X ZR 112/22
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES X ZR 112/22 URTEIL in der Patentnichtigkeitssache Verkündet am: 10. Oktober 2024 Wieseler Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2024:101024UXZR112.22.0 Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2024 durch den Richter Dr. Deichfuß, die Richterin Dr. Rombach, die Richter Dr. Rensen und Dr. Crummenerl sowie die Richterin Dr. von Pückler für Recht erkannt:
Die Berufungen gegen das Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 1. Juni 2022 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 527 018 (Streitpatents), das am 26. Juni 2003 unter Inanspruchnahme einer französischen Priorität vom 26. Juni 2002 angemeldet worden ist und eine Zusammensetzung auf Basis von Zirkoniumoxid und Oxiden des Cers, Lanthans und anderer Seltenerdmetalle betrifft.
Patentanspruch 1, auf den neun weitere Ansprüche zurückbezogen sind, hat nach Durchführung eines Einspruchsverfahrens folgende Fassung erhalten:
Composition à base d’oxyde de zirconium comprenant de l’oxyde de cérium dans un rapport atomique Zr/Ce > 1, et comprenant en outre de l’oxyde de lanthane et un oxyde d’une terre rare autre que le cérium et le lanthane, caractérisée en ce qu’elle présente une teneur en soufre inférieure à 200 ppm, cette teneur étant exprimée en poids de sulfate (SO4) par rapport à l’énsemble de la composition, en ce qu’après calcination 6 heures à 1150°C, elle possède une surface spécifique comprise entre 10 m2/g et 15 m2/g, et en ce qu’après calcination 6 heures à 1000°C, elle possède une surface spécifique d’au moins 40 m2/g.
Die Klägerin, die aus dem Streitpatent in Anspruch genommen wird, hat dieses im Umfang der Ansprüche 1 bis 10 sowie 16 und 17 angegriffen und geltend gemacht, der angegriffene Gegenstand sei nicht patentfähig und nicht so offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen könne. Die Beklagte hat das Streitpatent mit dem Hauptantrag in der im Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen Fassung sowie hilfsweise in fünf geänderten Fassungen verteidigt.
Das Patentgericht hat das Streitpatent im beantragten Umfang für nichtig erklärt, soweit sein Gegenstand über die mit dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 2 verteidigte Fassung hinausgeht, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dagegen wenden sich beide Parteien mit der Berufung. Die Klägerin strebt weiterhin die Nichtigerklärung des Streitpatents im angegriffenen Umfang an. Die Beklagte verteidigt das Streitpatent mit ihren erstinstanzlichen Anträgen sowie einem weiteren Hilfsantrag.
Entscheidungsgründe:
Beide zulässigen Berufungen bleiben in der Sache ohne Erfolg.
I. Das Streitpatent betrifft eine Zusammensetzung auf Basis von Zirkoniumoxid und Oxiden des Cers, Lanthans und anderer Seltenerdmetalle sowie ein entsprechendes Herstellungsverfahren.
1. Die Streitpatentschrift geht von sogenannten Dreiwege-Katalysatoren aus, die in der Lage sind, die Oxidation von Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffen sowie die Reduktion von Stickstoffoxiden auszuführen.
Zirkoniumoxid und Ceroxid erwiesen sich dabei als zwei besonders wichtige und interessante Katalysatorenbestandteile. Um wirksam zu sein, müssten die Katalysatoren auch bei hohen Temperaturen eine bedeutende spezifische Oberfläche aufweisen. Demgemäß bestehe ein Bedarf an Katalysatoren, die bei immer höheren Temperaturen einsetzbar seien und eine große Stabilität ihrer spezifischen Oberfläche aufwiesen.
2. Vor diesem Hintergrund hat das Patentgericht das technische Problem (die Aufgabe) zutreffend dahin beschrieben, eine Zusammensetzung auf Basis von Zirkoniumoxid und Ceroxid für Dreiwege-Katalysatoren bereitzustellen, die eine große und stabile spezifische Oberfläche bei Verwendung in einer Hochtemperaturumgebung beibehält.
3. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung eine Zusammensetzung vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:
1 Composition á base d'oxyde de Zusammensetzung auf Basis von zirconium comprenant de l’oxyde Zirkoniumoxid, die Ceroxid in einem de cérium dans un rapport Zr/Ce-Atomverhältnis >1 umfasst atomique Zr/Ce > 1,
et comprenant en outre de l'oxyde und außerdem Lanthanoxid und ein de lanthane et un oxyde d'un terre Oxid eines Seltenerdmetalls, das rare autre que le cerium et le von Cer und Lanthan verschieden lanthane,
ist, umfasst.
caractérisé en ce qu'elle présente Die Zusammensetzung weist einen une teneuer en soufre inférieure á Schwefelgehalt von weniger als ppm, cette teneur étant 200 ppm auf, wobei dieser Gehalt exprimée en poids de sulfate (SO4) als Gewicht von Sulfat (SO4), bezopar rapport á l'ensemble de la gen auf die Gesamtzusammensetcomposition,
zung, ausgedrückt ist.
en ce qu'après calcination 6 heures Die Zusammensetzung weist nach
á 1150°C, elle possède une surface 6 Stunden Kalzinierung bei 1150°C spécifique comprise 10 m2/g et eine spezifische Oberfläche von zwi- m2/g,
schen 10 m2/g und 15 m2/g auf.
et en ce qu'après calcination 6 Die Zusammensetzung weist nach heures á 1000°C, elle possède une 6 Stunden Kalzinierung bei 1000°C surface spécifique d'au moins eine spezifische Oberfläche von m2/g.
mindestens 40 m2/g auf.
