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XII ZB 394/25

BUNDESGERICHTSHOF XII ZB 394/25 BESCHLUSS vom 29. Oktober 2025 in der Unterbringungssache Nachschlagewerk: nein BGHZ:

nein BGHR:

nein JNEU:

nein BGB §§ 1815 Abs. 2 Nr. 1, 1831 Abs. 2 Nr. 1; EGBGB Art. 229 § 54 Abs. 4 Passt das Gericht (gegebenenfalls auch im Wege einer einstweiligen Anordnung) in einem gerichtlichen Genehmigungsverfahren vor Ablauf der Übergangsfrist des Art. 229 § 54 Abs. 4 EGBGB den Aufgabenkreis des Betreuers den Erfordernissen des § 1815 Abs. 2 Nr. 1 BGB an, richtet sich die Entscheidungsbefugnis des Betreuers hinsichtlich einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung zukünftig allein nach § 1815 Abs. 2 Nr. 1 BGB (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 7. Februar 2024 - XII ZB 130/23 - FamRZ 2024, 888).

BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2025 - XII ZB 394/25 - LG Augsburg AG Augsburg ECLI:DE:BGH:2025:291025BXIIZB394.25.0 Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Oktober 2025 durch den Vorsitzenden Richter Guhling, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer und Dr. Botur und die Richterinnen Dr. Krüger und Dr. Recknagel beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 24. Juni 2025 und der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg vom 18. Juli 2025 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben, soweit die Unterbringung über den 23. Dezember 2025 hinaus bis zum 23. Juni 2026 genehmigt worden ist. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.

Die außergerichtlichen Kosten des Betroffenen werden der Staatskasse zur Hälfte auferlegt.

Eine Festsetzung des Beschwerdewerts (§ 36 Abs. 3 GNotKG) ist nicht veranlasst.

Gründe:

I.

Das Verfahren betrifft die Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus mit anschließender Unterbringung in einer beschützenden Abteilung einer Pflegeeinrichtung.

Nach den getroffenen Feststellungen besteht bei dem Betroffenen unabhängig vom Suchtmittelkonsum „im funktionellen Ausmaß einer Demenz ein hirnorganisches Psychosyndrom multifaktorieller Genese bei chronischer Sauerstoffmangelversorgung des Gehirns bei COPD und nach langjähriger chronischer Alkoholintoxikation mit erheblichen Hinweisen auf den Übergang in ein KorsakowSyndrom“.

Für den Betroffenen ist seit 2018 eine Betreuung eingerichtet, wobei der Aufgabenkreis (u.a.) die Aufenthaltsbestimmung und die Gesundheitssorge umfasst. Im April 2025 hat der Betreuer die Genehmigung der geschlossenen Unterbringung des Betroffenen beantragt.

Das Amtsgericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und den Betroffenen persönlich angehört. Mit Beschluss vom 24. Juni 2025 hat es sodann im Wege der einstweiligen Anordnung, befristet bis zum 23. Dezember 2025, den Aufgabenkreis der Betreuung um die „Entscheidung über eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung nach § 1831 Abs. 1 BGB“ erweitert. Mit weiterem Beschluss vom gleichen Tag hat das Amtsgericht die Unterbringung des Betroffenen „in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bzw. der beschützenden Abteilung einer Pflegeeinrichtung“ bis längstens 4. Mai 2027 genehmigt.

