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10 W (pat) 145/14

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 145/14 Verkündet am 27. September 2016

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2004 008 491

…

BPatG 154 05.11

…

hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Eisenrauch, Dr.-Ing. Großmann und Dipl.-Ing. Richter beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Gegen das am 20. Februar 2004 angemeldete Patent 10 2004 008 491, dessen Erteilung am 8. März 2012 veröffentlicht worden ist, ist Einspruch erhoben worden. Die Patentabteilung 26 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat auf Grund der Anhörung vom 21. Januar 2014 beschlossen, das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

Die Patentabteilung hat in dem Beschluss den Gegenstand des Patents in der beantragten Fassung als patentfähig erachtet, da sein Gegenstand gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. So könne ausgehend von D2 = WO 02/24359 A1 oder D1 = US 2 722 392 A der entgegengehaltene Stand der Technik keine Anregungen oder Hinweise in Richtung einer patentgemäßen Plattform liefern.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens ist das Streitpatent von der S… Aktiengesellschaft auf die S… GmbH umgeschrieben worden. Des Weiteren ist auch die Einsprechendenstellung von der S…… GmbH auf die P… GmbH übergegangen.

Gegen den oben genannten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden, die am 6. Februar 2014 beim DPMA per Fax eingegangen ist. Sie stützt ihr Vorbringen auf die im Einspruchsverfahren als Stand der Technik angeführten Patentschriften D1: US 2 722 392 A D2: WO 02/24359 A1 sowie die Fachartikel D3: Rudnev, Valery et al.: New generation of systems for induction reheating, Fachzeitschrift Millennium Steel 2001, Seiten 261 - 268, hieraus D3a: Figur 5 der D3 mit ergänzten Bezugszeichen 1 bis 5 D4: Thaller, Günter; Wagner, Johannes: The new HADEED hot-strip mill complex, Fachzeitschrift Millennium Steel 2001, Seiten 275 - 281, hieraus B1: Figur 4 der D4 als Titelbild der Zeitschrift „Millenium Steel“, Edition 2001.

Hierzu führt sie aus, dass der Fachmann den Abbildungen der D3/D3a oder auch der D4/B1 die Merkmale des Anspruchs 1, die breit auszulegen seien, entnehmen könne. Des Weiteren unterscheide sich die D2 lediglich durch eine vertikale Anordnung der Zusatzgerätschaften vom Streitgegenstand; bei entsprechenden Gegebenheiten der Maschine/Anlage stelle eine horizontale Anordnung lediglich eine fachmännische Maßnahme dar, die keine erfinderische Tätigkeit erfordere.

Die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin tritt dem entgegen, da der Fachmann den Abbildungen der D3/D3a bzw. D4/B1 die Merkmale des Anspruchs 1 nur in spekulativer Weise bei rückschauender Betrachtung entnehmen könne und insbesondere das Merkmal der Verbindbarkeit der Leitungen nicht vorhanden sei. Auch ausgehend von der D2 fehle neben dem Grundgedanken einer Verbindbarkeit der Leitungen auch eine Anregung in Richtung auf die patentgemäße horizontale Anordnung der Zusatzgerätschaften bzw. auf eine Plattform mit einer derartigen Anordnung.

Die Beschwerdeführerin und Einsprechende stellt den Antrag,

den Beschluss der Patentabteilung 26 des DPMA vom 21. Januar 2014 (mit Gründen versehene Fassung vom 29. Januar 2014) aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin und Patentinhaberin stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:

„Plattform (1) für Industrieanlagen, insbesondere für Hochdruckentzunderer (3a), Notscheren und Pendelscheren in Walzstraßen, o. dgl. mit ggf. gebündelten Zufuhr-, Abfuhr- und/oder Verteilerleitungen (11), die in Betriebslage mit den ortsfesten Leitungen der jeweiligen Maschine (3) verbindbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass eine Anordnung in unmittelbarer Nähe, mit einem eingestellten Abstand, Seitenlage und Höhenlage einer anzuschließenden Maschine (3) vorgenommen ist und dass verbindbare Stellorgane (4), Geräte (4), Antriebe (5) und Antriebskonsolen (5a), Verteilerblöcke (6) Ventilstände (7), Steuerelemente u. dgl. auf einer horizontalen, polygonalen Plattform-Grundfläche (2) entsprechend ihren Funktionen gegenüber der Maschine (3) verteilt angeordnet sind.“

Hieran schließen sich die Ansprüche 2 bis 7 an, zu deren Wortlaut auf die Patentschrift sowie zu weiteren Einzelheiten auf den Akteninhalt verwiesen wird.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. In der Sache führt sie allerdings nicht zum Erfolg.