4. Der Anspruch bedarf näherer Erläuterung:
a) Die Merkmale 1 bis 3 geben die stoffliche Basis der Zusammensetzung vor.
Da das Zr/Ce-Atomverhältnis größer 1 ist, weist die Zusammensetzung mehr Zirkoniumatome als Ceratome auf.
Mit einem Schwefelgehalt von weniger als 200 ppm von Sulfat (SO4) bezogen auf die Zusammensetzung insgesamt ist die Zusammensetzung praktisch schwefelfrei (Abs. 20).
Weitere Vorgaben hinsichtlich der Mengen, in denen die vier Oxide sich in der Zusammensetzung befinden, sind Patentanspruch 1 nicht zu entnehmen.
Die Beschreibung enthält insoweit Angaben zu Anteilen der vier Oxide, die als bevorzugt bzw. besonders bevorzugt beschrieben werden (Abs. 19), doch hat dies im Anspruch keinen Niederschlag gefunden.
Bei dem einzigen Ausführungsbeispiel liegen die Gewichtsanteile jeweils in den in der Beschreibung als besonders bevorzugt genannten Bereichen und betragen für Zirkoniumoxid 73,5 %, für Ceroxid 20 %, für Lanthanoxid 2,5 % und für Neodymoxid 4 % (Abs. 48).
b) Die Merkmale 4 und 5 enthalten keine Vorgaben für den Herstellungsprozess, sondern beinhalten Anforderungen an die Materialeigenschaften der Zusammensetzung. Maßgeblich ist insoweit, welche spezifische Oberfläche die Zusammensetzung in Abhängigkeit von einer bestimmten Kalzinierungstemperatur und -dauer aufweist.
aa) Die sich nach den Merkmalen 4 und 5 bei einer Temperatur von 1150°C und von 1000°C ergebenden Werte der spezifischen Oberfläche bewertet das Streitpatent als besonders hoch (Abs. 7) und beurteilt sie für den vorgesehenen Einsatzzweck als besonders geeignet.
bb) Bei höherer Temperatur und gleicher Kalzinierungsdauer liegt mit dem Wertebereich von 10 m2/g bis 15 m2/g eine geringere spezifische Oberfläche vor als bei der niedrigeren Temperatur mit dem Mindestwertebereich von 40 m2/g. Dass die spezifische Oberfläche tendenziell mit steigender Kalzinierungstemperatur abnimmt, ist auch den Ausführungen in der Patentbeschreibung zu anderen Temperaturen bei einer Kalzinierungsdauer von ebenfalls 6 Stunden zu entnehmen (Abs. 15-16: 3m2/g bei 1200°C, mindestens 50, 70 oder 75 m2/g bei 900°C, mindestens 20 m2/g bei 1100°C). Ein entsprechender Trend ergibt sich ferner aus dem einzigen Beispiel, das ein Zr/Ce/La/Nd-Mischoxid betrifft, welches eine spezifische Oberfläche nach 4 Stunden Kalzinierung bei 900°C von 77 m2/g, nach 10 Stunden Kalzinierung bei 1000°C von 55 m2/g, nach 10 Stunden Kalzinierung bei 1100°C von 23 m2/g, nach 10 Stunden Kalzinierung bei 1150°C von 16m2/g und nach 10 Stunden Kalzinierung bei 1200°C von 3,5 m2/g aufweist (Abs. 55).
cc) Im Gegensatz zu Merkmal 4 gibt Merkmal 5 einen nach oben offenen Wertebereich an. So fallen auch deutlich höhere spezifische Oberflächenwerte als 40 m2/g wie etwa 60 oder 70 m2/g unter Patentanspruch 1.
Dass nach Merkmal 4 die spezifische Oberfläche bei gleicher Dauer der Kalzinierung, jedoch bei der höheren Temperatur von 1150°C auf einen bestimmten Wertebereich eingeschränkt ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Das Patentgericht hat unbeanstandet von der Berufung festgestellt, aus dem allgemein bekannten Trend der Abnahme der spezifischen Oberfläche mit steigender Kalzinierungstemperatur könne der Fachmann keine mathematische Korrelation entnehmen, aus der sich eine implizite Obergrenze für die spezifische Oberfläche nach Merkmal 5 ausgehend von dem festgelegten Bereich der spezifischen Oberfläche gemäß Merkmal 4 berechnen lässt.
5. Für den auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentanspruch 16 ergibt sich kein abweichendes Verständnis. Daraus, dass das beanspruchte katalytische System die Zusammensetzung nach Anspruch 1 umfasst, ergibt sich unmittelbar, dass die Zusammensetzung den Anforderungen des Anspruchs 1 genügen muss.
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung, soweit im Berufungsrechtszug noch von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag sei nicht über den gesamten beanspruchten Bereich ausführbar offenbart. Aus Merkmal 4 ergebe sich keine implizite Obergrenze für die spezifische Oberfläche nach Merkmal 5. Das Streitpatent enthalte auch keine Angaben dazu, welche Maßnahmen der Fachmann ergreifen müsse, um Mischoxide nach den weiteren Merkmalen des Anspruchs bereitzustellen, die nach Kalzinierung bei 1000°C über 6 Stunden eine Oberfläche von 70 m²/g oder mehr aufwiesen.
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 1 gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldeunterlagen hinaus.
