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8 W (pat) 11/12

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 11/12 Verkündet am 23. August 2016

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2005 028 351 …

BPatG 154 05.11

…

hat der 8. Senat (Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. August 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie die Richter Dr. agr. Huber, Heimen und Dipl.-Ing. Brunn beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Auf die am 18. Juni2005 durch die damalige F… GmbH & Co KG beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingereichte Patentanmeldung ist das Streitpatent 10 2005 028 351 mit der Bezeichnung „Kraftfahrzeugsitz“ erteilt und die Erteilung am 23. August 2007 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent hat die J… GmbH in B… Einspruch erhoben und den Widerruf des Streitpatents in vollem Umfang beantragt. Als Widerrufsgrund hat die Einsprechende fehlende Patentfähigkeit gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG angegeben. Sie verweist dabei auf die Druckschriften D1 DE 197 50116 C2 D2 DE 103 51157 B3 D3 DE 38 07 265 A1 D4 US 2005/00 46 252 A1 D5 US 56 41 205 A G2 WO 2004/043730 A2 G3 WO 2004/043207 A2 G4 US 6 199 951 A G5 US 5 941 602 A G6 US 5 697 672 A G7 US 4 671 569 A G8 US 3 929 374 A G9 US 6 554 360 A G10 DE 100 57 499 A1 G11 GB 1 512 028 A wovon die D1 bis D5 schon Gegenstand des Prüfungsverfahrens waren- Die Patentabteilung 14 des DPMA hat in der mündlichen Verhandlung vom 23. September 2008 das Streitpatent aufrechterhalten. Der Patentgegenstand gemäß dem geltenden Anspruch 1 stelle eine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 und 4 PatG dar, da er neu sei und auch auf einer erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden. Sie hat den Antrag gestellt,

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 23. September 2008 aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin hat den Antrag gestellt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der erteilte, inhaltlich mit dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 identische Patentanspruch 1 lautet:

1. Kraftfahrzeugsitz mit einer mit Seitenwülsten ausgestatteten Rückenlehne, die zur Schaffung einer im Wesentlichen waagerechten Ladefläche um eine Klappachse auf ein Sitzteil vorklappbar ist, wobei in den Seitenwülsten Verstellmittel in Form von Wulstplatten angeordnet sind, die über einen Hebelmechanismus an einem Rückenlehnenrahmen gelagert sind und beim Vorklappen der Rückenlehne durch Zugausübung von Zugmitteln eine flachere Position einnehmen, dadurch gekennzeichnet, dass die Wulstplatten (28) über den Hebelmechanismus (29) in Längsrichtung schwenkbar am Rückenlehnenrahmen (3) gelagert und durch Federmittel (43) in Gebrauchslage vorgespannt sind, in der sie ihren größten Abstand vom Rückenlehnenrahmen (3) aufweisen, wobei die Wulstplatten (28) beim Vorklappen der Rückenlehne durch die Wirkung des Zugmittels (44) in eine Position verschwenken, in der ihr Abstand von dem Rückenlehnenrahmen (3) geringer ist als bei in Gebrauchsstellung befindlicher Rückenlehne.

An den geltenden Patentanspruch 1 schließen sich die ursprünglichen, erteilten Unteransprüche 2 bis 7 an.

Wegen des Wortlautes der Unteransprüche und der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II

1. Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig. In der Sache ist sie unbegründet, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 eine patentfähige Erfindung im Sinne §§ 1 bis 5 PatG darstellt und die Beschwerde daher nicht zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führt.

