Paragraphen in 17 W (pat) 22/15
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 22/15 Verkündet am 11. Juli 2017
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2013 017 582.8-53 …
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2017 unter Mitwirkung des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt als Vorsitzendem, der Richterin Eder, der Richterin Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung und des Richters Dipl.-Ing. Hoffmann BPatG 154 05.11 beschlossen:
-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die vorliegende Patentanmeldung wurde am 15. Oktober 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Sie trägt die Bezeichnung:
„Verfahren zur automatischen adaptiven Generierung von hörbarem Sound in Abhängigkeit von einem Systemzustand einer Maschine und/oder eines Fahrzeugs“.
Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06N in der Anhörung vom 6. Februar 2015 zurückgewiesen. Die Prüfungsstelle führt zur Begründung der Zurückweisung aus, dass der Patentanspruch 1 mangels einer erfinderischen Tätigkeit für seinen Gegenstand nicht gewährbar sei.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
Die Vertreterin der Anmelderin ist – wie angekündigt – zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.
Sie beantragt (sinngemäß), den Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
gemäß Hauptantrag mit - Patentansprüchen 1 – 10 vom 06. Februar 2015, - Beschreibung Seiten 1 – 11 vom 15. Oktober 2013 = Anmeldetag, - 5 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 – 9 vom Anmeldetag; gemäß Hilfsantrag mit - Patentansprüchen 1 – 10 vom 27. April 2015, - im Übrigen wie Hauptantrag.
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag (hier mit einer denkbaren Gliederung versehen) lautet:
(A) 1. Verfahren zur automatischen adaptiven Generierung von hörbarem Sound in Abhängigkeit von einem Systemzustand eines Fahrzeugs in Form eines Elektroautos, Hybridautos oder E-Bikes, wobei (a) der Systemzustand mindestens eine Drehzahl und/oder eine Geschwindigkeit und/oder eine Beschleunigung und/oder eine Eingangsleistung enthält, und diese den Systemzustand dokumentierende/n Komponente/n einen Eingangsraum bildet/en und (b) dass ein Zusammenhang zwischen wenigstens einer Komponente des Eingangsraumes und einem jeweils dazugehörig zu generierenden Sound durch ein regelbasiertes Fuzzy-System (RBFS), auch als Fuzzy-Inferenzsystem bezeichnet, eingestellt wird und (c) die Generierung des Sounds (auch Ausgangssound genannt) aus einer Menge von Basis-Sounds durch anteilige Überlagerung erfolgt und mindestens die Eigenschaften Lautstärke und Abspielgeschwindigkeit aller Basis-Sounds zusammen die Menge der Ausgangsgrößen (Ausgangsraum) des regelbasiertes Fuzzy-System darstellen, und (d) für die Erweiterung der Menge der Ausgangsgrößen die BasisSounds in Frequenzbänder zerlegt werden und die Lautstärke jedes Frequenzbandes einzeln als Eigenschaft und somit als separate Ausgangsgröße verwendet wird, und wobei (e) psychoakustische Eigenschaften der Basissounds in Form von Lautheit, Rauhigkeit und Schärfe einzeln oder in Kombination zum Einsatz kommen, wobei (f) für die Komponenten des Eingangsraumes jeweils geeignete Mengen an Fuzzy-Termen in einer Abbildungsvorschrift definiert werden und wobei (g) das regelbasierte Fuzzy-System, welches die komplette nichtlineare mehrdimensionale Abbildung des Eingangsraumes auf den Ausgangsraum beschreibt, durch eines der folgenden Verfahren definiert wird: (g1) durch einen rein expertenbasierten Ansatz als System von WENN-DANN-Regeln durch einen Experten, (g2) durch einen expertenbasierten Ansatz ergänzt um ein Lernverfahren zum Erzeugen und/oder Anpassen des Systems von WENN-DANN-Regeln auf der Basis von Beispieldaten und/oder Bewertungsdaten, (g3) durch einen datenbasierten Ansatz, der zuerst ein Klassifikationssystem auf der Basis von Beispieldaten und/oder Bewertungsdaten erzeugt und aus diesem das System von Wenn-Dann-Regeln extrahiert wird, und dass diese Abbildungsvorschrift in einem Entwurfsprogramm modelliert und in einer parametrischen Form verlustfrei abgespeichert wird, wobei (h) Drehzahl, Beschleunigung und Bremsvorgänge und die Effizienz des Motorarbeitspunktes hörbar gestaltet werden und (i) bei zunehmender Drehzahl des Motors ein bestimmter Motorsound lauter und/oder hinsichtlich der Frequenz höher wird, beim normalen mittleren Beschleunigen ein Beschleunigungssound lauter hörbar ist und beim starken Beschleunigen der Beschleunigungssound komplett dominiert und der Motorsound nahezu verschwindet.