Eine Zusammensetzung, die neben den Vorgaben des Merkmals 5 nach 10 Stunden Kalzinierung bei 1000°C eine spezifische Oberfläche von nicht mehr als 55 m2/g aufweise und bei der diese Oberfläche bei einer Kalzinierung bei 1150°C zugleich in dem in Merkmal 4 genannten Bereich liege, sei nicht ursprünglich offenbart.
Die Verteidigung des Patents in der Fassung von Hilfsantrag 2 sei dagegen zulässig. Dem stehe nicht entgegen, dass der in den Merkmalen 4 und 5' jeweils größere Wert in der ursprünglichen Anmeldung nicht als Obergrenze, sondern als Untergrenze für eine bevorzugte Ausführungsform angegeben werde. Die beschriebene Zusammensetzung sei auch so offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Zwar liege der Wert für eine Kalzinierung über 6 Stunden bei 1150°C für die Zusammensetzung nach dem einzigen Ausführungsbeispiel oberhalb des in Merkmal 4 angegebenen Bereichs. Dem Fachmann sei jedoch aufgrund seines allgemeinen Fachwissens, das etwa durch die US-amerikanische Patentschrift 6 214 306 (K11) belegt sei, bekannt, dass eine Verringerung des Anteils an Lanthanoxid zu einer geringeren spezifischen Oberfläche führe, und entnehme damit der Patentschrift einen gangbaren Weg, um zu einer Zusammensetzung zu gelangen, die die Merkmale 4 und 5' verwirkliche.
Die so beschriebene Zusammensetzung sei neu, werde insbesondere durch die internationale Patentanmeldung 2004/085314 (K7), das chinesische Patent 1387944 (K17) oder die japanische Patentschrift Hei-11-292539 (K18) nicht vorweggenommen.
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2 sei zudem durch den Stand der Technik nicht nahelegt.
III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsrechtszug stand.
1. Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
a) Das Patentgericht hat mit Recht entschieden, dass die Erfindung in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 nicht so offenbart ist, dass ein Fachmann sie im Hinblick auf den nach oben offenen Bereich für die spezifische Oberfläche bei einer Kalzinierung über 6 Stunden bei 1000°C ausführen kann.
aa) Ein nur in einer Richtung begrenzter Wertebereich, wie er hier mit Merkmal 5 beansprucht wird, kann nach der Rechtsprechung des Senats ausführbar offenbart sein, wenn sich die Erfindung nicht in der Eröffnung eines bestimmten Bereichs erschöpft, sondern eine darüber hinausgehende, verallgemeinerbare Lehre aufzeigt, die es dem Fachmann erstmals ermöglicht, nach weiteren Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen und den im Patent konkret aufgezeigten Höchstwert zu übertreffen (BGH, Urteile vom 12. März 2019 - X ZR 32/17, GRUR 2019, 713 Rn. 46 - Cer-Zirkonium-Mischoxid I; - X ZR 34/17, GRUR 2019, 718 Rn. 26 - Cer-Zirkonium-Mischoxid II).
bb) Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Patentgericht zu Recht verneint.
(1) Im Ausgangspunkt zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass sich die technische Lehre von Patentanspruch 1 nicht in dem Aufzeigen des nach oben offenen Wertebereichs für die spezifische Oberfläche nach sechsstündiger Kalzinierung bei 1000°C erschöpft, sondern auch durch eine besondere spezifische Oberfläche nach Kalzinierung bei hohen Temperaturen geprägt wird, wie es gemäß Merkmal 4 bei 1150°C für einen bestimmten Wertebereich beansprucht ist. Es kann auch zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass es bei deutlich höheren Temperaturen als 1000°C eine besondere Herausforderung darstellte, eine Zusammensetzung zu finden, die noch eine relativ hohe spezifische Oberfläche aufweist.
(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten bildet dies jedoch keinen hinreichenden Ausgangspunkt im Sinne der oben genannten Rechtsprechung. Die Beklagte zeigt nicht auf, dass über das allgemeine Bestreben nach einer hohen spezifischen Oberfläche hinaus gerade mit den Vorgaben des Merkmals 4 eine verallgemeinerbare Lehre verbunden sein soll, die es ermöglicht, nach weiteren Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen, um den in Merkmal 5 angegebenen Mindestwert von 40 m2/g oder den vom Streitpatent als besonders bevorzugt genannten Wert von mindestens 55 m2/g (Abs. 15) im Temperaturbereich von
1000°C zu übertreffen. Danach ist nicht ersichtlich, welchen Beitrag die beanspruchte Lehre zum Stand der Technik leistet, ausgehend von welchem eine Weiterentwicklung gegebenenfalls als abhängige Erfindung bewertet werden könnte.
(3) Ein abweichendes Ergebnis ergibt sich auch dann nicht, wenn angenommen wird, dass die Einhaltung des Wertebereichs bei 1150°C gemäß Merkmal 4 die Möglichkeiten begrenzt, den Mindestwert von 40 m2/g bei 1000°C gemäß Merkmal 5 zu übertreffen. Ein einseitig offener Bereich ist nicht schon dann ausführbar offenbart, wenn der beanspruchte Bereich durch Parameter bestimmt wird, die in ihren Wirkungen gegenläufig sind und einer weiteren Verbesserung Grenzen setzen (BGH, Urteil vom 12. März 2019 - X ZR 34/17, GRUR 2019, 718 Rn. 27 - Cer-Zirkonium-Mischoxid II). Geht man vom Fehlen einer gegenläufigen Wirkung aus, ist für einen nicht näher bestimmbaren begrenzenden Faktor keine andere Beurteilung gerechtfertigt.
