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3 StR 85/25

BUNDESGERICHTSHOF StR 85/25 BESCHLUSS vom 19. August 2025 in der Strafsache gegen

1. 2. 3.

wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung u.a. hier: Revisionen der Angeklagten T. und Th.

ECLI:DE:BGH:2025:190825B3STR85.25.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 19. August 2025 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog, § 357 StPO einstimmig beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten Th. gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 31. Oktober 2024 wird das Verfahren eingestellt, soweit er im unter II. 4) der Urteilsgründe geschilderten Fall 4 wegen „unerlaubten“ Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe „zum Verschießen von Patronenmunition“ in zwei tateinheitlichen Fällen verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.

2. Auf die Revisionen der Angeklagten T. und Th. wird das vorgenannte Urteil, auch soweit es den Mitangeklagten G. betrifft, geändert a) im Schuldspruch dahin, dass schuldig sind aa) der Angeklagte T. der Gründung einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, mit Bildung bewaffneter Gruppen, mit Befehligen bewaffneter Gruppen und mit Herstellen einer Schusswaffe,

bb) der Angeklagte Th. der Gründung einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, mit Bildung bewaffneter Gruppen, mit Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe und mit Herstellen einer Schusswaffe,

cc) der Mitangeklagte G. der Gründung einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, mit Bildung bewaffneter Gruppen und mit Herstellen einer Schusswaffe,

b) im Strafausspruch dahin, dass verhängt werden aa) gegen den Angeklagten T. eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten,

bb) gegen den Angeklagten Th. eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird,

cc) gegen den Mitangeklagten G. eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.

3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

4. Der Angeklagte T. hat die Kosten seines, der Angeklagte Th. die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten T. schuldig gesprochen der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit Befehligen bewaffneter Gruppen in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Gründung einer kriminellen Vereinigung und mit Bildung bewaffneter Gruppen, in einem weiteren Fall in Tateinheit mit „unerlaubtem“ Herstellen einer Schusswaffe. Es hat gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verhängt. Außerdem hat es vom Angeklagten in Portugal erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 auf die Strafe angerechnet und gegen ihn eine Einziehungsentscheidung getroffen.

Den Angeklagten Th. hat das Landgericht wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Gründung einer kriminellen Vereinigung und mit Bildung bewaffneter Gruppen, in einem weiteren Fall in Tateinheit mit „unerlaubtem“ Herstellen einer Schusswaffe und mit „unerlaubtem“ Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe „zum Verschießen von Patronenmunition“, sowie wegen „unerlaubten“ Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe „zum Verschießen von Patronenmunition“ in zwei tateinheitlichen Fällen verurteilt. Es hat ihn mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten belegt sowie deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

Den Mitangeklagten G. hat das Landgericht schuldig gesprochen der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Gründung einer kriminellen Vereinigung und mit Bildung bewaffneter Gruppen, in einem weiteren Fall in Tateinheit mit „unerlaubtem“ Herstellen einer Schusswaffe. Es hat gegen ihn auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten erkannt, deren Vollstreckung es ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt hat.

Gegen ihre Verurteilung wenden sich die Angeklagten T. und Th. mit ihren Revisionen, die sie jeweils auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts stützen, der Angeklagte T. darüber hinaus auf eine Verfahrensbeanstandung. Die Rechtsmittel haben, auch zugunsten des Mitangeklagten G., mit der Sachbeschwerde den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

a) Die beiden Angeklagten und den Mitangeklagten einte eine staatsfeindliche Haltung gegen die Bundesrepublik Deutschland. Sie schlossen sich bei einem ersten gemeinsamen persönlichen Treffen am 20. Februar 2021 zu der „Gruppe ‚P.‘“ zusammen, um gemeinschaftlich ihre Wehrhaftigkeit und diejenige der Bevölkerung zum Schutz vor vermeintlicher staatlicher Willkür zu bewirken beziehungsweise zu steigern, insbesondere vor Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus, und den bewaffneten Widerstand gegen den Staat aufzunehmen. Geplant war, zu diesem Zweck unter Einsatz von 3D-Druckern einerseits Repetierarmbrüste sowie andererseits, in arbeitsteiligem Zusammenwirken, waffenrechtlich erlaubnispflichtige Pistolen des Typs „FGC-9“ („Fuck Gun Control“ – Kaliber 9 Millimeter) und hierfür geeignete Munition herzustellen.

