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21 W (pat) 25/13

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 25/13

_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2010 046 902.5 …

hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 8. Juni 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Häußler sowie der Richterin Hartlieb, des Richters Dipl.-Phys. Dr. Müller und der Richterin Dipl.-Phys. Zimmerer BPatG 152 08.05 beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 01 J des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Juni 2012 aufgehoben und das Patent 10 2010 046 902 erteilt.

Bezeichnung: Partikelstrahlmikroskop und Verfahren zum Betreiben hierzu Anmeldetag: 29. September 2010 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Ansprüche 1 bis 18, Beschreibung Seiten 3, 3A, 3B:

Seiten 1, 2, 4 bis 42 Figuren 1 bis 7 wie ursprünglich eingereicht eingereicht mit Schreiben 4. Oktober 2011 wie ursprünglich eingereicht wie ursprünglich eingereicht.

vom Gründe I Die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2010 046 902.5 wurde am 29. September 2010 unter der Bezeichnung "Partikelstrahlmikroskop und Verfahren zum Betreiben hierzu" beim Deutschen Patent- und Markenamt von der C… GmbH, in J…, angemeldet. Die Veröffentlichung der Patentanmeldung erfolgte am 29. März 2012.

Die Prüfungsstelle für Klasse H 01 J hat die Anmeldung in der Anhörung vom 15. Juni 2012 zurückgewiesen, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen I bis II nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Im Prüfungsverfahren sind folgende Druckschriften genannt:

D1 Al. Cvetanovic et al.: Design of a novel visual and control system for prevention of the collision during the micro handling in a SEM chamber. In: Microelectronic Engineering, 87, 2010, 139-143 D2 F. Schmoeckel et al.: Smart Flexible Microrobots for Scanning Electron Microscope (SEM) Applications. In: Journal of intelligent material systems and structures, 11, 2000, 191-200.

D3 X. Yang et al.: Surface digitization technology based on multi-sensor integration. In: Proc. of the 5th International Conference on Responsive Manufacturing - Green Manufacturing ICRM2010, 2010, 57-62. - ISSN 978-1-84919-199-9 D4 A. Weckenmann et al.: Multisensor data fusion in dimensional metrology. In: CIRP Annals - Manufacturing Technology, 58, 2009, 701-721 D5 DE 10 2005 026 022 A1.

Zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung wurden dem Anmeldevertreter folgende Druckschriften als Ladungszusatz mitgeteilt:

F1 Mohamed Oubbati : « "Einführung in die Robotik", Vorlesungsskript, Institut für Neuroinformatik, Universität Ulm, WS2009/2010 F2 Matthias Haun: „Handbuch Robotik”, Springer Verlag, 2007, S 129131.

Der mit der vom Anmelder vorgeschlagenen Merkmalsgliederung versehene, ansonsten wörtlich wiedergegebene geltende, ursprünglich eingereichte Patentanspruch 1 lautet:

1A Verfahren zum Betreiben eines Partikelstrahlmikroskops, das eine Objektivlinse (30) mit einem Objektbereich (OR) aufweist, wobei das Verfahren umfasst:

1B Detektieren (100) von Lichtstrahlen, die von einer Struktur ausgehen, wobei die Struktur zumindest einen Teil einer Oberfläche eines Objekts (10) und/oder einen Teil einer Oberfläche eines Objekthalters (20) des Partikelstrahlmikroskops aufweist,

1C Berechnen (101) eines Oberflächenmodells der Struktur (90) abhängig von den detektierten Lichtstrahlen;

1D Bestimmen (102) einer Position und einer Orientierung des Oberflächenmodells der Struktur (90) relativ zum Objektbereich (OR);

1E Bestimmen (103) eines Messortes (P) relativ zum Oberflächenmodell der Struktur (90); und

1F Positionieren (105) des Objekts (10) abhängig vom berechneten Oberflächenmodell der Struktur (90), der bestimmten Position und Orientierung des Oberflächenmodells der Struktur (90) und dem bestimmten Messort (P).

