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I B 176/13

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 15.10.2014, I B 176/13 Rechtliches Gehör - Gewerbesteuerbefreiung für ein Reha-Zentrum - Länge der Urteilsgründe Tatbestand I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt eine Einrichtung, die Rehabilitations- und Versorgungsleistungen auf dem Gebiet der Orthopädie und der Kardiologie erbringt. Sie begehrte, für die aus dieser Tätigkeit erzielten Gewinne von der Gewerbesteuer gemäß § 3 Nr. 20 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 2002) befreit zu werden. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt) trat dem mit der Begründung entgegen, dass weder ein Krankenhaus i.S. des § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG 2002 noch eine "Einrichtung zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen oder zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen" i.S. des § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG 2002 betrieben werde. Das Sächsische Finanzgericht (FG) schloss sich dieser Auffassung an. In seinem klageabweisenden Urteil vom 10. Oktober 2013 4 K 1898/11 ließ es die Revision nicht zu. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.

Entscheidungsgründe II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG ist weder von der Entscheidung des Niedersächsischen FG vom 12. November 2012 7 K 10204/09 (Deutsches Steuerrecht-Entscheidungsdienst --DStRE-- 2013, 1497, juris) abgewichen noch hat es den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt.

1. a) Eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen Divergenz setzt voraus, dass das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als ein anderes Gericht. Das FG muss seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 11. November 2013 XI B 99/12, BFH/NV 2014, 366; vom 8. Januar 2014 XI B 120/13, BFH/NV 2014, 686).

b) Nach diesen Maßstäben liegt die behauptete Abweichung tatsächlich nicht vor.

aa) Die Klägerin trägt vor, dass die Vorinstanz dem in der vermeintlichen Divergenzentscheidung aufgestellten Rechtssatz, Erträge aus der sog. ambulanten Rehabilitation seien nach § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG 2002 von der Gewerbesteuer befreit, widersprochen habe. Tatsächlich hat das Niedersächsische FG einen abstrakten Rechtssatz dieses Inhalts nicht aufgestellt. Wie aus den weiteren Urteilsgründen hervorgeht (Urteil des Niedersächsischen FG in DStRE 2013, 1497, Rz 19 und 20 in juris), hat das Gericht für die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift entscheidend darauf abgestellt, ob der dortige Kläger eine ambulante oder eine teilstationäre Rehabilitationseinrichtung betrieben hat, weil nach dem von ihm eingenommenen abstrakten Rechtsstandpunkt teilstationäre Einrichtungen von der Befreiungsvorschrift erfasst werden, ambulante aber nicht. Das Niedersächsische FG hat die Umstände "seines" Falles dahin gewürdigt, dass eine teilstationäre Einrichtung betrieben wurde. Mit der Verwendung der Abkürzung "sog." in der Formulierung, Erträge aus der sog. ambulanten Rehabilitation seien steuerbefreit, hat das Niedersächsische FG verdeutlicht, dass die umgangssprachlich häufig "ambulant" bezeichneten Rehabilitationszentren im konkreten Streitfall in rechtlicher Hinsicht als teilstationäre Einrichtung zu qualifizieren war.

bb) Den Rechtssatz, dass physiotherapeutische Maßnahmen den Begriff der Pflegeleistung i.S. des § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG 2002 erfüllen, hat das Niedersächsische FG in der Tat aufgestellt (Urteil in DStRE 2013, 1497, Rz 20 in juris). Davon ist die Vorinstanz der Sache nach auch abgewichen. Allerdings war diese Abweichung nicht entscheidungserheblich.

Der angegriffenen Entscheidung liegt die Rechtsauffassung zugrunde, dass Rehabilitationsleistungen generell nicht in den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG 2002 fallen, weil es hierbei schwerpunktmäßig um krankentherapeutische und nicht um pflegerische Tätigkeiten geht, die Befreiungsnorm aber auf Einrichtungen zur Pflege pflegebedürftiger Personen --und nicht zur Behandlung kranker Personen-- zugeschnitten ist. Demgegenüber geht das Niedersächsische FG davon aus, dass Einrichtungen, die Rehabilitationsleistungen erbringen, sehr wohl unter die Befreiungsnorm fallen, solange sie nur als teilstationäre und nicht bloß als ambulante Einrichtungen betrieben werden.

