationsunabhängig ausgebildeten Motorsteuereinheit (3a, 3b) zur Erzeugung einer Ausgangsspannung zur Speisung eines daran angeschlossenen elektrischen Antriebsmotors (5), M2.1 wobei die Motorsteuereinheit (3a, 3b) eine Einrichtung (56) zur Steuerung und/oder Regelung der Ausgangsspannung in Abhängigkeit von über eine Kommunikationsverbindung (72) erhaltenen Ansteuerbefehlen aufweist, M3 ‒ mehrere jeweils applikationsabhängig unterschiedlich ausgebildete Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) zur Anpassung der Motorsteuereinheit (3a, 3b) oder mehrerer der Motorsteuereinheiten an eine der unterschiedlichen Applikationen, M3.1 ‒ wobei die Motorsteuereinheit (3a, 3b) oder mehrere der Motorsteuereinheiten zur Übertragung elektrischer Leistung für den jeweils daran angeschlossenen Antriebsmotor (5) über einen gemeinsamen Zwischenkreis (71), vorzugsweise einen Gleichspannungszwischenkreis, wahlweise mit jeder der Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) verbindbar ist bzw. sind.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 umfasst neben den Merkmalen M1 bis M3.1 des erteilten Anspruchs 1 das sich daran anschließende Merkmal M4 – wobei die Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) applikationsabhängige Eingangs-Schnittstellen (21, 35, 37, 38) für Steuersignale und/oder für eine Kommunikation mit einer übergeordneten Steuerung aufweisen.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 umfasst neben den Merkmalen M1 bis M4 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 das sich daran anschließende Merkmal M4.1 und applikationsunabhängige Ausgangs-Schnittstellen (22, 23) für den Anschluss an den Zwischenkreis (71) und für Kommunikationsverbindungen (72) zu der (den) Motoreinheit(en) (3a, 3b) aufweisen.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 umfasst neben den Merkmalen M1 bis M4.1 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 das sich daran anschließende Merkmal M5 wobei die Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) eine Einrichtung (21), vorzugsweise einen Mikrocontroller, zur Steuerung der Peripherieanpassungseinheit (2a, 2b, 2c) und zur applikationsabhängigen Erzeugung von Ansteuerbefehlen für die Motoreinheit(en) (3a, 3b) aufweisen und wobei die Motoreinheit(en) (3a, 3b) über die Kommunikationsverbindung (72) wahlweise mit jeder der Peripherieanpassungseinheiten (2a, 2b, 2c) verbindbar ist (sind), um die Ansteuerbefehle an die Motoreinheit(en) (3a, 3b) zu übertragen.
3.2 Als Fachmann legt der Senat einen Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik, der über mehrjährige Berufserfahrungen auf dem Gebiet der Steuerungs- und Regelungstechnik für Antriebe, einschließlich Türantriebe, verfügt, zu Grunde.
3.3 Der Fachmann versteht die Angaben in den Patentansprüchen 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen 1 bis 3 wie folgt:
a) Zunächst ist für den Fachmann ohne Weiteres klar, die in den Merkmalen M4.1 und M5 genannten „Motoreinheit(en) (3a, 3b)“ nichts anderes bezeichnen als die in den Merkmalen M2 und M3.1 genannten „Motorsteuereinheiten (3a, 3b)“.
b) Unter einer Applikation versteht der Fachmann die Anwendung, die Verwendung oder den Gebrauch eines Gegenstandes oder im übertragenen Sinn auch eines Datenverarbeitungsprogrammes. In der Streitpatentschrift sind verschiedene Antriebsaufgaben eines modularen Türantriebssteuerungssystems genannt, unter anderem in den Ausführungsbeispielen (Absatz 0045) und im Merkmal M1 beispielhaft Antriebe für Türen oder Türflügel in einem Aufzug, an einem Bahnsteig oder an einer Werkzeugmaschine. Nach der Beschreibungseinleitung sind als unterschiedliche Applikationen auch der Einsatz für eine unterschiedliche Anzahl von Türflügeln mit unterschiedlichem Gewicht oder der Einsatz in verschiedenen Ländern mit Spannungsversorgungsnetzen mit unterschiedlichen Nennspannungen und Spannungsqualitäten zu verstehen (Absätze 0005 und 0006).
