1 Ni 4/14 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 4/14 (EP) (Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
6. Mai 2014 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 2 004 294 (DE 60 2006 015 714)
hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. Mai 2014 durch die Präsidentin Schmidt sowie die Richter Prof. Dr. Kortbein, Dipl.-Ing. Schlenk, Dr.-Ing. Krüger und Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 2 004 294 (DE 60 2006 015 714) wird für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Ansprüche folgende Fassung erhalten:
1. Atemgaszufuhrkreis für ein mit Passagieren besetztes Flugzeug, umfassend eine mit Druck beaufschlagte Quelle eines atembaren Gases (R1, R2) und eine Zuführungsleitung (2, 3), wobei der besagte Kreis ferner eine Regelungsvorrichtung (30) an der besagten Zuführungsleitung umfasst, wobei die besagte Regelungsvorrichtung ferner ein Elektroventil (12) zur Kontrolle der Zufuhr von atembaren [sic] Gas zu einer Vielzahl von Atemmasken für die besagten Passagiere umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass das besagte Elektroventil (12) durch eine mittels einer elektronischen Einheit (20) bereitgestellten Pulsweitenmodulation gesteuert wird, das Elektroventil ein Zweipunkt-an/aus-Magnetventil (12) mit einer variablen relativen Einschaltdauer ist, und der Einlass des Magnetventils (12) mit der druckbeaufschlagten Quelle des Atemgases verbunden ist, wobei der besagte Kreis ferner einen Kolben (32) umfasst, welcher zwischen einer ersten Position, in der die Zuführungsleitung offen ist, und einer zweiten Position, in der die Zuführungsleitung geschlossen ist, bewegt werden kann, wobei der besagte Kolben (32) in Antwort auf den Auslassdruck des Zweipunkt-an/aus-Magnetventils bewegt werden kann.
2. Kreis gemäß Anspruch 1, ferner umfassend einen ersten Drucksensor (25), der in der Kabine des Flugzeugs bereitgestellt ist, um ein erstes Drucksignal an die elektronische Einheit zu liefern, um einen Sollwert zur Regelung des Elektroventils auszuarbeiten.
3. Kreis gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei ein zweiter Drucksensor (15) an der Zuführungsleitung unterhalb der Regelungsvorrichtung bereitgestellt ist, um ein zweites Drucksignal an die elektronische Einheit zu liefern, das dem geregelten Druck entspricht.
4. Kreis gemäß den Ansprüchen 2 und 3, wobei die elektronische Einheit den Sollwert mit dem geregelten Druck vergleicht, um das Pulsweitenmodulationssignal auszuarbeiten.
5. Kreis gemäß dem vorhergehenden Anspruch, wobei die elektronische Vorrichtung ein PID-Modul umfasst, um das Pulsweitenmodulationssignal auszuarbeiten.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Kosten des Verfahrens werden zu 1/3 der Klägerin und zu 2/3 der Beklagten auferlegt.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagte ist Inhaberin des europäischen Patents 2 004 294 (Streitpatent), das auf eine PCT-Anmeldung vom 13. April 2006 zurückgeht und in englischer Sprache u. a. für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilt worden ist. Es wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 60 2006 015 714 geführt und trägt die Bezeichnung „Atemgaszufuhrkreis für ein mit Passagieren besetztes Flugzeug“. Das Streitpatent umfasst neun Ansprüche, von denen die Ansprüche 2 bis 9 direkt oder indirekt auf Anspruch 1 rückbezogen und die alle mit der Nichtigkeitsklage angegriffen worden sind.
Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung hat folgenden deutschen Wortlaut:
„1. Atemgaszufuhrkreis für ein mit Passagieren besetztes Flugzeug, umfassend eine mit Druck beaufschlagte Quelle eines atembaren Gases (R1, R2) und eine Zuführungsleitung (2, 3), wobei der besagte Kreis ferner eine Regelungsvorrichtung (12, 30) an der besagten Zuführungsleitung umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass die besagte Regelungsvorrichtung ferner ein Elektroventil (12) zur Kontrolle der Zufuhr von atembaren [sic] Gas zu einer Vielzahl von Atemmasken für die besagten Passagiere umfasst, wobei das besagte Elektroventil (12) durch eine mittels einer elektronischen Einheit (20) bereitgestellten Pulsweitenmodulation gesteuert wird.“
Wegen des Wortlauts der Ansprüche 2 bis 9 wird auf die Streitpatentschrift EP 2 004 294 B1 Bezug genommen.
Die Klägerin macht geltend, der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents sei zum Zeitpunkt der Anmeldung am 13. April 2006 nicht neu gewesen. Zumindest würde er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen, was im Übrigen auch für die Gegenstände der Unteransprüche 2 bis 9 gelte (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜbkG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchstabe a) i. V. m. Art. 52 Abs. 1, Art. 54 EPÜ).