2. Der Patentgegenstand betrifft einen Kraftfahrzeugsitz mit einer mit verstellbaren Seitenwülsten ausgestatteten Rückenlehne. Aus dem Stand der Technik (D2, D4) sind gattungsgemäße Kraftfahrzeugsitze bekannt, bei denen in jedem Seitenwulst ein elastisches Bügelelement angeordnet ist, dessen unteres Ende an der Tragstruktur der Rückenlehne festgelegt ist, während sein oberes Ende an einem Seilzug befestigt ist. In Gebrauchsposition der Rückenlehne sind die Bügelelemente gespannt und nach vorn gewölbt, so dass die Seitenwülste eine gewünschte Kontur aufweisen. Bei Vorklappen der Rückenlehne wird über den Seilzug und sitzteilfeste Umlenkrollen der obere Befestigungspunkt der Bügelelemente gegenüber der Lehne nach oben bewegt, so dass sich die Wölbung der Bügelelemente verringert, wodurch die Rückenlehnen weiter auf das Sitzteil geklappt werden und sich somit eine im Wesentlichen waagerechte, durch die Rückseite der Rückenlehne gebildete Ladefläche ergibt.

Diese aus dem Stand der Technik schon bekannte Lösung weist schon den Vorteil auf, dass keine manuell oder motorisch zu betätigende Verstellmechanismen erforderlich sind, sondern dass sich die in den Seitenwülsten vorhandenen Verstellmittel selbsttätig aufgrund des Lehnenklappvorgangs einstellen.

Nach Angabe der Streitpatentschrift liegt der Erfindung die Aufgabe zu Grunde, einen weiteren gattungsgemäßen Kraftfahrzeugsitz zur Verfügung zu stellen (Absatz [0006]).

Als zuständiger Fachmann ist ein Diplomingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit zumindest Fachhochschulabschluss und besonderen Kenntnissen und Erfahrungen auf dem Gebiet der Entwicklung und Fertigung Fahrzeugsitzen zu sehen.

Der Patentanspruch 1 lautet mit einer Merkmalsgliederung entsprechend dem Schriftsatz der Beschwerdeführerin:

1.1 Kraftfahrzeugsitz mit einer mit Seitenwülsten ausgestatteten Rückenlehne, die zur Schaffung einer im Wesentlichen waagerechten Ladefläche um eine Klappachse auf ein Sitzteil vorklappbar ist.

1.2. In den Seitenwülsten sind Verstellmittel in Form von Wulstplatten angeordnet.

1.3. Die Wulstplatten sind über einen Hebelmechanismus an einem Rückenlehnenrahmen gelagert.

1.4. Die Wulstplatten nehmen beim Vorklappen der Rückenlehne durch Zugausübung von Zugmitteln eine flachere Position ein.

1.5. Die Wulstplatten (28) sind über den Hebelmechanismus (29) in Längsrichtung schwenkbar am Rückenlehnenrahmen (3) gelagert.

1.6. Die Wulstplatten sind durch Federmittel (43) in Gebrauchslage vorgespannt, in der sie ihren größten Abstand vom Rückenlehnenrahmen (3) aufweisen.

1.7. Die Wulstplatten (28) verschwenken beim Vorklappen der Rückenlehne durch die Wirkung des Zugmittels (44) in eine Position, in der ihr Abstand von dem Rückenlehnenrahmen (3) geringer ist als bei in Gebrauchsstellung befindlicher Rückenlehne.

Der Anspruch 1 bedarf hinsichtlich einiger Merkmale einer Auslegung Nach dem Merkmal 1.2 sind in den Seitenwülsten Verstellmittel in Form von Wulstplatten angeordnet. Der Begriff „Verstellmittel“ wird in der Beschreibung nicht weiter erläutert. Im allgemeinen, technischen Sinn wären eigentlich die Hebelvorrichtung und das Zugmittel als Verstellmittel für die Wulstplatten anzusehen. Entsprechend der Formulierung des Merkmals 1.2 sind hier jedoch unter den Wulstplatten die Verstellmittel für die Form bzw. das Profil der Rückenlehne zu verstehen. Dementsprechend fallen alle beweglichen Elemente in einer Rückenlehne,

die die Form oder das Querschnittsprofil der Seitenwülste einer Rückenlehne ändern, unter den Begriff „Verstellmittel“.