Auf die Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht mit Beschluss vom 18. Juli 2025 die Dauer der Unterbringung auf den Zeitraum bis zum 23. Juni 2026 verkürzt und das Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit welcher er die Feststellung der Rechtswidrigkeit der vorinstanzlichen Beschlüsse beantragt, nachdem das Amtsgericht mit Beschluss vom 8. Oktober 2025 die Genehmigung der freiheitsentziehenden Unterbringung wegen Wegfalls der medizinischen Voraussetzungen aufgehoben hat.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist teilweise begründet. Sie führt nach der in der Rechtsbeschwerdeinstanz entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 62 Abs. 1 FamFG (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Februar 2023 - XII ZB 130/22 - FamRZ 2023, 638 Rn. 4 mwN) für den Zeitraum vom 24. Dezember 2025 bis zum 23. Juni 2026 zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung Folgendes ausgeführt:

Die Voraussetzungen für die Genehmigung einer Unterbringung nach § 1831 Abs. 1 Nr. 1 BGB lägen vor. Denn aufgrund der psychischen Krankheit des Betroffenen bestehe die Gefahr, dass er sich erheblichen gesundheitlichen Schaden zufüge. Insoweit liege eine erhebliche Gesundheits- und Lebensgefahr vor, weil die wiederholte Alkoholintoxikation bei krankheitsbedingter Abstinenzunfähigkeit die für die Behandlung notwendige Medikamenteneinnahme ebenso verhindere wie die Sicherstellung der lebensnotwendigen Sauerstoffversorgung. Zudem sei der Betroffene zu einer freien Willensbildung hinsichtlich der Entscheidungen im Zusammenhang mit der Erkrankung nicht in der Lage. Die Unterbringung entspreche auch dem mutmaßlichen Willen des Betroffenen. Sie sei aber nur für die Dauer von einem Jahr zu genehmigen.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Denn das Beschwerdegericht hätte auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen den Genehmigungszeitraum auf bis längstens 23. Dezember 2025 verkürzen müssen.

a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht zunächst davon ausgegangen, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung nach § 1831 Abs. 1 Nr. 1 BGB zum Zeitpunkt seiner Entscheidung vorlagen. Die Rechtsbeschwerde erinnert insoweit auch nichts.

b) Bei der Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung nach § 1831 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 BGB hat das Gericht auch zu prüfen, ob die Unterbringung vom Aufgabenkreis des Betreuers umfasst ist. Denn der Betreuer darf eine Entscheidung über eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung des Betroffenen nach §§ 1815 Abs. 2 Nr. 1, 1831 Abs. 1 BGB nur treffen, wenn sie als Aufgabenbereich vom Betreuungsgericht ausdrücklich angeordnet wurde. Sind die danach erforderlichen Aufgabenbereiche dem Betreuer nur vorläufig zugewiesen, muss das Gericht zudem prüfen, ob die zu genehmigende Unterbringungsdauer vom Zeitraum der Zuweisung erfasst wird (vgl. Senatsbeschluss vom 6. November 2024 - XII ZB 254/24 - FamRZ 2025, 381 Rn. 11; vgl. auch - jeweils zu § 1906 BGB - Senatsbeschlüsse vom 7. Oktober 2020 - XII ZB 349/20 - FamRZ 2021, 225 Rn. 16 und vom 14. August 2013 - XII ZB 614/11 - FamRZ 2013, 1726 Rn. 23). Dem werden die angefochtenen Entscheidungen nicht gerecht.

aa) Die Regelung des § 1815 Abs. 2 Nr. 1 BGB findet allerdings nach Art. 229 § 54 Abs. 4 Satz 1 EGBGB grundsätzlich auf Betreuungen, die - wie hier - am 1. Januar 2023 bereits bestanden, bis zum 1. Januar 2028 keine Anwendung. Dadurch sollen dem Betreuer die ihm vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021 (BGBl. I 2021 S. 882) zustehenden Vertretungsbefugnisse während einer Übergangsfrist von fünf Jahren erhalten bleiben und insbesondere sichergestellt werden, dass ein Betreuer, dem nach früherem Recht (nur) die Aufgabenbereiche Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitssorge (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 14. August 2013 - XII ZB 614/11 - FamRZ 2013, 1726 Rn. 22 mwN; zu § 1906 BGB) zugewiesen waren, während der Übergangsfrist auch weiterhin ein gerichtliches Genehmigungsverfahren nach § 1831 Abs. 2 Satz 1 BGB einleiten kann. Hat das Gericht indessen schon vor dem Ablauf der Übergangsfrist - wie hier - in einem gerichtlichen Genehmigungsverfahren nach § 1831 Abs. 2 Satz 1 BGB über die Unterbringung des Betreuten zu entscheiden, ist es gemäß Art. 229 § 54 Abs. 4 Satz 2 EGBGB dazu verpflichtet, den Aufgabenkreis an die Erfordernisse des § 1815 Abs. 2 BGB anzupassen (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Februar 2024 - XII ZB 130/23 - FamRZ 2024, 888 Rn. 16 mwN).