Der Angeklagte T. hatte die Rolle des Anführers inne und produzierte mit zwei 3D-Druckern Waffenteile. Nach seinen Anweisungen erfüllten der Angeklagte Th. und der Mitangeklagte in der Folgezeit koordiniert Aufgaben, die vor allem der Schusswaffenherstellung dienten. Th. verrichtete dabei als gelernter Schlosser vornehmlich Metallarbeiten. Die drei Mitglieder der Gruppierung befassten sich zudem mit der Beschaffung und Herstellung von Munition. Neben dem Chatverkehr zwischen ihnen fanden regelmäßige Treffen und paramilitärische Übungen statt. T. hielt in seiner Wohnung bereits eine funktionsfähige Repetierarmbrust mit Pfeilen vor. Er war jederzeit in der Lage, zur Verfolgung des Zwecks des Zusammenschlusses auf diese Armbrust zurückzugreifen oder sie den anderen Mitgliedern auszuhändigen. Sie sollte überdies als Prototyp für die geplante Fertigung in Kleinserie dienen (Fall 1 unter II. 2] der Urteilsgründe; im Weiteren: Fall 1).

b) Am 19. März 2021 stellte Th. unter Einfügung eines von T. im 3D-Druckverfahren gefertigten Kunststoffteils sowie mit dessen und des Mitangeklagten Wissen und Wollen einen funktionstüchtigen Verschluss für eine Pistole „FGC-9“ her. Er übergab T. dieses Waffenteil zwölf Tage später (Fall 3 unter II. 3] der Urteilsgründe; nachfolgend: Fall 3).

c) Nachdem der Mitangeklagte am 19. Mai 2021 wegen Unstimmigkeiten aus der Gruppierung ausgeschieden war, beteiligte sich Th. weiterhin an der Herstellung von Komponenten für Pistolen „FGC-9“. Nach circa zwei Monaten verfügte er in seiner Wohnung über zwei fertiggestellte funktionstüchtige Waffenteile, nämlich ein Gehäuseoberteil und einen Verschluss (Fall 4 unter II. 4] der Urteilsgründe; fortan: Fall 4).

2. Das Landgericht hat das Geschehen im Fall 1 für die beiden Angeklagten und den Mitangeklagten als tateinheitliche (§ 52 Abs. 1 StGB) Gründung einer sowie mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung (§ 129 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 und 2 StGB) – der Angeklagte T. jeweils als Rädelsführer (§ 129 Abs. 5 Satz 2 Alternative 1 StGB) – und Bildung bewaffneter Gruppen (§ 127 Variante 1 StGB in der bis zum 30. September 2021 gültigen Fassung; im Folgenden: aF) gewürdigt, für den Angeklagten T. in weiterer Tateinheit mit Befehligen bewaffneter Gruppen (§ 127 Variante 2 StGB aF). In dem Handeln der drei im Fall 3 hat es jeweils eine sachlichrechtlich selbständige Tat (§ 53 Abs. 1 StGB) gesehen. Es hat diese als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung – der Angeklagte T. wiederum als Rädelsführer – in Tateinheit mit Herstellen einer Schusswaffe (§ 52 Abs. 3 Nr. 3 WaffG [wesentliches Teil gemäß Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.3.1.2 zum WaffG]) gewertet, des Weiteren tateinheitlich für den Angeklagten T. mit Befehligen bewaffneter Gruppen, für den Angeklagten Th. mit Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG [wesentliches Teil im benannten Sinne]). Das Ausüben der Sachherrschaft über die beiden Schusswaffenkomponenten durch den Angeklagten Th. im Fall 4 hat die Strafkammer für ihn als mit dem vorausgegangenen strafbaren Verhalten realkonkurrierenden Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe in zwei tateinheitlichen Fällen beurteilt (wesentliche Teile nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.3.1.2 und 1.3.1.6 zum WaffG).

II.

1. Die Verfahrensbeanstandung des Angeklagten T. dringt aus den vom Generalbundesanwalt zutreffend dargelegten Gründen nicht durch.