Zur Begründung bezieht sie sich auf folgende Druckschriften:
K4 =D1 K5=D2 K6=D3 K7=D4 K8=D5 K9 K10 K11 K12 K13 K14 K15 K16 WO 2005/016750 A2 US 2003/0084901 A1 Klapper, J.: „Linear flow control with digital solenoid valves” in der Zeitschrift „I&CS”, November 1997, Vol. 70, Seiten 73 - 75 US 5,865,174 A Dubbel, Taschenbuch für den Maschinenbau, 18. Auflage, 1995, Seiten X7 und X8 Dokument „SAE Air 825B“ der „SAE Society of Automotive Engineers, Inc.“, 1986 Department of Transportation – Federal Aviation Administration, „Technical Standard Order TSO-C64a” vom 25. August 1989 Dokument „SAE AS8025“ der „SAE Society of Automotive Engineers, Inc.“, 1999 DE 103 40 985 A1 FR 2 646 780 A1 DE 690 07 840 T2 Figur 1 aus US 2003/0084901 A1 EP 0 499 505 A1 Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10. April 2013 die Hilfsanträge 1 bis 5 mit geänderten Ansprüchen gestellt. Mit Schriftsatz vom 22. April 2014 hat die Beklagte überarbeitete Hilfsanträge 2 und 3 eingereicht.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 lautet:
Atemgaszufuhrkreis für ein mit Passagieren besetztes Flugzeug, umfassend eine mit Druck beaufschlagte Quelle eines atembaren Gases (R1, R2) und eine Zuführungsleitung (2, 3), wobei der besagte Kreis ferner eine Regelungsvorrichtung (12) an der besagten Zuführungsleitung umfasst, wobei die besagte Regelungsvorrichtung ferner ein Elektroventil (12) zur Kontrolle der Zufuhr von atembaren [sic] Gas zu einer Vielzahl von Atemmasken für die besagten Passagiere umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass das besagte Elektroventil (12) durch eine mittels einer elektronischen Einheit (20) bereitgestellten Pulsweitenmodulation gesteuert wird, der Atemgaszufuhrkreis eine Mehrzahl von Gruppen (4) von Atemmasken (9) umfasst, eine Mehrzahl von Neben-Zuführungsleitungen (3) vorgesehen sind, die jeweils die Zuführungsleitung (2, 3) mit einer Gruppe (4) von Atemmasken (9) verbinden, und jeder Gruppe (4) von Atemmasken (9) jeweils eine Regelungsvorrichtung (12) zugeordnet ist, die die Zufuhr von atembaren [sic] Gas durch die Neben-Zuführungsleitung (3) zu der jeweiligen Gruppe (4) von Atemmasken (9) kontrolliert.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 lautet:
Atemgaszufuhrkreis für ein mit Passagieren besetztes Flugzeug, umfassend eine mit Druck beaufschlagte Quelle eines atembaren Gases (R1, R2) und eine Zuführungsleitung (2, 3), wobei der besagte Kreis ferner eine Regelungsvorrichtung (12) an der besagten Zuführungsleitung umfasst, wobei die besagte Regelungsvorrichtung ferner ein Elektroventil (12) zur Kontrolle der Zufuhr von atembaren [sic] Gas zu einer Vielzahl von Atemmasken für die besagten Passagiere umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass das besagte Elektroventil (12) durch eine mittels einer elektronischen Einheit (20) bereitgestellten Pulsweitenmodulation gesteuert wird, der Atemgaszufuhrkreis eine Mehrzahl von Gruppen (4) von Atemmasken (9) umfasst, eine Mehrzahl von Neben-Zuführungsleitungen (3) vorgesehen sind, die jeweils die Zuführungsleitung (2, 3) mit einer Gruppe (4) von Atemmasken (9) verbinden, jeder Gruppe (4) von Atemmasken (9) jeweils eine Regelungsvorrichtung (12) zugeordnet ist, die die Zufuhr von atembaren [sic] Gas durch die Neben-Zuführungsleitung (3) zu der jeweiligen Gruppe (4) von Atemmasken (9) kontrolliert, und die Atemmasken (9) einer Gruppe (4) von Atemmasken (9) über flexible Röhren (10) und ein Verbindungsgehäuse (8) mit einer Neben-Zuführungsleitung (3) verbunden sind.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 lautet:
Atemgaszufuhrkreis für ein mit Passagieren besetztes Flugzeug, umfassend eine mit Druck beaufschlagte Quelle eines atembaren Gases (R1, R2) und eine Zuführungsleitung (2, 3), wobei der besagte Kreis ferner eine Regelungsvorrichtung (12) an der besagten Zuführungsleitung umfasst, wobei die besagte Regelungsvorrichtung ferner ein Elektroventil (12) zur Kontrolle der Zufuhr von atembaren [sic] Gas zu einer Vielzahl von Atemmasken für die besagten Passagiere umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass das besagte Elektroventil (12) durch eine mittels einer elektronischen Einheit (20) bereitgestellten Pulsweitenmodulation gesteuert wird, der Atemgaszufuhrkreis eine Mehrzahl von Gruppen (4) von Atemmasken (9) umfasst, eine Mehrzahl von Neben-Zuführungsleitungen (3) vorgesehen sind, die jeweils die Zuführungsleitung (2) mit einer Gruppe (4) von Atemmasken (9) verbinden, jeder Gruppe (4) von Atemmasken (9) jeweils eine Regelungsvorrichtung (12) zugeordnet ist, die die Zufuhr von atembaren [sic] Gas durch die Neben-Zuführungsleitung (3) zu der jeweiligen Gruppe (4) von Atemmasken (9) kontrolliert, und die Atemmasken (9) einer Gruppe (4) von Atemmasken (9) über flexible Röhren (10) und ein Verbindungsgehäuse (8) mit einer Neben-Zuführungsleitung (3) verbunden sind, und wobei der Atemgaszufuhrkreis ferner einen ersten Drucksensor (25) umfasst, der in der Kabine des Flugzeugs bereitgestellt ist, um ein erstes Drucksignal an die elektronische Einheit (20) zu liefern, um einen Sollwert zur Regelung des Elektroventils auszuarbeiten, ein zweiter Drucksensor (15) an der Neben-Zuführungsleitung unterhalb der Regelungsvorrichtung (12) bereitgestellt ist, um ein zweites Drucksignal an die elektronische Einheit (20) zu liefern, das dem geregelten Druck entspricht, und die elektronische Einheit (20) den Sollwert mit dem geregelten Druck vergleicht, um das Pulsweitenmodulationssignal auszuarbeiten.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 lautet:
Atemgaszufuhrkreis für ein mit Passagieren besetztes Flugzeug, umfassend eine mit Druck beaufschlagte Quelle eines atembaren Gases (R1, R2) und eine Zuführungsleitung (2, 3), wobei der besagte Kreis ferner eine Regelungsvorrichtung (30) [sic] an der besagten Zuführungsleitung umfasst, wobei die besagte Regelungsvorrichtung ferner ein Elektroventil (12) zur Kontrolle der Zufuhr von atembaren [sic] Gas zu einer Vielzahl von Atemmasken für die besagten Passagiere umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass das besagte Elektroventil (12) durch eine mittels einer elektronischen Einheit (20) bereitgestellten Pulsweitenmodulation gesteuert wird, das Elektroventil ein Zweipunkt-an/aus-Magnetventil (12) mit einer variablen relativen Einschaltdauer ist, und der Einlass des Magnetventils (12) mit der druckbeaufschlagten Quelle des Atemgases verbunden ist, wobei der besagte Kreis ferner einen Kolben (32) umfasst, welcher zwischen einer ersten Position, in der die Zuführungsleitung offen ist, und einer zweiten Position, in der die Zuführungsleitung geschlossen ist, bewegt werden kann, wobei der besagte Kolben (32) in Antwort auf den Auslassdruck des Zweipunkt-an/aus-Magnetventils bewegt werden kann.
Wegen der Fassung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 sowie der jeweils zugehörigen Unteransprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Die Klägerin ist der Auffassung, Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 sei unzulässig erweitert. Des Weiteren wird von ihr der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 5 als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend angesehen.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das europäische Patent 2 004 294 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären und der Beklagten die Kosten des Verfahrens, insbesondere auch die Kosten der deutschsprachigen Übersetzung der Streitpatentschrift, aufzuerlegen.
Die Beklagte stellt den Antrag,
die Klage in vollem Umfang, hilfsweise nach Maßgabe der mit Schriftsatz vom 10. April 2013 eingereichten Hilfsanträge 1, 4 bis 5 und der mit Schriftsatz vom 22. April 2014 eingereichten Hilfsanträge 2 und 3 abzuweisen sowie der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig. Sie auch begründet, soweit der Hauptantrag und die Hilfsanträge 1, 2 und 3 betroffen sind. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hauptantrags sowie der Hilfsanträge 1, 2 und 3 beruht für den hier einschlägigen Fachmann nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜbkG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchstabe a) i. V. m. Art. 52 Abs. 1, Art. 56 EPÜ).
Unbegründet ist die Klage aber, soweit Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 4 betroffen ist.
I.
Das Streitpatent betrifft nach seiner Beschreibung (Abs. 0001 und 0002) einen Atemgaszufuhrkreis für ein mit Passagieren besetztes Flugzeug, das den Schutz der Passagiere vor Druckabfall und/oder Rauch im Flugzeug bezwecken soll. Die Druckluftquelle müsse in der Lage sein, Sauerstoff oder mit Sauerstoff angereicherte Luft mit einem zur Versorgung der Passagiere ausreichenden Druck unmittelbar zu liefern (Abs. 0003). Im Stand der Technik seien pneumatische Systeme üblich, die den Sauerstoffdruck in Abhängigkeit vom Kabinendruck oder von der Kabinendruckhöhe (die sich von der wirklichen Flughöhe unterscheide) steuerten (Abs. 0004). Solch ein pneumatisches System sei aus der Druckschrift K13 bekannt. Dieses umfasse u. a. Sauerstoffhochdruckbehälter, einen Druckregulator und ein höhenabhängiges Ventil, das zum Öffnen und Schließen vorgesehen sei und dem keine Regulierungsfunktion zukomme. Die Regulierung der Sauerstoffzufuhr werde dort für jede Gruppe von Atemmasken gesondert mit Hilfe einer auf eine bewegliche Membran einwirkenden Höhenmesseinheit sichergestellt (Abs. 0005). Bei den bekannten pneumatischen Versorgungskreisen sei generell keine Rückkoppelschleife vorhanden und sie seien überdimensioniert, weil zu viel Sauerstoff zu den Maskenträgern gelange (Abs. 0006), um die vorgeschriebene Minimalversorgung sicherzustellen. Aus diesem Grund seien im Stand der Technik individuelle Regler für einzelne Masken bekannt, z. B. aus der Schrift WO 006/005 372 A1, die den nächstkommenden Stand der Technik darstelle und den Oberbegriff des Patentanspruchs 1 offenbare (Abs. 0007). Es sei eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen verbesserten Atemgaszufuhrkreis zu schaffen, der einfach und zuverlässig sei und die Nachteile der vorhandenen Systeme vermeide. Ein weiteres Ziel sei die Bereitstellung eines Zufuhrkreises mit einer Rückkoppelschleife, die den Atemgasverbrauch optimiere und auf diese Weise die an Bord mitzuführende Menge an Atemgas verringere (Abs. 0008).