1. Zum Wechsel der Patentinhaberin sowie Übergang der Einsprechendenstellung im Einspruchsverfahren Im vorliegenden Fall kann das Verfahren ohne weiteres mit der S… GmbH als neuer Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin weitergeführt werden. Dies steht im Einklang mit der Regelung des § 265 Abs. 2 ZPO, wonach der Rechtsnachfolger grundsätzlich nicht berechtigt ist, ohne Zustimmung der Einsprechenden und Beschwerdeführerin den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen (vgl. BGH GRUR 2008, 87 ff. – „Patentinhaberwechsel im Einspruchsverfahren“). Eine Ausnahme besteht allerdings in solchen Fällen, in denen der Grund für die erfolgte Umschreibung eine Umwandlung der bisherigen Patentinhaberin im Wege eines Formwechsels nach dem UmwG war. Eine solche Gesamtrechtsnachfolge, die zur Vollbeendigung der bisherigen Patentinhaberin geführt hat, liegt nach den vorliegenden Registerdaten (AG Düsseldorf HRB 75040, HRB 25779) vor.

Des Weiteren hat die bisherige Einsprechende und Beschwerdeführerin, die S…… GmbH mit Sitz in Linz, mit Schriftsatz vom 1. September 2015 den Übergang der Einsprechendenstellung auf die P… GmbH angezeigt. Aus den dem Schriftsatz beigefügten Unterlagen hat sich in schlüssiger Weise ergeben, dass der Betriebsteil „Metal Technologies“, in dessen Interesse der Einspruch ursprünglich eingelegt worden war, durch Spaltung auf eine neue Rechtsträgerin, die P… GmbH, übergegangen ist. Auch die übrigen Voraussetzungen, die für einen Übergang der Einsprechendenstellung gegeben sein müssen (vgl. BPatGE 42, 225, 227), sind hier erfüllt. Damit hat die P… GmbH mit Sitz in Linz im vorliegenden Verfahren die Stellung der Einsprechenden und Beschwerdeführerin übernommen.

Beide Beteiligten sind über die jeweiligen Wechsel informiert worden und haben dagegen keine Einwände erhoben.

2. Zum Verständnis des Patentgegenstandes Das vorliegende Patent betrifft eine Plattform für Industrieanlagen. Der Erfindung liegt gemäß Absatz 7 der Streitpatentschrift die Aufgabe zugrunde, eine an den jeweiligen Ort anpassbare zentrale Vorrichtung für den Anschluss von Medien- und Energieleitungen zu schaffen, die überschaubar und leicht kontrollierbar sind. Diese Aufgabe wird durch eine Vorrichtung gelöst, die gemäß Anspruch 1 folgende Merkmale aufweist (fakultative Merkmale kursiv hervorgehoben):

1. Plattform für Industrieanlagen, 2. insbesondere für Hochdruckentzunderer, Notscheren und Pendelscheren in Walzstraßen oder dergleichen, 3. mit gegebenenfalls gebündelten Zufuhr-, Abfuhr- und/oder Verteilerleitungen,

4. die in Betriebslage mit den ortsfesten Leitungen der jeweiligen Maschine verbindbar sind,

dadurch gekennzeichnet, 5. dass eine Anordnung in unmittelbarer Nähe, mit einem eingestellten Abstand, Seitenlage und Höhenlage einer anzuschließenden Maschine vorgenommen ist und 6. dass verbindbare Stellorgane, Geräte, Antriebe und Antriebskonsolen, Verteilerblöcke, Ventilstände Steuerelemente und dergleichen auf einer horizontalen, polygonalen Plattform-Grundfläche entsprechend ihren Funktionen gegenüber der Maschine verteilt angeordnet sind.