(4) Der Auffassung der Beschwerdekammer 3.3.05 des Europäischen Patentamts, wonach sich aus Merkmal 4 implizit eine Obergrenze für Merkmal 5 ergibt (T 113/19, unter 2.1 der Gründe, LK-2), tritt der Senat nicht bei.
Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Patentgerichts ist dem Fachmann bekannt, dass die spezifische Oberfläche mit steigender Kalzinierungstemperatur tendenziell abnimmt. Wie bereits ausgeführt wurde, ergibt sich jedoch weder aus dem Streitpatent noch aus dem allgemeinen Fachwissen eine konkrete technisch-mathematische Korrelation zwischen den spezifischen Oberflächen, die solche Oxid-Zusammensetzungen bei verschiedenen Kalzinierungstemperaturen nach einer bestimmten Dauer haben. Danach ist es nicht möglich, aus den Ergebnissen einer Kalzinierung bei 6 Stunden mit 1150°C einen konkreten Wert oder auch nur einen hinreichend konkreten Bereich für die spezifische Oberfläche einer Zusammensetzung nach den Merkmalen 1 bis 3 bei einer Kalzinierung über 6 Stunden bei 1000°C zu erschließen.
Der Hinweis der Beklagten auf die internationale Patentanmeldung 2004/085314 (K7) steht dieser Annahme nicht entgegen. K7 zielt darauf, Mischoxide zur Verfügung zu stellen, bei denen der Verlust der spezifischen Oberfläche nach Kalzinierung im Bereich von 900°C bis 1200°C möglichst gering ist, also etwa ein Mischoxid nach Kalzinierung bei 1000°C nur eine geringfügig höhere spezifische Oberfläche aufweist als nach einer Kalzinierung bei 1200°C. K7 weist danach eher darauf hin, dass eine Ermittlung der spezifischen Oberfläche, die bei einer bestimmten Temperatur erzielt wird, aus der spezifischen Oberfläche, die sich bei Kalzinierung bei einer anderen Temperatur ergibt, nicht ohne weiteres möglich ist.
b) Ohne Erfolg greift die Berufung der Beklagten ferner die Beurteilung des Patentgerichts an, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 1 in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbart ist.
Hilfsantrag 1 fügt Patentanspruch 1 Merkmal 6 hinzu, nach welchem die Zusammensetzung nach 10 Stunden Kalzinierung bei 1000°C eine spezifische Oberfläche von nicht mehr als 55 m2/g aufweist.
In der ursprünglich eingereichten Anmeldung, deren Inhalt der internationalen Patentanmeldung 2004/002893 (K1) entspricht, finden sich die Vorgaben des Merkmals 6 in dem dort erläuterten einzigen Beispiel einer Zusammensetzung (K1 S. 7 Z. 33 ff.). Für diese ist eine spezifische Oberfläche von 55 m2/g nach 10 Stunden Kalzinierung bei 1000°C sowie von 16 m2/g nach 10 Stunden Kalzinierung bei 1150°C angegeben (K1 S. 8 Z. 32-33). Letzterer Wert liegt oberhalb des mit Merkmal 4 beanspruchten Bereichs.
Da eine längere Kalzinierungsdauer bei gleicher Temperatur tendenziell zu einer Verringerung der spezifischen Oberfläche führt, eine sechsstündige Kalzinierung bei 1150°C also zu einer spezifischen Oberfläche oberhalb von 16 m2/g führen würde, ist die mit Hilfsantrag 1 beanspruchte Kombination in ihrer Gesamtheit der ursprünglichen Anmeldung nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung zu entnehmen.
2. Die Berufung der Klägerin bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Das Patentgericht hat die Nichtigkeitsklage zu Recht abgewiesen, soweit sie sich gegen die mit Hilfsantrag 2 verteidigte Fassung wendet.
Nach Hilfsantrag 2 ist Merkmal 5' folgendermaßen gefasst (Änderungen hervorgehoben):
Die Zusammensetzung weist nach 6 Stunden Kalzinierung bei 1000°C eine spezifische Oberfläche von mindestens zwischen 40 m2/g und 55 m2/g auf.
a) Das Patentgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 2 in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen als zur Erfindung gehörig offenbart ist.
aa) Ebenso wie in der Streitpatentschrift (Abs. 15) ist in der Anmeldung angegeben, nach 6 Stunden Kalzinierung bei 1000°C könne die spezifische Oberfläche mindestens 40 m2/g und spezieller insbesondere mindestens 55 m2/g betragen (K1 S. 2 Z. 31-33). Damit ist der mit Merkmal 5' beanspruchte Wertebereich für die vorgegebene Dauer und Temperatur der Kalzinierung offenbart. Das Patentgericht hat insoweit zutreffend angenommen, dass die Untergrenze von 40 m2/g die spezifische Oberfläche bis 55 m2/g umfasst und dass eine spezifische Oberfläche von 55 m2/g zugleich als eine mögliche Untergrenze offenbart ist, die beiden Mindestangaben gemeinsam ist.
Entsprechendes gilt für den mit Merkmal 4 beanspruchten Bereich nach 6 Stunden Kalzinierung bei 1150°C. Auch hier sieht die Anmeldung mit 10 m2/g und 15 m2/g zwei Mindestgrenzen vor (K1 S. 2 Z. 23-25; Ansprüche 1 und 2), die einen zur Erfindung gehörigen Bereich einschließen.
