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I B 37/14

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 29.9.2015, I B 37/14 Ausschlussfrist zur Bezeichnung des Klagebegehrens Tenor Auf die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Finanzgerichts des Saarlandes vom 5. März 2014 1 K 1174/13 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht des Saarlandes zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.

Tatbestand I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts. Zwischen ihr und dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) erhob sich insbesondere darüber Streit, ob sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung im Inland befand.

Das FA schloss das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren betreffend Körperschaftsteuerbescheide, Gewerbesteuermessbescheide und diverse Feststellungsbescheide für die Streitjahre 2003 bis 2009 mit Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2013 ab.

Gegen diese Bescheide in Gestalt der genannten Einspruchsentscheidung wandte sich die Klägerin mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage. Sie kündigte im Klageschriftsatz an, in der mündlichen Verhandlung die Aufhebung der Bescheide beantragen zu wollen.

Auf Seiten des Finanzgerichts (FG) des Saarlandes wurde die Klage, (nur) soweit sie sich gegen die Körperschaftsteuerbescheide richtete, unter dem eigenständigen Aktenzeichen 1 K 1174/13 erfasst. Im Zusammenhang mit der Zustellung der Klage wurde das FA unter Fristsetzung zur Vorlage der Einspruchsentscheidung aufgefordert. Der Klägerin wiederum wurde gemäß § 65 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unter Setzung einer Ausschlussfrist bis 15. August 2013 aufgegeben, den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen. Mit am 9. August 2013 beim FG eingegangenen Schriftsatz legte das FA eine Kopie der Einspruchsentscheidung vor. Nachdem unter dem Aktenzeichen 1 K 1174/13 keine weiteren Schriftsätze der Klägerin eingegangen waren, wies das FG mit Gerichtsbescheid die Klage als unzulässig ab und begründete dies mit der unterbliebenen Bezeichnung des Klagebegehrens binnen der gesetzten Ausschlussfrist. Nach der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung vertrat es diese Auffassung im Wesentlichen auch in dem angegriffenen Urteil. Das FG ließ die Revision nicht zu. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.

Entscheidungsgründe II. Die Beschwerde ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 FGO). Das FG hat die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen, denn der Gegenstand des Klagebegehrens war hinreichend bestimmt.

1. a) Nach ständiger Rechtsprechung stellt es einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 15. Januar 2015 I B 45/14, BFH/NV 2015, 696, m.w.N.). Wird dem Kläger zur Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens zu Unrecht oder nicht wirksam eine Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO gesetzt oder bezeichnet er im Falle rechtmäßiger Ausschlussfristsetzung das Klagebegehren durch weitere, fristgerecht erfolgte Darlegungen, dann führt die unterbliebene Berücksichtigung des weiteren Klagevorbringens und die Abweisung der Klage als unzulässig zu einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. März 2014 III B 133/13, BFH/NV 2014, 894; vom 17. November 2003 XI B 213/01, BFH/NV 2004, 514).

b) Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muss die Klage den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, bei Anfechtungsklagen auch den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf bezeichnen. Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht, hat der Vorsitzende oder der Berichterstatter den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern (§ 65 Abs. 2 Satz 1 FGO). Er kann dem Kläger für die Ergänzung eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es an einem der in § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO genannten Erfordernisse fehlt (§ 65 Abs. 2 Satz 2 FGO).

c) Wieweit das Klagebegehren im Einzelnen zu substantiieren ist, hängt von den Umständen des Falles ab, insbesondere von dem Inhalt des angefochtenen Verwaltungsakts, der Steuerart und der Klageart. Entscheidend ist, ob das Gericht durch die Angaben des Klägers in die Lage versetzt wird zu erkennen, worin die den Kläger betreffende Rechtsverletzung nach dessen Ansicht liegt. Als prozessuale Willenserklärung ist die Klageschrift in gleicher Weise wie Willenserklärungen i.S. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) analog § 133 BGB auszulegen. Dabei sind zur Bestimmung des Gegenstandes des Klagebegehrens alle dem FG und dem FA bekannten und vernünftigerweise erkennbaren Umstände tatsächlicher und rechtlicher Art zu berücksichtigen. Insoweit hat das FG hinsichtlich des Mussinhalts einer Klage insbesondere auf den Inhalt der Klageschrift und die hierin bezeichneten Bescheide und Einspruchsentscheidungen zurückzugreifen. Hierbei kommt es unter Berücksichtigung des Grundsatzes der rechtsschutzgewährenden Auslegung von Verfahrensvorschriften (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) nicht darauf an, ob der Kläger die angegriffenen Bescheide und die Einspruchsentscheidung der Klage bereits beigefügt hat oder ob diese Verwaltungsakte dem FG bei Setzung der Ausschlussfrist anderweitig vorgelegen haben (zum Vorstehenden BFH-Beschluss in BFH/NV 2014, 894, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat das FG im Streitfall zu Unrecht ein Prozessurteil erlassen.

Mit ihrem Klageschriftsatz vom 21. Juni 2013 hat die Klägerin die angegriffenen Bescheide und die angegriffene Einspruchsentscheidung genau bezeichnet. Der Gegenstand des Klagebegehrens konnte unter Heranziehung der Einspruchsentscheidung, die dem FG am 9. August 2013 und damit vor Ablauf der Ausschlussfrist vorlag, unschwer durch Auslegung ermittelt werden. Der Hauptstreitpunkt des Einspruchsverfahrens war die Frage nach dem Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Die Klägerin betrachtete sich als "holländisches" und nicht als "rein deutsches" Unternehmen. Dazu passt der im Klageschriftsatz angekündigte Aufhebungsantrag, mit dem sie offenkundig ihrer Auffassung Ausdruck verleihen wollte, dass eine inländische Körperschaftsteuerpflicht dem Grunde nach nicht besteht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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Häufigkeit Paragraph
5 65 FGO
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