Unter einer Plattform für Industrieanlagen wird im vorliegenden technischen Kontext entsprechend der Wortbedeutung eine ebene Fläche im Umfeld einer Industrieanlage verstanden, die insbesondere die Möglichkeit bereitstellen kann, begehbar zu sein, Platz für die Anordnung von Gerätschaften zu bieten und/oder Leitungen daran befestigen zu können. In Merkmal 3 wird beansprucht, dass die Plattform Zufuhr-, Abfuhr- und/oder Verteilerleitungen aufweist, wobei diese noch durch das Merkmal 4 in der Weise spezifiziert sind, dass die der Plattform zugeordneten Leitungen mit ortsfesten Leitungen der jeweiligen Maschine verbindbar sind. Somit wird das Vorhandensein zweier Leitungsgruppen beansprucht, die miteinander verbunden sind. Dabei kommt es nicht auf die genaue Art und Weise der Verbindung an (siehe auch Anspruch 5), sondern darauf, dass eine Schnittstelle zwischen der Plattform und der Anlage bzw. der jeweiligen Maschine gebildet wird. Die Anordnung der Plattform in unmittelbarer Nähe der Maschine gemäß Merkmal 5 besagt, dass die Plattform möglichst nahe an der anzuschließenden Maschine angeordnet ist, d.h. ohne dass sich etwas anderes, z. B. ein Schaltschrank, Ventilstand oder ähnliches, dazwischen befindet. Des Weiteren erfolgt die weitere anspruchsgemäße Anordnung der Plattform entsprechend Absatz 20 „mit einem für die einzelnen Aggregate eingestellten Abstand, einer zugeordneten Seitenlage und einer passenden Höhenlage, die passend für die anzuschließende Maschine ist“. Dabei ist hervorzuheben, dass die Anordnungsmerkmale zusammen zu sehen sind. Somit ist die Plattform unmittelbar in einem bestimmten Abstand seitlich neben der anzuschließenden Maschine in einer Höhe zu positionieren, die sich auch, wie nachfolgend erläutert, aus der Merkmalsgruppe 6 ergibt. Entsprechend der letztgenannten Merkmalsgruppe sollen die auf der horizontalen Plattform-Grundfläche vorgesehenen verbindbaren Gerätschaften nämlich entsprechend ihren Funktionen gegenüber der Maschine verteilt sein. Dabei bringt die Präposition „gegenüber“ zum Ausdruck, dass die Gerätschaften räumlich gesehen eine frontal entgegengesetzte Lage zu den zugehörigen Maschinenkomponenten im Sinne von „vis-a-vis“ einnehmen. Dies entspricht auch dem Grundgedanken des Streitpatents, da so die jeweils zugehörigen Leitungsanschlüsse einfacher zuordenbar sind und dadurch die in den Absätzen 7 bis 9 beschriebenen Vorteile ermöglicht werden. Hierdurch wird neben der seitlichen Anordnung zur Maschine auch in gewisser Weise die Höhenlage der Plattform vorgegeben, d. h. die Plattform muss im Rahmen des Möglichen in einer solchen Höhe seitlich von der Anlage aufgestellt sein, dass die auf der Plattform vorzusehenden Gerätschaften auch gegenüber den zugehörigen Maschinenkomponenten positioniert werden können. Durch diese Konzeption der Plattform werden entsprechend Absatz 9

- die Zugänglichkeit zu den Rohranschlussstellen, Stellorganen und Antrieben verbessert,

- Service-Arbeiten und Kontrollmöglichkeiten begünstigt, - Hydraulikverrohrungen im Keller erheblich reduziert und - eine bessere Übersicht und eindeutige Verbraucherzuordnungen durch die definierten Schnittstellen geschaffen. Außerdem werden freiverlegte Rohrleitungen oder bauseits hierfür erforderliche Fundamentkanäle vermieden (vgl. Absätze 2 und 3) und die Plattform kann bereits im vormontierten Zustand als Einheit transportiert werden (vgl. Absatz 15).

Als Fachmann wird im vorliegenden Fall ein Diplomingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet des Anlagenbaus, insbesondere bei Anlagen zur Stahlherstellung, angesehen.

3. Die zweifellos gewerblich anwendbare Plattform nach Patentanspruch 1 ist patentfähig (§§ 1 bis 5 PatG).

3.1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu.

Der Patentgegenstand ist neu, da im entgegengehaltenen Stand der Technik kein Gegenstand mit allen Merkmalen des Streitgegenstandes offenbart wird.

