Paragraphen in 2 StR 539/24
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
2 | 18 | JGG |
1 | 17 | JGG |
1 | 105 | JGG |
1 | 301 | StPO |
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1 | 17 | JGG |
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1 | 301 | StPO |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES StR 539/24 URTEIL vom 9. April 2025 in der Strafsache gegen
1. 2.
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2025:090425U2STR539.24.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. April 2025, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Menges,
die Richter am Bundesgerichtshof Zeng, Meyberg, Dr. Zimmermann, die Richterin am Bundesgerichtshof Herold,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten O.,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten L.,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Fulda vom 16. Mai 2024 in den jeweiligen Strafaussprüchen mit den Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Jugendkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen Gründe: 1 Das Landgericht hat die Angeklagten der schweren räuberischen Erpressung in vier Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb und bei dem Angeklagten O. in drei Fällen sowie bei dem Angeklagten L. in einem Fall tateinheitlich ein unerlaubtes Führen einer Schusswaffe hinzutrat, schuldig befunden und jeweils zu einer zur Bewährung ausgesetzten Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren verurteilt. Zudem hat es gegen beide Angeklagte eine Einziehungsentscheidung getroffen. 2 Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren – aus der Revisionsbegründung ersichtlich – wirksam auf einen Angriff gegen die Strafaussprüche beschränkten Revisionen. Die Rechtsmittel sind im Umfang der Anfechtung begründet.
I.
Das Landgericht hat – soweit für die Rechtsmittel von Bedeutung – folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
1. Im Zeitraum vom 15. September 2022 bis zum 5. Oktober 2022 überfielen die Angeklagten insgesamt vier Tankstellen, wobei der Angeklagte O. in zwei Fällen (Fälle II.B.1. und 2. der Urteilsgründe) das Tankstellengebäude, bewaffnet mit einer ungeladenen PTB Schreckschusspistole der Marke UMAREX, allein betrat und unter Vorhalt der Waffe, die er in einem Fall durchlud, von den jeweiligen Angestellten die Herausgabe des Kasseninhalts verlangte. Aus Angst packten die Angestellten das in der Kasse vorhandene Bargeld in einen von dem Angeklagten O. mitgebrachten Rucksack. Sodann flüchteten die Angeklagten mit einem von dem Angeklagten L. gesteuerten Fahrzeug. In einem weiteren Fall (Fall II.B.3. der Urteilsgründe) betraten die Angeklagten gemeinsam den Verkaufsraum der Tankstelle. Während der Angeklagte L. einen Rucksack auf den Verkaufstresen legte, richtete der Angeklagte O. die von ihm geführte ungeladene Schreckschusspistole auf die Mitarbeiter der Tankstelle, um diese zur Herausgabe des Kassenbestands zu bewegen. Ein Angestellter ergriff den Rucksack, warf diesen in Richtung der Angeklagten und forderte sie laut und bestimmt auf, das Gebäude zu verlassen. Überrascht von der unerwarteten Gegenwehr traten die Angeklagten, die das Scheitern ihres Tatplans erkannt hatten, die Flucht an. Im Fall II.B.4. der Urteilsgründe betrat der Angeklagte L. allein das Tankstellengebäude, während der Angeklagte O. im Fluchtfahrzeug wartete. Der Angeklagte L. richtete die ungeladene Schreckschusspistole, die er deutlich hörbar durchlud, auf die Mitarbeiterin der Tankstelle und verlangte die Herausgabe von Bargeld. Die Angestellte entnahm der Kasse die Geldlade und stellte diese auf dem Verkaufstresen ab. Der Angeklagte L. nahm die Banknoten an sich,
kehrte zum Fluchtfahrzeug zurück und fuhr mit dem Angeklagten O. davon. Insgesamt erbeuteten die Angeklagten so Bargeld in Höhe von 2.675 Euro.
2. Die Jugendkammer hat gegen beide Angeklagte, die zur Tatzeit 20 Jahre und acht Monate bzw. 20 Jahre und elf Monate alt waren, wegen der Schwere der Schuld eine Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren verhängt, die sie jeweils zur Bewährung ausgesetzt hat. Bei der Zumessung der Jugendstrafen hat die Jugendkammer „vorrangig“ dem Erziehungsgedanken im Sinne von § 18 Abs. 2 JGG Bedeutung beigemessen.
II.
Die zum Nachteil der Angeklagten geführten Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben in vollem Umfang Erfolg. Der Strafausspruch erweist sich zu Gunsten beider Angeklagter als durchgreifend rechtsfehlerhaft, weshalb er der Aufhebung unterliegt. Die Erwägungen des Landgerichts zur Höhe der gegen beide Angeklagte verhängten Jugendstrafen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
1. Gemäß § 18 Abs. 2 JGG ist die Jugendstrafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist. Der Erziehungsgedanke verliert aber mit fortschreitendem Alter des Täters an Bedeutung. Insbesondere bei besonders gravierenden Straftaten tritt das Erfordernis des gerechten Schuldausgleichs immer mehr in den Vordergrund (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2023 – 2 StR 78/23, NStZ 2024, 113 Rn. 5). War der Täter – wie die Angeklagten hier – zur Tatzeit gerade noch Heranwachsender, ist er im Urteilszeitpunkt bereits Erwachsener und gebietet bei – wie hier – besonders schweren Taten der Strafzweck des gerechten Schuldausgleichs die Verhängung einer Jugendstrafe ohne Rücksicht auf eine fortbestehende Erziehungsbedürftigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2022 – 2 StR 295/21, Rn. 30 f.), kann die Höhe der Jugendstrafe nicht „vorrangig nach erzieherischen Gesichtspunkten“ bemessen werden.
2. Die Ausführungen der Jugendkammer zur Bemessung der verhängten Jugendstrafen lassen besorgen, dass sie demgegenüber rechtsfehlerhaft angenommen hat, „vorrangig“ zu berücksichtigende „erzieherische Gesichtspunkte“ bestimmten stets in erster Linie maßgeblich ohne Rücksicht auf das verwirklichte Tatunrecht und das Alter des Täters bei Tatbegehung und im Urteilszeitpunkt die Höhe der zu verhängenden Jugendstrafe. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafaussprüche zugunsten der Angeklagten auf diesem Rechtsfehler beruhen und die Jugendkammer unter Berücksichtigung der zu §§ 17 f. JGG geltenden Grundsätze bei beiden Angeklagten zu höheren Jugendstrafen gelangt wäre.
3. Um dem neuen Tatgericht eine in sich stimmige Strafzumessung zu ermöglichen, hebt der Senat die insoweit getroffenen Feststellungen auf.
III.
Die umfassende Nachprüfung des Urteils im Umfang seiner Anfechtung (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2015 – 4 StR 561/14, BGHR StPO § 400 Abs. 1 Prüfungsumfang 5 Rn. 19) hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 301 StPO).
IV.
Der Senat weist darauf hin, dass das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht unabhängig von der Bewertung des ersten Urteils eine neue Entscheidung über die Straffrage des § 105 JGG zu treffen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2005 – 4 StR 67/05, BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 21). Im Hinblick auf den Angeklagten O. wird es sorgfältig zu prüfen haben, ob dieser – entgegen den Angaben in den vorliegenden amtlichen Dokumenten – tatsächlich erst im Jahr 2002 geboren ist.
Menges Zimmermann Zeng Herold Meyberg Vorinstanz: Landgericht Fulda, 16.05.2024 - 2 KLs - 460 Js 17419/22
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