35 W (pat) 5/13
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 5/13
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
BPatG 152 08.05
…
wegen Löschung des Gebrauchsmusters … (hier: Kostenfestsetzungsverfahren)
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. Mai 2015 durch die Vorsitzende Richterin Werner sowie den Richter Eisenrauch und die Richterin Bayer beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Dezember 2012 insoweit abgeändert, als die von der Antragsgegnerin der Antragstellerin zu erstattenden Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens auf 2.314 Euro festgesetzt werden und im Übrigen der Kostenfestsetzungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen wird.
Dieser Betrag ist mit 5% über dem Basiszinssatz ab dem 18. Oktober 2011 zu verzinsen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
3. Der Antrag der Antragsgegnerin, die Beschwerdegebühr zu erstatten, wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Antragsgegnerin ist bzw. war Inhaberin des am 31. Juli 2003 eingetragenen Gebrauchsmusters … mit der Bezeichnung „…“. Die Antragstellerin hat am 12. Februar 2008 Löschungsantrag gestellt. Das Gebrauchsmuster wurde gelöscht, weil die Antragsgegnerin von einem Widerspruch abgesehen hatte.
Mit Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Oktober 2008 wurden die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin auferlegt.
Am 18. Oktober 2011 beantragte die Antragstellerin die von der Antragsgegnerin ihr zu erstattenden Kosten auf 5.440,60 Euro festzusetzen sowie eine Verzinsung seit Antragstellung. Sie stellte ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 125.000 Euro zwei 1,3 fache Geschäftsgebühren, eine für den Patentanwalt und eine für den mitwirkenden Rechtsanwalt (also zwei mal 1.860,30 Euro) und außerdem 2 mal eine Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von je 20 Euro in Rechnung. Dazu kam noch ein Betrag von 1.380 Euro für 8 Stunden zu 110 Euro für den Rechercheur und zwei Stunden zu 250 Euro für die Auswertung durch den Patentanwalt. Weiterhin wurde auch die Löschungsantragsgebühr in Höhe von 300 Euro angesetzt.
Das Patentamt hat durch Beschluss vom 13. Dezember 2012 die von der Antragsgegnerin der Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 4814,20 Euro festgesetzt. Der Betrag sei mit 5% über dem Basiszinssatz ab dem 18. Dezember 2008 zu verzinsen. Der weitergehende Antrag wurde zurückgewiesen.
Der Beschluss geht von einem Streitwert in Höhe von 100.000 Euro aus. Als zu ersetzende Kosten wurden folgende Beträge festgesetzt:
Eine Verfahrensgebühr gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz-Vergütungsverzeichnis (RVG-VV) Nr. 2300 mit einem Satz von 2,3 in Höhe von insgesamt 3114,2 Euro, 20 Euro gemäß RVG-VV Nr. 7002 pauschale Entgelte für Post und Telekommunikationsdienstleistungen, Recherchekosten in Höhe von 1380 Euro und die Löschungsgebühr in Höhe von 300 Euro.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 17. Dezember 2012 beim Patentamt eingegangene Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie ist der Auffassung, dass höchstens eine Geschäftsgebühr mit einem Satz von 1,0 zu zahlen sei, da keine mündliche Verhandlung und kein umfangreicher Schriftwechsel stattgefunden habe, sondern das Gebrauchsmuster gelöscht worden sei, weil kein Widerspruch erfolgte. Recherchekosten könnten nicht mehr als 640 Euro verlangt werden.
Die Antragsgegnerin beantragt,
1. den Beschluss aufzuheben und die zu erstattenden Kosten auf EUR 2.314,- festzusetzen,
2. den festgesetzten Betrag erst ab dem Eingang des Kostenfestsetzungsantrags (18. Oktober 2011) zu verzinsen und
3. die Beschwerdegebühr in Höhe von EUR 50 zu erstatten.
Die Antragstellerin hat sich zur Sache im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die zulässige, insbesondere auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 62 Abs. 2 Satz 4 PatG (in Verbindung mit § 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG) eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg.
Die Gebrauchsmusterabteilung hat mit Beschluss vom 22. Oktober 2008 der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zu diesen Kosten gehören die der Antragstellerin erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung der Ansprüche und Rechte notwendig waren (§ 17 Abs. 4 GebrMG i. V. m. § 62 Abs. 2 PatG).
Die Gebrauchsmusterabteilung ist bei ihrem Kostenfestsetzungsbeschluss von einem Gegenstandswert in Höhe von 100.000 Euro ausgegangen. Dies wird in der Beschwerde nicht in Frage gestellt.
Entgegen der Auffassung der Gebrauchsmusterabteilung ist hinsichtlich der Geschäftsgebühr gemäß RVG-VV Nr. 2300 lediglich der einfache Satz von 1,0 anzusetzen, das sind bei einem Gegenstandswert von 100.000 Euro nach der hier maßgeblichen Gebührentabelle nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) aus der Zeit bis zum 01. August 2013 1.354 Euro. Für die Vertretung in einem Verwaltungsverfahren besteht bei der Geschäftsgebühr ein Rahmen von 0,5 bis 2,5. Dabei kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Vorliegend geht es um ein Gebrauchsmuster mit der Bezeichnung „…“, das mit einem Hauptanspruch und mit vier Unteransprüchen eingetragen worden ist. Es handelt sich daher nicht um einen umfangreichen Anspruchssatz. Auch ist nicht ersichtlich, dass es sich im Vergleich zu anderen Löschungsverfahren um eine schwierige Sache gehandelt hat. Auch sind Gebrauchsmusterlöschungsverfahren nicht aus Prinzip umfangreiche oder schwierig Fälle. Zudem wurde das Gebrauchsmuster hier ohne mündliche Verhandlung gelöscht, weil die Antragsgegnerin dem Löschungsantrag nicht widersprochen hat. Daher ist ausgehend von einem Rahmen von 0,5 bis 2,5 ein Gebührensatz von 1,0 angemessen.