Zu den übrigen Ansprüchen nach Hauptantrag wird auf die Akte verwiesen.
Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag (ebenfalls mit einer denkbaren Gliederung und gekennzeichneten Unterschieden zu Anspruch 1 nach Hauptantrag versehen) lautet:
(A) 1. Verfahren zur automatischen adaptiven Generierung von hörbarem Sound in Abhängigkeit von einem Systemzustand eines Fahrzeugs in Form eines Elektroautos, Hybridautos oder E-Bikes, wobei (a) der Systemzustand mindestens eine Drehzahl und/oder eine Geschwindigkeit und/oder eine Beschleunigung und/oder eine Eingangsleistung enthält, und diese den Systemzustand dokumentierende/n Komponente/n einen Eingangsraum bildet/en und (b) dass ein Zusammenhang zwischen wenigstens einer Komponente des Eingangsraumes und einem jeweils dazugehörig zu generierenden Sound durch ein regelbasiertes Fuzzy-System (RBFS), auch als Fuzzy-Inferenzsystem bezeichnet, eingestellt wird und (c) die Generierung des Sounds (auch Ausgangssound genannt) aus einer Menge von Basis-Sounds durch anteilige Überlagerung erfolgt und mindestens die Eigenschaften Lautstärke und Abspielgeschwindigkeit aller Basis-Sounds zusammen die Menge der Ausgangsgrößen (Ausgangsraum) des regelbasiertes Fuzzy-System darstellen, und (d) für die Erweiterung der Menge der Ausgangsgrößen die BasisSounds in Frequenzbänder zerlegt werden und die Lautstärke jedes Frequenzbandes einzeln als Eigenschaft und somit als separate Ausgangsgröße verwendet wird, und wobei (e) psychoakustische Eigenschaften der Basissounds in Form von Lautheit, Rauhigkeit und Schärfe einzeln oder in Kombination zum Einsatz kommen, wobei (f) für die Komponenten des Eingangsraumes jeweils geeignete Mengen an Fuzzy-Termen in einer Abbildungsvorschrift definiert werden und wobei (g) das regelbasierte Fuzzy-System, welches die komplette nichtlineare mehrdimensionale Abbildung des Eingangsraumes auf den Ausgangsraum beschreibt, durch eines der folgenden Verfahren definiert wird: (g1) durch einen rein expertenbasierten Ansatz als System von WENN-DANN-Regeln durch einen Experten, (g2) durch einen expertenbasierten Ansatz ergänzt um ein Lernverfahren zum Erzeugen und/oder Anpassen des Systems von WENN-DANN-Regeln auf der Basis von Beispieldaten und/oder Bewertungsdaten, (g3) durch einen datenbasierten Ansatz, der zuerst ein Klassifikationssystem auf der Basis von Beispieldaten und/oder Bewertungsdaten erzeugt und aus diesem das System von Wenn-Dann-Regeln extrahiert wird, und dass diese Abbildungsvorschrift in einem Entwurfsprogramm modelliert und in einer parametrischen Form verlustfrei abgespeichert wird, wobei (h) Drehzahl, Beschleunigung und Bremsvorgänge und die Effizienz des Motorarbeitspunktes hörbar gestaltet werden und (i) bei zunehmender Drehzahl des Motors ein bestimmter Motorsound lauter und/oder hinsichtlich der Frequenz höher wird, beim normalen mittleren Beschleunigen ein Beschleunigungssound lauter hörbar ist und beim starken Beschleunigen der Beschleunigungssound komplett dominiert und der Motorsound nahezu verschwindet und (j) dass eine Überlappung von Zugehörigkeitsfunktionen für einen Übergang mit spezieller Charakteristik sorgen derart, dass durch steile Funktionsverläufe ein abrupter Übergang und durch weniger steile Funktionsverläufe ein weicher Übergang gestaltet wird.
Zu den übrigen Ansprüchen nach Hilfsantrag wird auf die Akte verwiesen.