Dieser Divergenz in der abstrakten Auslegung und Anwendung des § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG 2002 kommt aber im Streitfall keine tragende Bedeutung zu, weil die Vorinstanz die von der Klägerin betriebene Einrichtung gerade nicht als teilstationäres, sondern als ambulantes Rehabilitationszentrum gewürdigt hat. Somit wäre der Klage auch unter Zugrundelegung der Auffassung des Niedersächsischen FG der Erfolg zu versagen gewesen.

2. a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO) umfasst die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen; auch muss aus der Begründung der gerichtlichen Entscheidung erkennbar sein, dass eine Auseinandersetzung mit dem wesentlichen Vorbringen der Verfahrensbeteiligten stattgefunden hat. Diese richterliche Pflicht geht jedoch nicht so weit, dass sich das Gericht mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich befassen müsste, da davon auszugehen ist, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen hat. Es darf das Vorbringen außer Acht lassen, das nach seiner Auffassung unerheblich oder unsubstantiiert ist. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (Senatsbeschluss vom 7. November 2012 I B 172/11, BFH/NV 2013, 561, m.w.N.).

b) Im Streitfall hat das FG der Klägerin das rechtliche Gehör gewährt. Die Vorinstanz hat ausweislich des Urteilstatbestands das tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Klägerin zum gesetzlichen Tatbestandsmerkmal der "vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen" i.S. des § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG 2002 (so insbesondere das wiederholte Zitieren des Urteils des Niedersächsischen FG in DStRE 2013, 1497 sowie zahlreiche Einzelangaben zu den Leistungen des Rehabilitationszentrums, der Aufenthaltsdauer der Patienten, der Nutzung der Infrastruktur u.a.) zur Kenntnis genommen und auch in Erwägung gezogen. Dies verdeutlichen die Entscheidungsgründe, in denen, wenn auch vielleicht nicht in der von der Klägerin gewünschten Ausführlichkeit, auf den Kern des Sach- und Rechtsvortrages argumentativ eingegangen wird. So wurde die Klägerin eindeutig mit sachlich nachvollziehbarer Begründung dahingehend beschieden, dass Leistungen der Rehabilitation nicht zu Pflegekosten i.S. des § 3 Nr. 20 Buchst. d GewStG 2002 führen, die Leistungen der Klägerin nicht als pflegerisch, sondern als vorwiegend therapeutisch zu qualifizieren sind und dieses Tätigkeitsfeld nicht von der genannten Befreiungsvorschrift erfasst wird. Damit wurde offenbar, dass und aus welchen Gründen die Vorinstanz der von der Klägerin geteilten abweichenden Rechtsauffassung des Niedersächsischen FG in dessen Urteil in DStRE 2013, 1497 nicht zu folgen vermochte (s. oben unter II.1.b bb der Gründe dieses Beschlusses). Es war vor diesem Hintergrund nicht geboten, diese Meinungsunterschiede noch zusätzlich durch eine ausdrückliche Erwähnung des Urteils des Niedersächsischen FG und die Verwendung des gebräuchlichen Kürzels "a.A." besonders herauszustellen. Auch dem tatsächlichen Vorbringen zur "Patientenaufnahme" hat das FG einen ganzen Urteilsabsatz gewidmet (S. 12 des Urteilsumdrucks). Dies genügte. Eine besonders "intensive" Urteilsbegründung zu allen rechtlichen und tatsächlichen Einzelfragen eines Falles ist nicht geboten. Die Länge der Urteilsgründe muss nicht mit der Länge des Beteiligtenvorbringens korrespondieren.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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