Soweit im angegriffenen Beschluss ein Gebührensatz von 2,3 angesetzt wurde mit der Begründung, der Höhe nach erscheine jeweils ein Ansatz von 1,3 für das Verfahren bzw. 1,0 als solches bei einer Verhandlung als angemessen, kann dem nicht gefolgt werden, da keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat und auch ein Ansatz von 1,3 für das Verfahren als zu hoch erscheint, nachdem es sich um einen unterdurchschnittlich umfangreichen und nicht schwierigen Fall gehandelt hat. Zudem ist für die Vertretung in einem Verwaltungsverfahren nur eine einheitliche Geschäftsgebühr geschuldet, so dass sich auch deswegen eine Summierung von einer normalen Geschäftsgebühr mit dem 1,3 fachen Satz und einer zusätzlichen Geschäftsgebühr für die mündliche Verhandlung verbietet. Ein höherer Satz ist auch nicht durch die Doppelvertretung gerechtfertigt, da sich bei einer Doppelvertretung nicht der Satz ändert, sondern sich lediglich die Frage stellt, ob man für den Patentanwalt und den Rechtsanwalt je für sich den entsprechenden Satz ansetzen könnte. Nachdem der angegriffene Beschluss die Geschäftsgebühr nur einfach und nicht doppelt für die Vertretung durch den Patentanwalt und den Rechtsanwalt ausgewiesen hat, führt schon das Verschlechterungsverbot dazu, dass nur eine Geschäftsgebühr angesetzt werden kann.
Recherchekosten, die über den Betrag von 640 Euro, d. h. 8 Stunden Recherche zu je 80 Euro (vgl. Bühring/Schmid, Gebrauchsmustergesetz, 8. Aufl. § 17 Rdnr. 196) hinaus festgesetzt wurden, sind nicht gerechtfertigt. Soweit in den festgesetzten Recherchekosten im angegriffenen Beschluss das Entgelt für die Auswertung durch den Rechtsanwalt enthalten ist, ist dies nicht gerechtfertigt, da diese Tätigkeit schon durch die Geschäftsgebühr abgedeckt ist (vgl. Bühring/Schmid, Gebrauchsmustergesetz, 8. Aufl. § 17 Rdnr. 197).
Die Festsetzung der Post- und Telekommunikationspauschale in Höhe von je 20 Euro und der Löschungsantraggebühr in Höhe von 300 Euro ist mit der Beschwerde nicht angegriffen. Diese beiden Beträge zusammen mit der Geschäftsgebühr mit dem einfachen Satz von 1,0 i. H. v. 1.354 Euro und den Recherchekosten i. H. v. 640 Euro ergeben die im Tenor festgesetzte Summe der von der Antragsgegnerin der Antragstellerin zu erstattenden Kosten.
Die festgesetzten Kosten sind mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen. Ein Verzinsungsausspruch erfolgt nur auf Antrag, § 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG, § 62 Abs. 2 Satz 3 PatG, § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Die Verzinsung beginnt mit Eingang des ersten Antrags, frühestens mit Bestands- bzw. Rechtskraft der Kostengrundentscheidung (vgl. Bühring/Schmid, Gebrauchsmustergesetz, 8. Aufl. § 17 Rdn. 140). Nachdem die Kostengrundentscheidung den Beteiligten im November 2008 zugestellt wurde, beginnt die Verzinsung mit Eingang des Kostenfestsetzungsantrags am 18. Oktober 2011.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 GbrMG, § 84 Abs. 2 PatG, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Antragstellerin als Beschwerdegegnerin, da die Beschwerde Erfolg hatte. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung (§ 84 Abs. 2 Satz 2 PatG).
Der Antrag der Antragsgegnerin, ihr die Beschwerdegebühr zu erstatten, wird zurückgewiesen. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 18 GebrMG i. V. m. § 80 Abs. 3 PatG erfolgt ausnahmsweise, wenn es unbillig wäre, die Gebühr einzubehalten (vgl. Bühring, Gebrauchsmustergesetz, 8. Aufl. § 18 Rdnr. 145). Der angegriffene Beschluss enthält keine so groben Verfahrensfehler, dass eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr der Billigkeit entspräche. Allein der Erfolg der Beschwerde rechtfertigt eine Rückzahlung dieser Gebühr noch nicht. Auch ist der Betrag, um den es im vorliegenden Beschwerdeverfahren geht, nicht so gering (vgl. Bühring, Gebrauchsmustergesetz, 8. Aufl. § 18 Rdnr. 151), dass die Rückzahlung der Beschwerdegebühr der Billigkeit entspräche.
III. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Werner Eisenrauch Bayer Bb