Paragraphen in 23 W (pat) 2/18
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
5 | 1 | PatG |
5 | 4 | PatG |
1 | 48 | PatG |
1 | 79 | PatG |
Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
5 | 1 | PatG |
5 | 4 | PatG |
1 | 48 | PatG |
1 | 79 | PatG |
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 2/18 Verkündet am 12. Dezember 2019
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2016 114 413.4 hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Strößner sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr. Friedrich, Dr. Himmelmann und Dr.-Ing. Kapels ECLI:DE:BPatG:2019:121219B23Wpat2.18.0 beschlossen:
-3Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
1. Die vorliegende Anmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2016 114 413.4 und der Bezeichnung „Vorrichtung zur Erzeugung von objektabhängigen Audiodaten und Verfahren zur Erzeugung von objektabhängigen Audiodaten in einem Fahrzeuginnenraum“ wurde am 4. August 2016 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet. Gleichzeitig mit der Anmeldung wurde Prüfungsantrag gestellt. Die Anmeldung wurde am 22. März 2018 mit der Druckschrift DE 10 2016 114 413 A1 offengelegt.
2. Die Prüfungsstelle für Klasse G08G hat im Prüfungsverfahren auf den Stand der Technik gemäß den folgenden Druckschriften verwiesen:
D1 GB 25 34 163 A; D2 DE 10 2011 083 770 A1; D3 DE 10 2014 222 076 A1 D4 DE 10 2014 221 301 A1.
und Sie hat in einem Prüfungsbescheid vom 7. März 2017 die Patentfähigkeit der Gegenstände der jeweiligen unabhängigen Ansprüche verneint (§ 1 Abs. 1 PatG i.V.m. § 4 PatG) und darauf hingewiesen, dass auch die zusätzlichen Merkmale der abhängigen Ansprüche zu keiner patentfähigen Antragsfassung beitragen könnten.
Mit Eingabe vom 20. Juni 2017 hat die Anmelderin den Ausführungen der Prüfungsstelle widersprochen, eine geänderte Beschreibung und geänderte Ansprüche eingereicht, wobei in den ursprünglichen Anspruch 1 die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 6 und 8 und in den nebengeordneten ursprünglichen Anspruch 9 die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 13 und 14 aufgenommen wurden. Eine Anhörung wurde nicht beantragt.
In der Folge hat die Prüfungsstelle die Anmeldung mit Beschluss vom 21. November 2017 zurückgewiesen. In ihrer Beschlussbegründung hat sie ausgeführt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 dem Fachmann aus der Druckschrift D1 in Verbindung mit der Druckschrift D4 nahegelegt sei, so dass dieser aufgrund fehlender erfinderischer Tätigkeit (§ 4 PatG) nicht patentfähig sei (§ 1 Abs. 1 PatG). Der nebengeordnete Anspruch 7 gehe substantiell nicht über den Anspruch 1 hinaus und beruhe daher ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3. Gegen diesen am 28. November 2017 zugestellten Beschluss hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2017, am selben Tag im Deutschen Patent- und Markenamt elektronisch eingegangen, Beschwerde eingelegt. Mit der am 5. April 2018 im Bundespatentgericht eingegangenen Beschwerdebegründung hat die Anmelderin das Dokument D5 Wikipedia “Wellenfeldsynthese”,
einen unveränderten Hauptantrag, sowie einen Hilfsantrag 1 eingereicht.
4. Wie vorab mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2019 angekündigt, ist die Anmelderin zur mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 2019 nicht erschienen. Sie beantragt mit ihrer am 5. April 2018 eingegangenen Beschwerdebegründung sinngemäß:
1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G08G des Deutschen Patentund Markenamts vom 21. November 2017 aufzuheben.
2.a) Hauptantrag Ein Patent zu erteilen mit der Bezeichnung „Vorrichtung zur Erzeugung von objektabhängigen Audiodaten und Verfahren zur Erzeugung von objektabhängigen Audiodaten in einem Fahrzeuginnenraum“, dem Anmeldetag 4. August 2016 auf der Grundlage folgender Unterlagen:
- Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hauptantrag vom 28. März 2016, eingegangen am 5. April 2018;
- Beschreibungsseiten 1 bis 10, - 2 Seiten Bezugszeichenliste (Seiten 11 und 12), jeweils eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am 22. Juni 2017; - 4 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 6, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am Anmeldetag.
2.b) Hilfsantrag 1 Hilfsweise das unter 2.a) genannte Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 1 vom 28. März 2016, eingegangen am 5. April 2018;
- die unter 2.a) genannten Beschreibungsseiten, Bezugszeichenliste und Zeichnungen.
