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StB 71/24

BUNDESGERICHTSHOF StB 71/24 BESCHLUSS vom 8. Januar 2025 in dem Strafvollstreckungsverfahren betreffend wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland u.a.

hier: Sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die Ablehnung der Bestellung eines Pflichtverteidigers für das Verfahren über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung ECLI:DE:BGH:2025:080125BSTB71.24.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Verteidigers des Verurteilten am 8. Januar 2025 gemäß § 142 Abs. 7 Satz 1, § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1, § 311 StPO beschlossen:

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Vorsitzenden des 6. Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. November 2024 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I. 1 Das Oberlandesgericht Stuttgart hat den Beschwerdeführer am 8. Februar 2023 unter anderem wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland - „Islamischer Staat“ (IS) - in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig seit dem 22. Februar 2024. Die Strafe wird derzeit vollstreckt. Zwei Drittel der Strafe sind seit dem 1. Januar 2025 verbüßt; das Strafende ist auf den 1. Januar 2027 notiert. 2 Der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts hat über eine Strafrestaussetzung zur Bewährung gemäß § 57 Abs. 1 StPO zu befinden. Der Verurteilte hat in eine solche eingewilligt. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, eine Reststrafenaussetzung zum gegenwärtigen Zeitpunkt abzulehnen.

Der Vorsitzende des 6. Strafsenats des Oberlandesgerichts hat mit Beschluss vom 13. November 2024 einen Antrag abgelehnt, dem Verurteilten für das Verfahren über eine Strafrestaussetzung zum Zwei-Drittel-Zeitpunkt einen Pflichtverteidiger beizuordnen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Wahlverteidiger des Verurteilten mit der sofortigen Beschwerde vom 20. November 2024. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, das Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen.

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 142 Abs. 7 Satz 1, § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1, § 311 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. § 142 Abs. 7 Satz 1 StPO eröffnet die sofortige Beschwerde nach seinem Wortlaut („Entscheidungen über die Bestellung“) und dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 19/13829 S. 50) auch gegen Entscheidungen, mit denen die Bestellung eines Verteidigers abgelehnt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2022 - StB 5/22, juris Rn. 7).

Dem Gesamtzusammenhang der Beschwerdeschrift lässt sich hinreichend entnehmen, dass das Rechtsmittel vom Verteidiger für den - allein beschwerdeberechtigten - Verurteilten eingelegt worden ist und damit eine Beschwerde des Verurteilten darstellt (vgl. insofern BGH, Beschluss vom 24. März 2022 - StB 5/22, juris Rn. 8).

2. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet.

a) Die Bestellung eines Pflichtverteidigers im Vollstreckungsverfahren, namentlich im Verfahren über eine Reststrafenaussetzung zur Bewährung, kommt - in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 StPO - nur ausnahmsweise in Betracht, wenn besondere Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage im Vollstreckungsverfahren oder die Schwere des Vollstreckungsfalls für den Verurteilten dies gebieten oder der Verurteilte unfähig ist, seine Rechte sachgerecht selbst wahrzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2022 - StB 26/22, BGHR StPO § 140 Abs. 2 Vollstreckungsverfahren 1 Rn. 9 mwN). Insofern ist eine zurückhaltende Handhabung angezeigt, weil das Strafvollstreckungsverfahren die Mitwirkung eines Verteidigers in weit geringerem Maße erfordert als das Erkenntnisverfahren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 2002 - 2 BvR 613/02, NJW 2002, 2773, 2774).

b) Hieran gemessen hat der gemäß § 142 Abs. 3 Nr. 3 in Verbindung mit § 462a Abs. 5 Satz 1 StPO für die Entscheidung zuständige Vorsitzende des 6. Strafsenats des Oberlandesgerichts zu Recht die Bestellung eines Pflichtverteidigers abgelehnt.

aa) Die Sach- und Rechtslage des Vollstreckungsverfahrens weist keine besonderen Schwierigkeiten auf; es handelt sich vielmehr um einen typischen Fall der Prüfung der Voraussetzungen für eine Reststrafenaussetzung zur Bewährung nach Verbüßung von zwei Dritteln der verhängten Strafe, der keine Besonderheiten erkennen lässt. Die zu beantwortenden Fragen werfen sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht keine Schwierigkeiten auf. Weder die Dauer der bislang vollstreckten Strafe noch der zu vollstreckende Strafrest lassen den Vollstreckungsfall als so schwerwiegend erscheinen, dass eine Pflichtverteidigerbestellung im Sinne des § 140 Abs. 2 StPO notwendig wäre. Zudem sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Verurteilte, der hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache hat, seine Rechte im Vollstreckungsverfahren selbst nicht sachgerecht wahrnehmen kann.

bb) Der Umstand, dass gegebenenfalls im weiteren Verlauf des Verfahrens über eine Reststrafenaussetzung zur Bewährung ein kriminalprognostisches Gutachten gemäß § 454 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO einzuholen sein wird, gebietet eine Pflichtverteidigerbestellung jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt gleichfalls nicht. Zwar kann die Erörterung eines solchen Gutachtens im Einzelfall eine Pflichtverteidigerbestellung erfordern, wenn hierfür besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten erforderlich sind, über die der Verurteilte nicht verfügt (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2022 - StB 26/22, NStZ-RR 2022, 357, 358). Auch in den Fällen einer nach § 454 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO gebotenen Einholung eines kriminalprognostischen Gutachtens ist aber in aller Regel keine Pflichtverteidigerbestellung veranlasst, solange das Gutachten noch nicht vorliegt oder - wie hier - noch nicht einmal eine Entscheidung darüber getroffen worden ist, ob es einer kriminalprognostischen Begutachtung des Verurteilten bedarf (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2022 - StB 26/22, NStZ-RR 2022, 357, 358).

cc) Schließlich ergibt sich die Notwendigkeit einer Pflichtverteidigerbestellung für die anstehende Vollstreckungsentscheidung nicht schon daraus, dass hier statt einer Strafvollstreckungskammer gemäß § 462a Abs. 5 Satz 1 StPO das Oberlandesgericht zu entscheiden hat (vgl. diesbezüglich näher BGH, Beschluss vom 29. Juni 2022 - StB 26/22, BGHR StPO § 140 Abs. 2 Vollstreckungsverfahren 1 Rn. 17).

3. Nach alledem ist die sofortige Beschwerde des Verurteilten mit der Kostenfolge des § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO als unbegründet zu verwerfen.

Schäfer Paul Kreicker

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