Paragraphen in 19 W (pat) 146/09
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 146/09 Verkündet am 17. Dezember 2012
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2008 022 618.1-32 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Hartung, der Richterin Kirschneck und der Richter Dr.-Ing. Scholz und Dipl.-Ing. J. Müller beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154 05.11 Gründe I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle für Klasse H 02 M - hat die am 7. Mai 2008 eingereichte Anmeldung durch Beschluss vom 30. Juni 2009 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat in der mündlichen Verhandlung neue Unterlagen eingereicht und stellt den Antrag:
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 M des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Juni 2009 aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
Beschreibungsseiten 1 und 1a, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
übrige Beschreibung und Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 9,
jeweils vom Anmeldetag,
hilfsweise,
Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
übrige Unterlagen wie Hauptantrag.
Der Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet (mit einer eingefügten Gliederung):
a) Stromversorgungseinrichtung eines auf Meeresgrund angeordneten drehzahlveränderbaren Antriebs,
b) wobei diese Stromversorgungseinrichtung netz- und lastseitig einen Stromrichter (10, 42) aufweist,
c) die gleichspannungsseitig mittels eines Gleichstromkabels (44) miteinander elektrisch leitend verbunden sind,
d) wobei der netzseitige Stromrichter (10) an Land mit einem speisenden Versorgungsnetz (8) verbunden ist,
dadurch gekennzeichnet,
e) dass als netzseitiger Stromrichter (10) ein ungesteuerter Stromrichter (10)
f) und als lastseitiger Stromrichter (42) ein Stromrichter (42) mit verteilten Energiespeichern vorgesehen sind,
g) dass der lastseitige Stromrichter (42) Phasenmodule (52) aufweist, wobei jedes Phasenmodul (52) des Stromrichters (42) mit verteilten Energiespeichern einen oberen und einen unteren wenigstens zwei in Reihe geschaltete zweipolige Subsysteme (54) aufweisenden Ventilzweig (T1, T3, T5; T2, T4, T6) aufweist,
h) dass der Stromrichter (42) mit verteilten Energiespeichern am Meeresgrund in unmittelbarer Nähe des drehzahlveränderbaren Antriebs angeordnet ist,
j) dass eine Signalelektronik (16) des Stromrichters (42) mit verteilten Energiespeichern an Land angeordnet ist und dass eine Steuereinheit (46) des lastseitigen Stromrichters (42) mit verteilten Energiespeichern mittels eines Datenkabels (18) mit der Signalelektronik (16) der Stromversorgungseinrichtung verbunden ist und dass die Signalelektronik (16) dem netzseitigen Stromrichter (10) zugeordnet ist.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag ist vor dem Merkmal j) ergänzt um das Merkmal:
i) dass als netzseitiger ungesteuerter Stromrichter (10) ein Diodengleichrichter vorgesehen ist,
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Anmeldung betrifft eine Stromversorgungseinrichtung eines auf Meeresgrund angeordneten drehzahlveränderbaren Antriebs. Derartige drehzahlveränderbare Antriebe werden der Beschreibungseinleitung zufolge beispielsweise bei Öl und Gasfeldern auf dem Meeresboden verwendet. Die Anmeldung beschreibt zunächst einige bekannte Stromversorgungseinrichtungen hierfür anhand einiger Zeichnungsfiguren. Diese Einrichtungen seien relativ aufwändig, und die Länge des Unterseekabels sei beschränkt.
Es sei deshalb die Aufgabe der Erfindung, dass der mögliche Abstand zwischen Einspeisepunkt an Land und Antrieb am Meeresgrund wesentlich größer werde (Offenlegungsschrift, Abs. 0013).
Durch den erfindungsgemäßen Stromrichter weise die Stromversorgungseinrichtung keine Energiespeicher im Gleichspannungszwischenkreis mehr auf, so dass das verbindende Gleichstromkabel wesentlich größere Distanzen überbrücken könne.
2. Bei dieser Sachlage sieht der Senat einen Diplomingenieur (FH) der Fachrichtung Elektrotechnik mit Erfahrung in der Entwicklung von Stromrichteranlagen für die Off-Shore-Technik als Fachmann an.
3. Einzelne Merkmale des Anspruchs 1 bedürfen näherer Erläuterung:
Die unmittelbare Nähe zum Antrieb nach Merkmal h) sieht der Fachmann als Anordnung ohne weiteres Seekabel in der gleichen (gemeinsam gekapselten) Unterwasseranlage.