Die D1 zeigt in Figur 1 und beschreibt in Spalte 1, Zeilen 15 bis 20 sowie 70 ff., eine Schnellwechselvorrichtung für eine Walzvorrichtung 12, die auf einem als „platform 13“ bezeichneten Fundament („bedplate“) verschiebbar montiert ist. Dies entspricht nicht der streitpatentgemäßen Plattform, die in Seiten- und Höhenlage zu der anzuschließenden Maschine, hier des Walzgerüsts 12, angeordnet sein soll. Damit ist bereits das Merkmal 5 nicht gegeben. Darüber hinaus sind auf der nicht anspruchgemäß angeordneten Plattform auch keine im Sinne des Merkmals 6 angeordnete Zusatzgerätschaften, weder von der beanspruchten Art noch von deren Anordnung her betrachtet, vorhanden.

Die D2 zeigt in den Figuren 1 und 2 ein selbsttragend ausgebildetes Konstruktionsmodul, bei dem Stellglieder, Ventilblöcke 3‘, Steuereinheiten 3 und Medienanschlüsse 5, 6 blockartig aufeinandergesetzt und damit vertikal übereinander angeordnet sind (siehe Seite1, Zeile 35, bis Seite 2, Zeile 14, sowie Seite 4, Zeilen 28 bis 30). Somit geht aus der D2 keine Plattform mit einer horizontalen Grundfläche hervor, auf der die Zusatzgerätschaften entsprechend Merkmal 6 horizontal (nebeneinander) verteilt angeordnet sind. Des Weiteren werden auch keine Leitungen im Sinne des Merkmals 3 offenbart, die in Betriebslage mit ortsfesten Leitungen der jeweiligen Maschine gemäß Merkmal 4 verbindbar sind. Das Vorhandensein von Verbindungsleitungen mag zwar für den Fachmann selbstverständlich sein und diese werden als solche auch in Anspruch 5 der D2 bzw. auf Beschreibungsseite 3, 2. Absatz, erwähnt, jedoch nicht entsprechend der patentgemäßen Unterscheidung zwischen plattformseitigen und ortsfesten/maschinenseitigen Leitungen, die miteinander verbunden sind.

Bei dem Induktionsofen nach der D3/D3a mangelt es ebenfalls an Leitungen gemäß Merkmal 3, die erkennbar an ortsfeste Leitungen des Induktionsofens 1 angeschlossen sind (Merkmal 4) und damit eine Schnittstelle aufweisen. Vielmehr verschwinden bei D3 die unmittelbar aus den Umrichtern 4 austretenden Leitungen 3 in bauseits vorgesehenen „Leitungsblöcken“; in welcher Weise die Leitungen dann mit den zugehörigen Komponenten, insbesondere mit den Spulen des Induktionsofens 1, verbunden sind, ist der Abbildung nicht entnehmbar. Des Weiteren ist das Merkmal 5 nicht gegeben, da die Plattform 2 nicht in unmittelbarer Nähe (bauseitige Leitungsblöcke sind dazwischen angeordnet) und vor allem auch nicht in entsprechender Höhenlage seitlich gegenüber der anzuschließenden Maschine bzw. Induktionsofen 1 angeordnet ist: Bei der D3/D3a ist die Plattform 2 mit den relativ großen Umrichtern 4 nämlich hochgesetzt und mit deutlichem seitlichen Versatz positioniert worden, vermutlich um eine bessere Zugänglichkeit zum Induktionsofen 1 zu gewährleisten.

