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VIa ZR 257/21

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VIa ZR 257/21 URTEIL in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2024:181224UVIAZR257.21.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 26. November 2024 eingereicht werden konnten, durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. C. Fischer als Vorsitzende, die Richterin Möhring, den Richter Dr. Götz, die Richterinnen Wille und Dr. Vogt-Beheim für Recht erkannt: Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. August 2021 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 35.000 € festgesetzt.

Von Rechts wegen Tatbestand: 1 Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch. Er erwarb im Dezember 2013 - kreditfinanziert - von einem Dritten einen von der Beklagten hergestellten gebrauchten (Erstzulassung: 11/2012) Audi A6 Avant 3.0 TDI, der mit einem Dieselmotor der Baureihe EA896 Gen2 (Schadstoffklasse Euro 5) ausgerüstet ist.

Der Kläger verlangt im Wesentlichen, ihn im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als habe er Kauf- und Darlehensvertrag nicht abgeschlossen, und die Freistellung von Rechtsverfolgungskosten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung, mit welcher der Kläger neben der Zahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Rückgabe des Fahrzeugs, der Erstattung der Kreditkosten und der Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zusätzlich die Feststellung des Annahmeverzugs und im Hinblick auf die weiter gezogenen Nutzungen die Feststellung der Erledigung der Hauptsache begehrt hat, ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die Beklagte hafte nicht aus § 826 BGB wegen der Implementierung des "Thermofensters". Es könne zugunsten des Klägers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterstellt werden, dass es sich bei dem hier verbauten "Thermofenster" um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele. Allein mit der unterstellt europarechtlichen Unzulässigkeit des "Thermofensters" lasse sich eine Haftung nach § 826 BGB nicht begründen. Auch die implementierte Getriebeschaltpunktsteuerung mit zwei Betriebsmodi (Warmlaufprogramm auf dem Prüfstand; Dynamisches Schaltprogramm auf der Straße) begründe keine Haftung aus § 826 BGB. Der bloße Umstand, dass das Fahrzeug aufgrund von bestimmten Parametern in der Lage sei, einen Prüfstandslauf zu erkennen, genüge allein nicht zur Annahme einer unzulässigen Abschalteinrichtung zur prüfstandsbezogenen Manipulation der NOx-Emissionen, weil es zwischen den beiden Schaltprogrammen zu keinen relevanten Unterschieden im Schadstoffausstoß komme. Weitere Abschalteinrichtungen habe der Kläger nicht prozessual beachtlich vorgetragen.

Durch Verweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30. Juli 2020 (VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798) hat das Berufungsgericht auch einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV verneint. Das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liege nicht im Aufgabenbereich dieser Regelungen.

II.

Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

1. Es begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat. In Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung hat das Berufungsgericht hinsichtlich des "Thermofensters" einen Anspruch des Klägers mangels Prüfstandsbezogenheit der als unzulässig unterstellten Abschalteinrichtung ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19, NJW

2021, 921 Rn. 16 ff.; Urteil vom 16. September 2021 - VII ZR 190/20, NJW 2021, 3721 Rn. 12 ff.; Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 48; Urteil vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, WM 2023, 1839 Rn. 12). Hinsichtlich der zwei unterschiedlichen Programme der Getriebesteuerung hat das Berufungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Anspruch aus §§ 826, 31 BGB an der fehlenden Grenzwertkausalität scheitern lassen (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 2023 - VIa ZR 535/21, WM 2024, 40 Rn. 11). Soweit die Revision gegen die entsprechenden Feststellungen des Berufungsgerichts und gegen seine Annahme, der Kläger habe zu weiteren Abschalteinrichtungen nur prozessual unbeachtlich vorgetragen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 25. September 2024 - VIa ZR 347/22, juris Rn. 11 f.), Verfahrensrügen erhebt, hat der Senat diese geprüft und erachtet sie nicht für durchgreifend. Von einer Begründung wird insoweit nach § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.

2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass des angegriffenen Beschlusses entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 29 bis 32).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 22 bis 27).

Es hat jedoch unberücksichtigt gelassen, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung zustehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, WM 2023, 1839 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - VII ZR 412/21, juris Rn. 20). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

III.

Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, § 562 ZPO, weil er sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird der Kläger Gelegenheit haben, einen Differenzschaden darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245) die erforderlichen Feststellungen zu der - hinsichtlich des "Thermofensters" bislang lediglich unterstellten - Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sowie gegebenenfalls zu den weiteren Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu treffen haben.

C. Fischer Wille Möhring Götz Vogt-Beheim Vorinstanzen: LG Ingolstadt, Entscheidung vom 11.02.2021 - 52 O 711/19 OLG München, Entscheidung vom 16.08.2021 - 21 U 1297/21 - Verkündet am: 18. Dezember 2024 Bachmann, Justizfachangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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