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IV ZR 201/22

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES IV ZR 201/22 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 27. September 2023 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2023:270923UIVZR201.22.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Karczewski, die Richterinnen Harsdorf-Gebhardt, Dr. Brockmöller, Dr. Bußmann und den Richter Dr. Bommel im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 7. August 2023 für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Mai 2022 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Beklagten zurückgewiesen worden ist.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 30. September 2021 dahingehend abgeändert, dass die Klage auch abgewiesen wird, soweit der Kläger beantragt hat,

1. die Beklagte zur Zahlung von mehr als 770,76 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu verurteilen,

2. festzustellen, dass die Erhöhung des Monatsbeitrags in der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Kranken-/Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer AK-…

im Tarif A

(7 ) für E R zum 1. Januar 2019 in Höhe von 25,83 € unwirksam ist und der Kläger nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet ist,

3. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den der Kläger auf die unter 2. genannte Prämienerhöhung gezahlt hat.

Im übrigen Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 1.500 € festgesetzt.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in einer privaten Krankenversicherung.

Der Kläger hält eine Krankenversicherung bei der Beklagten, in der ER mitversichert ist. Dem Versicherungsvertrag liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (im Folgenden: AVB) zugrunde, die folgende Regelung enthalten:

"§ 8b Beitragsanpassung Teil I

(1) Im Rahmen der vertraglichen Leistungszusage können sich die Leistungen des Versicherers z.B. wegen steigender Heilbehandlungskosten, einer häufigeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen oder aufgrund steigender Lebenserwartung ändern. Dementsprechend vergleicht der Versicherer zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten. Ergibt die Gegenüberstellung zu den Versicherungsleistungen für eine Beobachtungseinheit eines Tarifes eine Abweichung von mehr als 10 %, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst. Bei einer Abweichung von mehr als 5 % können alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepasst werden. Ergibt die Gegenüberstellung zu den Sterbewahrscheinlichkeiten für eine Beobachtungseinheit eines Tarifes eine Abweichung von mehr als 5 %, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und mit Zustimmung des Treuhänders angepasst. […]

(2) Von einer Beitragsanpassung kann abgesehen werden, wenn nach übereinstimmender Beurteilung durch den Versicherer und den Treuhänder die Veränderung der Versicherungsleistungen als vorübergehend anzusehen ist. […]" Die Beklagte teilte dem Kläger unter anderem folgende Beitragserhöhungen betreffend die mitversicherte E R mit:

- zum 1. Januar 2016 im Tarif A (7 ) um 21,41 €

- zum 1. Januar 2019 im Tarif A (7 ) um 25,83 €

Soweit für die Revision noch von Interesse, hat der Kläger mit seiner Klage die Rückzahlung der auf die genannten sowie weitere Erhöhungen entfallenden Prämienanteile in Höhe von 4.360,88 € nebst Zinsen sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte die Nutzungen, die sie aus den auf die Beitragserhöhungen gezahlten Prämienanteilen gezogen hat, herauszugeben und zu verzinsen hat. Außerdem hat er die Feststellung beantragt, dass die Beitragserhöhungen unwirksam sind und er nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet ist.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 1.080,72 € nebst Zinsen ab dem 18. November 2020 verurteilt. Weiter hat es festgestellt, dass die genannten Beitragserhöhungen bis zum 31. Dezember 2019 sowie eine weitere Beitragserhöhung für den Kläger zum 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2016 unwirksam sind. Außerdem hat es festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie vom 1. Januar 2017 bis zum 17. November 2020 aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerseite bis zum 31. Dezember 2019 auf diese Beitragserhöhungen gezahlt hat. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das landgerichtliche Urteil dahingehend abgeändert, dass auch die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Beitragserhöhung für den Kläger zum 1. Januar 2016 abgewiesen worden ist.

Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, dass die genannten Erhöhungen unwirksam seien. Da die Veränderung der Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen bei diesen Beitragsanpassungen unter dem gesetzlichen Schwellenwert von 10 % liege, wären diese nur dann wirksam, wenn sie auf der Grundlage von § 8b AVB hätten erfolgen können. Dessen Unwirksamkeit ergebe sich daraus, dass nach den gesetzlichen Vorschriften eine Beitragsanpassung nur zulässig sei, wenn die Veränderung nicht nur vorübergehender Art sei. Unabhängig davon räume § 8b Abs. 1 AVB bei einer Abweichung im Bereich zwischen "mehr als 5 %" und bis zu 10 % dem Versicherer ein Ermessen in Bezug auf die Überprüfung und Anpassung der Beiträge ein, was der geltenden gesetzlichen Regelung widerspreche und die Vertragspartner der Beklagten im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteilige. Aus der Unwirksamkeit dieser Erhöhungen folge die Verpflichtung zur Rückzahlung der darauf gezahlten Beiträge sowie zur Herausgabe der hieraus im genannten Zeitraum gezogenen Nutzungen.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die Prämienerhöhungen mit der Begründung für unwirksam gehalten, dass es für diese an einer wirksamen Prämienanpassungsklausel fehle.

1. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 22. Juni 2022 (IV ZR 253/20, VersR 2022, 1078) entschieden und im Einzelnen begründet hat, stehen die - insoweit den hier zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen vergleichbaren - Regelungen in § 8b MB/KK 2009 zu den Voraussetzungen einer Prämienanpassung einer Anwendung des niedrigeren Schwellenwertes für eine Prämienanpassung aus den Tarifbedingungen des Versicherers nicht entgegen. Zwar ist § 8b Abs. 2 MB/KK 2009, der inhaltlich § 8b Teil I Abs. 2 AVB entspricht, unwirksam, aber dies lässt die Wirksamkeit von § 8b Abs. 1 MB/KK 2009 - und ebenso von Absatz 1 der hier zugrundeliegenden Klausel - unberührt (vgl. Senatsurteil vom 22. Juni 2022 aaO Rn. 31 ff.).

2. Der Senat hat außerdem mit Urteil vom 12. Juli 2023 (IV ZR 347/22, WM 2023, 1496) entschieden und im Einzelnen begründet, dass eine Prämienanpassungsklausel, nach welcher der Versicherer die Beiträge bei einer Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen um mehr als fünf Prozent überprüfen und anpassen kann, aber nicht muss, nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers von § 203 Abs. 2 Satz 4 VVG in Verbindung mit § 155 Abs. 3 Satz 2 VAG abweicht und diesen auch nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 2023 aaO Rn. 16, 20).

3. Die demnach materiell wirksame Prämienerhöhung für E R im Tarif 7 zum 1. Januar 2019 ist auch formell wirksam. Nach den von der Revision zu Recht nicht angegriffenen landgerichtlichen Feststellungen - wenn auch in den Entscheidungsgründen des landgerichtlichen Urteils versehentlich den Tarifen des Klägers zugeordnet -, die das Berufungsgericht aufrechterhalten hat, erfüllt die Mitteilung zu den Erhöhungen zum 1. Januar 2019 die nach § 203 Abs. 5 VVG zu stellenden Anforderungen.

III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit darin die Berufung der Beklagten zurückgewiesen worden ist, und die Klage auch insoweit abzuweisen, als diese nicht die auf die Prämienanpassung zum

1. Januar 2016 für E R im Tarif 7 gestützten Ansprüche betrifft.

Diese Ansprüche umfassen neben den Feststellungsanträgen die Zahlungsverurteilung in Höhe von 770,76 € (21,41 € x 36). In diesem Umfang ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sich dieses - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht mit der Frage der formellen Rechtmäßigkeit dieser Prämienanpassung befasst hat. Das wird nachzuholen sein.

Prof. Dr. Karczewski Harsdorf-Gebhardt Dr. Brockmöller Dr. Bußmann Dr. Bommel Vorinstanzen: LG Aachen, Entscheidung vom 30.09.2021 - 9 O 337/20 OLG Köln, Entscheidung vom 13.05.2022 - 20 U 196/21 -

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Häufigkeit Paragraph
4 8 AVB
2 307 BGB
2 203 VVG
1 2009 AVB
1 155 VAG

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2 307 BGB
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