Entsprechend der Merkmale 1.3 und 1.5 sind die Wulstplatten über einen Hebelmechanismus am Rückenlehnenrahmen gelagert. Der Begriff „Hebelmechanismus“ wird in der allgemeinen Patentbeschreibung nicht weiter spezifiziert. Nach der Beschreibung des Ausführungsbeispiels (Absatz [0024]) besteht der Hebelmechanismus 29 aus einem oberen Lenkerpaar 30, 31, einem unteren Lenkerpaar 32, 33 sowie einer diese Lenkerpaare verbindenden Koppelstange 34, die untereinander und mit den Wulstplatten bzw. dem Rückenlehnenrahmen über Drehgelenke verbunden sind.

Daher fallen Seitenwulste oder Wulstplatten, die über Drehgelenke direkt am Rückenlehnenrahmen gelagert sind und nur über ein Betätigungselement verschwenkt werden, nicht unter den Gegenstand des Streitpatents.

Nach Merkmal 1.5 sind „die Wulstplatten über den Hebelmechanismus (29) in Längsrichtung schwenkbar am Rückenlehnenrahmen gelagert.“ Der Begriff „Längsrichtung“ wird in der Beschreibung nirgends erwähnt bzw. nicht weiter erläutert.

Entsprechend Absatz [0024] ist jede Wulstplatte 28 über einen Hebelmechanismus 29 im Sinne einer Vor- und Rückverlagerbarkeit schwenkbar am Rückenlehnenrahmen 3 befestigt. Dabei bleibt offen, um welche Achse die Wulstplatten zur Vor- und Rückverlagerung geschwenkt werden. Im Absatz [0024] wird anschließend nur die Ausbildung des Hebelgestänges und die drehgelenkige Verbindung der Hebel des Hebelgestänges mit den Wulstplatten und den Laschen des Lehnenrahmens beschrieben. Eine weitere Schwenkachse wird weder definiert noch ist diese aus den Figuren ersichtlich.

Nach Auffassung der Patentinhaberin (Schriftsatz von 6.04.2008, Abschnitt 2.1) gehe aus dem Offenbarungsgehalt des Streitpatents eindeutig hervor, dass die Wulstplatten derart am Rückenlehnenrahmen gelagert wären, dass sie translatorisch zu diesem verlagerbar seien.

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin (Beschwerdebegründung II.1) widerspräche diese Auslegung der Patentinhaberin dem Wortlaut des Patentanspruchs 1, welcher weder die Richtung der „Längsrichtung“ definiert noch irgendeinen Hinweis auf eine translatorische Bewegung der Wulstplatten gäbe. Hingegen fordere der Patentanspruch 1 lediglich die Verschwenkbarkeit - also eine rotatorische Bewegung - der Wulstplatten in einer wie auch immer ausgerichteten „Längsrichtung“. Die Beschreibung des Streitpatents enthielte auch keine Definition einer „Längsrichtung“, weshalb die Erläuterung im Absatz [0024] zur Auslegung des Merkmals 5 herangezogen werden müsse, welcher feststelle: „Jede Wulstplatte 28 ist über einen Hebelmechanismus 29 im Sinne einer Vor- und Rückverlagerung schwenkbar am Rückenlehnenrahmen 3 befestigt.“ Gemäß der Erläuterung in der Patentschrift würde somit durch das Schwenken der Wulstplatte eine Vor- und Rückverlagerung erreicht. Diese Verlagerung erfordere allerdings nicht zwingend eine translatorische Bewegung der Wulstplatten, sondern ergäbe sich allein aus dem Schwenken der Wulstplatten zwischen ihrer „vorverlagerten Gebrauchsstellung“ und ihrer „rückverlagerten Nichtgebrauchsstellung“ (Absatz [0009]). Das Merkmal 5 sei daher derart auszulegen, dass eine Schwenkbarkeit der Wulstplatten gefordert ist, welche eine Vor- und Rückverlagerung der Wulstplatten gegenüber dem Rückenlehnenrahmen ermögliche. Entsprechend der Auffassung der Beschwerdeführerin würden daher alle verstellbaren Wulstplatten unter das Merkmal 1.5 fallen, bei denen eine beliebige schwenkbare Lagerung der Wulstplatten eine Veränderung des Abstands zwischen dem Rückenlehnenrahmen und den Wulstplatten ermöglicht. Dies träfe dann für die in den Druckschriften D1, D4, G2/G3, G10 und G11 gezeigten Fahrzeugsitze zu.