Dementsprechend dienen die applikationsabhängig unterschiedlich ausgebildeten Peripherieanpassungseinheiten nach Merkmal M3, die nach Merkmal M5 auch applikationsabhängige Ansteuerbefehle für die Motoreinheiten erzeugen, dazu, die Motorsteuereinheiten an eine der unterschiedlichen Verwendungen anzupassen. In der Beschreibung sind dazu noch weitere Beispielen für mögliche Applikationen der Peripherieanpassungseinheiten angegeben: Energiemanagement (Absatz 0016), Rückspeisung von Bremsenergie bei einem generatorischen Motorbetrieb (Absätze 0024 und 0056), Bedienen und Beobachten der Türantriebssteuerung (Absätze 0026 und 0057) sowie zeitliche Synchronisation von mehreren Antriebsmotoren (Absatz 0027).
Im Gegensatz dazu sollen bei den applikationsunabhängig ausgebildeten Motorsteuereinheiten, welche gemäß Merkmal M2 eine Ausgangsspannung zur Speisung eines daran angeschlossenen elektrischen Antriebsmotors erzeugen, keine verwendungsspezifischen Anpassungen erforderlich sein (Absatz 0013); diese könnten deshalb für eine Vielzahl von unterschiedlichen Antriebskonfigurationen eingesetzt werden (Absatz 0018). Diese applikationsunabhängigen Motorsteuereinheiten, die gemäß den Merkmalen M2.1 und M3.1 eine Einrichtung zur Steuerung und/oder Regelung der Ausgangsspannung in Abhängigkeit von über eine Kommunikationsverbindung erhaltenen Ansteuerbefehlen aufweisen und zur Übertragung elektrischer Leistung für den jeweils daran angeschlossenen Antriebsmotor über einen gemeinsamen Zwischenkreis wahlweise mit jeder der Peripherieanpassungseinheiten verbindbar sind, sollen sich aber trotzdem hinsichtlich ihrer Baugröße und Leistungsfähigkeit unterscheiden können (Absatz 0046).
Um die applikationsunabhängigen Motorsteuereinheiten in verschiedenen Applikationen einsetzen zu können, müssen die Peripherieanpassungseinheiten einerseits applikationsabhängige Eingangs-Schnittstellen zur Anpassung an die speziellen Applikationen und andererseits applikationsunabhängige AusgangsSchnittstellen für den Anschluss an den Zwischenkreis bzw. zu den Motorsteuereinheiten nach Art eines Adapters aufweisen, so wie es in den Merkmalen M4 und M4.1 der Hilfsanträge 1 und 2 beansprucht wird.
c) Zusätzlich enthalten die Peripherieanpassungseinheiten gemäß Merkmal M5 des Hilfsantrags 3 jeweils eine Einrichtung zur Steuerung und zur Erzeugung von Ansteuerbefehlen, welche über die Kommunikationsverbindung zu den Motorsteuereinheiten übertragen werden. Dies schließt nicht aus, dass den Peripherieanpassungseinheiten ihrerseits Steuerbefehle von einer übergeordneten Steuerung bereitgestellt werden (Absatz 0014).
d) Durch das Merkmal M1 ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß allen Anträgen zwar auf ein Antriebssteuerungssystem zur Steuerung und/oder Regelung von elektrischen Antriebsmotoren zum Öffnen bzw. Schließen von Türen oder Türflügeln beschränkt, es sind jedoch keine einschränkenden kon- struktiven Einzelheiten genannt, die sich bei der Verwendung eines Antriebsmotor als Türantrieb von einer sonstigen Verwendung ergeben.