2. Die sachlichrechtliche Nachprüfung des Urteils führt zur Änderung der Schuldsprüche dahin, dass die beiden Angeklagten – hinsichtlich des Angeklagten Th. auch aufgrund einer Teileinstellung des Verfahrens – lediglich wegen eines Falls der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit den jeweiligen weiteren in der Beschlussformel benannten Delikten verurteilt werden.

a) Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat das Verfahren in dem allein den Angeklagten Th. betreffenden Fall 4, in dem dieser wegen zweier tateinheitlicher Fälle des Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt worden ist, nach § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO eingestellt (zur anderenfalls notwendigen Bestimmung der Tagessatzhöhe vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1981 – 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, 96 f.; vom 18. Dezember 2024 – 3 StR 500/24, juris Rn. 1; Fischer/ Fischer, StGB, 72. Aufl., § 53 Rn. 4 mwN).

b) Auf der Grundlage der zu den Fällen 1 und 3 rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen machten sich die Angeklagten – wie von der Strafkammer zutreffend rechtlich gewürdigt – wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung und mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Bildung bewaffneter Gruppen sowie Herstellens einer Schusswaffe strafbar, darüber hinaus der Angeklagte T. wegen Befehligens bewaffneter Gruppen und der Angeklagte Th. wegen Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe. Von diesen Delikten bedürfen lediglich die folgenden der Erörterung:

aa) Die Angeklagten verwirklichten den Tatbestand der Gründung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 StGB. Die „Gruppe ‚P.‘“ erfüllt die Voraussetzungen des § 129 Abs. 1 bis 3 StGB. Denn sie bestand aus drei Personen, war auf Dauer angelegt und wies einen ausreichenden Organisationsgrad auf. Ihre Tätigkeit und ihr Zweck waren auf die strafbare Schusswaffenherstellung (§ 52 Abs. 3 Nr. 3 WaffG) gerichtet, um eine Bürgerwehr mit entsprechender Bewaffnung aufzubauen und – als noch unbestimmtes Fernziel – den bewaffneten Widerstand gegen den Staat aufzunehmen (zum Vereinigungsbegriff des § 129 Abs. 2 StGB s. BGH, Urteile vom 2. Juni 2021 – 3 StR 21/21, BGHSt 66, 137 Rn. 19 ff.; vom 19. März 2025 – 3 StR 173/24, juris Rn. 55 mwN). Die Beiträge der Angeklagten zum Entstehen der Gruppierung sind als täterschaftliches Gründen zu beurteilen:

(1) Gründer im Sinne von § 129 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 StGB (oder § 129a Abs. 1 Alternative 1 StGB) sind solche Personen, die den Gründungsakt führend und richtungsweisend bewirken (s. BGH, Urteile vom 19. Mai 1954 – 6 StR 88/54, NJW 1954, 1254 LS; vom 21. Dezember 1977 – 3 StR 427/77 [S], BGHSt 27, 325, 327). Dies setzt keine organisatorische Führungsrolle voraus. Vielmehr ist nur eine wesentliche Förderung der Gründung erforderlich, mithin ein für das Zustandekommen der Vereinigung weiterführender und richtungsweisender Beitrag, auch wenn er im Verhältnis zu den Beiträgen anderer Gründer von untergeordneter Bedeutung ist (st. Rspr.; s. BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2006 – 3 StR 263/05, BGHR StGB § 129a Gründen 2 Rn. 15; vom 5. September 2019 – AK 49/19, juris Rn. 17; vom 9. Februar 2021 – AK 3/21 u.a., NStZ-RR 2021, 136, 137).

