AK 53/25
BUNDESGERICHTSHOF AK 51-55/25 BESCHLUSS vom 7. August 2025 in dem Strafverfahren gegen
1. 2. 3. 4.
5.
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
ECLI:DE:BGH:2025:070825BAK51.25.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Angeschuldigten und ihrer Verteidiger am 7. August 2025 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht Düsseldorf übertragen.
Gründe:
I.
Die Angeschuldigten wurden, nachdem sie sich selbst gestellt hatten, in dieser Sache am 20. Januar 2025 festgenommen; sie befinden sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft, derzeit – die Angeschuldigte P. aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 13. Februar 2025 (1 BGs 292/25),
– die Angeschuldigte W.
aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 5. April 2024 (1 BGs 110/24) in Verbindung mit dem Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom
21. Januar 2025 (1 BGs 85/25), – die Angeschuldigte A. aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 3. April 2024 (1 BGs 108/24) in Verbindung mit dem Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom
21. Januar 2025 (1 BGs 91/25),
– der Angeschuldigte S.
aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 5. April 2024 (1 BGs 111/24) in Verbindung mit dem Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom
21. Januar 2025 (1 BGs 73/25) und – die Angeschuldigte Sch. aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 8. April 2024 (1 BGs 109/24) in Verbindung mit dem Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom
20. Januar 2025 (1 BGs 67/25).
Gegenstand der Haftbefehle ist der Vorwurf, die Angeschuldigten hätten sich in der Zeit vom 9. bis 11. Februar 2023 in B.
als Mitglieder an einer Vereinigung beteiligt, deren Zweck und Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet gewesen sei, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht seien, und durch dieselbe Handlung mit anderen Beteiligten gemeinschaftlich andere Personen mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs und einer das Leben gefährdenden Behandlung an der Gesundheit geschädigt,
der Angeschuldigte S.
in einem Fall, die Angeschuldigten W.
und A. jeweils in drei Fällen, die Angeschuldigte P. in einem Fall und dar- über hinaus in zwei weiteren Fällen hierzu anderen Hilfe geleistet, sowie die Angeschuldigte Sch. in einem Fall und darüber hinaus in einem weiteren Fall hierzu anderen Hilfe geleistet, strafbar jeweils als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung gemäß § 129 Abs. 1 in Tateinheit (§ 52 StGB)
mit gefährlicher Körperverletzung nach § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 Alternative 2, Nr. 4 und 5, § 25 Abs. 2 StGB bzw. bei den Angeschuldigten P. und Sch. darüber hinaus mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung nach § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2, Nr. 2 Alternative 2,
Nr. 4 und 5, § 27 Abs. 1 StGB, bei den Angeschuldigten P. , A. und S. jeweils in Verbindung mit § 1 Abs. 2, §§ 105 ff. JGG.
Unter dem 17. Juni 2025 hat der Generalbundesanwalt gegen die Angeschuldigten und eine weitere – am 20. März 2025 festgenommene – Mitbeschuldigte Anklage erhoben. Die Anklageschrift enthält über die Haftbefehle hinausgehende Tatvorwürfe. Allen Angeschuldigten wird tateinheitlich versuchter Mord vorgeworfen, den Angeschuldigten W.
und Sch. in zwei Fällen. Zudem werden bei den Angeschuldigten P.
und Sch.
– abweichend von den Haftbefehlen – alle Straftaten in der Anklageschrift als mittäterschaftliche Begehung gewürdigt. Hinsichtlich der Angeschuldigten A. enthält die Anklageschrift einen weiteren Fall des Diebstahls in Tateinheit mit Urkundenfälschung,
begangen am 24. März 2023 in L. .
II.
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
1. Die Angeschuldigten sind der ihnen in den Haftbefehlen angelasteten Taten dringend verdächtig.
a) Im Sinne eines dringenden Tatverdachts ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
aa) Im Februar 2023 bestand eine aus jedenfalls den Angeschuldigten P. ,
W.
,
A. ,
S. und Sch.
sowie der Mitangeschuldigten D.
und den gesondert Verfolgten T. , P. M. , Al. , T. M. , G. ,
Sa. ,
Ma. ,
An. ,
Ab. ,
E.
sowie Me. gebildete Gruppierung, deren Ziel es war, in Deutschland und anderen europäischen Staaten – insbesondere anlässlich der Veranstaltungen zum „Tag der Ehre“ in B.
– gemeinsam Gewaltstraftaten gegen Angehörige des politisch rechten Spektrums zu begehen. Die Gruppierung stand zumindest in der Kontinuität eines Personenzusammenschlusses, der sich spä- testens Anfang 2018 mit dem Schwerpunkt in L.
aus der politisch links motivierten und militant eingestellten Szene herausgebildet hatte. Die Angehörigen dieses Personenzusammenschlusses, zu denen die gesondert Verfolgten P.