Daher misst der Fachmann der Angabe Türantriebssteuerungssystem nicht mehr Bedeutung zu, als dass das Antriebssystem zum Steuern und/oder Regeln von elektrischen Antriebsmotoren zum Öffnen bzw. Schließen von Türen oder Türflügeln verwendet werden soll.
4. Es kann dahin gestellt bleiben, ob das Streitpatent die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG), da wegen mangelnder Patentfähigkeit ihrer Gegenstände weder eine Aufrechterhaltung des Patents nach Hauptantrag noch eine beschränkte Aufrechterhaltung des Patents nach einem der Hilfsanträge in Betracht kommt (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 PatG).
4.1 Da die Verwendungsangabe im vorliegenden Fall bei der Prüfung auf Patentfähigkeit unbeachtlich ist, stellt der Senat fest, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht neu und daher nicht patentfähig ist (§ 1 Abs. 1 i. V. m. § 3 PatG).
Das Dokument „SEW-EURODRIVE: Praxis der Antriebstechnik – Servotechnik, Ausgabe 09/2006“ (E1) beschäftigt sich allgemein mit Servotechnik, insbesondere mit Stell- und Positionierantrieben. Es wendet sich mit dem Band aus der Reihe „Praxis der Antriebstechnik“ an technische Fachkräfte, die Servoapplikationen bearbeiten, vermittelt in anschaulicher Weise Kenntnisse über den Aufbau und die Funktionsweise von gängigen Komponenten der Servotechnik sowie deren Einsatzgebiete und Projektierung (Seite 6, Einleitung). Im Kapitel 4 auf den Seiten 66 bis 78 werden sogenannte Servoverstärker, die dem zuständigen Fachmann als Antriebssteuerungssysteme zur Steuerung und Regelung von elektrischen Antriebsmotoren geläufig sind, beschrieben. Aus dem Dokument E1 ist, ausgedrückt in Worten des Anspruchs 1 nach Hauptantrag, Folgendes bekannt: Ein M1 modulares Antriebssteuerungssystem zur Steuerung und/oder Regelung von elektrischen Antriebsmotoren in unterschiedlichen Applikationen mit
(Auf den Seiten 71 bis 78, insbesondere in Abschnitt 4.2, sind modulare Antriebssteuerungssysteme zur Steuerung und/oder Regelung von elektrischen Antriebsmotoren (Überschrift 4.2: „Das modulare Mehrachs-Servoverstärkersystem“ und Bild 68) in unterschiedlichen Applikationen (beispielsweise Seite 74, Abschnitt 4.2.4: „Je nach Applikation muss bei der Projektierung entschieden werden, welches Verfahren am Besten geeignet ist.“) erläutert.)
Bild 68 der Druckschrift E1 M2 ‒ zumindest einer applikationsunabhängig ausgebildeten Motorsteuereinheit zur Erzeugung einer Ausgangsspannung zur Speisung eines daran angeschlossenen elektrischen Antriebsmotors,
(Das modulare Servosystem (Abschnitt 4.2 und Bild 68) enthält mehrere Motorsteuereinheiten (Achsmodule 1, 2 und n), die auf Seite 75 in Abschnitt 4.2.5 näher beschrieben werden und deren prinzipieller Aufbau zusammen mit dem eines zugehörigen Versorgungsmoduls mit optionalem Wechselrichter im Bild 72 dargestellt ist.
Bild 72 der Druckschrift E1 mit Hervorhebungen durch den Senat Im Bild 72 ist zu erkennen, dass der Wechselrichter des als Motorsteuereinheit fungierenden Achsmoduls (Abschnitt 4.2.5, erster Satz: „Das Achsmodul dient zur Ansteuerung eines Servomotors mit einem frequenzveränderlichen 3-phasigen Drehfeld.“) eine Ausgangsspannung zur Speisung des daran angeschlossenen elektrischen Antriebsmotors M erzeugt. Das Achsmodul ist applikationsunabhängig im Sinne des Streitpatents ausgebildet, da die Anpassung an die verschiedenen Applikationen durch die alternative Verwendung eines Wechselrichters zur Netzrückspeisung nicht im Achsmodul, sondern im Versorgungsmodul vorgenommen wird (Legende Bild 72: „∗ Wechselrichter nur bei Netzrückspeisung“).)