Nach der in der Verhandlung geäußerten Auffassung der Beschwerdeführerin könne mit der Längsrichtung jedoch nur die Richtung gemeint sein, in der die Abmaße der Seitenwülste der Rückenlehnenpolster durch das Verschwenken der Wulstplatten geändert werden sollen, d. h. die Richtung senkrecht zur Rückenlehnenpolsterung. Durch die Ausbildung des Hebelgestänges als Doppelgestänge mit der mittigen Koppelstange wäre gewährleistet, dass es bei der Verschwenkung der Wulstplatten zu keiner ungewünschten Relativbewegung der Wulstplatten zur Innenseite des Rückenlehnenpolsters kommen würde, da sich die Wulstplatten im Wesentlichen geradlinig auf den Rückenlehnenrahmen bewegen würden.

Der Argumentation der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden. Anhand der Figuren 3 und 7 des Ausführungsbeispiels ist erkennbar, dass die oberen Hebel 30, 31 und unteren Hebel 32, 33 des Hebelgestänges eine unterschiedliche Länge aufweisen. Wenn die durch den Bowdenzug betätigte Koppelstange 40 die oberen und unteren Hebel um die Drehgelenke 39 und 40 schwenkt, werden entsprechend Absatz [0028] „die Lenkerpaare 30, 31 und 32, 33 dadurch zusammengezogen, wobei sich der Abstand zwischen den Gelenkpunkten 35 und 39 bzw. 36 und 40 verringert und sich die Wulstplatte 28 auf den Rückenlehnenrahmen 3 zubewegt“. Durch die unterschiedliche Länge der oberen und unteren Hebel ist diese Bewegung jedoch nicht rein translatorisch, sondern die Wulstplatte ändert zusätzlich auch ihre Winkelstellung bezüglich des Rückenlehnenrahmens, d. h. die Wulstplatte führt eine Schwenkbewegung gegenüber dem Rückenlehnenrahmen aus.

Diese Schwenkbewegung geschieht in Richtung der Längserstreckung der Wulstplatte bzw. des Rückenlehnenrahmens. Da eine andere Schwenkbewegung im Streitpatent weder aus den Figuren ersichtlich ist noch beschrieben wird, ist unter der Schwenkbarkeit der Wulstplatten in „Längsrichtung“ daher im Sinne des Streitpatents die Längsrichtung bzw. Längserstreckung der Wulstplatte bzw. des Rückenlehnenrahmens zu verstehen.

3. Der geltende Patentanspruch 1 entspricht inhaltlich dem ursprünglichen Patentanspruch 1 mit einigen sprachlichen Umstellungen hinsichtlich der Zuordnung von Merkmalen zum Oberbegriff bzw. dem kennzeichnenden Teil und ist daher zulässig. Die abhängigen Unteransprüche 2 bis 7 entsprechen den jeweiligen ursprünglichen Patentansprüchen 2 bis 7.

4. Der unbestritten gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem Stand der Technik neu (§ 3 PatG), da keinem der dort beschriebenen Gegenstände alle Merkmale des Anspruchs 1 entnehmbar sind.

Die D1 zeigt einen Kraftfahrzeugsitz mit einer mit Seitenwülsten ausgestatteten Rückenlehne, wobei in den Seitenwülsten Verstellmittel in Form von Bügeln angeordnet sind, die über einen Hebelmechanismus am Rückenlehnenrahmen gelagert sind. Die Bügel können manuell durch ein Handrad verstellt werden, wodurch die Seitenwangen der Rückenlehne an die Rückenbreite des Sitznutzers angepasst werden können. Die D1 zeigt weder die automatische Betätigung der Verstellung durch Klappen der Rückenlehne noch eine Anpassung der Kontur der Rückenlehne an die Form des Sitzpolsters zur Schaffung einer im Wesentlichen waagerechten Ladefläche.