Der geltende, ursprünglich eingereichte Anspruch 6 lautet mit der vom Anmelder vorgeschlagenen Merkmalsgliederung:

6A Verfahren zum Betreiben eines Partikelstrahlmikroskops, wobei das Verfahren umfasst:

6B Detektieren (110) von Lichtstrahlen, die von einer Struktur ausgehen, wobei die Struktur zumindest einen Teil einer Oberfläche eines Objekts (10) und/oder einen Teil einer Oberfläche eines Objekthalters (20) des Partikelstrahlmikroskops aufweist;

6C Berechnen (111) eines Oberflächenmodells der Struktur (90) abhängig von den detektierten Lichtstrahlen;

6D Berechnen (112) eines Oberflächenmodells eines Mikroskopabschnitts (92) des Partikelstrahlmikroskops;

6E Zusammenführen (113) des Oberflächenmodells der Struktur (90) und des Oberflächenmodells des Mikroskopabschnitts (92) zu einem gemeinsamen Oberflächenmodell (93);

6F Berechnen (114) eines Abstandes (D) zwischen dem Oberflachenmodell der Struktur (90) und dem Oberflächenmodel des Mikroskopabschnitts (92) abhängig von dem gemeinsamen Oberflächenmodell (93); und

6G Überwachen des Abstandes bei einer Positionierung (116) des Objekts.

Der geltende, ursprünglich eingereichte Anspruch 10 lautet:

10. Computerprogrammprodukt, umfassend computerlesbare Befehle, die, wenn geladen in den Speicher eines Computers und/oder Computernetzwerk und ausgeführt von einem Computer und/oder Computernetzwerk, bewirken, dass der Computer und/ oder das Computernetzwerk ein Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9 durchführt.

Der geltende, ursprünglich eingereichte Anspruch 11 lautet mit der vom Anmelder vorgeschlagenen Merkmalsgliederung:

11A Partikelstrahlmikroskopiesystem (1), aufweisend: 11B eine Objektivlinse (30), die einen Objektbereich (OR) aufweist; 11C einen Objekthalter (20) an dem ein Objekt (10) anordenbar ist;

11D eine Positioniervorrichtung (60) die dazu ausgebildet ist, eine Position und/oder eine Orientierung des (OR) zu Objekthalters (20) relativ zum Objektbereich verändern;

11E eine Detektionsvorrichtung, die dazu ausgebildet ist, Lichtstrahlen zu detektieren, die von einer Struktur ausgehen, wobei die Struktur zumindest einen Teil einer Oberfläche des Objekthalters (20) und/oder einen Teil einer Oberfläche des Objekts (10) aufweist;

11F einen Computer (70), der eine Signalverbindung mit der Positioniervorrichtung (60) und der Detektionsvorrichtung aufweist, wobei der Computer (70) dazu konfiguriert ist

11G ein Oberflächenmodell der Struktur (90) abhängig von den detektierten Lichtstrahlen zu berechnen;

11H eine Position und eine Orientierung des Oberflächenmodells der Struktur (90) relativ zum Objektbereich (OR) zu bestimmen;

11I einen Messort (P) relativ zum Oberflächenmodell Struktur (90) zu bestimmen; und

11J das Objekt (10) zu positionieren, abhängig von dem berechneten Oberflächenmodell der Struktur (90), der bestimmten Position und Orientierung des Oberflächenmodells der Struktur (90) und dem bestimmten Messort (P).

Der geltende, ursprünglich eingereichte Anspruch 15 lautet mit der vom Anmelder vorgeschlagenen Merkmalsgliederung:

15A Partikelstrahlmikroskopiesystem (1), umfassend: 15B eine Objektivlinse (30), die einen Objektbereich (OR) aufweist; 15C einen Objekthalter (20), an dem ein Objekt (10) anordenbar ist; 15D eine Positioniervorrichtung (60), die dazu ausgebildet ist, eine Position und/oder eine Orientierung des Objekthalters (20) relativ zum Objektbereich (OR) zu verändern; 15E eine Detektionsvorrichtung, die dazu ausgebildet ist, Lichtstrahlen zu detektieren, die von einer Struktur ausgehen, wobei die Struktur zumindest einen Teil einer Oberfläche des Objekthalters und/oder einen Teil einer Oberfläche des Objekts (10) aufweist; 15F einen Computer (70), der eine Signalverbindung mit der Positioniervorrichtung (60) und der Detektionsvorrichtung aufweist; 15G wobei der Computer (70) dazu konfiguriert ist 15H ein Oberflächenmodell der Struktur (90) abhängig von den detektierten Lichtstrahlen zu berechnen, 15I ein Oberflächenmodell eines Mikroskopabschnitts (92) des Partikelstrahlmikroskopiesystems (1) zu berechnen; 15J das Oberflächenmodell der Struktur (90) und das Oberflächenmodell des Mikroskopabschnitts (92) zu einem gemeinsamen Oberflächenmodell (93) zusammenzuführen; 15K einen Abstand (D) zwischen dem Oberflächenmodell der Struktur (90) und dem Oberflächenmodell des Mikroskopabschnitts (92) abhängig von dem gemeinsamen Oberflächenmodell (93) zu berechnen; und 15L den Abstand (D) bei einer Positionierung des Objekts (10) zu überwachen.