M. ,
E. ,
G.
und dessen damalige Lebensgefährtin En. zählten, hatten bis Juni 2020 auf der Grundlage ihrer gemeinsamen linksextremistisch-antifaschistischen Einstellung sowie innerhalb der von ihnen gebilligten und für gerecht erachteten Militanz mit wechselnder Beteiligung wenigstens drei gewaltsame Angriffe auf Teilnehmer rechter Szeneveranstaltungen an außerhalb L. s gelegenen Bahnhöfen durchgeführt. Zudem hatten Mitglieder der Vereinigung in mindestens vier Fällen gezielt bekannte oder in der linken Szene bekanntgemachte Rechtsextremisten sowie in einem Fall situationsbedingt kurzentschlossen ein (vermeintlich) ebenfalls dem Zielspektrum entsprechendes Tatopfer angegriffen sowie durch Ausspähmaßnahmen einen weiteren solchen Angriff vorbereitet.
8 Zu einem unbekannten Zeitpunkt vor den Angriffen in B.
, spätestens aber mit Beginn der Veranstaltungen zum „Tag der Ehre“ im Februar 2023,
integrierten sich die Angeschuldigten entweder in diesen bereits bestehenden Personenzusammenschluss oder alle genannten Personen bildeten eine neue Gruppierung. Handlungsleitende Motive aller Beteiligten betreffend die Beteiligung an dieser auf gefährliche Körperverletzungen gerichteten Vereinigung waren ein militanter Antifaschismus und die Ablehnung des demokratischen Rechtsstaats, insbesondere des staatlichen Gewaltmonopols. Ziel der Angehörigen der Gruppierung war es, in Durchsetzung ihrer Überzeugungen mittels Gewalttätigkeiten gegen der rechten Szene zugehörige Personen deren politische Aktivitäten nachhaltig zu unterbinden und zugleich andere Rechtsextremisten durch die mit den Taten verbundene Signalwirkung abzuschrecken.
Insgesamt verübten Mitglieder der Gruppierung im Februar 2023 in B. mindestens fünf linksextremistisch motivierte körperliche Angriffe auf
(vermeintliche) Angehörige der rechten Szene, bei denen neun Personen nicht unerheblich, in zwei Fällen sogar lebensgefährlich verletzt wurden: Am 9. Februar 2023 überfielen die Angeschuldigte A. und ein weiterer Beteiligter zunächst am B.
er Westbahnhof im Bezirk einen ungarischen Staatsangehörigen und sodann – ebenfalls am 9. Februar 2023 – die Angeschuldigten P. , W.
und A. sowie weitere gesondert Verfolgte auf dem F.
Platz drei polnische Staatsangehörige. Am 10. Februar 2023 griffen Mitglieder der Vereinigung zur Mittagszeit auf dem Ga.
Platz im Bezirk einen ungarischen Staatsangehörigen und am Abend in der Ba. Straße im B.
er Bezirk zwei weitere ungarische Staatsangehörige an. Am 11. Februar 2023 schließlich überfielen Angehörige der Gruppierung in der Mi. Straße im Bezirk zwei deutsche Staatsangehörige.
Diese Angriffe folgten dem Muster der Überfälle, die von der um P.
M. ,
G.
und E. bestehenden Gruppierung in den Jahren 2018 bis 2020 begangen wurden und denen – bei sogenannten Szenariotrainings – eingeübte Verhaltensweisen zugrunde lagen. So erfolgten alle Angriffe in B.
stets aus einer personellen Überzahl von vermummten Angreifern heraus unter Verwendung von Pfeffer- und Gassprays. Daneben wurden – außer in einem Fall – Schlagwerkzeuge eingesetzt, mit denen die Angreifer binnen der vorab vereinbarten Angriffsdauer von etwa 30 Sekunden wiederholt auf die Geschädigten einschlugen, um diesen größtmöglichen gesundheitlichen Schaden zuzufügen. Die zeitliche Begrenzung der Angriffsdauer sollte eine rechtzeitige Flucht aller Beteiligten sicherstellen. Zur Vorgehensweise bei den Überfällen gehörte auch die Verteilung auf angriffsspezifische Rollen, wie sie ebenfalls von Überfällen aus den Jahren 2018 und 2019 bekannt ist. So gab es wenigstens einen Mittäter, der sich als „Überblicksperson“ selbst nicht unmittelbar an den körperlichen Misshandlungen beteiligte, sondern die Aufgabe innehatte, zur Hilfeleistung bereite Dritte von einem Eingreifen abzuhalten. Zugleich oblag es ihm als „Kommandogeber“, das Wirken der übrigen Angreifer zu koordinieren und nach Ablauf der vorab vereinbarten Angriffsdauer das Signal zum Rückzug zu geben.