Die D2 zeigt einen Kraftfahrzeugsitz mit einer mit Seitenwülsten ausgestatteten Rückenlehne, die zur Schaffung einer im Wesentlichen waagerechten Ladefläche um eine Klappachse auf ein Sitzteil vorklappbar ist (M1.1), wobei in den Seitenwülsten Verstellmittel in Form von Bügelfedern 4 angeordnet sind (M1.2). Die Bügelfedern sind am Rückenlehnenrahmen einseitig fest und auf der anderen Seite beweglich gelagert. Die Bügelfedern nehmen beim Vorklappen der Rückenlehne durch Zugausübung von Zugmitteln eine flachere Position ein (M1.4), wobei ein Befestigungspunkt der Bügelfedern über einen Seilzug in Längsrichtung der Rückenlehne längsverschieblich am Rückenlehnenrahmen (3) gelagert ist. Die Bügelfedern sind durch Federmittel 6 in Gebrauchslage vorgespannt, in der sie ihren größten Abstand vom Rückenlehnenrahmen 2 aufweisen (M1.6) und entspannen sich beim Vorklappen der Rückenlehne durch die Wirkung des Zugmittels 5 in eine Position, in der ihr Abstand von dem Rückenlehnenrahmen geringer ist als bei in Gebrauchsstellung befindlicher Rückenlehne.

Der aus der D2 bekannte Kraftfahrzeugsitz zeigt daher nicht die Merkmale M1.3, M1.5 und M1.7.

Die D3 liegt weiter ab und zeigt einen Kraftfahrzeugsitz mit einer durch einen Hebelmechanismus verstellbaren einstückigen Schulterstütze.

Die D4 zeigt einen Kraftfahrzeugsitz mit einer mit Seitenwülsten 30 ausgestatteten Rückenlehne, die um eine Klappachse auf ein Sitzteil vorklappbar ist (Absatz [0042]). Die Seitenwülste weisen Verstellmittel im Sinne des Streitpatents in Form von Polsterflügeln 32 aus einem Drahtgestell oder aus Kunststoff (Absatz [0034]) als Wulstplatten auf, die über ein Drehgelenk 36 am Rückenlehnenrahmen („guide rail“ 12) gelagert sind (Merkmale 1.1 bis 1.3). Allerdings schwenken die Polsterflügel um die Achsen der Führungsschienen 12 der Rückenlehne, d. h. in Querrichtung der Rückenlehne. Im Gegensatz zu den Merkmalen 1.4, 1.6, 1.7 nehmen die Polsterflügel 32 beim Hockklappen der Rückenlehne durch Zugausübung von Zugmitteln die aufgestellte, den Fahrgast stützende Position ein (Absatz [0012], [0042]) und sind durch den Hebel 38 in der flachen Lage vorgespannt (Absatz [0035], S. 3 „biased outwards“), in der sie den geringsten Abstand zum Rückenlehnenrahmen aufweisen. Dementsprechend verschwenken die Polsterflügel beim Hochklappen der Rückenlehne in Gebrauchsposition durch die Wirkung des Zugmittels 44 in eine Position, in der ihr Abstand von dem Rückenlehnenrahmen 3 größer ist als bei der vorgeklappten Rückenlehne.

Die D4 zeigt daher zumindest nicht die Merkmale 1.4, 1.5, 1.6 und 1.7.

Die D5 liegt weiter ab und zeigt einen Kraftfahrzeugsitz mit einer durch einen Seilzugmechanismus verstellbaren Lordosenstütze.