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch die Kombination der Merkmale 4 und 5' ursprünglich offenbart.
Der eine Oberfläche von mindestens 40 m2/g nach 6 Stunden Kalzinierung bei 1000°C betreffende Anspruch 5 der Anmeldung ist auf die Ansprüche 1 und 2 rückbezogen, welche die sechsstündige Kalzinierung bei 1150°C mit spezifischen Oberflächen von mindestens 10 m2/g bzw. 15 m2/g zum Gegenstand haben (vgl. auch K1 S. 2 Z. 23-25 und Z. 31-33). Dass die erfindungsgemäße Zusammensetzung bei beiden Kalzinierungsvorgaben die Anforderungen an die Mindestwerte erfüllt, ist damit offenbart. Dies gilt entsprechend den obigen Ausführungen zum Offenbarungsgehalt der Anmeldung auch für die Bereiche von 10 bis 15 m2/g (Merkmal 4) und 40 bis 55 m2/g (Merkmal 5'). Der Anmeldung ist nicht zu entnehmen, dass die mit Anspruch 5 offenbarte Möglichkeit der Überschneidung der Werte für die spezifischen Oberflächen nach sechsstündiger Kalzinierung bei 1000°C und bei 1150°C für diese Wertebereiche keine Geltung hat.
b) Die Berufung der Klägerin greift auch ohne Erfolg die Beurteilung des Patentgerichts an, der von Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 2 beschriebene Gegenstand sei ausführbar offenbart.
aa) Eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenbarung ist gegeben, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (BGH, Urteil vom 25. Februar 2010 - Xa ZR 100/05, GRUR 2010, 414 Rn. 23 - Thermoplastische Zusammensetzung).
bb) Die Beurteilung des Patentgerichts entspricht diesen Vorgaben.
(1) Bei dem einzigen Ausführungsbeispiel (Abs. 55) ist die Kalzinierungsdauer bei 1150°C und 1000°C mit jeweils 10 Stunden 4 Stunden länger als in den Merkmalen 4 und 5' vorgesehen. Mit 16 m2/g liegt die spezifische Oberfläche knapp oberhalb von dem mit Merkmal 4 beanspruchten Bereich und mit m2/g an der Obergrenze des in Merkmal 5' vorgegebenen Bereichs. Da mit längerer Dauer der Kalzinierung die spezifische Oberfläche tendenziell abnimmt, ist davon auszugehen, dass die spezifische Oberfläche bei der Zusammensetzung des Beispiels im Falle einer nur sechsstündigen Kalzinierung jeweils höher liegt.
Nach dem Streitpatent kann der Gehalt an den verschiedenen Elementen der Zusammensetzung variieren. Danach beträgt der Gehalt an Zirkonium mindestens 50 %, 60 % und weiter insbesondere mindestens 70 %. Für Cer liegt dieser Gehalt im Allgemeinen unter 50 % und beträgt insbesondere höchstens 40 % und weiter insbesondere höchstens 25 %. Der Gehalt an Lanthan beträgt gewöhnlich höchstens 5 % und kann insbesondere zwischen 1 % und 3 % liegen (Abs. 19). Das Streitpatent gibt damit einen konkreten Rahmen vor, innerhalb dessen Zusammensetzungen gemäß den Merkmalen 4 und 5' gesucht werden können.
(2) Nach den Feststellungen des Patentgerichts führt der Fachmann die hohen spezifischen Oberflächen des Mischoxids nach dem einzigen Beispiel des Streitpatents auf den Bestandteil Lanthanoxid zurück, da ihm - wie beispielsweise durch die US-amerikanische Patentschrift 6 214 306 belegt (K11 Sp. 3 Z. 6-9) - bekannt ist, dass dieser Zusatz in Zr/Ce-Mischoxiden für eine größere spezifische Oberfläche nach Kalzinierungen bei höheren Temperaturen maßgeblich ist. Davon ausgehend ist die weitere Annahme des Patentgerichts nicht zu beanstanden, der Fachmann werde für eine Herabsetzung der spezifischen Oberflächen einen niedrigeren Gehalt an Lanthanoxid in Betracht ziehen.
Mit dem Verweis auf die nachfolgend wiedergegebene Tabelle 2 der USamerikanischen Patentschrift 6 255 242 (K13) zeigt die Klägerin keine konkreten Anhaltspunkte dafür auf, dass die Feststellungen des Patentgerichts unzutreffend oder unvollständig sind. Der Senat hat sie daher seiner Entscheidung zugrunde zu legen (§ 117 PatG mit § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Danach weist das Beispiel 5 mit dem niedrigsten Lanthangehalt (1.9) die höchste spezifische Oberfläche auf. Beispiel 4 weist trotz des höchsten Lanthangehalts von 8.0 im Vergleich zu Beispiel 3 mit einem Lanthangehalt von 4.8 eine geringere spezifische Oberfläche auf (15 m2/g gegenüber 21 m2/g). Aufgrund der erheblichen Abweichungen im Zirkoniumgehalt der beispielhaften Zusammensetzungen lassen sich diese Ergebnisse jedoch, wie die Beklagte zu Recht einwendet, nicht ohne weiteres vergleichen. Zudem trägt die Klägerin selbst vor, dass sich Zusammensetzungen mit und ohne den Bestandteil Praseodymium nicht vergleichen lassen.
Das Patentgericht hat weiter zu Recht angenommen, dass der Fachmann die konkreten Mengenverhältnisse der weiteren Komponenten ausgehend von einem gewählten geringeren Lanthanoxid-Gehalt im Rahmen von Routineversuchen bestimmen könne und ihm auf diese Weise ein gangbarer Weg aufgezeigt sei, zu Zusammensetzungen mit den Merkmalen 4 und 5' zu gelangen.