11 In Vorbereitung der Angriffe in B.
hatten Angehörige der Tätergruppierung am 22. und 31. August 2022 über die Online-Buchungsplattform „ “ zwei Wohnungen angemietet, die während des Tatzeitraums von den Gruppenmitgliedern als Rückzugsort genutzt wurden. Zur Kommunikation untereinander verwendeten die Vereinigungsmitglieder Mobiltelefone mit SIM-Karten,
die auf nicht existente Personen registriert waren und daher nicht ohne Weiteres einem Nutzer zugeordnet werden konnten. Zudem veränderten die Angehörigen der Tätergruppierung regelmäßig zeitnah zu den Taten während der Flucht ihr Äußeres, um eine Wiedererkennung zu verhindern. Hierzu entledigten sie sich zumeist einzelner ihrer bei den Taten getragenen Kleidungsstücke.
bb) Die Angeschuldigten waren in Umsetzung des Vereinigungszwecks hochwahrscheinlich an folgenden in B.
verübten Taten beteiligt.
(1) Am Morgen des 9. Februar 2023 griffen die Angeschuldigte A.
und der gesondert Verfolgte P. M.
im B.
er Westbahnhof im Bezirk den in einem zur Abfahrt bereiten Zug stehenden ungarischen Staatsangehörigen Li. an. Dieser war durch Veröffentlichungen auf Internetseiten, die dem linksextremistischen Spektrum zuzuordnen sind, als Neonazi bekannt. Entweder deshalb oder aber aufgrund zweier Abzeichen, die er am Tattag an seiner Jacke trug, wurde er von der Angeschuldigten A.
und dem gesondert Verfolgten P. M. , die ihn im Bahnhofsgebäude beobachtet hatten, als Angehöriger der rechten Szene erkannt und als Opfer ausgewählt.
Zur unmittelbaren Ausführung des Angriffs betrat die Angeschuldigte A. um 9.25 Uhr den auf Gleis wartenden Zug mit Fahrtziel B.
und sprühte dem zwischen den Zugtüren stehenden Li.
Pfefferspray ins Gesicht. Der gesondert Verfolgte P. M.
blieb derweil in der offenen Zugtür stehen, um diese zu blockieren, der Angeschuldigten A.
den Fluchtweg freizuhalten und ihr im Falle einer etwaigen Gegenwehr zu Hilfe zu kommen. Nach der Tat verließen beide den Zug und flüchteten über den Bahnsteig.
Li. , der den bevorstehenden Angriff erkannt hatte, war es gelungen, sich wegzudrehen. Er wurde daher von dem Pfefferspray nur seitlich im Gesicht getroffen. Nach der Tat verspürte er für mehrere Stunden ein schmerzhaftes Brennen im Gesicht.
(2) Am Vormittag des 9. Februar 2023 – nur etwa eine Stunde nach dem Angriff auf den Geschädigten Li. am Westbahnhof – versammelten sich die Angeschuldigten A. , P. und W. , die Mitangeschuldigte D.
, die gesondert Verfolgten T. , P. M.
, Al. , T. M.
und G. sowie eine männliche Person, die bislang nicht identifiziert werden konnte, im Umfeld der Er. Straße im B.
er Bezirk, um gemeinsam einen weiteren Angriff auf Rechtsextremisten zu verüben.
Geschädigte dieses zweiten Angriffs waren die polnischen Staatsangehörigen R.
Bar. , J.
Bar. und Wi. , die sich als Touristen in B.
aufhielten und erst am Morgen mit dem Zug am Westbahnhof eingetroffen waren. Entweder bereits dort oder auf dem Weg zu ihrer Unterkunft in der Er. Straße fielen die Geschädigten den spä- teren Angreifern auf und wurden von diesen aufgrund ihrer Bekleidung dem rechten Spektrum zugeordnet. Die Beteiligten sahen daher in den Geschädigten potentielle Opfer und folgten ihnen bis zu ihrer Unterkunft.
Auch als die Geschädigten ihre Unterkunft gegen 11.00 Uhr wieder verließen, wurden sie von der Angeschuldigten P. und dem gesondert Verfolgten T. von der gegenüberliegenden Straßenseite beobachtet und von diesen über die Er. Straße und den C.
Platz sowie durch die B.
er Markthalle bis zum F. Platz verfolgt. Von der Markthalle aus telefonierte die Angeschuldigte P. mit einem Mobiltelefon mehrfach mit den übrigen Beteiligten und gab ihnen den Stand- und mutmaßlichen Zielort der Geschädigten durch.
Daraufhin fanden sich gegen 11.30 Uhr auch die Angeschuldigten A. und W. , die Mitangeschuldigte D.
sowie die gesondert Verfolgten P.
M.
, Al. , T. M.
und G.
sowie die noch nicht identifizierte männliche Person im nördlichen Außenbereich der Markthalle ein. Gemeinsam eilten sie sodann überfallartig auf die auf dem F. Platz vor dem dortigen Café stehenden Geschädigten zu. Als sie diese erreicht hatten,
versetzten zunächst die Mitangeschuldigte D.
und die gesondert Verfolgten P. M.
sowie G. , der einen Schlagstock verwendete,
den Geschädigten mehrere Schläge, woraufhin R.