An die nebengeordneten Ansprüche 1, 6, 10, 11 und 15 schließen sich die weiteren, ursprünglich eingereichten, geltenden Ansprüche 2 bis 5, 7 bis 9,12 bis 14, 16 bis 18 an.

Gegen den Zurückweisungsbeschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 1. Oktober 2012, die im Schriftsatz vom 5. Juni 2015 sinngemäß beantragt:

den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle aufzuheben und ein Patent auf Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:

1. Ansprüche 1 bis 18, wie ursprünglich eingereicht Beschreibung Seiten 3, 3A, 3B: eingereicht mit Schreiben vom 4. Oktober 2011 Seiten 1, 2, 4 bis 42 wie ursprünglich eingereicht Figuren 1 bis 7 wie ursprünglich eingereicht

(Hauptantrag)

2. hilfsweise Ansprüche 1 bis 16, Beschreibung Seiten 3, 3A, 3B:

Seiten 1, 2, 4 bis 42 Figuren 1 bis 7 eingereicht am 5. Juni 2015 als erster Hilfsantrag eingereicht mit Schreiben vom 4. Oktober 2011 wie ursprünglich eingereicht wie ursprünglich eingereicht

(erster Hilfsantrag)

3. Rückzahlung der Beschwerdegebühr und mündliche Verhandlung.

Bezüglich des ersten Hilfsantrags und zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 73 Abs. 1, Abs. 2 PatG).

Sie hat Erfolg, denn die beanspruchten Verfahren zum Betreiben eines Partikelstrahlmikroskops und Partikelstrahlmikroskopiesysteme sind gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik neu (§ 3 Abs. 1 PatG) und ergeben sich für den Fachmann auch nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (§ 4 PatG).

1. Die Erfindung betrifft Partikelstrahlmikroskopiesysteme sowie Verfahren zum Betreiben eines Partikelstrahlmikroskops. Speziell betrifft die vorliegende Anmeldung ein Elektronenmikroskop, wie beispielsweise ein Rasterelektronenmikroskop und ein Verfahren zum Betreiben eines solchen (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0001]).

In der Beschreibungseinleitung ist ausgeführt, dass bei Partikelstrahlmikroskopen, wie beispielsweise Elektronenmikroskopen, Proben in der Regel unter Vakuumbedingungen in einer Probenkammer abgebildet und/oder bearbeitet werden. Die Probenpositionierung werde in der Regel durch eine in der Vakuumkammer angeordnete CCD-Kamera beobachtet. Durch das auf dem Display gezeigte Bild der CCD-Kamera erhielte der Benutzer jedoch nur ein zweidimensionales Bild vom Inneren der Probenkammer, so dass eine genaue Positionierung des Objekts relativ zur Objektivlinse erschwert wird. Ferner sei der Einblickwinkel der CCD-Kamera auf die Objektoberfläche in der Regel durch die Objektivlinse und durch Detektoren beschränkt (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0002] bis [0004]).

Durch fehlerhafte Positionierung könne es zu einer Kollision der Probe mit den weiteren Komponenten in der Probenkammer kommen. Dies könne zu einer Beschädigung von Komponenten des Elektronenmikroskops oder des Objekts führen. Der Benutzer müsse daher viel Erfahrung im Umgang mit dem Partikelstahlmikroskop haben, um eine präzise Positionierung in angemessener Zeit durchführen zu können. (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0005] bis [0008]).