Im Verfahren sind folgende Druckschriften genannt worden:
D1: Hermann, Thomas [u. a.]: The Sonification Handbook. Berlin: Logos Verlag, 2011. 1,3,5-7,9-11,13,15-20,25,30,31,36,42-45,99,114,115,118,125,126,
129,130,133-135,166-167,173,177,195-213,262-270,309-311,321-323,383400,408-410. – ISBN 978-3-8325-2819-5. http://sonification.de/handbook/download/TheSonificationHandbookHermannHuntNeuhoff-2011.pdf [abgerufen am 16.09.2014]; D2: CHAMARD, Jean-Christophe; Roussarie, Vincent: Design of Electric or Hybrid vehicle alert sound system for pedestrian. In: Acoustics 2012 Nantes, April 2012, S. 1691–1695. http://hal.archives-ouvertes.fr/hal-00811353 [abgerufen am 17.09.2014]; D3: Cadiz, Rodrigo; Kendall, Gary: Fuzzy Logic Control Tool Kit: Real-time Fuzzy Control for Max/MSP and Pd. In: Proceedings of International Computer Music Conference, 2006, S. 341–346. – ISSN 0-9713192-4-3. http://quod.lib.umich.edu/cgi/p/pod/dod-idx/fuzzy-logic-control-tool-kit-realtime-fuzzy-control-for.pdf? c=icmc;idno=bbp2372.2006.072 [abgerufen am 17.09.2014]; D4: US 5 880 392 A; D5: US 5 635 903 A; D6: Misdariis, Nicolas [u. a.]: Do electric cars have to make noise? An emblematic opportunity for designing sounds and soundscapes. In: Acoustics 2012 Nantes, 23.04.2012, S. 1045–1050. http://hal.archives-ouvertes.fr/hal-00810920 [abgerufen am 18.09.2014]; D7: Fuzzy-Regler. In: Wikipedia, der freien Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 21.09.2012. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Fuzzy-Regler&oldid=108355466 [abgerufen am 18.09.2014]; D8: Electric vehicle warning sounds. In: Wikipedia, the free encyclopedia. Bearbeitungsstand: 19.09.2012. URL: http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Electric_vehicle_warning_sounds& oldid=513556484 [abgerufen am 18.09.2014]; D9: Additive Synthesis. In: Wikipedia, the free encyclopedia. Bearbeitungsstand: 04.09.2013; D10: EP 1 865 494 A1.
Zu den Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II.
Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingelegt und ist auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, da das beanspruchte Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag und auch das beanspruchte Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (§ 4 PatG).
1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft ein Verfahren zur automatischen adaptiven Generierung von hörbarem Sound in Abhängigkeit von einem Systemzustand einer Maschine und/oder eines Fahrzeugs (Offenlegungsschrift, Absatz [0001]).
Gemäß der Anmeldung seien eine eindimensionale sowie eine mehrfach eindimensionale Abhängigkeit einer Soundgenerierung von einer Einflussgröße bekannt. Diese würden jedoch die realen Gegebenheiten nicht wiedergeben. Gehe man von n kontinuierlichen Eingangsgrößen (Eingangsraum) und m kontinuierlichen Parametern von gegebenen Basis-Sounds (Samples), die die Fusion der Basis-Sounds definieren (Ausgangsraum), aus, dann brauche es eine komplette nichtlineare mehrdimensionale Abbildung des n-dimensionalen Eingangsraums auf den m-dimensionalen Ausgangsraum (vgl. Offenlegungsschrift, Absatz [0003]).
Der Anmeldung soll die Aufgabe zugrundeliegen, ein Verfahren zur automatischen adaptiven Generierung von hörbarem Sound in Abhängigkeit von einem Systemzustand einer Maschine und/oder eines Fahrzeugs zu entwickeln und dafür die nichtlineare mehrdimensionale Abbildung so zu entwerfen, dass bei der Soundgenerierung logische Zielkriterien umgesetzt werden können, die einerseits künstlerischen Ursprungs sind, andererseits aber auch formale technische oder andere sachliche (z. B. gesetzliche) Richtlinien bedienen (Offenlegungsschrift, Absatz [0005]).