Dass diese Feststellungen auf unzutreffenden oder unvollständigen Annahmen beruhen, zeigt die Berufung der Klägerin vor dem Hintergrund der in der Streitpatentschrift offenbarten Mengenbereiche (Abs. 19) ebenfalls nicht auf.
c) Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin ferner gegen die Auffassung des Patentgerichts, der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 2 sei durch den Stand der Technik nicht vorweggenommen.
aa) Die Auffassung des Patentgerichts, wonach weder K7 noch K18 der Neuheit dieses Gegenstands entgegenstehen, wird von der Klägerin nicht angegriffen und begegnet keinen Bedenken.
bb) Zu Recht hat das Patentgericht auch K17 als nicht neuheitsschädlich angesehen. Das Patentgericht durfte danach offenlassen, ob das Streitpatent die Priorität der französischen Anmeldung 0207926 (K2) nicht in Anspruch nehmen darf und K17 deshalb als Stand der Technik zu berücksichtigen ist.
(1) K17, deren Übersetzung als K17a vorliegt, betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Zusammensetzung von Oxiden auf Ceroxid-ZirkoniumoxidBasis, wie sie in Katalysatoren zur Reinigung der Abgase von Kraftfahrzeugen Verwendung findet. Es sei bekannt, für Drei-Wege-Katalysatoren Cer-ZirkoniumMischoxide (in K17a als Verbundoxide bezeichnet) zu verwenden.
Es bestehe ein Bedürfnis nach katalytischen Materialien, die neben einer hohen thermischen Stabilität und einer relativ großen spezifischen Oberfläche auch eine relativ gute Sauerstoffspeicherfähigkeit aufwiesen. Diese könne durch Zugabe einer dritten oder mehrerer Verbindungen anderer Seltenerdelemente verbessert werden (K17a, S. 3). Bislang seien bei der Herstellung solcher Zusammensetzungen als Rohstoff reine einzelne Seltenerdverbindungen verwendet worden, was sehr aufwendig sei.
K17 schlägt vor, stattdessen cerhaltige gemischte Seltenerdsalze zu verwenden, die aus natürlichen Seltenerdkonzentraten gewonnen werden, wodurch der Herstellungsprozess vereinfacht und die Herstellungskosten gesenkt werden könnten (K17a S. 4).
K17 enthält zahlreiche Beispiele, unter anderem das Beispiel 2-8, das ein Verfahren beschreibt, als dessen Ergebnis eine Zusammensetzung vorliegt, die 60,2 % Zirkoniumoxid, 31,6 % Ceroxid, 5,2 % Lanthanoxid, 2,9 % Praseodymoxid und 0,1 % Neodymoxid enthält. Nach vierstündiger Kalzinierung bei 1000°C weise diese Zusammensetzung eine spezifische Oberfläche von 47,3 m²/g auf.
(2) Damit sind die Merkmale 1 und 2 offenbart.
(3) Dagegen ist Merkmal 3 nicht vorweggenommen.
K17 enthält keine Angaben dazu, dass die Zusammensetzungen einen Schwefelgehalt von unter 200 ppm aufweisen.
Das Patentgericht hat mit Recht darauf abgestellt, dass es sich bei der Zersetzung des natürlichen Seltenerdkonzentrats u.a. um eine SchwefelsäureRöstung handelt (K17a S. 5 letzter Abs., S. 8, Bsp. 1 erster Satz, S. 12 Bsp. 2 erster Satz) sowie dass zu den Seltenerdmetalloxiden und den Nichtmetallelementen neben Lanthanoxid, Praseodymoxid, Neodymoxid und Yttriumoxid auch Schwefel zugefügt werden kann (K17a Anspruch 3, S. 4 letzter Abs.). Die Anwesenheit von Schwefel im Verbundoxid soll danach gerade nicht vermieden werden.
Ausgehend davon lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin die unmittelbare und eindeutige Offenbarung einer Schwefelfreiheit der Zusammensetzung nicht daraus ableiten, dass im Beispiel 2-8 Schwefel nicht als Stoff oder als Teil der Ausgangsstoffe aufgeführt ist. Dem Umstand, dass nach der Schwefelsäure-Röstung zur Herstellung einer cerhaltigen Seltenerdchloridlösung weitere Verfahrens- und Reinigungsschritte erfolgen, ist nicht die unmittelbare und eindeutige Offenbarung einer Durchführung des Verfahrens und der Aufreinigung zu entnehmen, die das Vorhandensein eines Schwefelgehalts von 200 ppm und mehr ausschließt. In welchem Ausmaß diese Reinigungsschritte Einfluss auf den Schwefelgehalt haben, ist K17 nicht zu entnehmen.
(4) Auch Merkmal 5 ist nicht offenbart.
Welche spezifische Oberfläche sich für die in K17 beschriebenen Mischoxide ergibt, wenn diese einer sechsstündigen Kalzinierung bei 1000°C unterzogen werden, ist K17 nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen.