5. Der am 5. April 2018 eingegangene Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet mit bei unverändertem Wortlaut eingefügter Gliederung:
1. Vorrichtung zur Erzeugung von objektabhängigen Audiodaten umfassend eine Vielzahl von Fahrerassistenzsystemen und deren Sensoren (2), eine Datenbank (19) mit Audiodaten, einen objektbasierten Audiomanager (17), einen Renderer (22) und eine Vielzahl von Lautsprechern (11),
1.2 wobei die Vielzahl von Fahrerassistenzsystemen und/oder deren Sensoren (2) mit der Datenbank (19) und dem objektbasierten Audiomanager (17) im Datenaustausch stehen,
1.3 wobei der objektbasierte Audiomanager (17) mit dem Renderer (22) im Datenaustausch steht,
1.4 wobei der Renderer (22) mit den Lautsprechern (11) verbunden ist und 1.5 wobei die objektbasierten Sounds, die durch die Vielzahl der Lautsprecher (11) ausgebbar sind, 1.5.1 auf Basis einer Wellenfeldsynthese erzeugbar sind 1.5.2 oder binaural durch Lautsprecher (11) in den Kopfstützen (12) eines Fahrzeugsitzes (3) ausgebbar sind.
Anspruch 1 des Anspruchssatzes nach Hilfsantrag 1 ergibt sich aus Anspruch 1 des Hauptantrags durch Ersetzen der Merkmale 1.5.1 und 1.5.2 durch 1.5.1‘ und 1.5.2‘, sowie das Anfügen des Zusatzmerkmals 1.6 (Änderungen unterstrichen):
1.5.1‘ auf Basis einer Wellenfeldsynthese erzeugbar sind und dazu eingerichtet sind einen Innenraum-Audiobereich (9) zu bilden,
1.5.2‘ oder binaural durch Lautsprecher (11) in den Kopfstützen (12) eines Fahrzeugsitzes (3) ausgebbar sind und dazu eingerichtet sind einen persönlichen Audiobereich (8) zu bilden,
1.6 und wobei Informationen und/oder Warnungen, die von Fahrerassistenzsystemen und/oder deren Sensoren (2) stammen, je nachdem welche Audiobereich (8, 9) angesteuert ist, direkt an einen Fahrzeuginsassen oder an alle Fahrzeuginsassen übermittelbar sind.
Hinsichtlich der jeweils auf ein Verfahren gerichteten selbständigen Ansprüche 7 der beiden Anträge und der jeweiligen Unteransprüche sowie zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G08G ist zulässig, erweist sich jedoch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2019 als nicht begründet, weil die Lehren der Ansprüche 1 sowohl des Hauptantrags als auch des Hilfsantrags 1 gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhen und somit nicht patentfähig sind (§ 1 Abs. 1 PatG i.V.m. § 4 PatG).
1. Die vorliegende Anmeldung betrifft eine Vorrichtung zur Erzeugung von objektabhängigen Audiodaten, sowie ein Verfahren zur Erzeugung von objektabhängigen Audiodaten in einem Fahrzeuginnenraum (vgl. Seite 1, Zeilen 10 bis 14 der geltenden Beschreibung).
Fahrzeuge weisen heutzutage eine Vielzahl von Fahrerassistenzsystemen (Advanced Driver Assistance Systems – ADAS) und deren Sensoren auf, die einen Fahrer beim Fahren unterstützen und ihn vor Gefahren warnen. Da fast alle ADASInformationen visuell dargestellt werden, ist der visuelle Kanal mit Informationen überladen. Durch die Flut von Informationen wird die Konzentration des Fahrers beeinträchtigt, da die Vielzahl der Bildschirme und Warnleuchten den Fahrer von der Beobachtung des Geschehens um das Fahrzeug herum ablenken (vgl. Seite 1, Zeilen 16 bis 23 der geltenden Beschreibung).
Bisher werden jedoch nur im geringen Umfang Geräusche verwendet, um den Fahrer über Gefahrensituationen zu informieren. So ist aus der DE 10 2014 221 301 A1
(D4) ein System bekannt, bei dem ein Audiopanorama mit Mikrophonen aufgenommen und zur Anzeige des Vorliegens von Gefahren oder anderen interessierenden Ereignissen einem Benutzer angezeigt wird (vgl. Seite 1, Zeilen 25 bis 29 der geltenden Beschreibung).