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ein Verfahren zur automatischen adaptiven Generierung von hörbarem Sound in Abhängigkeit von einem Systemzustand eines Fahrzeugs in Form eines Elektroautos, Hybridautos oder E-Bikes (Merkmal (A)) vor. Der Systemzustand enthält eine Drehzahl und/oder eine Geschwindigkeit und/oder eine Beschleunigung und/oder eine Eingangsleistung, wobei diese einen Eingangsraum bilden (Merkmal (a)), und ein Zusammenhang zwischen wenigstens einer Komponente des Eingangsraumes und einem jeweils dazugehörig zu generierenden (Basis)-Sound durch ein regelbasiertes Fuzzy-System (RBFS – auch als Fuzzy-Inferenzsystem bezeichnet) eingestellt wird (Merkmal (b)). Der Ausgangssound wird durch die anteilige Überlagerung aus einer Menge von Basis-Sounds gebildet, wobei die Eigenschaften wie Lautstärke und Abspielgeschwindigkeit aller Basis-Sounds zusammen die Menge der Ausgangsgrößen (Ausgangsraum) des regelbasierten Fuzzy-System darstellen (Merkmal (c)). Zur Erweiterung der Menge der Ausgangsgrößen werden die Basis-Sounds in Frequenzbänder zerlegt, und die Lautstärke jedes Frequenzbandes wird einzeln als Eigenschaft und somit als separate Ausgangsgröße verwendet (Merkmal (d)). Dabei kommen psychoakustische Eigenschaften der Basissounds in Form von Lautheit, Rauhigkeit und Schärfe einzeln oder in Kombination zum Einsatz (Merkmal (e)) und für die Komponenten des Eingangsraumes werden jeweils geeignete Mengen an Fuzzy-Termen in einer Abbildungsvorschrift definiert (Merkmal (f)).
Das regelbasierte Fuzzy-System, welches die komplette nichtlineare mehrdimensionale Abbildung des Eingangsraumes auf den Ausgangsraum beschreibt, wird dabei durch eines der folgenden Verfahren definiert (Merkmal (g)):
- durch einen rein expertenbasierten Ansatz als System von WENN-DANNRegeln durch einen Experten (Merkmal (g1));
- durch einen expertenbasierten Ansatz ergänzt um ein Lernverfahren zum Erzeugen und/oder Anpassen des Systems von WENN-DANN-Regeln auf der Basis von Beispieldaten und/oder Bewertungsdaten (Merkmal (g2));
- durch einen datenbasierten Ansatz, wobei zuerst ein Klassifikationssystem auf der Basis von Beispieldaten und/oder Bewertungsdaten erzeugt und aus diesem das System von Wenn-Dann-Regeln extrahiert wird, und diese Abbildungsvorschrift in einem Entwurfsprogramm modelliert und in einer parametrischen Form verlustfrei abgespeichert wird (Merkmal (g3)).
Ausgehend von dem gewählten Verfahren wird die Drehzahl, die Beschleunigung, die Bremsvorgänge und die Effizienz des Motorarbeitspunktes hörbar gestaltet (Merkmal (h)), wobei bei zunehmender Drehzahl des Motors ein bestimmter Motorsound lauter und/oder hinsichtlich der Frequenz höher wird, beim normalen mittleren Beschleunigen ein Beschleunigungssound lauter hörbar wird und beim starken Beschleunigen der Beschleunigungssound komplett dominiert und der Motorsound nahezu verschwindet (Merkmal (i)).
Zusätzlich ist in Anspruch 1 nach Hilfsantrag angegeben, dass eine Überlappung von Zugehörigkeitsfunktionen für einen Übergang mit spezieller Charakteristik sorgt, wobei durch steile Funktionsverläufe ein abrupter Übergang und durch weniger steile Funktionsverläufe ein weicher Übergang gestaltet wird (Merkmal (j)).
Als Fachmann, der mit der Aufgabe betraut wird, ein Verfahren zum Generieren eines Fahrzeugsounds zu verbessern, ist ein Informatiker oder Elektroingenieur mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich der Sounderzeugung – insbesondere auf dem Fachgebiet der Soundmodellierung bei Fahrzeugen – anzusehen.
2. Der Gegenstand des jeweiligen Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Als im Stand der Technik besonders relevant sieht der Senat die Druckschriften D2 und D10 an.
2.1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit Aus der D2 (S. 1692 oben und linke Spalte) ist die Generierung eines Ausgabesounds für elektrisch betriebene Fahrzeuge zu entnehmen, wobei der Ausgabesound aus mehreren Samples, d. h. Basissounds, in Abhängigkeit eines Fahrzeugzustands (S. 1692 linke Spalte und S. 1693 linke Spalte „Synthesis method“) erzeugt wird (Merkmal (A)).
