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V ZR 106/22

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES V ZR 106/22 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 11. November 2022 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2022:111122UVZR106.22.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2022 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Brückner, die Richter Dr. Göbel und Dr. Malik und die Richterinnen Laube und Dr. Grau für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 17. Oktober 2019 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Rechtsvorgänger der Beklagten auf die Berufung der Kläger unter Ziff. II.1. zu einem über 61.126,25 € und unter Ziff. II.3. zu einem über 4.741,32 € hinausgehenden Betrag - jeweils nebst Zinsen - verurteilt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Kläger zurückgewiesen.

Von den Kosten der ersten und der zweiten Instanz tragen die Beklagten 62 % und die Kläger 38 %. Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beklagten 85 % und die Kläger 15 %.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Die Kläger erwarben von dem früheren Beklagten (im Folgenden: Erblasser) ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück zu einem Preis von 350.000 € unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Die Beklagten sind die durch den Nachlassverwalter vertretenen unbekannten Erben des während des Revisionsverfahrens verstorbenen Erblassers. Gestützt auf die Behauptung, der Erblasser habe arglistig verschwiegen, dass in dem Wohnhaus im größeren Umfang Asbest verarbeitet worden sei, machen die Kläger gegen den Erblasser bzw. nunmehr gegen die jetzigen Beklagten Schadensersatzansprüche geltend.

Das Landgericht hat den Erblasser verurteilt, an die Kläger Schadensersatz in Höhe von 9.500 € für die Mängelbeseitigung, 2.341,33 € für ein privat eingeholtes Sachverständigengutachten und 1.348,98 € für außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten, jeweils nebst Zinsen, zu zahlen. Es hat weiter die Verpflichtung des Erblassers festgestellt, den Klägern sämtliche Schäden zu ersetzen, welche ihnen dadurch entstehen, dass an dem Einfamilienhaus asbesthaltige Baustoffe entfernt werden müssen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht - soweit von Interesse unter Zurückweisung der Berufung des Erblassers die Entscheidung des Landgerichts abgeändert und den Erblasser verurteilt, an die Kläger 72.740,24 € für die Mängelbeseitigung und 2.561,83 € außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten - jeweils nebst Zinsen - zu zahlen. Im Hinblick auf den Feststellungsantrag und die Sachverständigenkosten hat es das Urteil des Landgerichts aufrechterhalten. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, erstreben die Beklagten weiter die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht den Klägern gegen den Erblasser ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 72.740,24 € aus § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1, § 280 Abs. 1 und 3 BGB zu. Das Grundstück habe einen Sachmangel aufgewiesen, da in dem hierauf errichteten Haus gesundheitsgefährdende asbesthaltige Baumaterialien verwendet worden seien. Der in dem Vertrag vereinbarte Haftungsausschluss stehe der Haftung des Erblassers nicht entgegen, weil dieser den Sachmangel arglistig verschwiegen habe (§ 444 BGB). Der Höhe nach könnten die Kläger ihren Schaden im Rahmen des so genannten kleinen Schadensersatzes auf der Grundlage der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten berechnen. Dem stehe nicht entgegen, dass sie den Mangel noch nicht hätten beseitigen lassen, da die Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zu der fehlenden Ersatzfähigkeit fiktiver Mängelbeseitigungskosten auf das Kaufvertragsrecht nicht anzuwenden sei. Auf der Grundlage des von dem Landgericht eingeholten Sachverständigengutachtens beliefen sich die erstattungsfähigen Sanierungskosten auf einen Nettobetrag von 61.126,25 €. Hinzuzuaddieren seien 19 % Umsatzsteuer in Höhe von 11.613,99 €, so dass sich ein Schadensersatzbetrag von 72.740,24 € errechne. Der Feststellungsantrag sei ebenfalls begründet, da es sich bei den zugesprochenen Beseitigungskosten nur um eine Schätzung handele. Die Kläger könnten auch Ersatz verlangen für die Kosten der vorgerichtlichen Untersuchung des Mangels (2.341,33 €) sowie für die vorgerichtlich entstandenen Rechtsverfolgungskosten von 2.561,83 €, insgesamt also 4.903,16 €. Die Rechtsanwaltskosten seien auf der Grundlage eines Geschäftswerts von 72.740 € zu berechnen.

II.

Diese Ausführungen halten ganz überwiegend einer rechtlichen Nachprüfung stand. Die Revision hat nur insoweit Erfolg, als das Berufungsgericht den Klägern als Schadensersatz neben den voraussichtlich netto anfallenden Mängelbeseitigungskosten einen Umsatzsteuerbetrag von 11.613,99 € nebst Zinsen zugesprochen und auf dieser Grundlage auch die erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten nicht zutreffend berechnet hat.