In der DE 10 2014 222 076 A1 (D3) werden eine Vorrichtung zur Umfeldsensorik und ein Verfahren zur akustischen Signalisierung eines Umgebungsobjektes, in der DE 10 2011 083 770 A1 (D2) ein Verfahren zur rechnergestützten Verarbeitung des Nahfeldes eines Fahrzeugs und in der GB 2 534 163 A (D1) eine Fahrzeugschnittstellenvorrichtung zum Erzeugen einer hörbaren Anzeige einer potentiellen Gefahr beschrieben (vgl. Seite 2, Zeilen 1 bis 8 der geltenden Beschreibung).
Vor diesem Hintergrund liegt der Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, ohne zusätzliche Sensoren am Fahrzeug, dem Fahrer Informationen über in der Umgebung des Fahrzeuges vorhandene bewegliche und statische Objekte oder sonstige Warnmeldungen akustisch zu vermitteln (vgl. Seite 2, Zeilen 10 bis 13 der geltenden Beschreibung).
Diese Aufgabe wird durch die Gegenstände der Ansprüche 1 und die Verfahren der selbständigen Ansprüche 7 des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1 gelöst.
Die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags dient der Erzeugung von objektabhängigen Audiodaten. Bei den Objekten handelt es sich beispielsweise um in der Umgebung eines Fahrzeuges vorhandene bewegliche oder statische Objekte wie andere Verkehrsteilnehmer (vgl. Beschreibung, Seite 2, Zeilen 10 bis 13, Seite 5, Zeilen 20 bis 22). Für diese Objekte werden Audiodaten bzw. akustische Signale oder Töne erzeugt (vgl. Beschreibung, Seite 5, Zeilen 6 bis 12).
Zur Erzeugung dieser akustischen Signale umfasst die Vorrichtung eine Vielzahl von Fahrerassistenzsystemen und deren Sensoren, eine Datenbank mit Audiodaten, einen objektbasierten Audiomanager, einen Renderer und eine Vielzahl von Lautsprechern.
Bei den Fahrerassistenzsystemen und deren Sensoren handelt es sich beispielsweise um Abstandssensoren, Mikrofone, Kommunikationssysteme, Ortsbestimmungssysteme, wie beispielsweise GPS, (Video-)Kamerasysteme, Ultraschallsysteme, Laserentfernungsmesssysteme, Radarsysteme und Navigationssysteme (vgl. Beschreibung, Seite 3, Zeilen 19 bis 28). Informationen und Warnsignale, die von Fahrerassistenzsystemen und/oder deren Sensoren stammen, sind beispielsweise Positionsangaben, Navigationsangaben, Informationen von Verkehrszeichen, Verkehrswarnsignale, Fahrzeuginformationen, Serviceinformationen, Abstandsangaben zu anderen beweglichen oder ortsgebundenen Objekten, Informationen über andere Fahrzeuge innerhalb einer ausgewählten Gruppe von Fahrzeugen und Sprachinformationen der Fahrer innerhalb der ausgewählten Gruppe von Fahrzeugen (vgl. Beschreibung, Seite 6, Zeilen 7 bis 21).
Darüber hinaus sind in der Datenbank digitale Audiodaten abgespeichert (vgl. Beschreibung, Seite 10, Zeilen 1 bis 5).
In dem objektbasierenden Audiomanager sind beispielsweise ein Effektgerät, ein Equalizer und ein Audioobjektkontrollmodul angeordnet, der Sounds/Töne platziert und parametrisiert (vgl. Beschreibung, Seite 10, Zeilen 1 bis 5).
Der Renderer steuert eine Vielzahl von Lautsprechern und erzeugt beispielsweise Wellenfelder, so dass ein räumlicher Klangeindruck beim Fahrer und/oder weiteren Fahrzeuginsassen im Fahrzeuginnenraum erzeugt wird (vgl. Beschreibung, Seite 4, Zeilen 27 bis 29, Seite 10, Zeilen 17 bis 19).
Gemäß den Merkmalen 1.2 und 1.3 stehen die Fahrerassistenzsysteme und/oder deren Sensoren mit der Datenbank und dem objektbasierten Audiomanager, sowie der objektbasierte Audiomanager mit dem Renderer im Datenaustausch.
Der die Lautsprecher steuernde Renderer ist gemäß Merkmal 1.4 mit den Lautsprechern verbunden.