Bar. zu Boden stürzte. Auch danach setzten jedenfalls die Mitangeschuldigte D.
und die gesondert Verfolgten Al. , T. M. , der einen Hammer bei sich trug, und G.
die Misshandlungen fort. Die Mitangeschuldigte D.
und der gesondert Verfolgte G.
schlugen – D.
mit einem bislang nicht identifizierten Schlagwerkzeug und G. Schlagstock – auf den am Boden liegenden R.
abermals mit dem Bar. ein. Die gesondert Verfolgten Al. und T. M. versetzten dem Geschädigten Bar.
mehrere Tritte. Die weiteren Angreifer, darunter die Angeschuldigte P. , sicherten derweil das Tatgeschehen gegen etwaige zur Unterstützung der Geschä- digten bereite Passanten ab. Als es dem Geschädigten Wi. gelang, zu seiner Verteidigung mit einem von ihm mitgeführten Reizgasspray in Richtung der Angreifer zu sprühen, ergriffen diese die Flucht.
R. Bar. erlitt eine Schädelprellung, Quetschungen am vierten und fünften Finger der linken Hand, Brüche des Ringfingers und des kleinen Fingers der rechten Hand sowie eine Quetschung der linken Schulter. J. Bar. und der Geschädigte Wi. trugen infolge der Schläge ebenfalls Schädelprellungen davon. Überdies erlitt die Geschädigte Bar. , der beim Versuch sich zu schützen, mehrfach auf den linken Arm geschlagen wurde, einen Bruch des linken Unterarms.
20
(3) Am 10. Februar 2023 überfielen die Angeschuldigten W.
,
A. und S.
, die Mitangeschuldigte D.
sowie vier gesondert Verfolgte auf dem Ga.
Platz im Bezirk den ungarischen Staatsangehörigen Z. Tó. .
Gegen 11.30 Uhr hielten die zuvor genannten Angeschuldigten, die anderen Personen sowie die Angeschuldigten P. und Sch. am Sz. Platz Ausschau nach potentiellen Tatopfern. Dabei fiel ihnen wegen der von ihm getragenen Militärkleidung Z. Tó. auf, der um 11.45 Uhr aus dem Linienbus ausstieg. Als dieser gegen 11.50 Uhr seine Fahrt mit dem Bus der Linie in Richtung Ga.
Platz fortsetzte, folgten ihm die Angeschuldigten W. , A.
und S.
, die Mitangeschuldigte D.
sowie die vier gesondert Verfolgten in der Erwartung, es werde sich eine geeignete Gelegenheit ergeben, ihn anzugreifen. Die Angeschuldigten P.
und Sch.
verblieben am Sz.
Platz.
22 Am Ga.
Platz angekommen, versammelten sich die Angeschuldigten und die gesondert Verfolgten zunächst auf einem Parkplatz. Währenddessen trat die Angeschuldigte A. an den Geschädigten heran und fragte ihn auf Ungarisch, ob er beabsichtige, an Veranstaltungen zum „Tag der Ehre“ teilzunehmen. Seine Antwort, dass ihm eine Teilnahme nicht möglich sei, weil er arbeiten müsse, er aber Bekannte habe, die teilnehmen wollten, wies den Geschädigten in den Augen der Angreifer mit der für sie erforderlichen Gewissheit als rechtsextrem aus. Nachdem die Angeschuldigte A. sich kurz wieder zu ihren Begleitern begeben und von seiner Antwort berichtet hatte, beschlossen sie gemeinsam endgültig, Z. Tó. körperlich anzugehen.
Zu diesem Zweck näherten sich die Angreifer dem Geschädigten, der weiterhin auf dem Ga.
Platz unterwegs war, eilig von hinten an. Z. Tó.
versah sich in diesem Moment keines Angriffs auf seine körperliche Unversehrtheit. Für den Geschädigten völlig unvermittelt versetzte ihm der Angeschuldigte S. sodann mit einem Teleskopschlagstock zunächst wenigstens vier Schläge in den Nacken- und Kopfbereich. Nachdem Z. Tó. infolgedessen taumelnd zu Boden gegangen war, schlug der Angeschuldigte S.
noch mehrfach mit dem Schlagstock auf Kopf, Rücken und Brust ein. Derweil versuchten vier gesondert Verfolgte, die Beine und Arme des Geschädigten am Boden zu fixieren, um ihn daran zu hindern, eine Schutzhaltung einzunehmen. So wollten sie dem Angeschuldigten S.
eine größere Angriffsfläche für die von ihm ausgeführten Schläge bieten. Darüber hinaus schlugen und traten drei gesondert Verfolgte auch selbst mehrfach auf den Kopf und den Körper des Geschädigten ein; die Angeschuldigte W.
schlug mit einem Kubotan dreimal gezielt auf seinen Kopf. Während der von den übrigen Angreifern ausgeführten Misshandlungen sicherten die Mitangeschuldigte D.
und die Angeschuldigte A.
das Vorgehen gegen ein etwaiges Zuhilfekommen durch Dritte ab,
indem sie die Arme ausbreiteten und sich vor die den Angriff beobachtenden Passanten stellten. Der Angeschuldigten A. kam zudem, wie zuvor abgesprochen, die Funktion der „Kommandogeberin“ zu, die durch Klatschen mit den Händen das Ende des Angriffs signalisierte. Unmittelbar nach ihrem Kommando sprühte die Mitangeschuldigte D.