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent einen Atemgaszufuhrkreis mit den in Anspruch 1 genannten Merkmalen nach Hauptantrag und hilfsweise nach den Hilfsanträgen 1 bis 5 vor.
1. Merkmalsgliederung Zum besseren Verständnis und zum einfacheren Vergleich mit dem Stand der Technik wird die folgende Merkmalsgliederung der geltenden Ansprüche 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen 1 bis 4 verwendet:
Anspruch 1 des Hauptantrags (vom Senat in Anlehnung an die Gliederungen des qualifizierten Bescheids vom 18. März 2014 und der Nichtigkeitsklägerin gegliedert):
1a Atemgaszufuhrkreis für ein mit Passagieren besetztes Flugzeug, 1b umfassend eine mit Druck beaufschlagte Quelle eines atembaren Gases (R1, R2) und 1c eine Zuführungsleitung (2, 3), 1d wobei der besagte Kreis ferner eine Regelungsvorrichtung (12, 30) an der besagten Zuführungsleitung umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass 1e die besagte Regelungsvorrichtung ferner ein Elektroventil (12) 1f zur Kontrolle der Zufuhr von atembarem Gas 1g zu einer Vielzahl von Atemmasken für die besagten Passagiere umfasst,
wobei 1h das besagte Elektroventil (12) durch eine mittels einer elektronischen Einheit (20) [gesteuert wird] 1i [durch eine mittels einer elektronischen Einheit (20)] bereitgestellten Pulsweitenmodulation gesteuert wird.
Der Hilfsantrag 1 enthält darüber hinaus folgende Merkmale:
1j der Atemgaszufuhrkreis eine Mehrzahl von Gruppen (4) von Atemmasken (9) umfasst, eine Mehrzahl von Neben-Zuführungsleitungen (3) vorgesehen sind,
1k die jeweils die Zuführungsleitung (2, 3) mit einer Gruppe (4) von Atemmas- ken (9) verbinden, und 1l jeder Gruppe (4) von Atemmasken (9) jeweils eine Regelungsvorrichtung (12) zugeordnet ist, die die Zufuhr von atembarem Gas 1m durch die Neben-Zuführungsleitung (3) zu der jeweiligen Gruppe (4) von Atemmasken (9) kontrolliert.
Der Hilfsantrag 2 enthält über den Hilfsantrag 1 hinaus folgende Merkmale:
1n und die Atemmasken (9) einer Gruppe (4) von Atemmasken (9) 1o über flexible Röhren (10) und ein Verbindungsgehäuse (8) mit einer Neben- Zuführungsleitung (3) verbunden sind.
Der Hilfsantrag 3 enthält über den Hilfsantrag 2 hinaus folgende Merkmale:
1p und wobei der Atemgaszufuhrkreis ferner einen ersten Drucksensor (25) umfasst, der in der Kabine des Flugzeugs bereitgestellt ist,
1q um ein erstes Drucksignal an die elektronische Einheit (20) zu liefern, um einen Sollwert zur Regelung des Elektroventils auszuarbeiten,
1r ein zweiter Drucksensor (15) bereitgestellt ist, um ein zweites Drucksignal an die elektronische Einheit (20) zu liefern, das dem geregelten Druck entspricht,
1s der zweite Drucksensor (15) an der Neben-Zuführungsleitung unterhalb der Regelungsvorrichtung angeordnet ist und
1t die elektronische Einheit (20) den Sollwert mit dem geregelten Druck vergleicht, um das Pulsweitenmodulationssignal auszuarbeiten.
Der Hilfsantrag 4 enthält über den Hauptantrag hinaus folgende Merkmale:
1u das Elektroventil ein Zweipunkt-an/aus-Magnetventil (12) mit einer variablen relativen Einschaltdauer ist, und
1v der Einlass des Magnetventils (12) mit der druckbeaufschlagten Quelle des Atemgases verbunden ist,
1w wobei der besagte Kreis ferner einen Kolben (32) umfasst, welcher zwischen einer ersten Position, in der die Zuführungsleitung offen ist, und einer zweiten Position, in der die Zuführungsleitung geschlossen ist, bewegt werden kann,
1x wobei der besagte Kolben (32) in Antwort auf den Auslassdruck des Zweipunkt-an/aus-Magnetventils bewegt werden kann.