Gemäß Merkmal 1.5.1 sind in der ersten Alternative die objektbasierten Sounds, die durch die Vielzahl der Lautsprecher ausgebbar sind, auf Basis einer Wellenfeldsynthese erzeugbar. Die Wellenfeldsynthese (WFS) ist ein räumliches Audiowiedergabeverfahren mit dem Ziel, virtuelle akustische Umgebungen zu schaffen. Die Synthese erzeugt Wellenfronten, die von einem virtuellen Punkt ausgehen. Dessen akustische Lokalisation ist nicht von der Zuhörerposition und auch nicht, wie bei den konventionellen Mehrkanalverfahren, von psychoakustischen Effekten wie der Phantomschallquellenbildung abhängig. Im Gegensatz zu konventionellen Verfahren erreicht die WFS zumindest eine näherungsweise Nachbildung des Wellenfeldes einer akustischen Szene innerhalb eines ausgedehnten Abhörbereichs. So ist die optimale Wiedergabe nicht auf einen einzigen Punkt beschränkt und es kann für ganze Gruppen von Zuhörern eine hohe Wiedergabequalität erreicht werden. Außerdem haben die Zuhörer die Möglichkeit sich innerhalb des Abhörbereichs frei zu bewegen, was zum einen das Hörerlebnis intensiviert und darüber hinaus auch den Abstand einer wiedergegebenen Quelle zum Zuhörer direkt wahrnehmbar macht (vgl. D5, Seite 1, erster Absatz, Seite 2, dritter Absatz).
Das Merkmal 1.5.1‘ des Hilfsantrags 1 präzisiert, dass die objektbasierten Sounds dazu eingerichtet sind, einen Innenraum-Audiobereich zu bilden.
Gemäß der zweiten Alternative (Merkmal 1.5.2) sind die objektbasierten Sounds binaural durch Lautsprecher in den Kopfstützen eines Fahrzeugsitzes ausgebbar.
„Binaural“ ist lateinisch für „mit beiden Ohren“ oder auch „beidohrig“. In der Ausgestaltung gemäß Merkmal 1.5.2‘ des Hilfsantrags 1 sind die objektbasierten Sounds dazu eingerichtet, einen persönlichen Audiobereich zu bilden.
Gemäß Merkmal 1.6 des Hilfsantrags 1 sind die Informationen und/oder Warnungen, die von Fahrerassistenzsystemen und/oder deren Sensoren stammen, je nachdem welcher Audiobereich angesteuert ist, direkt an einen Fahrzeuginsassen oder an alle Fahrzeuginsassen übermittelbar.
2. Die Vorrichtungen der Ansprüche 1 des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1 sind mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 PatG i.V.m. § 4 PatG).
Bei dieser Sachlage kann die Erörterung der Zulässigkeit der Ansprüche dieser Antragssätze dahingestellt bleiben (vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121, II.1 – „Elastische Bandage“).
Der Fachmann ist hier in Übereinstimmung mit der Definition der Prüfungsstelle als ein Fahrzeugtechnik-Ingenieur (FH) mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Fahrerassistenzsysteme und der objektbasierten Audiosysteme zu definieren.
2.1 Die Vorrichtung des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Druckschrift D1 und seinem Fachwissen.
Die Druckschrift GB 2 534 163 A (D1) betrifft eine Fahrzeugschnittstellenvorrichtung für ein Fahrzeug zum Erzeugen eines hörbaren Hinweises auf eine potentielle Gefahr (vgl. Seite 1, Zeilen 4 bis 6). Die Fahrzeugschnittstellenvorrichtung umfasst eine Mehrzahl von elektroakustischen Wandlern zum Erzeugen eines Audioobjekts und einen Prozessor zum Steuern der elektroakustischen Wandler. Der Prozessor ist konfiguriert, um in Abhängigkeit von Objektdaten, die sich auf ein identifiziertes Ob- jekt beziehen, das eine potentielle Gefahr darstellt, eine Winkelposition des identifizierten Objekts relativ zum Fahrzeug zu bestimmen. Der Prozessor erzeugt ein Steuersignal, um die elektroakustischen Wandler zu veranlassen, ein Audioobjekt zu erzeugen und modifiziert das Steuersignal, um einen wahrgenommenen räumlichen Ort des Audioobjekts schrittweise zu ändern (vgl. Beschreibung, Seite 1, Zeile 33 bis Seite 2, Zeile 15). Das von der Fahrzeugschnittstellenvorrichtung erzeugte Audioobjekt kann beispielsweise durch die Frequenz und/oder Lautstärke eine Gefahr darstellen und die Position, die Bewegung, sowie mittels der akustischen Signatur die Natur des Objekts anzeigen (vgl. Seite 2, Zeilen 23 bis 31). Der Prozessor kann Objektdaten von Sensormitteln wie beispielsweise Ultraschallsensoren, kapazitive Sensoren, optische Sensoren und Radarsensoren empfangen, wobei die Sensormittel Teil eines Fahrerassistenzsystems (ADAS) sein können (vgl. Seite 3, Zeilen 5 bis 16). Die elektroakustischen Wandler können ein Satz Lautsprecher sein, die in der Fahrgastzelle angeordnet sind und beispielsweise einen Teil eines AudioUnterhaltungssystems in dem Fahrzeug bilden. Das Audioobjekt wird räumlich innerhalb einer Audioszene definiert. Die Audioszene kann beispielsweise einem Insassenraum eines Fahrzeugs entsprechen. Der Prozessor kann in Form eines Audio-Renderers vorliegen. Durch Variieren der Position des Audioobjekts innerhalb des Insassenraums ändert sich die wahrgenommene Quelle des Alarms (vgl. Beschreibung, Seite 3, Zeile 27 bis Seite 4, Zeile 9).