M2.1 wobei die Motorsteuereinheit eine Einrichtung zur Steuerung und/oder Regelung der Ausgangsspannung in Abhängigkeit von über eine Kommunikationsverbindung erhaltenen Ansteuerbefehlen aufweist,
(Wie in der untersten „Zeile“ des Bildes 72 dargestellt, ist dort eine Kommunikationsverbindung vorgesehen, die Ansteuerbefehle (unterer Pfeil in Bild 72: „PC / ext. Steuerung“) an das Achsmoduls und schließlich an den Wechselrichter des Achsmoduls überträgt, worauf dieses den damit angetriebenen Motor M steuert (Seite 75, Abschnitt 4.2.5: „Das Achsmodul dient zur Ansteuerung eines Servomotors mit einem frequenzveränderlichen 3-phasigen Drehfeld. Ein Achsmodul enthält im Wesentlichen: … • Kommunikations-Schnittstelle und binäre Ein- /Ausgänge als Grundfunktion der Steuerungstechnik“). Die Steuerung der Ausgangsspannung ist näher in Abschnitt 4.1.2 auf Seite 68 in Bild 66 dargestellt und wird dort erläutert: „Der Wechselrichter wird über die Zwischenkreis-Spannung UZ versorgt. Die IGBTs werden von der zugehörigen Ansteuerung so getaktet, dass am Ausgang des Achsmoduls und somit am Motor eine pulsweitenmodulierte Spannung anliegt.“)
Bild 66 der Druckschrift E1 M3 ‒ mehrere jeweils applikationsabhängig unterschiedlich ausgebildete Peripherieanpassungseinheiten zur Anpassung der Motorsteuereinheit oder mehrerer der Motorsteuereinheiten an eine der unterschiedlichen Applikationen,
(Zu den den Peripherieanpassungseinheiten entsprechenden Versorgungsmodulen wird in Abschnitt 4.2.1 erläutert, dass je nach Applikation entweder ein Bremswiderstand zum Einsatz kommt, der in das Versorgungsmodul integriert werden kann (Seite 71, zweiter Gliederungspunkt inklusive Fußnote) oder alternativ bei einer Applikation mit Netzrückspeisung im Versorgungsmodul zusätzlich ein Wechselrichter eingebaut wird (Seite 72, Bild 69, Legende: „∗ Wechselrichter nur bei Netzrückspeisung“). Zu Applikationen ohne Netzrückspeisung sind drei Möglichkeiten angegeben, wie die überschüssige Energie abgeführt werden kann (Seite 72, Gliederungspunkte 2 bis 4).
Bild 69 der Druckschrift E1 mit Hervorhebungen durch den Senat Schließlich wird auf Seite 74 in Abschnitt 4.2.4 erklärt: „Je nach Applikation muss bei der Projektierung entschieden werden, welches Verfahren am besten geeignet ist.) und zu den Applikationen mit Netzrückspeisung in den Zeilen 1 und 3 der Spalte 2 der Tabelle angegeben: „Netzrückspeisung … Vollständig im Versorgungsmodul integriert.“).)
M3.1 ‒ wobei die Motorsteuereinheit oder mehrere der Motorsteuereinheiten zur Übertragung elektrischer Leistung für den jeweils daran angeschlossenen Antriebsmotor über einen gemeinsamen Zwischenkreis, vorzugsweise einen Gleichspannungszwischenkreis, wahlweise mit jeder der Peripherieanpassungseinheiten verbindbar ist bzw. sind.