Dabei wird der Fahrzeugzustand (Systemzustand) über verschiedene Fahrzeugparameter wie bspw. Geschwindigkeit und Beschleunigung ermittelt und diese werden als Eingangswerte für die Generierung des Ausgabesounds verwendet (S. 1693 linke Spalte, insbes. erste Fig. – Merkmal (a)).
Aus diesen Systemzuständen und den Basissounds (samples) wird mit Hilfe einer Rechenvorschrift ein Ausgangssound erzeugt (Kap. 2.2 – teilweise Merkmal (b)), wobei der Ausgangssound durch Überlagerung der den einzelnen Systemparametern zugeordneten Basissounds, welche als einzelne Frequenzspektren vorliegen, variiert (Kap. 2.2; insbes. Fig. 1–3 rechte Spalte) und dabei eine Lautstärkeanpassung entsprechend der Parameter, bspw. der Geschwindigkeit, erfolgt (S. 1693; insbes. letzte Tabelle in der rechten Spalte bis S. 1694 linke Spalte oben – teilweise Merkmale (c) und (d)).
Schließlich ist die Berücksichtigung der Systemzustände, d. h. der Geschwindigkeit oder der Beschleunigung und die entsprechende Gestaltung des Ausgangssounds, in der Druckschrift (Kap. 2.2; insbes. letzte Tabelle – teilweise Merkmale (h) und (i)) beschrieben.
Der restliche Teil der Merkmale (h) und (i) betrifft die Gestaltung des Ausgabesounds im Hinblick auf das menschliche Hörvermögen. So ist angegeben, dass Eigenschaften wie Drehzahl, Beschleunigung, Bremsvorgänge und die Effizienz des Motorarbeitspunktes hörbar gestaltet werden (Merkmal (h)) und dass bei zunehmender Drehzahl die Frequenz höher wird, beim Beschleunigen ein Beschleunigungssound lauter hörbar wird und beim starken Beschleunigen der Beschleunigungssound komplett dominiert und der Motorsound nahezu verschwindet (Merkmal (i)). Demnach findet hier eine Anpassung an das Hörempfinden statt, wobei die generierten Ausgabesounds bei dem Hörer eine entsprechende Assoziation bewirken. Damit tragen diese Teile der Merkmale (h) und (i) nicht zur Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln bei und sind bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen. (Vgl. BGH GRUR 2015, 1184 – Entsperrbild; „Bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit bleiben Anweisungen, die die Vermittlung bestimmter Inhalte betreffen und damit darauf zielen, auf die menschliche Vorstellung oder Verstandestätigkeit einzuwirken, als solche außer Betracht“).
Die Merkmale (f), (g), die sich konkret auf den Einsatz eines Fuzzy-Systems beziehen, sind ebenso wie die restlichen Teile der Merkmale (b), (c) und (d), die ein Fuzzy-System als Rechenvorschrift beanspruchen, nicht aus der D2 zu entnehmen. Diesbezüglich ist der Anmelderin (s. Beschwerde vom 27.04.2015) zuzustimmen. Ebenso ist die Abhängigkeit von psychoakustischen Eigenschaften der Basissounds nicht gezeigt (Merkmal (e)).
Auf welche Weise genau anhand der Eingangsparameter wie Geschwindigkeit und Beschleunigung die Zusammensetzung des Basissounds zu einem Ausgangssound berechnet wird (vgl. auf S. 1693 linke Spalte das Kapitel „Synthesis method“ mit Figur), lässt D2 offen. Der Fachmann, der nach einem geeigneten Berechnungssystem suchte, und der stets bestrebt ist, möglichst flexible, anpassungsfähige Systeme zu verwenden, hatte Veranlassung, sich überall dort nach Lösungen umzusehen, wo ein Sounderzeugungssystem mit flexiblen Berechnungsmethoden, wie bspw. mit einer nichtlinearen mehrdimensionalen Abbildung, zum Einsatz kommt. Dabei gelangte er ohne weiteres zur D10, die ein Motorsounderzeugungssystem offenbart.