Pfefferspray in das Gesicht des Geschädigten. Im Anschluss rannten die Angreifer los und kümmerten sich nicht weiter um ihr erkennbar stark blutend am Boden liegendes Opfer.
Der Geschädigte Tó. erlitt mehrfache Schädelprellungen, Prellungen am rechten Brustkorb, neben der Wirbelsäule und am rechten Knie sowie mehrere Kopfplatzwunden, die genäht werden mussten. Solche Folgen hatten die Angreifer beabsichtigt. Aufgrund des massiven Einwirkens insbesondere auf den Kopf bestand darüber hinaus die reale Gefahr, dass Z. Tó. bei dem Angriff noch schwerere, eventuell sogar tödliche Verletzungen hätte erleiden können. Die diese Gefahr begründenden Umstände erkannten die Angreifer.
(4) Am späten Abend des 10. Februar 2023 griffen die Angeschuldigten W. und Sch. sowie die gesondert Verfolgten T. , P. M. und Al. in der Ba. Straße im B.
er Bezirk die ungarischen Staatsangehörigen Du. und Fá. an.
Die Angeschuldigten W. und Sch. sowie die drei gesondert Verfolgten trafen sich zunächst gegen 22.15 Uhr im Restaurant „ “ in der O.
Straße mit den gesondert Verfolgten G.
,
Ab. ,
Sa. ,
Ma. ,
An. und einer weiteren weiblichen Person. Die anwesenden Angehörigen der Tätergruppierung gingen davon aus, dass zu dieser Zeit in der Stadt noch Teilnehmer der Veranstaltungen zum „Tag der Ehre“
unterwegs waren, die für sie lohnenswerte Angriffsziele darstellen könnten. Vom Restaurant aus wollten sie – aufgeteilt in zwei Gruppen – losgehen, nach solchen Personen Ausschau halten und diese bei passender Gelegenheit entsprechend ihrer gemeinsamen Zielsetzung körperlich angreifen. Gegen 22.50 Uhr brachen die Angeschuldigten W.
und Sch. sowie die gesondert Verfolgten T. ,
P. M.
und Al. vom Restaurant „ “ auf und begaben sich zum nur wenige Hundert Meter entfernten Ge. Platz. Dort bestiegen sie um
23.14 Uhr den Bus der Linie in Fahrtrichtung „As. “. In diesem hielten sich bereits Du. und Fá. auf, die sich auf dem Nachhauseweg von einem Konzert unter anderem der Schweizer Sängerin „
“ im
„
“ Pub in der Bé. Straße befanden und um 23.11 Uhr am Zs. Platz zugestiegen waren.
27 Aufgrund der von Du. getragenen Bekleidung, insbesondere aufgrund eines großen SS-Zeichens im linken Brustbereich seiner Jacke, wurden die Geschädigten von den Angeschuldigten W.
und Sch. sowie den drei gesondert Verfolgten der rechten Szene zugeordnet und als Opfer ausgewählt.
28 Nach stillschweigender Übereinkunft, dass Du. und Fá. geeignete Opfer wären, folgten ihnen die Angeschuldigten W.
und Sch. sowie die drei gesondert Verfolgten zunächst gegen 23.25 Uhr beim Umsteigen an der Haltestelle „As. “ in den ab hier genutzten Metro-Ersatzbus.
Schließlich stiegen alle an der Haltestelle „Ar.
Straße“ aus. Von der Haltestelle aus verfolgten die späteren Angreifer die Geschädigten von diesen unbemerkt zu Fuß über die Baj.
Straße weiter in die Ba. Straße.
Dort stürmten sie gegen 23.30 Uhr von hinten auf die Geschädigten, die sich keines Angriffs auf ihre körperliche Unversehrtheit versahen, zu und besprühten sie mit einer unbekannten Substanz.
Du. schlugen die Angreifer mit einem gezielten, gegen den Kopf geführten Schlag nieder, woraufhin er zu Boden ging und bewusstlos auf dem Gehsteig liegen blieb. Dennoch wirkten die Angreifer mit einem bislang nicht identifizierten Schlagwerkzeug durch weitere Schläge auf seinen Kopf und seinen gesamten Körper weiter ein. Auch Fá. , die aufgrund der Sprühstöße vorübergehend nichts mehr sehen konnte, versetzten sie mehrere Schläge.
Der Geschädigte Du. erlitt multiple Gesichts- und Schädelfrakturen. Die Geschädigte Fá. trug mehrere leichte Prellungen davon.
(5) Kurz nach Mitternacht des 11. Februar 2023 verübten sechs gesondert Verfolgte in der Mi. Straße im Bezirk einen Angriff auf die deutschen Staatsangehörigen Fi. und Br. .