Vor diesem Hintergrund liegt der vorliegenden Erfindung die objektive Aufgabe zugrunde, ein Partikelstrahlmikroskop sowie ein Verfahren zum Betreiben eines Partikelstrahlmikroskops schaffen, bei dem eine fehlerhafte Positionierung und Kollision vermieden wird.

- 10 Zur Lösung der Aufgabe schlägt die Patentanmeldung ein Verfahren zum Betreiben eines Partikelstrahlmikroskops gemäß den Ansprüchen 1 und 6, ein Computerprogrammprodukt nach Anspruch 10 und ein Partikelstrahlmikroskopiesystem nach den Ansprüchen 11 und 15 vor. Die Figur 5 der Patentanmeldung zeigt schematisch das Bestimmen der Position und Orientierung des Oberflächenmodells in einem Verfahren gemäß einer Ausführungsform:

Die Figur 6 zeigt die Verfahrensschritte in einem Verfahren gemäß einer Ausführungsform:

2. Die geltenden Patentansprüche nach Hauptantrag sind zulässig, da sie den ursprünglich eingereichten Ansprüchen entsprechen.

3. Das Verfahren zum Betreiben eines Partikelstrahlmikroskops nach dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist im Hinblick auf den im Verfahren befindlichen Stand der Technik auch patentfähig.

3.1 Der maßgebliche Fachmann ist derjenige, dem üblicherweise die Lösung der sich objektiv stellenden Aufgabe übertragen wird (BGH GRUR 1978, 37 - Börsenbügel). Diese Aufgabe ist ausgehend von dem durch die beanspruchte Lehre gelösten technischen Problem, d. h. dem gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich Geleisteten (BGH GRUR 2010, 602, Tz. 27 – Gelenkanordnung; BGH GRUR 2010, 607, Tz. 18 – Fettsäurezusammensetzung; BGH GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger), zu bestimmen. Entgegen der Ansicht des Anmeldevertreters liegt der Schwerpunkt nicht in der Verbesserung der Abbildung mit erhöhter Auflösung, sondern die Aufgabe ist vorliegend – wie auch in der Streitpatentschrift angesprochen – darauf gerichtet, ein Partikelstrahlmikroskop so weiterzuentwickeln, um bei dem Positioniervorgang eine Kollision zu vermeiden und die erforderliche Zeit und Erfahrung durch den Benutzer bei der Handhabung zu verringern (vgl. Offenlegungsschrift Abs. [0007] bis [0008]).

Der Schwerpunkt der Aufgabe liegt daher bei der Positionierung und somit im Bereich der Handhabung des Objekthalters für das Partikelstrahlmikroskop. Für diese technische Fragestellung berufen ist ein berufserfahrener Physiker mit Diplom- oder Masterabschluss mit mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Partikelstrahlmikroskopen und Verfahren zum Betreiben eines Partikelstrahlmikroskops, der aufgrund der Fragestellung der Kollisionsvermeidung mit einem berufs- erfahrener Informatiker mit Diplom- oder Masterabschluss mit Schwerpunkt Handhabungstechnik zusammenarbeitet.

Dieser Fachmann (Team) besitzt daher grundlegendes Fachwissen in der Handhabungstechnik und damit selbstverständlich auch hinsichtlich der Grundlagen und anwendungsspezifische Aspekte der Robotik, wie zum Beispiel Kinematik, Dynamik, Regelung, Bahnplanung, Kollisionsvermeidung und Bildverarbeitung von Industrierobotern. Die Zuziehung des Handhabungs-/Robotik-Experten kann vom zuständigen Entwickler für das Partikelstrahlmikroskop auch erwartet werden, da sich das zu lösende Problem (Kollisionsvermeidung) in einem sachlich naheliegenden Fachgebiet (Manipulatorsteuerung, Positionierung) in ähnlicher Weise stellt und der Fachmann auch aufgrund seiner eigenen Sachkunde erkennen kann, dass er eine Lösung auf diesem Gebiet finden kann. Bereits in der Beschreibungseinleitung wird auf die Problematik der Kollision verwiesen, die sich bei der Positionierung des Objektträgers ergeben kann (vgl. Offenlegungsschrift Abs. [0006][0007]), und weiter wird auch auf den Stand der Technik zur Kollisionsvermeidung verwiesen, dessen Offenbarungsgehalt vollumfänglich in den Offenbarungsgehalt einbezogen wird (vgl. Offenlegungsschrift Abs. [0043]). Dass die Anwendung der Robotertechnik für die Handhabung von Objekten in einem SEM-Mikroskop geläufig ist, wird auch durch die Druckschrift D2 belegt.