Die G2 und die G3 zeigen einen Kraftfahrzeugsitz mit einer mit Seitenwülsten ausgestatteten Rückenlehne, die zur Schaffung einer im Wesentlichen waagerechten Ladefläche um eine Klappachse auf ein Sitzteil vorklappbar ist (M1.1), wobei in den Seitenwülsten Verstellmittel in Form von Wulstplatten 340, 360 angeordnet sind (M1.2). Die Wulstplatten sind über Drehgelenke 350 an einem Rückenlehnenrahmen gelagert und gegenüber der Ebene bzw. in Querrichtung der Rückenlehne schwenkbar am Rückenlehnenrahmen gelagert. (Figuren 22 – 25; Absätze [0051] – [0068]). Die Wulstplatten nehmen beim Aufrichten der Lehne durch ein Zugmittel 410 eine vorstehende Position ein, in der sie ihren größten Abstand vom Rückenlehnenrahmen aufweisen. Eine Vorspannung der Wulstplatten durch Federmittel in umgeklappter Lage der Lehne, in der sie ihren kleinsten Abstand vom Rückenlehnenrahmen aufweisen, wird nicht gezeigt.

Die G2 und die G3 zeigen daher zumindest nicht die Merkmale 1.4, 1.5, 1.6 und 1.7.

Die G4 liegt weiter ab und zeigt einen Fahrzeugsitz mit einer Rückenlehne ohne Seitenwülste, die um eine Klappachse auf das Sitzteil vorklappbar ist. Die Rückenlehne der G4 verfügt lediglich über eine vorgespannte Federmatte aus mehreren Reihen von Formdrähten 538 (vgl. Fig. 34 – 36), durch die das Rückenlehnenpolster in Gebrauchsposition der Lehne nach vorn gewölbt ist. Die Federmatte ist den Fußpunkten ihrer Drähte fest gelagert und am oberen Ende durch gelenkig gelagerte Hebel bzw. Federn 550, 552 gelagert. An ihren oberen Enden binden die Formdrähte 538 und die Ankerdrähte 549 in eine Querplatte 546 ein, wobei die Querplatte 546 sich über weitere Formdrähte 550 und 552 am Rückenlehnenrahmen abstützt. Die Formdrähte 550 und 552 sind an ihren beiden Enden drehgelenkig mit der Querplatte 546 bzw. dem Rückenlehnenrahmen verbunden. Beim Vorklappen der Rückenlehne in die Cargoposition verändert sich über den Klappmechanismus der Abstand zwischen den Fußenden der Ankerdrähte 549 und der Formdrähte 538, so dass sich die Federmatte entspannen kann. Gleichzeitig werden die Formdrähte 550 und 552 durch Treibstangen 554 und 556 verschwenkt,

so dass sie eine flache Position zueinander einnehmen. Dadurch baut das Rückenlehnenpolster 544 in der Cargoposition flacher.

Daher zeigt die G4 keines der Merkmale des Anspruchs 1.

Zur G5 bis G9 hat die Einsprechende außer der Nennung im Einspruchsschriftsatz nichts vorgetragen.

Die G5 liegt weiter ab und zeigt einen Fahrzeugsitz mit einer Rückenlehne ohne Seitenwülste, die um eine Klappachse auf das Sitzteil vorklappbar ist. Die Rückenlehne besteht aus dem Rahmen 12 und der Rückwand 68, die über Hebel und Drehgelenke 61, 62 (vgl. Fig. 2 und 6, Spalte 5, Z. 26 – 40) miteinander verbunden sind. Die Rückenlehne kann um die Achse 42 gegenüber dem Sitzteil verschwenkt werden. Das Sitzteil ist über eine weitere drehgelenkige Koppel 120 mit der Rückwand 68 verbunden. Wird die Rückenlehne nach vorn geklappt, bewirkt die Koppel 120, dass die Rückwand 68 durch die Hebel 61, 62 gegenüber dem Rahmen 12 in Längsrichtung des Lehnenrahmens und entgegen der Schwenkrichtung der Lehne verschwenkt wird und sich so in der Cargoposition der Abstand zwischen Rückenlehnenrahmen 12 und Rückwand 68 der Rückenlehne verringert. Aufgrund der fehlenden Offenbarung von Seitenwülsten und zugehörigen Verstellmitteln zeigt die G4 jedoch keines der Merkmale des Anspruchs 1.