bb) Vorliegend hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 24. Juni 2025 im Wege der einstweiligen Anordnung, befristet bis zum 23. Dezember 2025, den Aufgabenkreis der Betreuung um die „Entscheidung über eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung nach § 1831 Abs. 1 BGB“ erweitert. Damit ist die Entscheidungsbefugnis des Betreuers hinsichtlich einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung zukünftig ausschließlich an § 1815 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu messen. Auf eine zuvor bestehende Entscheidungsbefugnis kann daneben nicht mehr zurückgegriffen werden, auch wenn die Übergangsfrist nach Art. 229 § 54 Abs. 4 Satz 1 EGBGB noch nicht abgelaufen ist. Denn andernfalls würde der Entscheidung des Amtsgerichts jeglicher Regelungsinhalt abgesprochen. Dass das Amtsgericht im Wege der einstweiligen Anordnung entschieden hat, kann keine andere Beurteilung rechtfertigen. Denn auch eine einstweilige Anordnung trifft eine abschließende Entscheidung über den Aufgabenkreis des Betreuers.

cc) Diesen Anforderungen entsprechen die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht, weil sie nicht beachtet haben, dass eine freiheitsentziehende Unterbringung danach über den 23. Dezember 2025 hinaus nicht hätte genehmigt werden dürfen.

c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde genügen die Entscheidungen der Vorinstanzen den sich aus § 323 Abs. 1 Nr. 1 FamFG ergebenden Anforderungen an Bezeichnung und Begründung des Einrichtungstypus (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 15. Mai 2024 - XII ZB 490/23 - FamRZ 2024, 1583 Rn. 5 mwN). Denn aus dem von beiden Beschlüssen in Bezug genommenen und vom Landgericht zudem auszugsweise wiedergegebenen Sachverständigengutachten ergibt sich, dass die Unterbringung in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses zur Erzwingung der Abstinenz und die anschließende Unterbringung in einer beschützenden Abteilung einer Pflegeeinrichtung für notwendig erachtet wurde. Dass das Amtsgericht die geschlossene Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus beziehungsweise in einer beschützenden Pflegeeinrichtung genehmigt hat, ist danach rechtlich nicht zu beanstanden.

3. Der Betroffene ist durch die Entscheidungen des Amts- und des Landgerichts in seinem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt worden.

Das nach § 62 Abs. 1 FamFG erforderliche berechtigte Interesse des Betroffenen daran, die Rechtswidrigkeit der - hier durch Zeitablauf erledigten - Unterbringungsmaßnahme feststellen zu lassen, liegt vor. Die gerichtliche Anordnung oder Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme bedeutet stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff im Sinne des § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (st. Rspr. des Senats, vgl. Senatsbeschluss vom 23. Juli 2025 - XII ZB 68/25 - FamRZ 2025, 1649 Rn. 16 mwN).

Guhling Klinkhammer RinBGH Dr. Krüger ist wegen Urlaubs an der Signatur gehindert. Guhling Botur Recknagel Vorinstanzen: AG Augsburg, Entscheidung vom 24.06.2025 - 5 XVII 251/23 LG Augsburg, Entscheidung vom 18.07.2025 - 51 T 2422/25 e -

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6 1815 BGB
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1 2 GG
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