Die Druckschrift D1 offenbart somit in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag eine
1. Vorrichtung (vgl. Seite 1, Zeile 29: „vehicle interface device“) zur Erzeugung von objektabhängigen Audiodaten (vgl. Seite 1, Zeile 36: „generating an audio object“; Seite 4, Zeilen 23-24: „The processor can be configured to modify the audio object in dependence on the determined nature of the identified object“) umfassend eine Vielzahl von Fahrerassistenzsystemen und deren Sensoren (vgl. Seite 3, Zeilen 7 bis 13: „The processor can be configured to receive said object data from sensor means. … The sensor means can, for example, form part of an advanced driver aid system (ADAS)“), eine Datenbank mit Audiodaten (vgl. Seite 11, Zeilen 19 bis 22 und Figur 3: „By comparing the reflected signal data and the image data with referenced files stored in a database in the system memory 8, the first and second signal processors also classify the nature of each object 6 and output nature of object data D3“; Seite 9, Zeilen 32 bis 33: „The form of the alert can be modified in dependence on the determined nature of the potential hazard.“), einen objektbasierten Audiomanager (vgl. Seite 16, Zeile 6 und Fig. 3: „audio device 14“), einen Renderer (vgl. Seite 16, Zeilen 10 bis 11: „the audio device 14 comprises a rendering station 28“) und eine Vielzahl von Lautsprechern (vgl. Seite 1, Zeile 36: „a plurality of electroacoustic transducers“), 1.2 wobei die Vielzahl von Fahrerassistenzsystemen und/oder deren Sensoren (vgl. Fig. 2: „ADAS (9)“; das ADAS steht mit dem Prozessor 7 im Datenaustausch) mit der Datenbank (vgl. Seite 10, Zeilen 4 bis 5 und Fig. 1, 2: „a processor 7 coupled to system memory 8“; vgl. S. 11, Zeile 21: „database in the system memory 8“) und dem objektbasierten Audiomanager (vgl. Seite 10, Zeilen 15 bis 17 und Figur 2: „The processor 7 outputs … a second output signal SOUT2 to an audio device 14“) im Datenaustausch stehen, 1.3 wobei der objektbasierte Audiomanager (14) mit dem Renderer (28) im Datenaustausch steht (vgl. Seite 16, Zeilen 10 bis 13: „the audio device 14 comprises a rendering station 28 configured to generate an objectbased audio output which can combine different sound elements with metadata to form an audio object 29“), 1.4 wobei der Renderer (28) mit den Lautsprechern verbunden ist (vgl. Seite 17, Zeilen 1 bis 2: „The rendering station 28 is coupled to a plurality of acoustic transducers“) und 1.5 wobei die objektbasierten Sounds, die durch die Vielzahl der Lautsprecher ausgebbar sind (vgl. Seite 1, Zeile 36: „a plurality of electroacoustic transducers for generating an audio object“),
1.5.1 auf Basis einer Wellenfeldsynthese erzeugbar sind 1.5.2 oder binaural durch Lautsprecher (11) in den Kopfstützen (12) eines Fahrzeugsitzes (3) ausgebbar sind.
Die Druckschrift D1 offenbart jedoch nicht unmittelbar und eindeutig, dass, gemäß Merkmal 1.5.1, die objektbasierten Sounds auf Basis einer Wellenfeldsynthese erzeugbar sind.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist demnach neu gegenüber der Lehre der Druckschrift D1.