(Beim Servoverstärker nach Kapitel 4 werden die Wechselrichter der den Motorsteuereinheiten entsprechenden Achsmodulen über einen Zwischenkreis vom Netzmodul bzw. Versorgungsmodul mit einer Zwischenkreis-Spannung UZ versorgt. Dieser Zwischenkreis wird auf Seite 67 in Abschnitt 4.1.1 näher beschrieben und ist als Gleichspannungszwischenkreis ausgebildet („Gleichstromzwischenkreis“, Dreiphasengleichrichter: „B6-Diodenbrücke“ und „UZ DC Zwischenkreis-Spannung“). Der Anschluss von mehreren Motorsteuereinheiten über einen gemeinsamen Zwischenkreis ‒ wahlweise an ein Versorgungsmodul mit oder ohne Wechselrichter für die Netzrückspeisung ‒ ist in dem Mehrachssystem des Bildes 73 auf Seite 76 dargestellt.
Bild 73 der Druckschrift E1 Die Tatsache, dass die Motorsteuereinheiten wahlweise mit jeder der Peripherieanpassungseinheiten verbindbar sind, ergibt sich bereits aus der Modularität des Servoverstärkersystem (Abschnitt 4.2), wird aber auch durch die Verbindungsmöglichkeiten der Achsmodule 1 bis n gemäß Bild 73 mit Versorgungsmodulen mit Netzrückspeisung (vgl. dazu Seite 73, Abschnitt 4.2.2) oder ohne Netzrückspeisung (vgl. dazu Seite 73, Abschnitt 4.2.3 BremsChopper und Bremswiderstand) verdeutlicht.)
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist damit vollständig von der Druckschrift E1 vorweggenommen.
Die Patentinhaberin hat den Zeitpunkt der öffentlichen Zugänglichkeit des Dokuments „SEW-EURODRIVE: Praxis der Antriebstechnik – Servotechnik“ (E1) zwar in Zweifel gezogen, jedoch außer einem Verweis auf eine im Internet abrufbare, nach dem Anmeldetag des Streitpatents gegenüber der Druckschrift E1 geänderten pdf-Datei-Version, keine Tatsachen vorgetragen, die tatsächlich Zweifel an der Vorveröffentlichung der Druckschrift E1 erwecken könnten. Zum einen weist das in Papierform eingereichte Dokument E1 auf der Seite 1 das Datum „Ausgabe 09/2006“ und auf Seite 6 am Ende der Einleitung die Angabe „Bruchsal, September 2006“ auf. Zum anderen werden derartige Druckschriften nach der Lebenserfahrung in unmittelbarem Anschluss nach der Herstellung auch verteilt, wobei grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass der auf der Druckschrift angegebene Zeitpunkt mit der öffentlichen Zugänglichkeit identisch ist (vgl. Schulte PatG, 10. Auflage, § 3 Rdn. 42).
Insofern bestehen seitens des Senats keine Zweifel an der Vorveröffentlichung der Druckschrift E1.
Auch den Einwänden der Patentinhaberin, der Fachmann würde die Druckschrift E1 nicht heranziehen, da die dort beschriebene industrielle Antriebstechnik völlig andere Anforderungen zu erfüllen habe, sich somit auf einem anderen technischen Gebiet befinde als die Türsteuerungstechnik gemäß dem Streitpatent, und der Fachmann würde derartige dreiphasige Servosteuerungen lediglich für große und komplexe Industrieanlagen verwenden und nicht für Türantriebssteuerungssysteme, kann der Senat nicht folgen.
Antriebssteuerungen werden auch für Türen für Werkzeugmaschinen eingesetzt, wie im Streitpatent ausdrücklich angegeben ist (Merkmal M1, Absatz 0001), womit sich diese im Patentanspruch 1 fakultativ genannten Verwendungsbeispiele auf dem Gebiet der industrielle Antriebstechnik befinden und der Fachmann somit Veranlassung hat, sich auch auf diesem technischen Gebiet zu informieren und die Lehren der Druckschrift E1 in seine Überlegungen einzubeziehen.