2. Fachmann Als Fachmann für derartige Sicherheitssysteme ist ein Diplomingenieur des Maschinenbaus mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Atemgasversorgung sowie vertieften Kenntnissen und Erfahrungen in der Atemgasversorgung von Flugzeugen sowie ähnlichen sicherheitsrelevanten Teilen zugrunde zu legen.
3. Verständnis und Offenbarung des Streitpatentgegenstands Anhand des Anwendungsbeispiels nach den Fig. 1 bis 3, der zugehörigen Beschreibung Abs. 0012 bis 0032 der Streitpatentschrift sowie der Ansprüche 1 bis 9 sollen der wesentliche Aufbau und die Funktion des Streitpatentgegenstandes dargestellt werden.
Das Streitpatent nach Anspruch 1 des Hauptantrags betrifft einen Atemgaszufuhrkreis für ein mit Passagieren besetztes Flugzeug, das den Schutz der Passagiere vor Druckabfall und/oder Rauch im Flugzeug bezwecken soll. Entsprechend der gestellten Aufgabe soll dieser derart verbessert werden, dass er einfach und zuverlässig ist und eine Rückkoppelschleife aufweist, die den Atemgasverbrauch optimiert und auf diese Weise die an Bord mitzuführende Menge an Atemgas (Atemluft) verringert (Abs. 0008). Durch eine bedarfsgerechte, also am Bedarf der Nutzer orientierte Luftversorgung als Regelgröße soll ein verringerter Atemgasverbrauch erreicht werden.
Nach dem Streitpatent, Fig. 1, wird das Atemgas aus den Behältern R1 und R2 durch Zuführleitungen 2 und 3 zum Regelventil 12 gebracht. Durch das Ventil 12 wird dabei der Gasdruck entsprechend dem herrschenden Kabinendruck voreingestellt und im Verteiler 8 konstant gehalten, so dass bei großem Atemgasbedarf viel Atemgas über das Ventil 12, den Drucksensor 15 und den Verteiler 8 an die jeweilige Maskengruppe 9 fließt. Bei wenig Gasfluss (z. B. nicht alle Plätze besetzt, wenig Stress, Frauen oder Kinder mit i. d. R. kleinerer Lunge) wird somit auch weniger Atemgas verbraucht und geliefert. Dadurch ist es möglich, für den Notfall kleinere und/oder weniger Atemgas-Druckbehälter, die teuer und schwer sind, mitzuführen.
Die Ansteuerung des elektrischen Ventils 12 erfolgt durch die elektronische Einheit 20, die wiederum von den Sensoren 25 (für den Kabinendruck) und 15 (für den Atemgasbedarf entsprechend dem Druck an den Masken 9 bzw. am Verteiler 8 beim Einatmen) die erforderlichen Werte erhält.
Durch die Ziffern 6 (door) und 7 (hinge) wird die Öffnung des Maskenbehälters mit den an Schläuchen 10 hängenden Masken 9 einer Maskengruppe dargestellt. Die Fig. 2 zeigt einen von der CPU 20 über das elektromagnetische Ventil 12 angesteuerten Servo (Schaltverstärker, Ziff. 32, 34), der größere Luftvolumina schneller ein- und ausschalten kann als das zu seiner Ansteuerung verwendete Elektroventil. Das Merkmal 1u, („das Elektroventil ein Zweipunkt-an/aus-Magnetventil (12) mit einer variablen relativen Einschaltdauer ist“), definiert, dass das Ventil (im Gegensatz zu einem Proportionalventil) entsprechend seiner Ansteuerung lediglich zwei Schaltzustände kennt, also „Gas durchlassen“ und „kein Gas durchlassen“, und gemäß Fig. 2 mit lediglich zwei Anschlüssen ausgestattet ist (vgl. Fig. 2, Ziff. 12). Der Fachmann bezeichnet diese Ventile i. d. R. als 2/2- Wegeventile.
II.
Ob die Gegenstände der Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 unzulässig erweitert sind, braucht hier nicht entschieden zu werden, da diese Ansprüche, wie unten zur Patentfähigkeit noch ausgeführt wird, jedenfalls mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sind.
Die gegenüber dem Anspruch 1 des Hauptantrags beim Hilfsantrag 4 hinzugekommenen Merkmale 1u bis 1x sind den ursprünglichen Unterlagen und auch den erteilten Unteransprüchen 3 und 9 entnehmbar. Sie beschränken den erteilten Anspruch 1. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 ist somit zulässig.
III.
1. Patentfähigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 nach Hauptantrag Der beanspruchte Gegenstand gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag mag neu sein (Art. 54 EPÜ). Er ist aber durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nahe gelegt (Art. 56 EPÜ), da die zum Prioritätszeitpunkt bekannten Lösungen dem Fachmann Veranlassung gaben, den mit dem Streitpatent vorgeschlagenen Lösungsweg zu beschreiten.
a) Für die Beurteilung, ob eine beanspruchte Lösung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist von dem auszugehen, was der Gegenstand der Erfindung in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen Zusammenhang (BGH GRUR 2007, 1055, Tz. 28 – Papiermaschinengewebe) gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet (BGH GRUR 2010, 607, Tz. 18 – Fettsäurezusammensetzung; BGH GRUR 2010, 602, Tz. 27 – Gelenkanordnung). Dabei können für die Beantwortung der Frage, ob die beanspruchte technische Lehre für den angesprochenen Fachmann im Zeitpunkt der Anmeldung bzw. im Prioritätszeitpunkt nahelag, nicht der sogenannte "nächstliegende" Stand der Technik, sondern verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein, wobei bereits die Wahl dieses Ausgangspunkts der Rechtfertigung bedarf. Diese liegt in der Regel in dem Bemühen des Fachmanns, für einen bestimmten Zweck eine bessere Lösung zu finden, als sie der bekannte Stand der Technik zur Verfügung stellt (BGH GRUR 2009, 382 – Olanzapin; BGH GRUR 2009, 1039 – Fischbissanzeiger; BPatG GRUR 2004, 317 – Programmartmitteilung).
b) Der bekannte Stand der Technik, wie er in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents (vgl. Abs. 0002) angeführt ist, wird nicht nur in der Schrift K4, sondern auch durch die Schrift K14, Fig. 1 und 6 sowie zugehörige Beschreibung (siehe insbesondere S. 1 bis S. 2, Abs. 1, und S. 5, Z. 20 bis 33, sowie S. 8, Z. 13, bis S. 9, Z. 33, und S. 16, Z. 38, bis S. 17, Z. 15), aufgezeigt. Dort wird ein Atemgaskreis entsprechend den Merkmalen 1a bis 1d sowie 1f bis 1g mit Leitungen und Masken offenbart, dessen Regelungsvorrichtung (Ventil RA in Fig. 1 als Höhendruckventil) lediglich rein mechanisch (als Membran- bzw. Kolbenventil) aufgebaut ist. Damit ist auch das Merkmal 1e zumindest teilweise offenbart. Davon unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag durch die Merkmale 1e, 1h und 1i (Verwendung eines Elektroventils mit Steuerung durch eine elektronische Einheit sowie die verwendete Pulsweitenmodulation).
Jedoch ist jedem Fachmann aufgrund seines technischen Grundwissens bekannt (vgl. K9, Kap. 3.3, S. 31 und 32), dass die verbrauchsunabhängige Zuführung von Atemgas oder Luft sehr unwirtschaftlich ist. Weiterhin war es zum Anmeldetag des Streitpatents üblich, mechanisch aufwändige und wartungsintensive Regelungen bzw. Steuerungen, hier z. B. die Druckregelung RA, durch entsprechende elektronische Baueinheiten mit zugehörigen Sensoren zu ersetzen, die weniger bewegliche Bauteile aufweisen und mehr Möglichkeiten zum Selbsttest und zur Eigenüberwachung während des Betriebs bieten. Daher wird sich der Fachmann bei den preiswerteren elektronisch gesteuerten, verbrauchsabhängigen Atemgaszuführungen umschauen, um bei vorgegebenen Einsatzzeiten möglichst geringe Flaschengrößen (mit entsprechendem Preis und Gewicht) in Anspruch nehmen zu müssen.
Die K5 lehrt, bei der Atemgaszufuhr anstatt mechanischer Regelungsbauteile elektronische Baueinheiten (electronic circuit 62) mit entsprechenden Sensoren für Kabinendruck ([cabin altitude] sensor 64) und Masken- bzw. Zuführleitungsdruck (pressure sensor 28) zu verwenden. Durch die Überwachung des Drucks in der Zuführleitung 22 zur Maske wird der beim Einatmen entstehende Druckabfall durch den Sensor 28 registriert. Danach wird im „100% Modus“ durch die Ansteuerung der elektronischen Einheit 62, die auch durch Pulsweitenmodulation erfolgen kann (Abs. 0041, letzter Satz), das elektrische Ventil 24 geöffnet und entsprechend der Einatemanforderung sowie dem Signal des Kabinendrucksensors 64 solange Sauerstoff durch den Kanal 16 nachgeliefert, bis kein weiterer Druckabfall, also Luftverbrauch, vorliegt. Dabei wird der Zufluss von Umgebungsluft (Air Alim[entation]) durch die Öffnung 20 mit Hilfe des Kolbens 32 verhindert. Da in der K5 lediglich die Verwendung dieses Atemgaszuführkreises für einen Einzelplatz beschrieben wird, sind aus dieser Schrift (Fig. 1 und zugehörige Beschreibung) lediglich die Merkmale 1b bis 1f sowie 1h bis 1i bekannt. Für den Fachmann ist es jedoch naheliegend, eine derartige elektronische "Einzelplatzregelung" auf eine Gruppe von Atemmasken zu übertragen, da er sofort erkennt, dass sich zeit- und bedarfsabhängige Schwankungen bei der Anforderung von Luft durch die einzelnen Passagiere teilweise ausgleichen können. Somit müssen weniger Schwankungen im Regelsystem ausgeglichen werden, so dass ein verringerter, annähernd konstanter Luftstrom möglich ist. Darüber hinaus sind bei der Übertragung des beschriebenen Regelsystems (Verwendung für einen Passagier) auf eine Gruppe von Passagieren lediglich größere Leitungs- und Ventilquerschnitte vorzusehen, also fachmännische Bemessungsarbeiten, während andererseits gegenüber einer Einzelplatzregelung eine Gewichts- und Kostenersparnis durch nicht mehr erforderliche Regeleinheiten und Bauteile zu erwarten ist. Weiterhin ergibt sich gegenüber einer ungeregelten, volumenkonstanten Regelung für die Passagiere eine weitere Ersparnis durch weniger Druckgasbehälter, die teuer und schwer sein können.