Auch der D4/B1 kann keine anspruchsgemäße Plattform entnommen werden. So sind zwar einzelne Merkmale des Anspruchs 1 wie z. B. eine Plattform mit einer horizontalen, polygonalen Grundfläche sowie darauf abgestellten Zusatzgerätschaften und unterhalb der Plattform angebrachten elektrischen und flüssigkeitsführenden Leitungen erkennbar, worauf die Einsprechende zutreffend hingewiesen hat. Jedoch geht daraus weder eine streitpatentgemäße Anordnung der Zusatzgerätschaften, die „entsprechend ihren Funktionen gegenüber der Maschine verteilt angeordnet sein sollen“ (Merkmal 6), hervor, noch die anspruchsgemäße Anordnung der Plattform selbst, die in unmittelbarer Nähe mit einem eingestellten Abstand, Seiten- und Höhenlage einer anzuschließenden Maschine, d.h. insbesondere seitlich neben der Maschine, positioniert sein soll (Merkmal 5). Im vorliegenden Fall ist die Plattform erkennbar oberhalb der anzuschließenden Maschine angeordnet, wodurch die durch ein Geländer gesicherte und damit offensichtlich begehbare Plattform einen guten Überblick über die Anlage verschaffen kann. Auch bezüglich der Merkmale 3 und 4 kann nur spekuliert werden, ob die an der linken Seite von der Plattform abgehenden Leitungen in dem grauen Verteilerkasten mit ortsfesten Leitungen der jeweiligen Maschine gemäß Merkmal 4 verbunden werden. Dies genügt zum einen nicht den Anforderungen an eine unmittelbare und vor allem eindeutige Offenbarung und zum anderen entspricht dies auch nicht einer streitpatentgemäßen Leitungsführung, durch die „eine bessere Übersicht und eindeutige Verbraucherzuordnung“ geschaffen werden soll (vgl. Absatz 9, letzter Satz, der Streitpatentschrift).

3.2. Der Patentgegenstand beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).

Als nächstkommender Stand der Technik wird die Vorrichtung der D2 angesehen, deren Ausgestaltung insbesondere im Hinblick auf eine Minimierung des Verrohrungsaufwands und eine Optimierung der Anordnung der Ventile und Steuereinheiten erfolgt ist (siehe Seite 1, vorletzter Absatz). Dieses Ziel wird u. a. durch eine „räumlich nahe Anordnung der Ventilblöcke und Steuereinheiten zu deren Stellgliedern oder Verbrauchern“ erreicht (siehe Seite 2, Zeilen 25 bis 27). „Entsprechend der vorgegebenen Lage von Stellgliedern und Verbrauchern“ werden die Ventilblöcke und Steuereinheiten blockartig aufeinander aufgesetzt und bilden dadurch ein selbsttragendes Konstruktionsmodul mit einer vertikalen Anordnung der vorgenannten Geräte vor bzw. gegenüber der anzuschließenden Maschine (siehe Figur 1 sowie Text auf Seite 2, Zeilen 5 bis 15). Dieses Konstruktionsmodul wird in räumlicher Nähe zum Walzgerüst montiert (siehe Seite 4, Zeilen 28 bis 32). Falls erforderlich können in horizontaler Richtung mehrere selbsttragende Konstruktionsmodule 1 nebeneinander vorgesehen werden, wobei diese dann über Medienketten miteinander verbunden werden (siehe Figur 1 mit einlaufseitigem (ES) und auslaufseitigen (AS) Konstruktionsmodulen 1 und Anschlusspunkten 5 für die Medienkette, sowie Anspruch 7 und Text auf Seite 4, 1. Absatz). Die Argumentation der Einsprechenden, dementsprechend die Anordnung der Zusatzgeräte in vertikaler oder horizontaler Richtung von den baulichen Gegebenheiten der anzuschließenden Maschine abhängt und eine an die Maschine angepasste Anordnung der Zusatzgeräte lediglich eine fachmännische Maßnahme darstellt, mag zwar im Allgemeinen stimmen, lässt sich aber nicht auf den vorliegenden Fall der D2 anwenden. So gibt die D2 mit ihrer vertikalen Anordnung der Zusatzgeräte in einem Konstruktionsmodul eindeutig eine andere Richtung vor, wobei, wie zuvor beschrieben, im Bedarfsfall horizontal entfernt liegende Verbraucher durch weitere Konstruktionsmodule versorgt werden können.