Die G6 und G9 zeigen jeweils nur einen Fahrzeugsitz mit einer verstellbaren Lordosenstütze.

Die G7 zeigt nur einen Fahrzeugsitz mit einem allgemeinen, elastischen Rücklehnenstellmechanismus Die G8 zeigt nur einen Fahrzeugsitz mit verstellbarer Kopf- und Lordosenstütze.

Die G10 zeigt verstellbare Seitenwangen für Sitzpolster und/oder Rückenlehnen. Die Seitenwangen weisen als Verstellmittel Bügel 10 auf, die sowohl verschwenkt als auch geradlinig verstellt werden können. Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin zeigt die G10 aber keinen Verstellmechanismus entsprechend dem Merkmal 1.5. Der Bügel 10 ist auf einem Schlitten 20 gelagert, der gegenüber der Rückenlehne geradlinig verstellt werden kann, so dass der Abstand vom Rückenlehnenrahmen zur Seitenwulst verändert werden kann. Der Bügel 10 kann zusätzlich um seine Drehachse 16 gegenüber dem Schlitten verschwenkt werden. Damit verschwenkt der Bügel aber nicht im Sinne des Streitpatents in Längsrichtung der Rückenlehnenrahmens, sondern analog zur D4 in Querrichtung der Rückenlehne. Darüber hinaus offenbart die G10 keine Kopplung der Verstellung des Bügels 10 an eine vorklappbare Rückenlehne des Fahrzeugsitzes, da die Zugeinrichtungen zur Verstellung des Bügels vorzugsweise mit Servomotoren betätigt werden sollen.

Die G10 zeigt daher zumindest nicht die Merkmale 1.1, 1.3, 1.4, 1.5 und 1.7.

Die G11 zeigt einen allgemeinen Kraftfahrzeugsitz mit einer mit Seitenwülsten ausgestatteten Rückenlehne, wobei in den Seitenwülsten Verstellmittel in Form von Bügeln 7 angeordnet sind (M 1.2). Die Bügel 7 sind ohne einen Hebelmechanismus mit Drehgelenken 8 bis 13 direkt am Rückenlehnenrahmen 2 gelagert und analog zur D4 oder G10 in Querrichtung der Rückenlehne verschwenkbar. Die Bügel 7 sind durch Federmittel 16 in Richtung der Mitte des Sitzes vorgespannt, d. h. in die Gebrauchslage, in der sie ihren größten Abstand vom Rückenlehnenrahmen 2 aufweisen (M 1.6). Die Bügel 7 sind mit einem Hebel 15 verbunden, an dem ein Zugmittel 18 angreift. Über das Zugmittel 18, das ein Verschwenken des Bügels entgegen der Wirkung des Federmittel nach außen bewirkt, kann die Stellung der Bügel 7 an die Körpermaße des Insassen angepasst werden. Der Hebel 15 beschränkt durch Anschlag an den Lehnenrahmen 2 dabei zusätzlich den maximalen Schwenkwinkel nach außen.

Daher zeigt die G11 nur die Merkmale 1.2 und 1.6.

5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht gegenüber den im Verfahren genannten Entgegenhaltungen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).

Der aus der D4 bekannte Fahrzeugsitz kommt dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 am nächsten, da er eine mit Seitenwülsten ausgestattete Rückenlehne aufweist, die zur Schaffung einer im Wesentlichen waagerechten Ladefläche um eine Klappachse auf ein Sitzteil vorklappbar ist, wobei die Wulstplatten der Seitenwülste beim Vorklappen der Rückenlehne in eine Position verschwenken, in der ihr Abstand von dem Rückenlehnenrahmen geringer ist als bei in Gebrauchsstellung befindlicher Rückenlehne (Merkmale 1.1 bis 1.3). Darüber hinaus zeigt die D4 auch die kinematische Umkehr der Merkmale 1.4, 1.6 und 1.7, indem die Polsterflügel beim Hochklappen der Rückenlehne in Gebrauchsposition durch die Wirkung des Zugmittels eine Position, in der ihr Abstand von dem Rückenlehnenrahmen größer ist als bei der vorgeklappten Rückenlehne, einnehmen und durch den Hebel in der flachen Lage vorgespannt sind, in der sie den geringsten Abstand zum Rückenlehnenrahmen aufweisen.