Der bloße Beitritt als am Gründungsakt beteiligtes Mitglied „der ersten Stunde“ erfüllt deshalb das Tatbestandsmerkmal des Gründens noch nicht (vgl. Zöller, Terrorismusstrafrecht, 2009, S. 529; SK-StGB/Stein/Greco, 9. Aufl., § 129 Rn. 41). Denn mangels notwendiger wesentlicher Förderung des Zustandekommens der Vereinigung genügt die Teilnahme an der Gründungszusammenkunft nicht ohne Weiteres, ebenso wenig die dort im Einverständnis der Anwesenden erklärte bloße Bereitschaft, der Vereinigung beizutreten (s. NK-StGB/Eschelbach, 6. Aufl., § 129 Rn. 58; LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 129 Rn. 94 mwN). Das gilt selbst dann, wenn die Vereinigung nur aus drei Personen besteht, die Beteiligung eines jeden somit ausschlaggebend für die Mindestzahl der Mitglieder ist. Das rechtliche Erfordernis eines Zusammenschlusses von mehr als zwei Personen (§ 129 Abs. 2 StGB) ist von der Frage zu trennen, wer einen für dessen Zustandekommen weiterführenden und richtungsweisenden Beitrag leistet.

In welchem Verhalten ein solcher Beitrag liegt, bedarf der wertenden Betrachtung im Einzelfall. Im Kern kommt es auf eine wesentlich fördernde Mitwirkung an den zum Zustandekommen der Vereinigung führenden Planungen, Absprachen oder Betätigungen an, etwa durch die Auswahl und Gewinnung von Mitgliedern sowie die aktive Einflussnahme auf das Organisationskonzept (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2019 – AK 13/19 u.a., juris Rn. 20; LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 129 Rn. 94; ferner Scheiff, Wann beginnt der Strafrechtsschutz gegen kriminelle Vereinigungen [§ 129 StGB]? 1997, S. 93 ff. [mit weiteren Fallgruppen]; Zöller, Terrorismusstrafrecht, 2009, S. 529). Auszuscheiden haben Handlungen und Erklärungen von geringem Gewicht, die weder auf die Struktur der Vereinigung noch auf deren deliktische Zielsetzung eine erhebliche Wirkung haben (vgl. Scheiff aaO, S. 92; LK/Krauß aaO; NK-StGB/Eschelbach, 6. Aufl., § 129 Rn. 58). Ausreichen kann hingegen, dass ein am Gründungsakt Beteiligter eine Zusage macht, die diese Zielsetzung betrifft. So kann es in Fällen liegen, in denen sich der Mitwirkende zur eigenhändigen Begehung derjenigen Straftaten bereiterklärt, welche die kriminellen Vereinigungszwecke bilden (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 – 3 StR 263/05, BGHR StGB § 129a Gründen 2 Rn. 16), aber auch in Fällen, in denen er verspricht, die für die Straftaten notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Für die konkrete Beurteilung ist allerdings stets von Belang, ob einer derartigen individuellen Zusage für die im Entstehen begriffene Vereinigung eine maßgebende Bedeutung zukommt.

(2) Nach diesen Maßstäben sind die Angeklagten Gründer der „Gruppe ‚P.‘“. Die Urteilsfeststellungen belegen eine wesentlich fördernde Mitwirkung beider am Gründungsgeschehen.

Der Angeklagte T. war Initiator der Vereinigung, übte einen beherrschenden Einfluss auf ihre Zielsetzungen aus und hatte im Entstehensprozess die or- ganisatorische Führungsrolle inne. Der Angeklagte Th. nahm mit jenem Angeklagten und dem Mitangeklagten an dem persönlichen Gründungstreffen (UA S. 97) vom 20. Februar 2021 teil. Er brachte sich dabei in den Gründungsakt insbesondere dadurch ein, dass er sich dem verbindlichen Plan entsprechend bereitfand, an der Herstellung von Repetierarmbrüsten und erlaubnispflichtigen Pistolen mitzuwirken. Im Hinblick auf die Fertigung der Handfeuerwaffen handelte es sich dabei um diejenigen Straftaten, welche den kriminellen Vereinigungszweck bildeten. Dies hatte für die Gruppierung zumindest deshalb eine maßgebende Bedeutung, weil ihr nur eine geringe Anzahl potentieller Straftäter zur Verfügung stand und für die Taten die Fertigkeiten des Angeklagten Th. als gelernter Schlosser besonders nützlich waren.

bb) Die Angeklagten verwirklichten den Tatbestand der Bildung bewaffneter Gruppen nach § 127 Variante 1 StGB aF, der Angeklagte T. außerdem denjenigen des Befehligens bewaffneter Gruppen gemäß § 127 Variante 2 StGB aF. Da die Überführung des § 127 StGB aF in den § 128 StGB nF durch das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet vom 12. August 2021 (BGBl. I S. 3544) den Wortlaut der Strafvorschrift nicht verändert hat, ist nach § 2 Abs. 1 und 3 StGB das Tatzeitrecht anzuwenden.