Damit gehört die in den Druckschriften F1 und F2 dargestellte technische Lehre zum Grundlagenwissen des Fachmanns.

3.2 Das Verfahren zum Betreiben eines Partikelstrahlmikroskops nach dem Patentanspruch 1 nach Anspruch 1 ist neu, denn aus keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften sind die Merkmale 1D und 1E bekannt, wonach bei einem Partikelstrahlmikroskop eine Position und eine Orientierung eines Oberflächenmodells der Struktur relativ zum Objektbereich (OR) und ein Messort (P) relativ zum Oberflächenmodell der Struktur bestimmt wird.

3.3 Das Verfahren nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Ausgangslage für die Bemühungen des Fachmanns sind die bekannten Verfahren zum Betreiben eines Partikelstrahlmikroskops, wie sie auch in der Druckschrift D1 oder D2 dargestellt sind.

Aus der Druckschrift D1 kennt der Fachmann ein Verfahren zum Betreiben eines Partikelstrahlmikroskops (vgl. D1 S. 139 Titel: „Design of a novel visual and control system for the prevention of the collision during the micro handling in a SEM chamber“), das als Rasterelektronenmikroskop (SEM chamber) eine Objektivlinse mit einem Objektbereich aufweist [= Merkmal 1A]. Dabei wird für das Erfassen der Umgebung eine CCD-Kamera verwendet (vgl. D1 S. 140 li.Sp.: „the optical microscope with a CCD camera serves as an optical sensor for the acquisition of 3D information in the µm range, and for visual control of the assembly process“), wodurch Lichtstrahlen von zumindest einen Teil einer Oberfläche eines Objekts und/oder einen Teil einer Oberfläche eines Objekthalters des Partikelstrahlmikroskops detektiert werden [= Merkmal 1B].

Jedoch wird nach der Lehre der D1 kein Oberflächenmodell auf Grundlage der detektierten Lichtstrahlen erstellt (Merkmal 1C). Ziel der Vorrichtung der D1 ist die möglichst genaue Kontrolle des Annäherungsprozesses, die durch Beobachtung der Annäherung unter Verwendung von Distanzmessung oder Triangulation erfolgt (vgl. D1 S.141 li. Sp. 5.Abs.: „Distance sensors with optical working principle (infrared-reflected light or triangulation) may be used to measure distance inside the SEM chamber.“).

Zwar kennt der Fachmann die Bestimmung von Oberfächenmodellen bei Rasterelektrodenmikrospen aus Daten einer CCD-Kamera (vgl. D3 S.58 : „... The CCD camera grabs images of the light stripe and the 3D coordinates of these surface points can be calculated. … .The data collected by the different sensors is merged together to form a surface model of the part. ...“).

Jedoch ist keine Veranlassung ersichtlich, von der verwendeten visuellen Kontrolle nach der D1 abzurücken und das Prinzip des Ermittelns eines Oberflächenmodells des Objekts bei der Vorrichtung nach der D3 zur Handhabung des Probenhalters gemäß den Merkmalen 1D bis 1E einzusetzen, wonach eine Position und eine Orientierung des Objekt-Oberflächenmodells relativ zum Objektbereich (OR) und ein Messort (P) relativ zum Objekt-Oberflächenmodell bestimmt wird und das Objekt abhängig der Orientierung des berechneten Oberflächenmodells und dem bestimmten Messort (P) positioniert wird.