Die Anmelderin argumentiert in ihrer Beschwerdebegründung, dass bei dem Ausführungsbeispiel der Druckschrift D1 vier Lautsprecher eingesetzt würden, um die Audio-Information an den Fahrer auszugeben, wobei es im Gegensatz dazu bei der Wellenfeldsynthese zwingend notwendig sei, eine große Anzahl von Lautsprechern zu verwenden. Es hätte dem Fachmann somit nicht nahegelegen, die Offenbarung der Druckschrift D1 mit seinem Wissen über die Wellenfeldsynthese zu kombinieren.
Dieser Auffassung war nicht zu folgen, denn zum Einen wird die mit den Merkmalen 1 und 1.5 beanspruchte Vielzahl von Lautsprechern in der Druckschrift D1 explizit offenbart (vgl. D1, Seite 1, Zeile 36: „a plurality of electroacoustic transducers“). Zum Anderen weist die Druckschrift D1 den Fachmann darauf hin, dass die Audioszene auch einem gesamten Innenraum eines Fahrzeugs entsprechen kann (vgl. D1, Seite 3, Zeilen 33 bis 34: „The audio scene can, for example, correspond to an occupant compartment of a vehicle“).
Um das in der Druckschrift D1 offenbarte Audio-Objekt somit auch den weiteren Insassen des Fahrzeugs zur Verfügung zu stellen, ist es für den Fachmann naheliegend, die Audio-Objekte mittels der aus seinem Fachwissen bekannten Wellen- feldsynthese zu erzeugen, um unabhängig von der Zuhörerposition die Quelle lokalisieren zu können (vgl. zum Beleg des Fachwissens die in der Druckschrift D5 zitierten Einzelnachweise [1] bis [8]).
Somit ergibt sich für den Fachmann das Merkmal 1.5.1 in naheliegender Weise, weshalb der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht patentfähig ist (§ 4 PatG i.V.m. § 1 Abs. 1 PatG).
2.2 Auch die Vorrichtung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Druckschrift D1 und seinem Fachwissen.
Der Druckschrift D1 ist, wie bereits im Abschnitt 2.1 dargelegt, zu entnehmen, dass, gemäß dem Merkmal 1.5.1‘ des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 die objektbasierten Sounds auch dazu eingerichtet sind, einen Innenraum-Audiobereich zu bilden (vgl. Seite 3, Zeilen 33 bis 34).
Damit ist es für den Fachmann, in Übereinstimmung mit dem Merkmal 1.6, naheliegend, dass Warnungen, die von den Fahrerassistenzsystemen und/oder deren Sensoren stammen (vgl. Seite 3, Zeilen 7 bis 13: „The sensor means can, for example, form part of an advanced driver aid system (ADAS)“), je nachdem, ob der der gesamte Innenraum-Audiobereich (vgl. D1, Seite 3, Zeilen 33 bis 34) oder nur der des Fahrers (vgl. Seite 2, Zeile 20: „for example the driver of the vehicle“) angesteuert ist, direkt an einen Fahrzeuginsassen oder an alle Fahrzeuginsassen übermittelt werden.
Somit gelangt der Fachmann ausgehend von der Druckschrift D1 unter Zuhilfenahme seines Fachwissens ohne erfinderisches Zutun auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1.
3. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Verfahren der nebengeordneten Ansprüche 7 oder die Gegenstände nach den abhängigen Ansprüchen der beiden Anträge patentfähig sind, denn wegen der Antragsbindung im Patenterteilungsverfahren fallen mit dem Patentanspruch 1 des jeweiligen Antrags auch alle anderen Ansprüche des jeweiligen Anspruchssatzes (vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863 Tz. 18 – „Informationsübermittlungsverfahren II“ m.w.N.).
4. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen (§ 48 und § 79 Abs. 1 PatG).
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht der Anmelderin das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich
1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Aus- übung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten in elektronischer Form. Zur Entgegennahme elektronischer Dokumente ist die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofs bestimmt. Die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofs ist über die auf der Internetseite www.bundesge- richtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar. Die Einreichung erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Elektronische Dokumente sind mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen.
Dr. Strößner Dr. Friedrich Dr. Himmelmann Dr. Kapels prö
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
5 | 1 | PatG |
5 | 4 | PatG |
1 | 48 | PatG |
1 | 79 | PatG |
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
5 | 1 | PatG |
5 | 4 | PatG |
1 | 48 | PatG |
1 | 79 | PatG |
Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.
Öffnen