Entsprechend der Auffassung der Einsprechenden würden alle verstellbaren Wulstplatten unter das Merkmal 1.5 fallen, bei denen eine beliebige schwenkbare Lagerung der Wulstplatten eine Veränderung des Abstands zwischen dem Rückenlehnenrahmen und den Wulstplatten ermöglicht. Dies träfe dann unter anderem auch für den in der D4 gezeigten Fahrzeugsitz zu. Der Fachmann, dem sich ausgehend von einem Stand der Technik gemäß D4 die im Streitpatent genannte Aufgabe gestellt hätte, einen weiteren gattungsgemäßen Fahrzeugsitz anzugeben, hätte zur Lösung dieser Aufgabe die G10 herangezogen, welche sich mit einer als Seitenwange bezeichneten Seitenwulst für einen Fahrzeugsitz befasst und bei der der Seitenwulst entsprechend dem Streitpatent in Gebrauchslage vorgespannt ist und durch ein Zugmittel beim Vorklappen der Rückenlehne in eine flachere Position verschwenkt wird. Daher könne der Fachmann ausgehend von D4 unter Be- rücksichtigung der G10 und seines Fachwissens- und Fachkönnens in naheliegender Weise zum Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 gelangen.

Dieser Auffassung der Einsprechenden kann nicht gefolgt werden.

Denn der Kraftfahrzeugsitz der G10 offenbart keine vorklappbare Lehne zur Schaffung einer im Wesentlichen waagerechten Ladefläche, so dass der Fachmann, der ausgehend von dem Autositz nach D4 sich um die Verbesserung der Verstellbarkeit der Rückenlehne bemüht, die G10 nicht zu Rate zieht.

Selbst wenn man jedoch unterstellt, der Fachmann würde auf die G10 zugreifen, dann könnte er aus der G10 allenfalls die Anregung bekommen haben, die Wulstplatten durch Federmittel in Gebrauchslage vorzuspannen und beim Vorklappen der Rückenlehne durch Zugmittel in eine flachere Position zu bringen. Ein Hinweis auf eine Verschwenkung der Wulstplatten in Längsrichtung ist der G10 dagegen nicht zu entnehmen, weil die Wulstplatten dort – wie nach D4 – in Querrichtung verschwenken.

Da entsprechend der Auslegung des Merkmals 1.5 durch den Senat, wonach unter „Längsrichtung“ im Sinne des Streitpatents die Längsrichtung bzw. Längserstreckung der Wulstplatten bzw. des Rückenlehnenrahmens zu verstehen ist, keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften eine am Rückenlehnenrahmen schwenkbar gelagerte Wulstplatte entsprechend den Merkmalen 1.3 und 1.5 zeigt, erhält der Fachmann ausgehend von der D4 aus dem Stand der Technik keinerlei Hinweis oder Anregungen dazu, vom Konzept der quer zum Sitz schwenkenden Wulstplatten der D4 (oder auch der G2/G3) abzuweichen und eine Verschwenkbarkeit der Wulstplatten bezüglich der Längsausrichtung der Wulstplatte bzw. des Rückenlehnenrahmens zu realisieren.

Daher gelangt der Fachmann ausgehend von der D4 auch unter Berücksichtigung seines Fachwissens und Fachkönnens sowie der im Verfahren genannten Druckschriften nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1.

Mit diesem tragenden Patentanspruch 1 sind auch die auf diesen Anspruch rückbezogenen Ansprüche 2 bis 7 patentfähig, da ihre Gegenstände über selbstverständliche Maßnahmen hinausgehen und eine weitere Ausgestaltung des Gegenstands des Patentanspruchs 1 betreffen.

Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.

III.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht der am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich Form einzulegen.

Dr. Zehendner Dr. Huber Heimen Brunn Pr

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