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IV ZR 137/14

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES IV ZR 137/14 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 21. Oktober 2015 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 2. Oktober 2015 für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 7. März 2014 wird auf Kosten der Klägerseite zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 61.089,99 € festgesetzt.

Gründe:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge von vier Lebensversicherungen.

Diese wurden jeweils aufgrund eines Antrages d. VN, in einem Fall mit Versicherungsbeginn zum 1. November 1999 und in drei weiteren Fällen mit Versicherungsbeginn zum 1. Oktober 2004 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit den Versicherungsscheinen,

welche jeweils die Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. enthielten, die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG).

D. VN zahlte in der Folge die Versicherungsprämien. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2011 kündigte er die drei Verträge aus dem Jahr 2004 und der Versicherer zahlte den jeweiligen Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom Juli 2012 erklärte er zu den drei Verträgen den Widerspruch nach § 5a VVG a.F. Hinsichtlich des Vertrages aus dem Jahr 1999 erklärte er 2012 die Kündigung, woraufhin der Versicherer den Rückkaufswert auszahlte. Im August 2013 erklärte er dann auch insoweit den Widerspruch nach § 5a VVG a.F.

Mit der Klage begehrt d. VN - soweit für die Revisionsinstanz noch von Belang - Rückzahlung aller auf die Verträge geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich der bereits gezahlten Rückkaufwerte, insgesamt 61.089,99 €.

Nach Auffassung d. VN sind die Versicherungsverträge nicht wirksam zustande gekommen, weil d. VN zum einen nicht ordnungsgemäß belehrt wurde und zum anderen das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union nicht vereinbar sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung des Klägers ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat Prämienrückerstattungsansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Die Versicherungsverträge seien wirksam zustande gekommen. Die erforderlichen Widerspruchsbelehrungen seien ordnungsgemäß erteilt worden. Sie seien drucktechnisch hervorgehoben und inhaltlich ordnungsgemäß. Die Reglung des Policenmodells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

D. VN kann nicht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB Rückzahlung der Prämien verlangen.

1. Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen der Versicherungsverträge sind hier erfüllt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN jeweils mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation und eine Widerspruchsbelehrung. Das Berufungsgericht hat den Fettdruck der jeweiligen Belehrung revisionsrechtlich unbedenklich als drucktechnisch deutliche Form angesehen. Dabei hat es die Anforderungen berücksichtigt, die der Senat in seinem Urteil vom 28. Januar 2004 (IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 d) genannt hat. Danach muss sichergestellt sein, dass der Versicherungsnehmer die Belehrung zur Kenntnis nimmt, selbst wenn er nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht. Dies ist hier dadurch gewährleistet, dass sich die Widerspruchsbelehrung durch Fettdruck vom übrigen Text des Versicherungsscheins deutlich hervorhebt.

Entgegen der Ansicht der Revision ist d. VN auch inhaltlich ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden. Der Begriff der "Textform" in der Widerspruchsbelehrung muss nicht erläutert werden. Mit Urteil vom 10. Juni 2015 hat der Senat entschieden, dass der Begriff der "Textform" in einer Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. nicht erläuterungsbedürftig ist (IV ZR 105/13, VersR 2015, 876 Rn. 11). Wegen der Einzelheiten wird auf dieses Urteil verwiesen.

Die Widerspruchsbelehrung ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht deshalb unvollständig, weil sie den Adressaten des W iderspruchs nicht benennt. Abgesehen davon, dass § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. diese Angabe nicht verlangt, ist für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne eine solche Angabe ersichtlich, dass er den W iderspruch an den Versicherer zu richten hat, der hier klar in den Versicherungsscheinen bezeichnet ist.

Die Revision beanstandet schließlich ohne Erfolg, der Versicherer habe d.VN nicht ordnungsgemäß über den Beginn der Widerspruchsfrist belehrt. Soweit der zweite Satz der Belehrung darauf abstellt, dass der Lauf der Widerspruchsfrist beginnt, "… wenn Ihnen die o.g. Unterlagen … vollständig vorliegen", ist dies in § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. so vorgesehen. Diese Formulierung kann entgegen der Ansicht der Revision nicht den unzutreffenden Eindruck vermitteln, der Tag des Zugangs zähle entgegen § 187 Abs. 1 BGB mit (vgl. Senatsbeschluss vom 17. August

- IV ZR 293/14). Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 14-tägigen Widerspruchsfrist erklärte d. VN den Widerspruch nicht.

2. Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG VersR 2015, 693 Rn. 30 ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D. VN ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung der Verträge auf deren angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Die Treuwidrigkeit liegt darin, dass d. VN nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, die Verträge ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diese jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf deren Bestand vertrauen durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit der Verträge Rückzahlung aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom 16. Juli 2014 aaO Rn. 32-42; BVerfG aaO Rn. 42 ff.). D. VN verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ er jeweils bei Vertragsschluss 1999 und 2004 ungenutzt verstreichen. D. VN zahlte über sieben und knapp dreizehn Jahre die Versicherungsprämien, kündigte dann die jeweiligen Verträge und ließ sich den Rückkaufswert auszahlen. Auch nach der jeweiligen Kündigung ließ er nochmals einige Monate vergehen, bevor er hinsichtlich der einzelnen Verträge den Widerspruch erklärte. Die jahrelangen Prämienzahlungen des bereits im Jahr 1999 und im Jahr 2004 über die Möglichkeit, die jeweiligen Verträge nicht zustande kommen zu lassen, belehrten VN haben bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in deren Bestand begründet. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.

Die Frage einer möglichen Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union in einem Fall, in dem kein widersprüchliches Verhalten des Versicherungsnehmers festgestellt werden kann, stellt sich im Streitfall nicht.

Mayen Harsdorf-Gebhardt Karczewski Lehmann Brockmöller Vorinstanzen: LG Bonn, Entscheidung vom 27.11.2013 - 9 O 217/13 OLG Köln, Entscheidung vom 07.03.2014 - 20 U 1/14 -

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