Die in K17 beschriebenen Beispiele sehen jeweils nur eine vierstündige Kalzinierung bei der genannten Temperatur vor. Diese führt zum Teil zu einer spezifischen Oberfläche, die in dem mit Merkmal 5 vorgegebenen Bereich liegt. So ist die spezifische Oberfläche in Beispiel 2-8 mit 47,3 m²/g und in Beispiel 3-15 mit 42,3 m²/g angegeben. Nachdem die Oberfläche bei längerer Kalzinierungsdauer tendenziell eher abnimmt, ist K17 nicht eindeutig zu entnehmen, dass die spezifische Oberfläche auch bei einer Kalzinierung über 6 Stunden bei 1000°C noch in dem durch Merkmal 5 vorgegebenen Bereich liegt.
(5) Merkmal 4 ist ebenfalls nicht vorweggenommen.
Eine Kalzinierung bei höheren Temperaturen als 1000°C ist in K17 nicht beschrieben. Welche spezifische Oberfläche sich bei einer Kalzinierung über 6 Stunden bei 1150°C ergibt, lässt sich K17 damit nicht unmittelbar und eindeutig entnehmen.
(6) Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, die spezifischen Oberflächen, die sich bei einer Kalzinierung über 6 Stunden bei 1000°C bzw. 1150°C nach der Offenbarung der K17 ergäben, hielten sich in den Wertebereichen der Merkmale 4 und 5, da die Zusammensetzungen nach K17 derjenigen nach den Merkmalen 1 bis 3 entsprächen sowie die in K17 und im Streitpatent beschriebenen Herstellungsverfahren übereinstimmten.
(a) Wie oben dargelegt wurde, trifft es nicht zu, dass K17 Merkmal 3 unmittelbar und eindeutig offenbart. Dass die Einhaltung der Obergrenze für den Schwefelgehalt keine Bedeutung dafür hat, ob die spezifische Oberfläche der Zusammensetzung innerhalb der in den Merkmalen 4 und 5' vorgegebenen Bereiche liegt, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
(b) Beispiel 2-8 von K17 sieht vor, ein hergestelltes Lanthan-CerPraseodym(c)-Seltenerd-Sol mit einem Zirkonium-Sol zu mischen. Sodann wird Ammoniakwasser zu Fällung hinzugefügt. In den anderen Beispielen der K17 wird ebenfalls ein Sol der Seltenerden hergestellt und mit einem Zirkonium-Sol gemischt. Das Verfahren nach dem Streitpatent (Anspruch 11, Abs. 22) zeichnet sich dadurch aus, dass eine Mischung gebildet wird, die Verbindungen von Cer, Lanthan und des dritten Seltenerdmetalls einerseits und ein Sol einer Zirkoniumverbindung andererseits umfasst. Das einzige Beispiel des Streitpatents sieht dementsprechend die Herstellung eines Zirkonium-Sols und die Mischung mit der Gesamtheit der Lösungen von Cernitrat, Lanthannitrat und Neodymnitrat vor (Abs. 50, 51).
Danach mögen die in K17 und im Streitpatent beschriebenen Verfahren zur Herstellung einer Zusammensetzung Ähnlichkeiten aufweisen und sich ein Seltenerde-Sol begrifflich unter eine Verbindung nach Anspruch 11 des Streitpatents fassen lassen. Dies trägt jedoch nicht den Schluss, dass die in K17 beschriebene Verfahrensweise allgemein oder in einem Beispiel zwangsläufig zu einer Zusammensetzung mit spezifischen Oberflächen führt, die den Vorgaben der Merkmale 4 und 5' entsprechen.
Es kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass jede Vorgehensweise, welche sich unter die abstrakten Merkmale des Patentanspruchs 11 fassen lässt, zu einer Zusammensetzung mit den vom Streitpatent beanspruchten Eigenschaften führt. Die Angaben zu den Parametern und Randbedingungen bieten hierfür zu viele Spielräume hinsichtlich der konkreten Vorgehensweise. Eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung, dass die Mischung eines Seltenerd-Sols mit einem Zirkonium-Sol allgemein oder in der speziellen Weise gemäß Beispiel 2-8 der K17 zu einer Zusammensetzung mit den merkmalsgemäßen spezifischen Oberflächen führt, ist vor diesem Hintergrund erst Recht nicht geben.
(c) Anders als die Klägerin meint, bedeutet dies nicht im Gegenschluss, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2 nicht ausführbar offenbart ist.
Die Anforderungen hinsichtlich der für eine Ausführbarkeit hinreichenden Offenbarung unterscheiden sich von denen, die an eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung zu stellen sind, wie sie für die Prüfung auf Neuheit gelten. Für die Ausführbarkeit genügt es, wie oben ausgeführt wurde, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird.
Da die in K17 und dem dortigen Beispiel 2-8 offenbarte Mischung eines Lanthan-Cer-Praseodym(c)-Seltenerd-Sols mit einem Zirkonium-Sol nicht in vergleichbarer Form im Streitpatent als mögliche Ausführungsform der Erfindung enthalten ist, lässt die Offenbarung der K17 keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Ausführbarkeit der Lehre des Streitpatents zu.
cc) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2 ist durch den Stand der Technik auch nicht nahegelegt.
(1) Ausgehend von K17 lag es nicht nahe, eine Zusammensetzung zu wählen, bei der der Schwefelgehalt unter 200 ppm liegt. Auch wenn die Formulierung im angefochtenen Urteil, die Anwesenheit von Schwefel stehe "im Fokus der K17", missverständlich sein mag, gibt die K17 jedenfalls keinen Hinweis darauf, die Zusammensetzung so zu wählen, dass sie praktisch keinen Schwefel enthält. Wie oben dargelegt wurde, ist die die Anwesenheit von Schwefel im Verbundoxid nach der Offenbarung der K17 vorgesehen und soll gerade nicht vermieden werden (vgl. K17a Anspruch 3, S. 4 letzter Absatz). Aus K17 ergab sich daher keine Anregung zu einer Zusammensetzung nach der Lehre des Streitpatents.
