Paragraphen in 11 W (pat) 30/16
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 30/16
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2013 111 768.6 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 6. Juli 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter Kruppa, Dipl.-Ing. Wiegele und Dr.-Ing. Schwenke BPatG 152 08.05 beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse D03D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Juli 2016 aufgehoben und das Patent 10 2013 111 768 mit den Patentansprüchen 1 bis 15 und der Beschreibung Seiten 1 bis 10 vom 13. April 2017 (eingegangen am 25. April 2017) sowie den Zeichnungen Figuren 1 und 2 vom 25. Oktober 2013 erteilt.
Gründe I.
Die Prüfungsstelle für Klasse D03D hat die am 25. Oktober 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Bandartige Gewebe-Vorrichtung mit vorgebbarer Krümmung“
durch Beschluss vom 18. Juli 2016 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentanmelderin. Auf Hinweis des Senats hat sie neugefasste Unterlagen eingereicht und beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse D03D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Juli 2016 aufzuheben und das Patent 10 2013 111 768 mit den Patentansprüchen 1 bis 15 und der Beschreibung Seiten 1 bis 10 vom 13. April 2017 sowie den Zeichnungen Figuren 1 und 2 vom 25. Oktober 2013 zu erteilen.
Berücksichtigt wurden im Prüfungsverfahren die Druckschriften:
D1 DE 198 16 666 A1, D2 DE 698 05 740 T2 und D3 DE 264 366.
Der geltende Patentanspruch 1 mit hinzugefügter Gliederungsnummerierung lautet:
„1. Gewebe-Vorrichtung (100) mit einer Mehrzahl von Kettfäden (110), die von einer Mehrzahl von Schussfäden (120) zu einer bandartigen Struktur mit zwei Rändern (130, 140) zusammengehalten sind,
2. wobei der mutuelle Abstand zweier Schussfäden (120) in einem ersten Abschnitt (131) eines ersten Randes (130) unterschiedlich bemessen ist zu dem mutuellen Abstand zweier Schussfäden (120) in einem dem ersten Rand (130) gegenüberliegenden ersten Abschnitt (141) des anderen Randes (140),
2.1 um eine gekrümmte Anordnung der Kettfäden (110) in demjenigen Bereich der bandartigen Struktur zu bewirken,
3. die zwischen den sich gegenüberliegenden ersten Abschnitten (131, 141) der jeweiligen Außenränder (130, 140) angeordnet sind,
dadurch gekennzeichnet, dass 4. die Schussfäden (120) in unterschiedlichen Abschnitten der bandartigen Struktur in unterschiedlicher Dichte angeordnet sind, 4.1 um eine erste richtungsabhängige Drapierfähigkeit der bandartigen Struktur im Wege einer Minderung der Dichte zu fördern, 5. und die Kettfäden (110) in unterschiedlichen Abschnitten der bandartigen Struktur in unterschiedlicher Dichte angeordnet sind, 5.1 um eine zweite richtungsabhängige Drapierfähigkeit der bandartigen Struktur im Wege einer Minderung der Dichte zu fördern,
6. wobei die Kett- und Schussfäden (110, 120) in unterschiedlichen Abschnitten der bandartigen Struktur in unterschiedlicher Dichte angeordnet sind,
6.1 um eine eine dreidimensionale Oberflächengestaltung ermöglichende Drapierfähigkeit der bandartigen Struktur zu schaffen.“
Zu den Unteransprüchen 2 bis 15 sowie den weiteren Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Die Patentanmeldung betrifft eine Gewebe-Vorrichtung mit einer Mehrzahl von Kettfäden, die von einer Mehrzahl von Schussfäden zu einer bandartigen Struktur mit zwei Rändern zusammengehalten sind.
In der Patentanmeldung ist u. a. ausgeführt, dass Gewebe-Vorrichtungen aus dem Stand der Technik in einer Vielzahl unterschiedlicher Anordnungen bekannt seien, um unterschiedlichen Anforderungen nach Festigkeit und Drapierbarkeit gerecht zu werden. Die bekannten Gewebe-Vorrichtungen wiesen indes sämtlich den Nachteil auf, dass bei einer bandartigen Struktur keine positiven und negativen Krümmungen mit jeweils fließenden Übergängen möglich seien (vgl. S. 1, 2. Abs. bis S. 2, 1. Abs.).
Die zu lösende Aufgabe soll darin bestehen, eine Gewebe-Vorrichtung zu schaffen, die in Form einer bandartigen Struktur ausgebildet ist und bei der positive und negative Krümmungen mit jeweils fließenden Übergängen ermöglicht sind (vgl. S. 3, 2. Abs.).
Als Fachmann ist ein Textiltechniker mit Fachhochschulabschluss oder vergleichbarem akademischen Grad mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Weberei anzusehen.
Dem Fachmann erschließt sich aus der Gesamtoffenbarung der vorliegenden Patentanmeldung, dass es sich bei der beschriebenen Gewebe-Vorrichtung um ein Gewebe an sich handelt. Die Patentanmeldung betrifft kein Verfahren und keine Vorrichtung zur Herstellung des Gewebes.
2. Das Patentbegehren ist zulässig.
Der geltende Patentanspruch 1 stellt inhaltlich eine Zusammenfassung der ursprünglich eingereichten Patentansprüche 1, 10, 12 und 13 dar mit Richtigstellung offensichtlich falscher Bezugszeichen.