Die am 10. Februar 2023 gegen 22.15 Uhr im Restaurant „ “ anwesenden Angehörigen der Tätergruppierung sowie die Angeschuldigte P. gingen davon aus, dass zu dieser Zeit in der Stadt noch Teilnehmer der Veranstaltungen zum „Tag der Ehre“ unterwegs waren, die für sie lohnenswerte Angriffsziele darstellen könnten. Vom Restaurant aus wollten sie – aufgeteilt in zwei Gruppen – losgehen, nach solchen Personen Ausschau halten und diese bei passender Gelegenheit entsprechend ihrer gemeinsamen Zielsetzung körperlich angreifen.
32 Fi. und Br. , die aus Anlass der Veranstaltungen zum „Tag der Ehre“ nach B.
gekommen waren und sich auf dem Heimweg von dem Konzert unter anderem der Schweizer Sängerin „
“ befanden, waren nach dem Ende des Konzerts um 00.01 Uhr am nur wenige Hundert Meter entfernten Zs. Platz in eine Straßenbahn eingestiegen. Zu dieser Zeit wurden beide von der Angeschuldigten P.
und einer bislang unbekannten männlichen Person beobachtet. Die Angeschuldigte P. informierte die sechs gesondert Verfolgten über das Betreten der Stra- ßenbahn durch die später Geschädigten. Aufgrund der Information der Angeschuldigten P. stiegen die späteren Angreifer um 00.05 Uhr am Ge.
Platz in dieselbe Straßenbahn. Aufgrund der vom Geschädigten Fi. genen Jacke der in rechtsextremen Kreisen populären Marke „
getra“ wurden die Geschädigten dem rechten Spektrum zugeordnet und deshalb als Opfer auserkoren.
Um eine günstige Gelegenheit für einen Angriff abzupassen, beobachteten die gesondert Verfolgten die Geschädigten Fi. und Br.
zunächst in der Straßenbahn. Anschließend folgten sie Fi. und Br.
, als diese die Bahn in der Mi. Straße verließen und zu Fuß in Richtung ihrer Unterkunft weitergingen. Als die Geschädigten ihre Unterkunft erreicht hatten und Br.
den Zugangscode zur Haustür eingeben wollte, rief schließlich eine der weiblichen Angreiferinnen „Go!“ und gab damit das Kommando zum Angriff. Daraufhin rannten die Angreifer auf die Geschädigten zu,
schlugen mit Schlagwerkzeugen, darunter mehrere Schlagstöcke sowie ein kleiner Hammer, auf sie ein und versetzten ihnen vereinzelte Tritte. Der Geschädigte Fi. wurde – überwiegend am Kopf – von wenigstens 15 Schlägen getroffen.
Die Geschädigte Br.
, die aufgrund der Einwirkung zu Boden ging, erhielt eine unbekannte Anzahl an Schlägen. Auf den Ausruf „Stopp“ oder „Schluss“ der
„Kommandogeberin“ stellten die Angreifer die Schläge ein und besprühten die Geschädigten abschließend mit Pfefferspray. Dann flüchteten sie.
Fi. erlitt bei dem Angriff multiple Kopfplatzwunden, die genäht werden mussten, sowie Prellungen und Hämatome im Kopf- und Gesichtsbereich.
Br. trug bei dem Angriff eine behandlungsbedürftige Kopfplatzwunde, multiple Prellungen am Körper sowie Reizungen der Schleimhäute und Augen davon. Solche Folgen hatten die Angreifer beabsichtigt. Aufgrund des massiven Einwirkens insbesondere auf den Kopf der Geschädigten bestand dar- über hinaus die reale Gefahr, dass diese bei dem Angriff noch schwerere, eventuell sogar tödliche Verletzungen hätte erleiden können. Die diese Gefahr begründenden Umstände erkannten die Angreifer.
b) Die Angeschuldigten haben sich zu den Tatvorwürfen bislang nicht eingelassen. Der dringende Tatverdacht (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) hinsichtlich der ihnen zur Last gelegten Taten beruht auf Folgendem:
aa) Die Abläufe der Angriffe und ihre Folgen sind den jeweiligen polizeilichen Ermittlungen zu entnehmen und werden insbesondere belegt durch Zeugenaussagen, Arztberichte und Gutachten sowie die Auswertung von Videoaufnahmen und Asservaten.
bb) Belege für die Mitwirkung der Angeschuldigten an den Angriffen und die darin liegenden Beteiligungshandlungen an der kriminellen Vereinigung ergeben sich aus den Erkenntnissen zu den Einzelvorgängen, insbesondere aus der Identifizierung der Angeschuldigten und der ganz überwiegenden Zahl der weiter beteiligten Personen anhand von Vergleichen verschiedener Videoaufnahmen. Diese zeigen die Angeschuldigten als Bestandteile einer Teilgruppe jeweils bei der planvollen Beobachtung und Verfolgung der später Geschädigten sowie bei der Tatausführung.
cc) Dafür, dass sich die Angeschuldigten durch ihre Mitwirkung an den Angriffen auf die Geschädigten zugleich mitgliedschaftlich an einem längerfristig organisierten Personenzusammenschluss beteiligten, spricht mit hohem Gewicht deren serielle Ausführung unter gleichartigen Bedingungen und unter Beteiligung überwiegend derselben Personen. Hinzu kommt die bereits Monate zuvor organisierte Anmietung der als Operationsbasis dienenden Wohnungen.