Zudem ist nicht ersichtlich, dass der Stand der Technik einen Hinweis darauf gab, die Zusammensetzungen nach K17 auch daraufhin zu untersuchen, welche spezifische Oberfläche sich bei einer Kalzinierung bei 1150°C ergibt. K17 befasst sich durchweg nur mit einer Kalzinierung bei höchstens 1000°C. Da nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Patentgerichts eine mathematischtechnische Korrelation einer erhöhten Temperatur und verlängerten Dauer der Kalzinierung zu erreichbaren spezifischen Oberflächenwerten nicht besteht, bestand für den Fachmann auch kein Anhaltspunkt dafür, dass ausgehend von K17 und dem Beispiel nach 2-8 mit zusätzlichen Maßnahmen, wie einer von der Klägerin angeführten Erhöhung des Zirkoniumgehalts, eine Zusammensetzung erhalten werden kann, die Merkmal 4 entspricht und überdies schwefelfrei ist.
(2) Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht angezeigt, wenn K13 als Ausgangspunkt gewählt wird.
(a) K13 hat Mischoxide auf Zirkonium- und Cerbasis zum Gegenstand, die in Katalysatoren für die Abgasreinigung verwendet werden und eine gute thermische Stabilität sowie eine gute Oxidations- und Reduktionsfähigkeit aufweisen (Sp. 2 Z. 23-27).
Die spezifische Oberfläche weist bevorzugt nach einer Kalzinierung bei 1100°C für 3 Stunden einen Wert von insbesondere nicht weniger als 20 m2/g auf (Sp. 4 Z. 19-26) und das Mischoxid enthält vorzugsweise 40-70 Gew.-% Zirkoniumoxid und 30-60 Gew.-% Ceroxid (Sp. 4 Z. 27-33).
Das Mischoxid kann durch Mischen von basischem Zirkoniumsulfat mit einer Cerionen enthaltenden Lösung und Zugabe einer Base hergestellt werden (Sp. 5 Z. 1 ff).
Die Steuerbarkeit der Kristallphasenbildung und der Wärmezyklusstabilität des Oxidations- und Reduktionsvermögens wird durch den Zusatz von einem oder mehreren Metallen bzw. Elementen, wie Seltenerdmetallen, verbessert, wobei insbesondere der Zusatz von Lanthan, Praseodym und Neodym bevorzugt ist (Sp. 4 Z. 47-53). Weiter wird es im Hinblick auf die Verbesserung der Sauerstoffreduktionsfähigkeit als vorteilhaft bezeichnet, wenn die Zusammensetzung Schwefel in der Form von Sulfat (SO4) enthält, besonders bevorzugt in einem Bereich von 0,05 bis 1,5 Gewichtsprozent (Sp. 4 Z. 60-67, s. auch Sp. 5 Z. 51, Sp. 6 Z. 21-28). Dies entspricht den in K13 behandelten Beispielen, die einen Sulfatgehalt zwischen 0,05 und 0,5 Gewichtsprozent aufweisen (Tabelle 2). So wird in Tabelle 2 zu Beispiel 5 ein Sulfatgehalt von 0,05 % und eine spezifische Oberfläche von 28 m2/g nach einer Kalzinierung bei 1100°C für 3 Stunden angegeben.
(b) Da K13 das Vorhandensein von Schwefel im Hinblick auf die Eigenschaften der Zusammensetzung - wie ausdrücklich für die Verbesserung der Sauerstoffreduktionsfähigkeit erwähnt - als vorteilhaft ansieht, ist der Entgegenhaltung keine Anregung dafür zu entnehmen, den Schwefelgehalt weiter zu reduzieren, geschweige denn unter den Wert von 200 ppm zu drücken. Dies gilt umso mehr, als K13 bevorzugt von einer schwefelhaltigen Zirkoniumverbindung (Basic Zirconium Sulfate) als Ausgangsstoff für die Herstellung der Mischoxide ausgeht.
Dass Beispiel 5 mit dem höchsten Anteil an Zirkoniumoxid und dem niedrigsten Anteil an Sulfat die größte spezifische Oberfläche aufweist, bietet vor diesem Hintergrund entgegen der Ansicht der Klägerin keinen hinreichenden Anhaltspunkt, die grundsätzliche Lehre der K13 zu hinterfragen und eine schwefelfreie Zusammensetzung für die Erzielung gleicher Ergebnisse in Betracht zu ziehen.
Die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob die Nacharbeitung von Beispiel 5 der K13 gemäß Anlage K13b in Verbindung mit der US-amerikanischen Patentschrift 5 470 550 (K13c) dem im Streitpatent beschriebenen Verfahren entspricht, bedarf danach keiner Klärung. Mit 0,06 Gewichtsprozent liegt auch hier ein Sulfatgehalt vor, der mit dem Wert in Tabelle 2 im Wesentlichen übereinstimmt und damit eine abweichende Beurteilung nicht zu rechtfertigen vermag.
(3) Der übrige Stand der Technik liegt weiter ab und wurde von den Parteien im Berufungsrechtszug zurecht nicht mehr diskutiert.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Deichfuß Rombach Crummenerl Rensen von Pückler Vorinstanz: Bundespatentgericht, Entscheidung vom 01.06.2022 - 3 Ni 37/20 (EP)