(1) Der Personenzusammenschluss um den Angeklagten T. erfüllt neben den Voraussetzungen einer Vereinigung gleichfalls diejenigen einer bewaffneten Gruppe im Sinne des § 127 StGB aF (zur möglichen Idealkonkurrenz mit den §§ 129, 129a StGB vgl. MüKoStGB/Anstötz, 5. Aufl., § 128 Rn. 44 mwN; ferner im Ergebnis BGH, Beschluss vom 25. März 2021 – 3 StR 10/20, juris Entscheidungsformel, Rn. 1 ff., 73 ff.).

(a) Eine Gruppe, für die ebenso eine Mindestanzahl von drei Mitgliedern zumindest in Fällen eines räumlichen Zusammenwirkens ausreicht (zum Gruppenbegriff s. BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 – 3 StR 585/17, BGHSt 63, 138 Rn. 14 ff.; MüKoStGB/Anstötz, 5. Aufl., § 128 Rn. 9 ff.), verfügt nach § 127 StGB aF über Waffen oder andere gefährliche Werkzeuge, wenn die Mitglieder imstande sind, auf die Gegenstände ungehindert Zugriff zu nehmen, um sie dem – identitätsstiftenden – Gruppenzweck entsprechend einsetzen zu können.

Eine zentrale Aufbewahrung der Waffen oder anderen gefährlichen Werkzeugen wird nicht vorausgesetzt; vielmehr genügt es, wenn die Gegenstände im Besitz einzelner Gruppenangehöriger sind. Umgekehrt besteht kein – abstrakt festzulegendes – Mindestquorum von mit ihnen ausgerüsteten Mitgliedern.

Erforderlich ist, dass die in diesem Sinne verstandene „Bewaffnung“ den Charakter der Gruppe (mit-)bestimmt. Sie muss für den gemeinsamen Gruppenzweck wesentlich sein sowie nach Anzahl, Art und Gefährlichkeit der Gegenstände ein wesentliches Merkmal des Personenzusammenschlusses darstellen. Alleiniger Zweck oder Endziel des Sichzusammenschließens brauchen sie nicht zu sein (zur die Gruppe prägenden „Bewaffnung“ s. BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 – 3 StR 585/17, BGHSt 63, 138 Rn. 25 ff.; BeckOK StGB/Kulhanek, 66. Ed., § 128 Rn. 15 ff.; MüKoStGB/Anstötz, 5. Aufl., § 128 Rn. 17; TK-StGB/ Sternberg-Lieben/Schittenhelm, 31. Aufl., § 128 Rn. 2 mwN).

(b) Gemessen daran verfügte die „Gruppe ‚P.‘“ mit der vom Angeklagten T. in seiner Wohnung vorgehaltenen funktionsfähigen Repetierarmbrust nebst Pfeilen über eine Waffe, die den Charakter dieser – aus drei Personen bestehenden – Personenmehrheit mitbestimmte.

Nach den Urteilsfeststellungen handelte es sich um ein einsatzbereites Mittel, das nach dem Gruppenzweck zur Verletzung von Menschen bestimmt war und auf das jedes der Mitglieder ohne Weiteres zu dessen Verfolgung hätte zugreifen können. Die Prägung des Gruppencharakters durch die Vorhaltung dieser einsatzbereiten Armbrust ergibt sich aus ihrer Bestimmung, beim erwarteten bewaffneten Widerstand gegen vermeintliche staatliche Willkür eingesetzt werden zu können. Für den Personenzusammenschluss hatte diese Bestimmung – neben der beabsichtigten Fertigung und Ansammlung von Pistolen des Typs „FGC-9“ – eine maßgebliche Bedeutung.