dd) Wegen der weiteren Einzelheiten der den dringenden Tatverdacht begründenden Umstände wird auf die Haftbefehle des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs und die Anklageschrift des Generalbundesanwalts vom 17. Juni 2025 (S. 40 bis 144) sowie die dort jeweils angeführten Nachweise aus der Sachakte Bezug genommen.
c) Das dargelegte Verhalten der Angeschuldigten begründet in rechtlicher Hinsicht den dringenden Tatverdacht jedenfalls der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in einer entsprechenden Anzahl von Fällen (§ 129 Abs. 1, § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 Alternative 2, Nr. 4 und 5, § 25 Abs. 2, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 1 StGB). Im Einzelnen ist der hier im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO zugrunde zu legende Sachverhalt wie folgt zu würdigen:
aa) Dass die unmittelbar Beteiligten in fünf Fällen zum Nachteil der Geschädigten täterschaftliche gefährliche Körperverletzungen nach § 224 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 Alternative 2, Nr. 4 und 5 StGB verübten, bedarf keiner näheren Ausführungen (zum Verhältnis von Nr. 1 und Nr. 2 vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2024 – 5 StR 382/24, NJW 2024, 3735 Rn. 20 ff.).
Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich – wie hier – auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 28. April 2020 – 3 StR 85/20, juris Rn. 4 mwN).
Hieran gemessen handelten die Angeschuldigten als Mittäter. Sie beteiligten sich nach der derzeitigen Beweislage jeweils an dem konkreten Angriffsgeschehen und damit bei der unmittelbaren Tatausführung in Übereinstimmung mit den und als Ergänzung der Tatbeiträge der weiteren Beteiligten. Für die Frage der Haftfortdauer kann offen bleiben, ob die Angeschuldigten P. und Sch. auch in den Fällen II. 1. a) bb) (3) und II. 1. a) bb) (5) – wovon die Anklageschrift ausgeht – als Mittäter oder lediglich – gemäß dem Haftbefehl – als Gehilfen einzustufen sind.
bb) Die spätestens seit Februar 2023 existierende Vereinigung erfüllt die Begriffsmerkmale des § 129 Abs. 2 StGB.
Die Annahme mitgliedschaftlicher Beteiligung setzt eine gewisse formale Eingliederung des Täters in die Gruppierung voraus. Sie kommt nur in Betracht, wenn der Täter die Vereinigung von innen und nicht lediglich von außen her fördert. Insoweit bedarf es zwar keiner förmlichen Beitrittserklärung oder einer förmlichen Mitgliedschaft. Notwendig ist aber, dass der Täter eine Stellung innerhalb des Zusammenschlusses einnimmt, die ihn als zum Kreis der Mitglieder gehörend kennzeichnet und von den Nichtmitgliedern unterscheidbar macht. Dafür reicht allein eine Tätigkeit für die Vereinigung, mag sie auch besonders intensiv sein, nicht aus; denn ein Außenstehender wird nicht allein durch eine Förderung der Vereinigung zu deren Mitglied. Die Mitgliedschaft setzt ihrer Natur nach eine Beziehung voraus, die einer Vereinigung nicht aufgedrängt werden kann, sondern ihre Zustimmung erfordert. Ein auf lediglich einseitigem Willensentschluss beruhendes Unterordnen und Tätigwerden genügt nicht, selbst wenn der Betreffende bestrebt ist, die Vereinigung und ihre kriminellen Ziele zu fördern (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 17. April 2024 – AK 39/24, juris Rn. 37; vom 23. Januar 2024 – AK 108/23, NStZ-RR 2024, 111, 112; vom 18. Oktober 2022 – AK 33/22, juris Rn. 33; vom 21. April 2022 – AK 18/22, juris Rn. 5).
Diese Anforderungen sind bei den Angeschuldigten erfüllt. Über den Umstand hinaus, dass sie ungehinderten Zugang zu den als Operationsbasis dienenden Wohnungen hatten, erbrachten sie bei den Angriffen auch denjenigen anderer Tatbeteiligter gleichrangige Tatbeiträge. Sie beteiligten sich bei den Angriffen im Zusammenwirken mit den weiteren ihr Handeln billigenden Mitgliedern der Gruppierung in der oben im Einzelnen dargelegten Weise.
cc) Ob darüber hinaus dringender Tatverdacht hinsichtlich weiterer Delikte besteht, insbesondere eines oder zweier Mordversuche, und inwieweit dies gegebenenfalls Auswirkungen auf die Qualifikation der Vereinigung haben könnte, ist für die Frage der Haftfortdauer ohne Bedeutung. Gleiches gilt für die konkurrenzrechtliche Beurteilung im Einzelnen (vgl. BGH, Urteile vom 19. März 2025 – 3 StR 173/24, juris Rn. 67 ff.; vom 14. November 2024 – 3 StR 189/24, NJW 2025, 456 Rn. 11 ff.).