Zudem beschränken sich Türantriebssteuerungen nicht auf Türen in der Größenordnung von den im Streitpatent exemplarisch genannten Aufzugs- oder Bahnsteigtüren, sondern diese werden für eine große Bandbreite von Türanlagen eingesetzt, wie beispielsweise auch für Hangar-, Werft-, Kraftwerkstüren und insbesondere Strahlenschutztüren mit Massen von mehreren Tonnen, die regelmäßig mit servogesteuerten Drehstromantrieben bewegt werden.
4.2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist nicht neu und daher nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 i. V. m. § 3 PatG).
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 enthält über den Hauptantrag hinausgehend noch die Spezifikation durch das Merkmal M4, wonach die Peripherieanpassungseinheiten applikationsabhängige Eingangs-Schnittstellen für Steuersignale und/oder für eine Kommunikation mit einer übergeordneten Steuerung aufweisen.
Wie beispielsweise das oben zu Merkmal M3 nach Hauptantrag wiedergegebene Bild 69 aus Abschnitt 4.2.1 der Druckschrift E1 zeigt, enthält das den Peripherieanpassungseinheiten entsprechende Versorgungsmodul offensichtlich auch beim Stand der Technik eine applikationsabhängige Eingangs-Schnittstelle für Steuersignale und für eine Kommunikation mit einer übergeordneten Steuerung (Bild 69, linker unterer Pfeil und unterer Block des Versorgungsmoduls: „PC / ext. Steuerung … Kommunikation“). Dass es sich dabei um eine übergeordnete Steuerung handelt, ist auch dem 4. Gliederungspunkt auf Seite 71 zu entnehmen: „Ein Versorgungsmodul enthält im Wesentlichen: … • den Anschluss einer zentralen Kommunikation“ und dem 8. Hauptgliederungspunkt auf Seite 66: „• gängige Schnittstelle / Anschlussmöglichkeit für Bedienteil und PC, z. B. USB, Ethernet,“.
4.3 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist nicht neu und daher nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 i. V. m. § 3 PatG).
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 enthält über den Hilfsantrag 1 hinausgehend noch die zusätzliche Spezifikation durch das Merkmal M4.1, wonach die Peripherieanpassungseinheiten außerdem applikationsunabhängige Ausgangs-Schnittstellen für den Anschluss an den Zwischenkreis und für Kommunikationsverbindungen zu den Motorsteuereinheiten aufweisen.
Die Peripherieanpassungseinheiten nach Druckschrift E1 versorgen die Wechselrichter der Achsmodule (Motorsteuereinheiten) über die Zwischenkreis-Spannung UZ des Zwischenkreises (Seite 67, Abschnitt 4.1.1). Dass es sich dabei um applikationsunabhängige Ausgangs-Schnittstellen handelt, ergibt sich für den Fachmann beispielsweise aus der Angabe des ersten Absatzes auf Seite 72: „Bei einem modularen Servoverstärkersystem wird der Zwischenkreis im Versorgungsmodul erzeugt. Er wird elektrisch über eine mechanische Zwischenkreisverbindung, z. B. einem Schienensystem, mit den Achsmodulen verbunden.“, da die Achsmodule somit unabhängig von der jeweiligen Applikation über das Schienensystem mit derselben Zwischenkreis-Spannung UZ versorgt werden. Die Schnittstelle der Kommunikationsverbindung wird dabei durch den Doppelpfeil „Überwachung + Kommunikation“ zwischen Versorgungsmodul und Achsmodul in den Bilder 69 und 72 symbolisiert.
4.4 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist nicht neu und daher nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 i. V. m. § 3 PatG).