In der D10 ist die Generierung eines Sounds in Abhängigkeit von einem Fahrzustand gezeigt (Fig. 1, Fig. 2, Absätze [0011]–[0013], [0027]–[0029] – Merkmal (A)). Dabei werden die Fahrzustände über Sensoren (Fig. 2, Absatz [0028]: engine speed, accelerator, vehicle speed) erfasst, und die Sensorwerte stellen die Eingangsgrößen in einem Eingangsraum (Fig. 4, Absätze [0031], [0032]) dar, aus denen durch anteilige Überlagerung und Aufteilung in einzelne Frequenzbänder (Absätze [0030]–[0034], [0040]) ein Fahrzeugsound generiert bzw. berechnet wird. Für diese Berechnungen kann ein Fuzzy-Inferenzsystem (Absatz [0054]) verwendet werden (restlicher Teil der Merkmale (b), (c) und (d)). Weiterhin ist die Verwendung eines Fuzzy-Interferenzsystems beschrieben, bei dem eine Tabelle für die Bestimmung der Transformationscharakteristiken für die Erzeugung des Ausgangssounds aus den Basis-Sounds (Absätze [0054] und [0103]) und somit eine Menge an Fuzzy-Termen in einer Abbildungsvorschrift verwendet werden (Merkmal (f)).
Die Abbildungsvorschriften des Systems ergeben sich aus vorgegebenen WennDann-Regeln (Fig. 7a bis 7c und Absätze [0041]–[0044] sowie Fig. 21a bis 21d und Absätze [0145]–[0149]). Damit sind auch die Merkmale (g) und (g1) zu entnehmen. Da die Merkmale (g1), (g2) und (g3) als alternative Möglichkeiten („durch eines der folgenden Verfahren“) beansprucht werden, erübrigt es sich auf die Merkmale (g2) und (g3) einzugehen.
Weiterhin ist beschrieben, dass Eigenschaften wie bspw. Rauheit usw. in das Ausgangsgeräusch einfließen können (Absatz [0152] – teilweise Merkmal (e)). Auch hier betrifft der restliche Teil des Merkmals die Gestaltung des Ausgabesounds im Hinblick auf das menschliche Hörvermögen – insbesondere im Hinblick auf die psychoakustischen Eigenschaften – und ist somit bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen (vgl. BGH GRUR 2015, 1184 – Entsperrbild, s. oben).
Für den Fachmann bot es sich an, das in der D2 verwendete Berechnungssystem durch ein Fuzzy-System nach dem Vorbild der D10 zu ersetzen, da diese Systeme eine flexiblere Berechnung bzw. Generierung ermöglichen und somit einen besser an das menschliche Hörempfinden angepassten Ausgangssound erzeugen.
Somit ergaben sich alle Merkmale des Hauptanspruchs nach Hauptantrag, die bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zu berücksichtigen sind, aus der naheliegenden Anwendung der Lehre der D10 auf das in D2 beschriebene Verfahren.
2.2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit wird im Folgenden nur das neu aufgenommene Merkmal (j) betrachtet. Zu den übrigen Merkmalen wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
Gemäß diesem Merkmal wird durch die Überlappung von Zugehörigkeitsfunktionen mit einem steilen Funktionsverlauf ein abrupter Übergang und mit einem weniger steilen Funktionsverlauf ein weicher Übergang gestaltet.
In D10 werden Wenn-Dann-Regeln in Abhängigkeit von verschiedenen, auf die Eingangsparameter bezogenen Fahrzeugzuständen (geringe/hohe Motordrehzahl, geringe/hohe Beschleunigung, geringe/hohe Fahrzeuggeschwindigkeit) aufgestellt, die in dem verwendeten Fuzzy-Inferenzsystem implementiert werden (Absätze [0146]–[0149]). Wie dem in derartigen Systemen bewanderten Fachmann bekannt war, werden hierbei Zugehörigkeitsfunktionen für die einzelnen Fahrzeugzustände definiert. Es lag im Bereich üblichen fachmännischen Handelns, je nach gewünschter Charakteristik die Zugehörigkeitsfunktionen geeignet zu wählen. Dass hierbei steile Funktionsverläufe zu abrupten Übergängen und weniger steile Funktionsverläufe zu weicheren Übergängen der Zugehörigkeit zu den einzelnen Fahrzeugzuständen führen, ist eine reine Selbstverständlichkeit. Damit war auch Merkmal (j) naheliegend.
Somit ergaben sich alle Merkmale des Hauptanspruchs nach Hilfsantrag, die bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zu berücksichtigen sind, aus der naheliegenden Anwendung der Lehre der D10 auf das in D2 beschriebene Verfahren.
3. Ebenso wie Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag sind auch die weiteren Ansprüche 2 bis 10 nach Hauptantrag und 2 bis 10 nach Hilfsantrag nicht gewährbar, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät).
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Baumgardt Eder Dr. Thum-Rung Hoffmann Fa
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