Im Hinblick auf die Art und Gefährlichkeit von Armbrüsten ist in Bedacht zu nehmen, dass sie waffenrechtlich den Schusswaffen gleichgestellte tragbare Gegenstände sind (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 2 WaffG i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1. 2. 3 zum WaffG); sie unterfallen somit ihrerseits dem Waffenbegriff (s. Steindorf/Heinrich, Waffenrecht, 11. Aufl., § 1 WaffG Rn. 9, Anlage 1 zum WaffG Rn. 26 [„Schusswaffen iwS“]). Wenngleich ihre Herstellung ebenso wie ihr Besitz freigestellt ist (Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Nr. 1. 8 und Nr. 4. 2 zum WaffG; dazu Gade, WaffG, 3. Aufl., Anlage 2 zum WaffG Rn. 116; MüKoStGB/Heinrich, 4. Aufl., § 1 WaffG Rn. 34, § 2 WaffG Rn. 90; Steindorf/Heinrich aaO, Anlage 2 zum WaffG Rn. 123, 153), weisen sie grundsätzlich ein erhebliches Gefährdungspotential auf (vgl. Steindorf/Heinrich aaO, Anlage 1 zum WaffG Rn. 32 [in „der Praxis ... todbringende ‚Waffen‘“]). Darüber hinaus war hier das von der vorgehaltenen Armbrust ausgehende Risiko dadurch erhöht, dass sie über eine Schnellladefunktion verfügte, die es ermöglichte, die bis zu sechs in das Magazin eingelegten – ebenfalls bereitgehaltenen – Pfeile in sekundenschneller Schussfolge abzufeuern (UA S. 14, 152).

Die Armbrust scheidet hier nicht deshalb als für die Gruppierung wesentliches Merkmal aus, weil sich die einsatzbereite Bewaffnung darin erschöpfte. Die Verwendung des Plurals „Waffen“ im Wortlaut des § 127 StGB aF hindert nicht, lediglich ein einzelnes Objekt als für die Erfüllung dieses gesetzlichen Merkmals ausreichend zu bewerten (zur Auslegung von in der Mehrzahl formulierten Tatbestandsmerkmalen vgl. allgemein Kudlich, FS Puppe, 2011, 123, 126 ff.; NK-StGB/Kargl, 6. Aufl., § 1 Rn. 106a, 120; bei der Bildung bewaffneter Gruppen BeckOK StGB/Kulhanek, 66. Ed., § 128 Rn. 16.1; in gleicher Weise bei der Fälschung von Zahlungskarten BGH, Beschluss vom 31. August 2000 – 5 StR 349/00, BGHR StGB § 152a Abs. 1 Zahlungskarte 1; Urteil vom 21. September 2000 – 4 StR 284/00, BGHSt 46, 146, 150 f.). Gerade dadurch, dass die Waffe als Prototyp für die beabsichtigte Serienherstellung dienen sollte, hatte ihre Existenz einen den Gruppencharakter mitprägenden Einfluss.

(c) Infolgedessen kommt es nicht darauf an, dass die bereits fertiggestellte Pistole „FGC-9“ nicht für die Verwendung durch die „Gruppe ‚P.‘“ vorgesehen war und keine weiteren derartigen Handfeuerwaffen einsatzfähig, sondern lediglich hierfür hergestellte einzelne Waffenteile vorhanden waren.

(2) Keiner näheren Erörterung bedarf, dass die Angeklagten die bewaffnete Gruppe unbefugt bildeten und der Angeklagte T. sie außerdem unbefugt befehligte (zu diesen beiden Tathandlungsvarianten s. BGH, Urteil vom 14. Juni 2018 – 3 StR 585/17, BGHSt 63, 138 Rn. 36 f.; MüKoStGB/Anstötz, 5. Aufl., § 128 Rn. 20 f., 22 f.).

c) Das Konkurrenzverhältnis der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und der jeweiligen weiteren Straftaten ist allerdings anders als im angefochtenen Urteil zu beurteilen.