Die Signalelektronik 16 nach Merkmal j) ist nicht die Steuereinheit, die mit Bezugszeichen 46 auf der Unterwasserseite angeordnet ist. Unter der Signalelektronik versteht der Fachmann demnach eine Schnittstelle zur Aufbereitung und Weitergabe von Bedienbefehlen, Meldungen und ähnlichen Signalen. Dafür, dass die Regelung in der Signalelektronik untergebracht sein sollte, wie von der Anmelderin vorgetragen, sieht der Senat keine Stütze in den ursprünglichen Unterlagen. Ein Sollwert-Istwert-Vergleich auf der Landseite wäre auch wegen der großen Entfernung und den langen Reaktionszeiten ungewöhnlich und problematisch. Auch den von der Anmelderin zitierten Textstellen (Offenlegungsschrift, Abs. 0020 und 0029) ist dazu nichts Konkretes zu entnehmen. Die in Absatz 0020 erwähnten Steuereingänge sind nach Überzeugung des Senats Bestandteil der in Absatz 0029 genauer bezeichneten Steuereinheit 46. Die in Absatz 0020 erwähnten wesentlichen Bauteile auf der Landseite sind nicht spezifiziert.
Die Zuordnung der Signalelektronik zu dem netzseitigen Stromrichter sieht der Fachmann als rein räumliche Anordnung beim Einspeisepunkt in der Nähe des netzseitigen Stromrichters, wie in Figur 5 und 9 dargestellt. Eine Steuerverbindung zum ungesteuerten Netzstromrichter ist nicht nötig, und auch sonst ist keine elektrische Verbindung offenbart.
5. Der Entscheidung liegt folgender Stand der Technik zugrunde:
E1: EP 000001316672 A1 E2: DE 10103031 A1 E3: "Stromrichterschaltungen für Mittelspannung und deren Leistungshalbleiter für den Einsatz in Industriestromrichtern" von Max Beuermann, Marc Hiller und Dr. Rainer Sommer, abgedruckt im Tagungsband der ETG-Tagung "Bauelemente der Leistungselektronik und ihre Anwendung", Bad Nauheim, 2006.
Aus dem parallelen PCT/EP2009/053654-Verfahren:
E4: WO 2007 28 349 E5: EP 1 385 259 A2.
Die EP 1316672 A1 (E1) zeigt eine Unterwasserstation eines Erdöl- oder Erdgasfeldes („hydrocarbon production system“) mit einem Gleichspannungs-Seekabel. Wegen der Anschlüsse zu dem Bohrloch muss die Station am Meeresgrund angeordnet sein. In der Station sind unter anderem drehzahlvariable Antriebe vorgesehen (Abs. 0017, „Variable frequency inverters providing supplies to variable speed motors“). Damit ist bekannt eine:
Stromversorgungseinrichtung eines auf Meeresgrund angeordneten drehzahlveränderbaren Antriebs (Titel, Abs. 0017),
a) wobei diese Stromversorgungseinrichtung netz- und lastseitig einen Stromrichter (4,7 und Wechselrichter des drehzahlvariablen Antriebs) aufweist,
b) die gleichspannungsseitig mittels eines Gleichstromkabels 5 miteinander elektrisch leitend verbunden sind,
c) wobei der netzseitige Stromrichter 4 an Land mit einem speisenden Versorgungsnetz 1 verbunden ist,
Die dort genannten Antriebe werden mit Niederspannung (LVDC) versorgt, und können deshalb nur relativ leistungsschwache Hilfsantriebe sein.
Die WO 2007 28 349 (E4) und die dort (S. 17, Z. 27, S. 18, Z. 4) für Einzelheiten in Bezug genommene DE 10103031 A1 (E2) zeigen einen modular aufgebauten Stromrichter, dessen Subsysteme jeweils einen Kondensator als Energiespeicher aufweisen. In E2 ist die Verwendung bei elektrischen Maschinen beziehungsweise drehzahlvariablen Antrieben und Netzkupplungen (Abs. 0001), in E4 auch bei Seekabelverbindungen (S. 12, Z. 25 bis 30) angesprochen. Aus der DE 10103031 A1 (E2) ist mit den Worten des Anspruchs 1 bekannt eine:
ateilw) Stromversorgungseinrichtung eines drehzahlveränderbaren Antriebs,
b) wobei diese Stromversorgungseinrichtung netz- und lastseitig einen Stromrichter (Fig. 1 i. V. m. Abs. 0014) aufweist,
f) wobei als lastseitiger Stromrichter ein Stromrichter mit verteilten Energiespeichern vorgesehen sind,
g) wobei der lastseitige Stromrichter Phasenmodule 100 aufweist, wobei jedes Phasenmodul 100 des Stromrichters mit verteilten Energiespeichern 9 (Fig. 2, 3) einen oberen und einen unteren wenigstens zwei in Reihe geschaltete zweipolige Subsysteme 10 aufweisenden Ventilzweig aufweist (Fig. 4-7),
Die WO 2007 28 349 (E4) zeigt darüber hinaus, dass die Stromrichter c) gleichspannungsseitig mittels eines Gleichstrom(see-) kabels miteinander elektrisch leitend verbunden sind (S. 12, Z. 25 bis 30),
d) wobei der netzseitige Stromrichter an Land mit einem speisenden Versorgungsnetz verbunden ist (z. B. Fig. 1),
e) dass als netzseitiger Stromrichter ein ungesteuerter Stromrichter i) dass als netzseitiger ungesteuerter Stromrichter ein Diodengleichrichter vorgesehen ist (S. 12, Z. 17-23).
6. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
In der bekannten Anlage nach EP 1316672 A1 (E1) sind Pumpenmotoren nicht ausdrücklich erwähnt. Für eine Anfangszeit ist es auch nicht nötig ein solches Erdgas oder Erdölfeld („Hydrocarbon production“) abzupumpen. Mit zunehmender Entleerung wird das aber nötig, und dann werden auch Pumpenantriebe im Megawattbereich benötigt (vgl. E5, EP 1 385 259 A2; Abs. 0005, 0006), die gewöhnlich Motoren mit mehreren Kilovolt Nennspannung aufweisen und dann auch an den Hochspannungsanschluss (HVDC) des Kabels angeschlossen werden müssen (Fig. 3b; Abs. 0022). Für Motoren im Kilovoltbereich bietet sich dabei der Stromrichter mit Phasenmodulen und verteilten Energiespeichern nach DE 10103031 A1 (E2) oder WO 2007 28 349 (E4) - in einfacher Variante mit ungesteuertem Diodengleichrichter, da bei Pumpenantrieben auf eine Umkehr der Energierichtung verzichtet werden kann - als besonders vorteilhaft an, wie dort ausdrücklich für die Anwendungszwecke Antriebe und Seekabel beschrieben wird. Ein solcher unterseeischer Antrieb muss dann auch von Land aus gesteuert bezie- hungsweise überwacht werden können, wozu ein entsprechendes Datenkabel und eine passende Schnittstelle (Signalelektronik) an Land beim Einspeisepunkt nach Merkmal j) erforderlich sind (vgl. E1, Abs. 0023).
Um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu kommen, bedurfte es somit keiner erfinderischen Überlegungen.
Der Senat verkennt nicht die Schwierigkeiten, die die Realisierung eines solchen Hochleistungsantriebs unter Wasser aufwirft. Diesbezüglich bleibt aber auch die Anmeldung im Konzeptionellen und behandelt solche Schwierigkeiten nicht. Sie können deshalb bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden.
7. Damit ist der Anspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag, sowie die auf ihn rückbezogenen Ansprüche 2 bis 11 bzw. 2 bis 10 nicht gewährbar.
8. Die Argumente der Anmelderin konnten nicht überzeugen:
Ein auf Stromversorgungseinrichtungen für Subsea-Anwendungen spezialisierter Fachmann scheint dem Senat zu speziell. Es ist auch nicht ersichtlich, welche über die Stromrichtertechnik für Off-shore-Anwendungen hinausgehenden Fachkenntnisse ein solcher Fachmann haben sollte.
Die Auswahl aus den vielen Stromrichtervarianten, wie sie in dem Aufsatz Beuermann, a. a. O. beschrieben sind, reduziert sich für den vorliegenden Einsatz an einem Hochspannungs-Gleichspannungskabel auf Multilevel-Stromrichter mit Spannungszwischenkreis (Bild 1, links), denen auch der beanspruchte Stromrichter zuzurechnen ist.
Ein über die Vereinfachung bei nur einer Energieflussrichtung hinausgehender Effekt des ungesteuerten Gleichrichters ist für den Senat nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, inwiefern ein ungesteuerter Gleichrichter eine größere Entfernung der Stationen erlauben sollte, wie von der Anmelderin vorgetragen. Nach der Offenlegungsschrift, Absatz 0015 ist das eine Wirkung der verteilten Energiespeicher im lastseitigen Stromrichter. Die von der Anmelderin in diesem Zusammenhang erwähnten höherpulsigen Gleichrichter nach den Ansprüchen 5 bis 7 (Hauptantrag) stuft der Senat als Fachwissen ein (vgl. Aufsatz Beuermann, a. a. O., Bild 3 bis 5), die sich eventuell daraus ergebende Redundanz als Nebeneffekt. Ein Zusammenhang mit der Entfernung der Stationen ist auch hier für den Senat nicht nachvollziehbar.
Dr. Hartung Kirschneck Dr. Scholz J. Müller Pü
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