Die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 15 gehen inhaltlich auf die ursprünglichen Patentansprüche 2 bis 9, 11 und 14 bis 18 zurück.
Die Beschreibung entspricht inhaltlich der ursprünglichen Beschreibung mit Anpassung an die nunmehr geltende Anspruchsfassung, Angaben zum berücksichtigten Stand der Technik sowie Streichung der Bezugnahme auf Figur 3.
3. Die Erfindung ist in der Anmeldung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
Die Prüfungsstelle hat im angefochtenen Beschluss auf ihren Bescheid vom 2. Juni 2016 Bezug genommen und dort unter Hinweis auf einen weiteren Bescheid vom 6. Oktober 2014 ausgeführt, dass den gesamten Anmeldeunterlagen nicht entnehmbar sei, wie durch den Schusseintrag eine gekrümmte Anordnung der Kettfäden oder wie eine erhöhte Kettfadendichte erreicht werden könne. Damit sei die Erfindung in der Anmeldung nicht, wie in § 34 Abs. 4 PatG gefordert, so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne.
Nachdem die Patentanmeldung eine Gewebe und kein Verfahren bzw. keine Vorrichtung zu dessen Herstellung betrifft, ist es für die Ausführbarkeit der Lehre der Patentanmeldung nicht von Bedeutung, durch welche Verfahrensschritte bzw. auf welcher Vorrichtung die gekrümmte Anordnung der Kettfäden erreicht werden könnte.
Auch der Einwand der Prüfungsstelle im Bescheid vom 6. Oktober 2014, dass ein Abschnitt drei Schussfäden enthalten soll, in Fig. 1 jedoch nur zwei Schussfäden je Abschnitt dargestellt seien, führt nicht zu einem Widerspruch, der die Ausführbarkeit in Frage stellt.
Durch die Angabe „mit der Länge von drei Schussfäden“ (vgl. S. 8, letzter Abs.) wird die Länge eines Abschnitts in Längsrichtung der bandartigen Struktur definiert. Der hier erwähnte Abschnitt erstreckt sich somit in Längsrichtung der bandartigen Struktur über drei Schussfäden, wobei der erste und der dritte Schussfaden jeweils eine Abschnittsgrenze darstellen. Ein solcher Abschnitt kann sich auch über eine Länge von zwei Schussfäden (vgl. S. 4, 3. Abs. i. V. m. Fig. 1), drei oder mehr Schussfäden (vgl. S. 4, 4. Abs. bis S. 5, 2. Abs.), mindestens drei Schussfäden (vgl. S. 5, 3. Abs.) oder fünf Schussfäden (vgl. S. 9, 2. Abs.) erstrecken. In Fig. 1 sind lediglich die Schussfäden dargestellt, welche die Abschnittsgrenzen bilden. Dazwischen liegende Schussfäden wird der Fachmann ohne Weiteres gedanklich ergänzen.
4. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist patentfähig.
a) Die Gewebe-Vorrichtung gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 ist neu.
Die Druckschrift D1 betrifft einen in Nadelwebtechnik oder Schützenwebtechnik hergestellten Gewebeverbund (vgl. Sp. 1, Z. 3, 4). Der Gewebeverbund weist die Merkmale 1. bis 4.1 auf (vgl. Fig. 6b, 6c, 7a, 7c, 9a, 9c, 10b, 10c).
Aus der Druckschrift D2 ist u. a. eine gewebte Struktur zur Herstellung eines Teils aus Verbundmaterial bekannt (vgl. S. 1, 1. Abs.). Die gewebte Struktur weist die die Merkmale 1. bis 4.1 auf (vgl. Fig. 1, 4).
Die Druckschrift D3 betrifft einen Webstuhl zur Herstellung gerader oder konischer Gewebe (vgl. S. 1, Z. 1, 2). Ein mit diesem Webstuhl hergestelltes Gewebe weist die Merkmale 1. bis 4.1 auf (vgl. S. 1, Z. 40 bis 43, S. 2, Z. 48 bis 50 i. V. m. Fig. 7).
Die Merkmale 5., 5.1, 6. und 6.1 sind aus den Druckschriften D1, D2 oder D3 nicht bekannt. Dies wird auch im angefochtenen Beschluss nicht bestritten.
b) Die Gewebe-Vorrichtung gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Aus keiner der berücksichtigten Druckschriften ist bekannt, Kettfäden in unterschiedlichen Abschnitten der bandartigen Struktur in unterschiedlicher Dichte anzuordnen (Merkmal 5.) bzw. Kett- und Schussfäden in unterschiedlichen Abschnitten der bandartigen Struktur in unterschiedlicher Dichte anzuordnen (Merkmal 6.). Auch liegen sonst keine Anregungen oder Hinweise vor, die Anordnung von Kett- und Schussfäden in einem Gewebe bandartiger Struktur auf die beanspruchte Art und Weise vorzunehmen. Die Gewebe-Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 ist dem Fachmann somit nicht nahe gelegt.
c) Zusammen mit dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 sind auch die Gegenstände der rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 15 patentfähig. Da die Gegenstände der Patentansprüche zweifellos gewerblich anwendbar sind und die Patentanmeldung im Übrigen auch die formalen Erfordernisse erfüllt, ist der Beschwerde stattzugeben und das Patent mit den im Tenor genannten Unterlagen zu erteilen.
III.
Rechtsmittelbelehrung Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden, wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Höchst Kruppa Wiegele Dr. Schwenke Fa
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
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