Durch die fachmännische Kombination eines bekannten Atemgaszuführkreises für Gruppen von Masken nach der K14 mit einer höhenabhängigen (Kabinendruck) mechanischen Druckregelung RA sowie mit nicht näher beschriebenen Regulierungsmitteln 12 für Gruppen von Atemmasken 10, mit zeitgemäßen, bspw. aus der K5 bekannten elektrischen/elektronischen Regelungsvorrichtungen, bestehend jeweils aus elektronischen Einheiten 62, durch Pulsweitenmodulation angesteuerten Elektroventilen 24 und den zugehörigen Sensoren für Kabinendruck 64 und Luftanforderung 28 (in der Luftzufuhrleitung zu der Atemmasken-Gruppe), ergibt sich in naheliegender Weise ein einfacher und zuverlässiger Atemgaszuführkreis mit einer Rückkoppelungsschleife, die den Atemgasverbrauch (bedarfsabhängig) optimiert und die mitzuführende Menge an Atemgas verringert.
Auch gibt die K5 am Ende von Absatz 0042 den Hinweis, dass ein Kolben 32 (wie er in K5 zum Abschalten der Kabinenluftzufuhr verwendet wird) auch für eine Servo-Betätigung des „regulator valve“ verwendet werden kann, also des Ventils, das die Atemgaszufuhr reguliert. Dann würde das Ventil 24 aus K5 nicht direkt die Atemgaszufuhr öffnen/schließen, sondern einen Druck regeln, der ein weiteres Ventil (konstruktiv ähnlich dem Kolben 32) in eine bestimmte Position bringt und damit den Weg für die Atemgaszufuhr öffnet.
Eine derartige Servo-Lösung ist besonders für große Ventile mit hohen Betätigungskräften geeignet. Der Fachmann erkennt also ohne Weiteres, dass auf diese Weise auch ein Ventil für viele Passagiere betätigt werden kann. Darüber hinaus hat, wie dem Fachmann aufgrund seines technischen Grundwissens über Ventile bekannt ist, eine Servo-Lösung auch noch weitere, hier relevante Vorteile: Wird wie in Fig. 1 und 2 der K5 das pulsweitenmodulierte Ventil 24 direkt in die Atemgasleitung gesetzt, kann das ständige Öffnen und Schließen des Ventils 24 unerwünschte Druckschwingungen in der Atemgasleitung und somit auch in der Maske verursachen. Regelt dagegen das pulsweitenmodulierte Ventil 24 als Servoventil lediglich den Betätigungsdruck, mit dem ein in der Atemgasleitung sitzendes Kolbenventil (ähnlich 32 in K5) beaufschlagt wird, dann öffnet und schließt dieses Kolbenventil aufgrund seiner Trägheit nicht ständig, sondern nimmt die Stellung ein, die dem vom Ventil 24 eingeregelten Betätigungsdruck entspricht. Somit werden keine Druckschwingungen in der Atemgasleitung angeregt. Folglich kann die Argumentation der Patentinhaberin, der Fachmann hätte ein pulsweitenmoduliert angesteuertes Elektroventil bei einem Atemgaskreis für mehrere Passagiere wegen der unvermeidbaren Druckschwankungen nicht in Betracht gezogen, nicht durchgreifen.
Zusammenfassend ist der Anspruch 1 nach Hauptantrag wegen der naheliegenden Kombination der Schriften K14 und K5 nicht erfinderisch und insofern nicht patentfähig.
2. Patentfähigkeit des Gegenstands der Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 Die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands der Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 ist ebenfalls zu verneinen.
Die Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 unterscheiden sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag durch die zusätzlichen Merkmale 1j bis 1x in ihren wechselnden Kombinationen:
- Hilfsantrag 1: Merkmale 1j, 1k, 1l, 1m - Hilfsantrag 2: Merkmale 1j, 1k, 1l, 1m, 1n, 1o - Hilfsantrag 3: Merkmale 1j, 1k, 1l, 1m, 1n, 1o, 1p, 1q, 1r, 1s, 1t - Hilfsantrag 4: Merkmale 1u, 1v, 1w, 1x.
Neben den Merkmalen 1a bis d, 1f und g sind auch die Merkmale 1j bis 1k und 1l bis 1p aus der Schrift K14, dortige Fig. 1 und zugehörige Beschr. S. 7, Z. 18, bis S. 9, Z. 18, mit denselben Bezugszeichen wie im Streitpatent bekannt.
