IV ZR 224/18
BUNDESGERICHTSHOF IV ZR 224/18 BESCHLUSS vom 12. Oktober 2018 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2018:121018BIVZR224.18.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Lehmann und Dr. Götz am 12. Oktober 2018 beschlossen:
1. Der Antrag der Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus den Urteilen der 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 4. November 2013 und vom 26. September 2016 - 4 O 2268/13 - und dem Beschluss des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 26. Juni 2018 - 12 U 76/16 - einstweilen einzustellen, wird abgelehnt.
2. Der Hilfsantrag anzuordnen, dass die Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung durch die Kläger stattfindet und gegen Sicherheitsleistung der Beklagten aufzuheben ist, wird abgelehnt.
Gründe:
Das Landgericht hat die Beklagte durch Versäumnisurteil verurteilt, an den Kläger zu 1 12.790,89 € sowie an die Klägerin zu 2 ebenfalls 12.790,89 € jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. September 2009 zu zahlen.
Den Einspruch der Beklagten hat das Landgericht als unzulässig verworfen.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen und in der Begründung von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil abgesehen, weil die Entscheidung nicht anfechtbar sei (§ 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO). Es hat das angefochtene Urteil für ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar erklärt und die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf die §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO gestützt.
Die Kläger betreiben die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück, als dessen Eigentümerin die Beklagte im Grundbuch eingetragen ist.
Die Beklagte, der auf ihren Antrag zur Wahrnehmung ihrer Rechte vor dem Bundesgerichtshof ein Notanwalt beigeordnet worden ist, hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Berufungsgerichts Beschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt. Außerdem beantragt sie, die Zwangsvollstreckung aus den Urteilen des Landgerichts und dem Beschluss des Berufungsgerichts einstweilen einzustellen.
II. Der zulässige Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist unbegründet.
1. Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil Revision eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht gemäß § 719 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Diese Bestimmung ist entsprechend anzuwenden, wenn - wie hier - bei einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt wird (§ 544 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 522 Abs. 3 ZPO).
2. Die beantragte Einstellung der Zwangsvollstreckung kann schon deshalb nicht angeordnet werden, weil die Beklagte nicht ausreichend dargelegt und gemäß § 719 Abs. 2 Satz 2 ZPO glaubhaft gemacht hat, dass ihr die Zwangsvollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil im Sinne von § 719 Abs. 2 Satz 1 ZPO bringen würde.
Die Beklagte macht ohne Erfolg geltend, der Verkehrswert sei im Zwangsversteigerungsverfahren zu niedrig festgesetzt worden, im Falle einer Versteigerung des Hausgrundstücks könnte ihr daher wegen des drohenden endgültigen Verlustes des Eigentums an der Immobilie ein erheblicher, nicht mehr zu ersetzender Nachteil entstehen. Dass die Kläger durch die Vollstreckung vor dem rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits befriedigt werden können, gehört zu den regelmäßig gegebenen Vollstreckungsnachteilen, die nicht ausreichen, um einen Einstellungsantrag zu begründen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 2001 - XII ZR 300/99, juris Rn. 7; vom 20. Juni 2000 - X ZR 88/00, NJW 2000, 3008 unter II 1 [juris Rn. 7] m.w.N.). Dies gilt auch für den befürchteten Verlust des Eigentums infolge des möglichen Zuschlags an den Erwerber im Zwangsversteigerungsverfahren. Die von der Beklagten beanstandete Festsetzung des Grundstückswertes durch das Vollstreckungsgericht ist nur mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (§ 74a Abs. 5 Satz 3 ZVG)
und kann nicht im Rahmen des Verfahrens nach § 719 Abs. 2 ZPO überprüft werden.
Schließlich hat die Beklagte nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass im Falle eines Erfolges der Nichtzulassungsbeschwerde und der beabsichtigten Revision beigetriebene Zahlungen nicht mehr zurückzuerlangen oder Schadensersatzforderungen nicht durchzusetzen wären (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2000 - XII ZR 3/00, NJW 2001, 375 unter II 2 [juris Rn. 9]). Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Kläger im Falle der Aufhebung des Vollstreckungstitels - etwa wegen Mittellosigkeit - nicht in der Lage wären, beigetriebene Geldbeträge zurückzuzahlen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2017 - VIII ZR 101/17, WuM 2017, 607 Rn. 3; vom 29. November 2016 - VI ZR 25/16, NJW-RR 2017, 127 Rn. 5, jeweils m.w.N.).
III. Die hilfsweise beantragte Anordnung, dass die Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung durch die Kläger stattfindet und gegen Sicherheitsleistung der Beklagten aufzuheben ist, kann vom Bundesgerichtshof in Fällen der vorliegenden Art nicht getroffen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - X ZR 147/06, NJW-RR 2007, 1138 Rn. 3 m.w.N.).
Mayen Felsch Harsdorf-Gebhardt Lehmann Dr. Götz Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 26.09.2016 - 4 O 2268/13 OLG Oldenburg, Entscheidung vom 26.06.2018 - 12 U 76/16 -