Die beiden Angeklagten sind lediglich eines Falls der mitgliedschaftlichen Beteiligung in Tateinheit mit den anderen Delikten schuldig. Denn der Tatbestand des § 129 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StGB verbindet grundsätzlich alle Beteiligungshandlungen zu einer einzigen Tat im sachlichrechtlichen Sinne. Weitere hierdurch verletzte Strafgesetze werden zu Tateinheit verklammert. Nur wenn

– anders als hier – mindestens zwei andere, durch verschiedene Beteiligungsakte begangene Gesetzesverstöße ein mehr als unwesentlich höheres Gewicht als das Vereinigungsdelikt haben, stehen sie, obwohl sie mit diesem jeweils tateinheitlich zusammentreffen, in Tatmehrheit zueinander (s. BGH, Urteile vom 14. November 2024 – 3 StR 189/24, NJW 2025, 456 Rn. 11; vom 19. März 2025 – 3 StR 173/24, juris Rn. 65 ff.). Der Senat hat seine vormalige abweichende – im Jahr 2015 begründete – konkurrenzrechtliche Rechtsprechung (grundlegend BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 – 3 StR 537/14, BGHSt 60, 308), an der sich das Landgericht orientiert hat, nach Verkündung des angefochtenen Urteils aufgegeben (s. BGH, Urteile vom 14. November 2024 – 3 StR 189/24, aaO).

Die gegen die Angeklagten ergangenen Schuldsprüche sind deshalb in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO zu ändern (zur sachgerechten Bezeichnung von Waffendelikten vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 2023 – 3 StR 120/23, BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 5 Rn. 15 f.). Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

3. Die konkurrenzrechtliche Neubewertung führt analog § 354 Abs. 1 StPO zur Änderung der Strafaussprüche dahin, dass gegen die Angeklagten jeweils auf eine (Einzel-)Freiheitsstrafe in Höhe der vom Landgericht festgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe erkannt wird.

Durch die abweichende Beurteilung der Konkurrenzen wird der Unrechtsund Schuldgehalt regelmäßig – wie auch hier – nicht berührt (s. BGH, Beschlüsse vom 7. März 2023 – 3 StR 397/22, juris Rn. 14 f.; vom 21. Januar 2025 – 3 StR 538/24, juris Rn. 14; BeckOK StPO/Wiedner, 56. Ed., § 354 Rn. 82 mwN). Die Staatsschutzkammer hat selbst in den Urteilsgründen klargestellt (UA S. 156 f.), dass sie im Fall der Annahme des tateinheitlichen Zusammentreffens der Delikte bei keinem der Angeklagten auf ein geringeres Strafmaß als die jeweilige Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

Ebenso ist auszuschließen, dass, wenn das Verfahren hinsichtlich des Angeklagten Th. im Fall 4 bereits in der ersten Instanz gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO eingestellt worden wäre, dies die gegen ihn im Ergebnis verhängte bedingte Freiheitsstrafe beeinflusst hätte (zur Zulässigkeit der strafschärfenden Berücksichtigung nach § 154 StPO behandelter, indes prozessual ordnungsgemäß festgestellter Taten vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2018 – 1 StR 407/18, NStZ-RR 2019, 153, 154 mwN; vom 30. Januar 2024 – 5 StR 463/23, juris Rn. 4).

4. Im Übrigen hat die materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils keinen den Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

5. Nach § 357 StPO ist die Änderung der Schuld- und Strafaussprüche entsprechend auf den Mitangeklagten zu erstrecken, weil diesen die rechtlich unzutreffende Annahme mehrerer selbständiger Taten der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung ebenso betrifft.

III.

Soweit das Verfahren gegen den Angeklagten Th. eingestellt worden ist, ergibt sich die Kostenfolge aus § 467 Abs. 1 StPO. Im Übrigen ist es angesichts des geringen Teilerfolgs der Revisionen nicht unbillig, den Angeklagten T. mit den gesamten und den Angeklagten Th. mit den verbleibenden Kosten des jeweiligen Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

Schäfer Berg Erbguth RiBGH Dr. Kreicker befindet sich im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben.

Schäfer Munk Vorinstanz: Landgericht Koblenz, 31.10.2024 - 10 KLs 6 Js 1747/21

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1 4 StPO
4 154 StPO
1 265 StPO
3 349 StPO
3 354 StPO
2 357 StPO
1 467 StPO
1 473 StPO
3 1 WaffG
2 2 WaffG
3 52 WaffG

Original von 3 StR 85/25

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