1. Das Berufungsgericht hat die Revision insgesamt zugelassen, so dass der Senat das Urteil auf sämtliche Rechtsfehler zu überprüfen hat. Eine Beschränkung auf die Anspruchshöhe, die grundsätzlich möglich ist (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 11. März 2022 - V ZR 35/21, NJW 2022, 2685 Rn. 8 mwN), ist nicht erfolgt. In dem Tenor wird die Revision ohne Einschränkungen zugelassen. Soweit das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen auf die streitige Rechtsfrage verweist, ob ein Käufer einer Immobilie seinen durch Mängel der Kaufsache begründeten Schaden nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen kann, wird hierdurch nur das Motiv für die Zulassung der Revision angegeben, ohne dass hieraus eindeutig auf eine Beschränkung auf die Anspruchshöhe geschlossen werden kann. Hiergegen spricht, dass das Berufungsgericht diese Rechtsfrage auch für die Begründetheit des Feststellungsantrags für entscheidend hält. Wegen der unbeschränkten Zulassung ist die von den Beklagten vorsorglich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde gegenstandslos.

2. Ohne Rechtsfehler bejaht das Berufungsgericht die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch der Kläger dem Grunde nach (§ 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB). Das Grundstück wies durch die Asbestbelastung einen Mangel auf, für den der Erblasser trotz des Haftungsausschlusses einzustehen hat, da er nach den Feststellungen des Berufungsgerichts diesen Mangel arglistig verschwiegen hatte. Gegen die Haftung dem Grunde nach werden in der Revision keine Einwendungen mehr erhoben.

3. Was die Höhe des den Klägern zugesprochenen Schadensersatzanspruchs anbelangt, nimmt das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend an, dass der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten (fiktiven) Mängelbeseitigungskosten bemessen werden kann. Dies hat der Senat zwischenzeitlich entschieden (vgl. Senat, Urteil vom 12. März 2021 - V ZR 33/19, BGHZ 229, 115 Rn. 7).

4. Rechtsfehlerhaft ist es allerdings, dass das Berufungsgericht den Klägern neben den sachverständig ermittelten Nettokosten von 61.126,25 € auch einen Umsatzsteuerbetrag in Höhe von 11.613,99 € zugesprochen hat. Wie der Senat zwischenzeitlich geklärt hat, muss die Umsatzsteuer auch bezogen auf den kaufrechtlichen Schadensersatz nur ersetzt werden, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist, was hier nicht der Fall ist. Da die Umsatzsteuer einen durchlaufenden und abgrenzbaren Posten darstellt, ist insoweit der Rechtsgedanke des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB übertragbar, und die Erwägungen, die den Gesetzgeber zur Einfügung dieser Norm bewogen haben (BT-Drucks. 14/7752 S. 13 f.), können herangezogen werden; auf diese Weise wird insoweit ein Gleichlauf mit dem deliktischen Rechtsschutz hergestellt (vgl. Senat, Urteil vom 12. März 2021 - V ZR 33/19, BGHZ 229, 115 Rn. 13 mwN). Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach sich ein Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch des Geschädigten umwandelt, wenn der Schädiger jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert und der Geschädigte Geldersatz fordert (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02, NJW 2004, 1868, 1869 mwN), ergibt sich entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung nichts anderes. So lange die Umsatzsteuer nicht angefallen ist, kann auch ein Freistellungsanspruch nicht entstehen.

5. Dieser Rechtsfehler setzt sich fort bei der Berechnung der erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten, die nicht von einem Geschäftswert von 72.740,24 € - so das Berufungsgericht - sondern von einem Geschäftswert von 61.126,25 € (72.740,24 € - 11.613,99 €) zu berechnen sind. Dies ergibt einen Betrag von 2.399,83 € (1,6 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300, 1008 VV RVG: 1.996,80 € + Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG: 20 € + 19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG: 383,19 €). Zusammen mit Sachverständigenkosten in Höhe von 2.341,33 € haben die Kläger deshalb einen weiteren Zahlungsanspruch in Höhe von 4.741,32 € und nicht von 4.903,16 €, wie das Berufungsgericht meint.

6. Die Verzinsung der Zahlungsansprüche beruht auf § 280 Abs. 2, § 286 Abs. 1 Satz 2, § 288 Abs. 1 BGB.

7. Nicht zu beanstanden ist schließlich die Entscheidung des Berufungsgerichts zu dem Feststellungsantrag, dem es im Hinblick auf weitere, nicht ausgeschlossene Schäden zu Recht stattgegeben hat.

III.

1. Das Berufungsurteil ist deshalb gemäß § 562 Abs. 1 ZPO in dem dargelegten Umfang aufzuheben. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat insoweit in der Sache entscheiden und die Berufung der Kläger insoweit zurückweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Die unterschiedlichen Kostenquoten in den Vorinstanzen und in der Revisionsinstanz beruhen darauf, dass die Streitwerte und damit auch das Obsiegen und Unterliegen der Parteien unterschiedlich sind.

Brückner Göbel Malik Laube Grau Vorinstanzen:

LG Dresden, Entscheidung vom 22.02.2019 - 6 O 2511/15 OLG Dresden, Entscheidung vom 17.10.2019 - 8 U 721/19 -

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