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 enthält über den Hilfsantrag 2 hinausgehend noch die zusätzliche Spezifikation durch das Merkmal M5, wonach die Peripherieanpassungseinheiten eine Einrichtung, vorzugsweise einen Mikrocontroller, zur Steuerung der Peripherieanpassungseinheit und zur applikationsabhängigen Erzeugung von Ansteuerbefehlen für die Motorsteuereinheiten aufweisen und wobei die Motorsteuereinheiten über die Kommunikationsverbindung wahlweise mit jeder der Peripherieanpassungseinheiten verbindbar sind, um die Ansteuerbefehle an die Motorsteuereinheiten zu übertragen.
Dem Abschnitt 4.2.1 auf Seite 71 der Druckschrift E1 entnimmt der Fachmann, dass die den Peripherieanpassungseinheiten entsprechenden Versorgungsmodule eine Einrichtung zur Selbststeuerung enthalten: „Ein Versorgungsmodul enthält im Wesentlichen: … • den Überspannungsschutz, … • verschiedene Überwachungsfunktionen wie Netzausfallüberwachung oder Messung der ZwischenkreisSpannung.“.
Weiterhin ist dem gleichen Abschnitt eine Einrichtung zur applikationsabhängigen Erzeugung von Ansteuerbefehlen für die Motoreinheiten zu entnehmen, wobei die Motoreinheiten über die Kommunikationsverbindung wahlweise mit jeder der Peri- pherieanpassungseinheiten verbindbar sind, um die Ansteuerbefehle an die Motoreinheiten zu übertragen: „Ein Versorgungsmodul enthält im Wesentlichen: … • einen Kommunikationsbus zu den Achsmodulen“. Wie auch das oben zu Merkmal M3.1 nach Hauptantrag wiedergegebene Bild 73 aus Abschnitt 4.2.6 zeigt, enthält das Servoverstärkersystem nicht nur die Verbindung über den Zwischenkreis, mit dem Motoreinheiten über die Kommunikationsverbindung wahlweise mit jeder der Peripherieanpassungseinheiten verbindbar sind, sondern auch eine derartige Kommunikationsverbindung zur Übertragung von Ansteuerbefehlen. Dass die in den Versorgungsmodulen nicht explizit gezeigte Einrichtung zur applikationsabhängigen Erzeugung von Ansteuerbefehlen vorhanden ist, liest der Fachmann ohne Weiteres mit, da beispielsweise Antriebssteuerungssysteme von Werkzeugmaschinen mit einer Vielzahl von Achsmodulen, die miteinander synchronisiert oder zeitlich aufeinander abgestimmt betrieben werden, nur durch eine solche Einrichtung zu realisieren sind.
Der Vollständigkeit halber stellt der Senat in Bezug auf die lediglich fakultative genannte, der Druckschrift E1 nicht explizit entnehmbaren Angabe, wonach es sich bei der Einrichtung zur Steuerung der Peripherieanpassungseinheit vorzugsweise um einen Mikrocontroller handelt, fest, dass es auf dem Gebiet der Servoverstärkersysteme eine rein fachübliche Maßnahme ist, eine solche Steuerungsaufgabe von einem Microcontroller wahrnehmen zu lassen.
4.5 Die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 sind damit ebenfalls vollständig von der Druckschrift E1 vorweggenommen.
5. Nachdem die Patentinhaberin ihr Patent ausschließlich in der Fassung vollständiger Anspruchssätze gemäß dem Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 verteidigt hat und sich keiner der unabhängigen Patentansprüche 1 als patentfähig erwiesen hat, war der Beschwerde der Einsprechenden stattzugeben und das angegriffene Patent insgesamt zu widerrufen (BGH, Beschluss vom
27. Februar 2008 – X ZB 10/07, GRUR-RR 2008, 456 – Installiereinrichtung, Rdn 22).
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. 2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war. 3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt. 4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. 5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind. 6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt Kirschneck J. Müller Dr. Haupt Ko