Auf Grund dieses dezentralen Konzepts mit mehreren in horizontalem Abstand angeordneten Konstruktionsmodulen weist die D2 in eine gänzlich andere Richtung als das Streitpatent, das die zentrale Anordnung der Zusatzgeräte auf einer horizontalen Plattform-Grundfläche lehrt (siehe Merkmal 6 i. V m. Absatz 7 des Streitpatents). Jedenfalls mangelt es dem Fachmann ausgehend von der D2 an einer Anregung, sich von dem vertikalen Grundkonzept abzuwenden und eine horizontale streitpatentgemäße Anordnung vorzusehen, zumal sie selbst in eine andere Richtung weist und auch der weitere Stand der Technik keine diesbezüglichen Hinweise hierfür liefert. So ist weder der D4/B1 noch der D3/D3a eine Anordnung entnehmbar, bei der die Zusatzgeräte (nebeneinander) auf einer horizontalen Plattform-Grundfläche entsprechend ihren Funktionen gegenüber der Maschine verteilt angeordnet sind (siehe Neuheitsvergleich). Damit gelangt der Fachmann, ausgehend von der D2 unter Berücksichtigung des weiteren Standes des Technik sowie des Fachwissens, nicht in naheliegender Weise zu einem Gegenstand mit der Merkmalsgruppe 6 des Anspruchs 1; auf das von der Patentinhaberin angeführte Merkmal der Verbindbarkeit der Leitungen, das in der D2 ebenfalls nicht offenbart ist, kommt es somit nicht mehr an, wobei in diesem Merkmal bei der D2 eher eine fachmännische Maßnahme gesehen wird.

Auch der weitere Stand der Technik mit D3/D3a oder D4/B1 als Ausgangspunkt führt hier nicht weiter, wobei es diesen im Wesentlichen entsprechend dem Neuheitsvergleich an den Merkmalen 5 und 6 in ihrer Gesamtheit mangelt.

Dabei wird es bei D4/B1 bereits als nicht naheliegend angesehen, die Anordnung der Plattform streitpatentgemäß so abzuändern, dass die Plattform in unmittelbarer Nähe seitlich neben der Walzvorrichtung angeordnet ist, da die Plattform offensichtlich als übergreifende Übersichtsplattform oberhalb der Maschine positioniert worden ist. Des Weiteren müssten auf einer derart positionierten Plattform abgestellte Zusatzaggregate gemäß dem Merkmal 6 entsprechend ihren Funktionen gegenüber der Maschine auf der Plattform angeordnet werden, wofür ebenfalls keine Anregung vorhanden ist.

Gleiches gilt für die Plattform der D3/D3a, deren Anordnung offensichtlich eine gute Zugänglichkeit zum Induktionsofen ermöglicht, die bei einer streitpatentgemäßen Anordnung in unmittelbarer Nähe mit direkt gegenüberliegenden Umrichtern nicht mehr gegeben wäre. Eine Veranlassung für eine Anordnung der Plattform gemäß Merkmal 5 ergibt sich aus fachmännischer Sicht somit nicht. Vielmehr entsteht bezüglich der Anordnung der Plattform nach D3/D3a (oder auch D4/B1) der Eindruck, dass (bei diesen) die Anordnung der Plattform nach anlagenspezifischen Gesichtspunkten erfolgt ist; der streitpatentgemäße Grundgedanke, überschaubare Verbindungen zwischen Zusatzgeräten und der jeweiligen Maschine zu schaffen, ist hieraus jedenfalls nicht ableitbar oder gar erkennbar. Darüber hinaus müsste der Fachmann auch noch eine Leitungsanordnung im patentgemäßen Sinne mit plattformseitigen Leitungen, die mit ortsfesten Leitungen der Maschine zu verbinden sind, vorsehen. Hierfür ist ebenfalls keine Veranlassung erkennbar; im vorliegenden Fall dürfte der Fachmann auf Grund der hohen Strombelastung sogar von zusätzlichen Verbindungen, die immer das Risiko von Kontaktproblemen beinhalten, abgehalten werden.

Die „Plattform“ der D1 unterscheidet sich schließlich grundlegend von der erfindungsgemäßen Plattform und ist im Beschwerdeverfahren von der Einsprechenden auch nicht mehr herangezogen worden (siehe hierzu Neuheitsvergleich unter 3.1).

Damit ist der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 durch den Stand der Technik selbst bei Einbeziehung des Fachwissens eines Durchschnittsfachmanns, nicht nahegelegt und beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.

4. Mit dem bestandsfähigen Anspruch 1 haben auch die hierauf rückbezogenen Ansprüche 2 bis 7 Bestand, die vorteilhafte Ausgestaltungen des Patentgegenstandes zum Ziel haben.

III.

Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Lischke Eisenrauch Dr. Großmann Richter Pr/prö

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