Auch die Lehre nach den Druckschriften F1 und F2 geben dem Fachmann keinen Hinweis, ein Oberflächenmodell zur Positionierung nach den Merkmalen 1C bis 1E einzusetzen, da die in diesen Druckschriften genannten Prinzipien der Navigation für ein mobiles Robotersystem verwendet werden (vgl. F1 S. 129, Abschnitt 3.6.4, erster Satz: "Die Navigation mobiler Robotersysteme stellt spezifische Anforderungen an die Planung.") und der Fachmann die zur Navigation eines mobilen Roboters erforderlichen Verfahrensschritte, wie - Kartenerstellung: Auswertung der erfassten Sensordaten der Umgebung mit dem Ziel, ein Umgebungsmodell zu schaffen. - Lokalisierung: Ermitteln der aktuellen Position des Roboters in dem Umgebungsmodell. - Bahnplanung/Pfadplanung: Berechnung der Fahrtroute vom aktuellen Punkt zum Zielort ohne Anregung nicht für den vorliegenden Fall zur Steuerung des Probenhalters, also eines stationären Systems einsetzen würde. Diese zählen auch nicht zu den durchschnittlichen Entwicklungsleistungen, welche für den Fachmann nahe liegen.

Auch den weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften war ein Hinweis in diese Richtung ebenfalls nicht zu entnehmen.

Damit legen die im Verfahren befindlichen Druckschriften weder für sich betrachtet noch in der Zusammenschau den Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hauptantrag nahe.

Damit steht der im Verfahren befindliche Stand der Technik und das Fachwissen und Fachkönnen des zuständigen Fachmanns der Patentfähigkeit hinsichtlich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht entgegen.

4. Die Patentfähigkeit des Verfahrens nach Anspruch 6, des Computerprogrammprodukts nach Anspruch 10 und der Partikelstrahlmikroskopiesysteme nach den Ansprüchen 11 und 15 wird sinngemäß von den für das Verfahren gemäß Anspruch 1 ausgeführten Gründen getragen. Die Ansprüche 6, 10, 11 und 15 sind daher gleichfalls gewährbar.

5. Die Unteransprüche 2 bis 5, 7 bis 9, 11 bis 14 und 16 bis 18 sind mit den nebengeordneten Ansprüchen ebenfalls gewährbar.

Die Unteransprüche 2 bis 5, 7 bis 9, 11 bis 14 und 16 bis 18 betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen der nebengeordneten Ansprüche, und die übrigen Unterlagen erfüllen insgesamt die an sie zu stellenden Anforderungen.

6. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr sieht der Senat keinen Anlass.

Gemäß § 80 Abs. III PatG kann die Beschwerdegebühr zurückgezahlt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist immer dann billig, wenn bei ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung der Erlass eines Zurückweisungsbeschlusses nicht in Betracht gekommen wäre und damit die Beschwerde sowie die Einzahlung der Be- schwerdegebühr hätte vermieden werden können (SchultePatG, 9. Auflage § 73 Rdn. 132).

Die Anmelderin hat den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht begründet. Auch ist dem Prüfungsverfahren keinerlei Hinweis zu entnehmen, dass das Prüfungsverfahren von Seiten der Prüfungsstelle nicht ordnungsgemäß und angemessenen geführt worden wäre. Damit liegt kein Grund vor, der eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigt.

Von einer mündlichen Verhandlung hat der Senat nach § 78 Nr. 3 PatG abgesehen.

Der Senat konnte die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Die Anmelderin hat zwar hilfsweise einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt, dem bei einer beabsichtigten Entscheidung zu Lasten der Anmelderin grundsätzlich gemäß § 78 Nr. 1 PatG auch stattzugeben wäre. Bei einer sachgerechten Auslegung ist der Antrag aber dahingehend zu verstehen, dass der Termin hilfsweise nur dann beantragt ist, wenn der Senat in der Hauptsache zu Lasten der Anmelderin entscheiden will. Dies ist nicht geschehen, da die Anmelderin in der Hauptsache obsiegt hat. Eine mündliche Verhandlung ist bei einer Entscheidung in Bezug auf eine Nebenentscheidung, wie die Frage der Rückzahlung der Beschwerdegebühr, trotz eines entsprechenden Antrags nicht zwingend i. S. d. § 78 Nr. 1 anzuberaumen (vgl. Schulte, a. a. O., § 78 Rdnr. 17 Buchstabe c) und BPatGE 13, 69 Leitsatz 2), da dieser Antrag lediglich als bloße Anregung zu sehen ist und die Frage, ob die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen ist, bereits von Amts wegen zu prüfen ist.

III Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben, wenn gerügt wird, dass 1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden.

Dr. Häußler Hartlieb Dr. Müller Zimmerer prö

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