Dass die Atemmasken einer Gruppe gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2, Merkmal 1o über flexible Röhren mit einer Neben-Zuführungsleitung verbunden sind, zeigt die K14, Fig. 1.
Die Merkmale 1l und 1m sowie 1p bis 1t sind aus der gattungsgleichen Schrift K5, Fig. 1 und zugehörige Beschreibung, bekannt, die darüber hinaus die Merkmale 1a bis 1f, 1h und 1i (siehe oben zum Hauptantrag) aufzeigt.
Die Schrift K5 zeigt in Fig. 1 und Beschreibung Abs. 0041, 0048, 0049 und 0052 einen ersten Drucksensor 64 für den Kabinendruck und eine elektronische Einheit 62 gemäß den Merkmalen 1p und 1q auf. Ein zweiter Drucksensor 28 in der Neben-Zuführeinrichtung 22 für den geregelten Druck unterhalb der Regelungsvorrichtung liefert seine Werte ebenfalls an die elektronische Einheit 62 (Merkmale 1r und 1s), die entsprechend Merkmal 1t die erhaltenen Werte vergleicht und das Signal für ein pulsweitenmoduliert angesteuertes Vorsteuerventil 24 errechnet (Abs. 0042).
So führt die Anordnung eines alternativen pulsweitengesteuerten Servoventils (K5, Pos. 24) mit einer elektronischen Druckregelung wie nach K5, in einer Anordnung innerhalb einer Maskenbox wie nach K14, wie oben zum Hauptantrag beschrieben, jeweils genau zum beanspruchten Gegenstand der Ansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3.
3. Patentfähigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 ist neu (Art. 54 EPÜ) und auch gewerblich anwendbar. Er ist auch durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht nahe gelegt (Art. 56 EPÜ), da die zum Prioritätszeitpunkt bekannten Vorgehensweisen dem Fachmann keine Veranlassung gaben, den mit dem Streitpatent vorgeschlagenen Lösungsweg zu beschreiten.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 unterscheidet sich von den Ansprüchen 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 durch die Merkmale 1u bis 1x.
Ein Zweipunkt-an/aus-Magnetventil (12) mit einer variablen relativen Einschaltdauer entsprechend den Merkmalen 1u und 1v, das als Vorsteuerkolben für einen Kolben dient (entsprechend Merkmalen 1w und 1x), ist aus der K5 bekannt. In dieser Druckschrift werden ein elektrisch gesteuertes Ventil („electrically controlled valve“ 36) und ein Kolben („piston“ 32) offenbart. Gem. K5, Abs. 0042, letzter Satz, kann dieser Kolben auch als bewegtes Bauteil eines servo-gesteuerten Druckregelventils dienen. Eine Übertragung dieser Vorsteuerventil-FolgekolbenEinheit auf einen Atemzufuhrkreis gem. K14 als Ersatz für die dortigen mechanischen Reguliermittel ist wegen der entsprechenden Vorteile einer dann nicht mehr empfindlich einzustellenden Mechanik naheliegend. Jedoch handelt es sich beim „electrically controlled valve“ 36 nicht lediglich um ein 2/2-Wegeventil (wie anspruchsgemäß), sondern um ein 3/2-Wegeventil. Der Ersatz dieses 3/2-Wegeventils durch ein 2/2-Wegeventil ist für den Fachmann nicht naheliegend, da das „electrically controlled valve“ 36 mit Anschlüssen für Sauerstoff O2 zur Druckbeaufschlagung und Umgebungsluft zur Druckentlastung des „piston“ 32 versehen ist. Ein Verzicht auf die Entlastungsmöglichkeit des „piston“ 32 über das „electrically controlled valve“ 36 und dessen Anschluss an die Atmosphäre ist ohne Funktionseinbuße des „piston“ 32 nicht möglich. Von daher hatte der Fachmann ohne weitere Maßnahmen keine Möglichkeit, das „electrically controlled valve“ 36 von einem offenbarten 3/2-Wegeventil in ein 2/2-Wegeventil (wie gemäß Merkmal 1u mit dortigem „Zweipunkt-an/aus-Magnetventil“) abzuändern. Als weitere Maßnahme wäre hierzu nämlich eine Druckentlastung in die Atmosphäre mittels einer am „piston“ 32 angeschlossenen Drossel erforderlich, so wie es das Streitpatent aufzeigt. Diese Möglichkeit ist jedoch in keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften offenbart, so dass dem Gegenstand gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 eine erfinderische Tätigkeit zugrunde liegt.
Die weiteren Ansprüche 2 bis 5 gemäß Hilfsantrag 4 sind auf Anspruch 1 rückbezogen und haben mit diesem Bestand.
4. Hilfsantrag 5 Auf Grund der Patentfähigkeit der Ansprüche nach Hilfsantrag 4 kommt der Hilfsantrag 5 nicht zum Tragen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht verlängert werden.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Schmidt Prof. Dr. Kortbein Präsidentin Schmidt ist wegen Dienstreise verhindert ihre Unterschrift zu leisten.
Prof. Dr. Kortbein Schlenk Dr. Krüger Ausfelder Ko