2. Deutsches Strafrecht ist gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB anwendbar. Denn die Angeschuldigten sind deutsche Staatsangehörige und halten sich in der Bundesrepublik auf. Die Taten sind auch in Ungarn mit Strafe bedroht.
3. Die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof ergibt sich aus § 142a Abs. 1 Satz 1, § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 3, § 74a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 GVG in Verbindung mit § 129 Abs. 1 StGB. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in den Haftbefehlen des Ermittlungsrichters Bezug genommen.
4. Bei den Angeschuldigten besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO).
Die Angeschuldigten haben im Fall der Verurteilung wegen der ihnen vorgeworfenen – hohes Gewaltpotential aufweisenden – Taten mit der Verhängung einer erheblichen, nicht mehr zur Bewährung auszusetzenden Gesamtfreiheitsstrafe zu rechnen. Dem sich aus der hohen Straferwartung ergebenden starken Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthemmenden Umstände gegenüber.
Die Angeschuldigten hatten ihre bisherigen Wohnungen aufgegeben und waren bis Januar 2025 unbekannten Aufenthalts. Während dieser Zeit hielten sie sich in Kenntnis der gegen sie laufenden Ermittlungen bewusst vor den Ermittlungsbehörden verborgen. Trotz der Selbststellung im Januar 2025 ist es überwiegend wahrscheinlich, dass sie sich der Strafverfolgung künftig entziehen werden, zumal mit der nunmehr erhobenen Anklage des Generalbundesanwalts über die den Haftbefehlen zugrundeliegenden Tatvorwürfe hinaus hinsichtlich aller Angeschuldigten auch der Vorwurf des versuchten Mordes, hinsichtlich der Angeschuldigten W.
und Scha. in zwei Fällen, erhoben worden ist. Die Angeschuldigten verfügen über Fähigkeiten und Ressourcen, sich über Monate einem erheblichen Fahndungsdruck zu entziehen und sich zugleich mit Mitbeschuldigten derart vernetzt zu halten, dass eine gemeinsame Selbststellung an verschiedenen Orten im Bundesgebiet möglich war. Die Art und Weise der Selbststellungen lässt zudem den Schluss zu, dass diese Ergebnis und Ausdruck einer überindividuellen Willensbildung waren. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass die Angeschuldigten sich auch in Zukunft einem überindividuellen Willensbildungsprozess anschließen werden. Sollten sich die möglicherweise mit der Selbststellung verbundenen Erwartungen nicht erfüllen, liegt es nahe, dass eine solche gemeinsame Willensbildung dahin gehen kann, sich der Strafverfolgung gerade zu entziehen. Dies begründet eine Fluchtgefahr, der keine genügenden fluchthemmenden Gründe entgegenstehen. Etwaige familiäre Bindungen haben die Angeschuldigten auch in der Vergangenheit nicht davon abgehalten, über einen langen Zeitraum unterzutauchen. Die Angeschuldigten sind nach dem Anklagevorwurf und dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen Angehörige einer international verflochtenen Szene gewaltbereiter Linksextremer, die sie bei ihrer Flucht oder ihrem Untertauchen unterstützen könnten. Ein solches Netzwerk von Sympathisanten und Gleichgesinnten, die im Falle einer Flucht oder des Untertauchens logistische und finanzielle Unterstützung leisten würden, begründet einen weiteren Fluchtanreiz.
Eine Außervollzugsetzung der Haftbefehle (§ 116 Abs. 1 StPO) ist nicht erfolgversprechend. Unter den gegebenen Umständen kann der in der Verfahrenssicherung liegende Zweck der Untersuchungshaft nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als ihren Vollzug erreicht werden.
5. Die Voraussetzungen des § 121 Abs. 1 StPO für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor. Der besondere Umfang der Ermittlungen sowie deren besondere Schwierigkeit haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft. Die Akte umfasst gegenwärtig 213 Stehordner. Zudem handelt es sich um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt mit einer Mehrzahl von Taten und einer Vielzahl von Beteiligten. Überdies ist eine große Anzahl von Videodateien auszuwerten gewesen. Wie sich aus dem Beweismittelverzeichnis zur Anklageschrift ergibt, sind auch nach der Festnahme der Angeschuldigten im Januar 2025 weitere Ermittlungshandlungen und Auswertungen vorgenommen worden. Vor diesem Hintergrund ist das Ermittlungsverfahren mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden. Die Anklage ist am 25. Juni 2025 bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangen. Der Vorsitzende des mit der Sache befassten Staatsschutzsenats hat am selben Tag die Zustellung der Anklageschrift an die Angeschuldigten und deren Verteidiger verfügt und eine Erklärungsfrist gemäß § 201 Abs. 1 Satz 1 StPO von sechs Wochen ab Zustellung der Anklage bestimmt. Nach Ablauf der Stellungnahmefrist soll baldmöglichst über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden werden.
6. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht für keinen der Angeschuldigten derzeit außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Berg Hohoff Kreicker